5th entry
01:47:
Ich bin gerade aufgewacht.
Ich habe in letzter Zeit so viel geschlafen, dass ich jetzt erstmal genug habe.
Ich muss mich meiner Trauer und natürlich meiner Angst vorm Tod stellen.
Ooh, mir fällt gerade ein, dass ich habe meine Mutter gestern gar nicht mehr begrüßt habe.
Wahrscheinlich kam sie, nach dem ich mich ins Bett gelegt hatte.
Aber das ist jetzt nebensächlich.
Wie vorher geschrieben, habe ich mich entschlossen, mich meiner größten Angst zu stellen.
Ich bin mir sicher, dass es eine schwere Zeit werden wird.
Aber vielleicht wird meine Angst durchs genauere ansehen vermindert, wer weiß.
Zu allererst muss ich mir beantworten, weshalb meine Angst so massiv ist.
Eine sehr schwere Frage, weil ich diese nicht beantworten kann.
Vielleicht ist es so, weil ich ein sehr lebensfroher Mensch bin.
Der Gedanke, für immer die Augen zu schließen quält mich unglaublich.
Und noch schlimmer, jemanden zu verlieren.
Ich denke nicht, das ich jemals diese Angst überwinden werde.
Es ist so unrealistisch.
Der Gedanke, das ich meine eigene Schwester nie wieder sehen werde verstärkt meine Angst noch mehr.
Was ist, wenn ich auch noch meine Mutter verliere?!
20 Minuten später...
Sh*t, ich hatte gerade eine Heulattacke.
Der Gedanke noch jemanden zu verlieren schmerzt mehr, als irgendetwas anderes auf der ganzen Welt.
Was würde ich machen, wenn ich auch noch sie verliere?
Ich wäre alleine auf der Welt...
Niemand wäre mehr für mich da.
Meine Angst ist größer als ich es gedacht hätte.
Aber zurück zur Frage, woher meine Angst kommen könnte...
Ich habe bei meiner Heulattacke einen Geistesblitz bekommen.
Vor vielen Jahren war ein ganz normaler Schultag, dachte ich.
Der Tag war toll, bis zu diesem Vorfall über den ich jetzt schreiben werde.
Es war die letzte Unterrichtsstunde und ich war glücklich und zufrieden, da ich an diesem Nachmittag ursprünglich mit meiner Schwester ins Kino gehen wollte.
Die Stunde sollte nur noch 5 Minuten gehen und wir durften schon alle unsere Sachen einpacken.
Da passierte es...
Leyla, eine ehemalige Freundin und Klassenkameradin, kippte ganz plötzlich um.
Sie fiel von ihrem Stuhl direkt auf den Boden.
Alle Blick wurden sofort auf sie gerichtet und viele sprangen auf, um ihr zur Hilfe zu eilen.
Ich auch.
Also rannte ich damals zu ihr, ein großer Fehler aus heutiger Sicht betrachtet.
Sie sah nicht mehr so aus, wie normalerweise.
Ihre sonst so strahlend blauen Augen waren weiß.
Ihre Pupille und Iris waren überhaupt nicht mehr zu sehen.
Es schien, als hätte sich ihr Auge umgedreht.
Sie hatte eine Platzwunde am Hinterkopf, das ganze Blut strömte auf den Boden und färbte ihre braunen Haare rot.
Sie keuchte und spuckte dabei Blut aus.
Die Lehrerin hatte bereits einen Krankenwagen gerufen, doch als dieser kam, war es schon längst zu spät.
Layla gab kein Geräusch mehr von sich und lag still in ihrer Blutlache.
Der Anblick war zu viel für mich.
Wochenlang hatte ich Alpträume.
Bis heute weiß ich nicht, weshalb sie umgekippt ist.
Ich denke, dass dieser Vorfall der Hauptauslöser meiner massiven Angst vorm Tod ist.
Layla war eine meiner besten Freundinnen zu dieser Zeit.
Ihr Tod machte mir bewusst, wie leicht es doch ist, tatsächlich zu sterben.
Und wie leicht es ist, einen geliebten Menschen zu verlieren.
Zu der Zeit ihres tragischen Todes war ich gerade mal 11 Jahre alt.
Ich konnte es nicht verarbeiten.
Bis heute sogar nicht.
Wie auch, wenn ich davor nichts mit dem Tod am Hut hatte.
Seit diesem Tag wurde meine Angst immer größer und größer.
Ich habe noch nie jemanden etwas über meine Angst erzählt.
Nicht einmal meiner eigenen Mutter.
So wird es aber auch bleiben.
Ich habe Angst, dass ich deshalb verarscht werde.
Bei meiner Mutter bin ich mir zwar sicher, dass meine Geheimnisse sicher sind, aber es wäre mir trotzdem unglaublich peinlich.
Es ist schwer, meine Gefühle für andere Menschen in Worte zu fassen.
Würden andere Menschen mich verstehen? Sicherlich nicht.
Ich versteh mich schließlich selbst nicht.
Wie soll es dann jemals jemand anderes tuen?
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top