40. WEDDING BELLS

L O U I S

"Ich habe euch alle auch total lieb", murmelte ich und schloss meine Schwestern jeweils einzeln in eine feste Umarmung, dann auch noch meine Mutter.

"Komm uns bitte so bald wie möglich wieder besuchen Boo", rief Lottie und fiel mir erneut um den Hals.

Ich nickte und streichelte ihr über den Rücken. Wie sehr ich sie jetzt schon vermisste. Dabei wohnten wir doch nichtmal mehr als 20 Minuten voneinander entfernt. Aber irgendwie klappte es nie mit unseren Besuchen. Immer kam etwas Anderes dazwischen.

Mal war es ein Fußballspiel oder der Nachmittagsunterricht, oder irgendwelche Termine meiner Schwestern. Ich nahm mir fest vor so bald es ging wieder vorbeizuschauen.

"Versprochen. Ich muss jetzt bloß einiges mit meiner Freundin klären und ja..."

Sie nickte verständnisvoll, und seufzte danach ein bisschen traurig. Hoffentlich würde sie nicht anfangen zu weinen. Ich hasste es, meine Schwestern weinen zu sehen. Es brach mir einfach jedes mal das Herz.

"Du kannst sie ja, wenn alles wieder in Ordnung ist, mal mitbringen. Ich will sie unbedingt kennenlernen", sagte Phoebe.

Ein Lächeln huschte über meine Lippen und ich nickte. Ich winkte ihnen ein letztes Mal zu und drehte mich um. Jetzt musste ich meine Gedanken erst einmal ordnen.

Serena war nicht meine leibliche Schwester...

Aber wie kam das dann ins Testament? Ich beschloss dort nochmal anzurufen. Bevor ich den Motor startete und mich auf den Weg nach Hause machte, wählte ich die Nummer von dem Notar. Hoffentlich würde um diese Uhrzeit überhaupt noch jemand hingehen. Zirka nach dem fünften Klingeln wurde abgehoben.

"Alana Burton am Apparat, was kann ich für sie tun?"

Gerade wollte ich etwas erwidern, aber mir fiel auf, dass ich diese Stimme kannte. Ziemlich gut sogar. Lani... Eleanor... Warum war ich nur nicht gleich darauf gekommen?! Mit einem Klick hatte ich aufgelegt. Mein Fuß drückte sich aufs Gaspedal, und das Auto raste wie sonst etwas über die Straße. Eleanor konnte sich jetzt aber mal richtig was anhören!

Wenige Zeit später, parkte ich vor ihrer Wohnung und klingelte Sturm. Eine verschlafene Stimme meldete sich an der Sprechanlage.

"Hallo?"

"Hallo El, hier ist Louis. Wir müssen reden, kann ich vielleicht kurz hochkommen?" Sie drückte mir ohne zu zögernauf, und ich sprintete die Treppen nach oben. "Lou, was ist so wichtig, dass du mitten..."

"Wie konntest du nur?!", zischte ich. Sie guckte mich erschrocken an. "Was meinst du?"

Ich musste mich echt beherrschen, ihr in diesem Moment keine zu klatschen. Wie konnte man nur so verdammt hinterhältig sein? Vor allen Dingen, hätte ich sowas von ihr nie erwartet. Und das Lani bei so einer Aktion einfach so mitmachte konnte ich auch nicht glauben. Immerhin konnten die beiden ins Gefängnis wandern, wegen Testamentfälschung. Wie hatten sie das nur in dieser kurzen Zeit hingekriegt? Das würde ich wohl nie herausfinden.

"Das fragst du noch? Wie konntest du nur Serenas Testament fälschen? Dachtest du wirklich wir wären so blöd?"

"Anscheinend wart ihr es ja. Ihr seid getrennt, und ich habe genau das erreicht, was ich wollte", meinte sie und grinste dabei schadenfroh. Mir wäre fast die Kinnlade heruntergefallen. Der schien das auch noch zu gefallen! Wütend knurrte ich sie an.

"Damit wirst du nicht durchkommen! Ich liebe Serena, da kannst du tun und lassen was du willst, es wird sich nichts ändern. Niemals."

Und mit diesen Worten ließ ich sie stehen, vorher aber warf ich ihr nochmal einen verächtlichen Blick zu. Diese ganze Sache wurde immer verwirrender. Ich musste so schnell wie möglich alles mit Serena aufklären. Mir wurde klar, dass ich sie wirklich liebte. Und das würde sich wirklich nie ändern.

S E R E N A

Mit einem ausgiebigen Gähnen schälte ich mich aus dem Bett. Heute war es soweit, Nesrins Hochzeit stand vor der Tür. Meine beste Freundin würde tatsächlich heiraten und ich durfte sie zum Altar führen. Sie wollte mich, nicht ihren Vater, nicht sonst irgendwen aus ihrer Familie, nein, sondern mich. Und das machte mich mehr als glücklich. Zum Glück hatte sie keinen Junggesellinnenabschied gefeiert, sonst hätten wir bestimmt den totalen Kater.

Aufgeregt hüpfte ich durchs Zimmer, bis ein Gedanke mir das Blut im Körper gefrieren lies.

Ich hatte kein Kleid.

Wir waren gestern mehr als Vier Stunden unterwegs gewesen und ich hatte vergessen mir ein Kleid zu kaufen.

Am liebsten hätte ich jetzt meinen Kopf gegen die Wand gehauen. Hektisch suchte ich im Schrank nach irgendeinem Kleid, dass ich tragen konnte. Im Zimmer bildete sich so langsam ein riesiger Haufen an Klamotten. Ich wollte die Hoffnung schon aufgeben, als ich es sah. Ein dunkelblaues Kleid, dass mir knapp bis zu den Knien ging. Es war wunderschön und ich war selbst erstaunt, dass ich sowas in meinem Schrank hatte.

Siedend heiß fiel mir ein, dass ich Nesrin noch wecken musste. Mit der flachen Hand klatschte ich mir gegen die Stirn. Heute lief doch echt alles schief. Mein Blick glitt zur Wanduhr, und ich hätte fast einen Herzinfarkt bekommen. Wir hatten nur noch zwei Stunden Zeit!

Ich stieß einen Schrillen Schrei aus und rannte in Nesrins Zimmer. Sie lag natürlich noch im Bett und schlief seelenruhig. Mein Herz pochte wie verrückt, und mir wurde auf einmal ganz anders.

Was, wenn wir das alles von de Zeit her nicht schaffen würden?

„Hör auf nachzudenken, und weck lieber mal Nes, die Zeit läuft!", zischte mein Unterbewusstsein.

Ausnahmsweise hatte es mal Recht. Ich rüttelte an Nes' Schulter und sie schlug sogleich die Augen auf. "Noch fünf Minuten, okay?"

"NESRIN DU HEIRATEST HEUTE, UND WENN DU JETZT NICHT SOFORT AUFSTEHST KOMMEN WIR ZU SPÄT!", schrie ich los.

Bei mir war das normal. Wenn ich unter Zeitdruck stand, drehte ich immer, wirklich immer am Rad, und flippte vollkommen aus. Mit einem Ruck war sie aus dem Bett gesprungen und mit ihrem Schminktäschchen ins Bad gestürmt. Ich ging hinterher, und fing an sie zurechtzumachen. Als ihr Gesicht fertig war, machte ich mit ihren Harren weiter. Ich steckte sie ordentlich hoch und schob ihr den Schleier, der an einem kleinen Krönchen befestigt war, ins Haar.

Jetzt musste sie nur noch in ihr Kleid schlüpfen und die Schuhe anziehen.

Ich verscheuchte meine beste Freundin aus dem Bad, damit ich mich fertigmachen konnte.

Mein Gesicht war schnell geschminkt, und meine braunen langen Haare lagen in seichten Wellen über meinen Schultern. Ich verließ das Bad mit schnellen Schritten. Unten wartete sie bereits. Ich merkte, dass sie ziemlich aufgeregt war, da sie nicht eine Sekunde still stehen bleiben konnte.

Mit der Zeit wurde auch ich nervöser, schließlich würde Nesrins ganze Familie da sein, und lauter Freunde und Verwandte. Bestimmt kannte ich das eine oder andere Gesicht sogar.

Irgendwie freute ich mich darauf, Nesrins Eltern mal wieder zu sehen. Das letzte Mal war viel zu lange her gewesen. Das Taxi, dass wir uns gerufen hatten, hielt vor der Kirche an und wir stiegen aus.

Ich wollte auf die Kirche zulaufen, aber Nes blieb wie angewurzelt stehen und hielt mich zurück.

"Ich packe das nicht", flüsterte sie.

"Willst du mich verarschen?", zischte ich.

Das war doch jetzt wohl nicht ihr Ernst. Ich griff nach ihrer Hand, und bemerkte wie sehr sie zitterte. "Ganz ruhig Nes. Ich kenne dich. Du schaffst das, glaub mir. Ich halte dich."

Sie schluckte hart, ehe die Antwort kam.

"Versprochen?"

"Versprochen!", murmelte ich und fiel ihr um den Hals.

Sie erwiderte die Umarmung sofort, und atmete noch einmal tief ein. Dann setzten wir uns in Bewegung. Vor dem Eingangstor, das offen stand hielten wir nochmal kurz an.

"Bereit?", hauchte ich fragend.

Diesmal war es Nes, die nach meiner Hand griff und sich an mir festklammerte.

"Lass mich bitte nicht fallen."

"Keine Sorge. Ich halte dich."

Das war unser letztes Wort, dass wir gewechselt hatten ehe wir die Kirche betraten und alle Blicke auf uns lagen.

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