22. SCHICKSAL, HASSATTACKEN UND ENTTÄUSCHUNGEN

Nachdem ich meinen Kaffee getrunken hatte, machte ich mich letztendlich auf den Weg in die Schule. 

Mitten auf dem Weg fiel mir ein, dass ich gar keine Schulsachen dabei hatte.

Missmutig und leicht humpelnd lief ich über den Pausenhof und betrat die Eingangshalle. Jetzt würde ich gleich auch noch meine beste Freundin anlügen müssen; konnte der Tag eigentlich noch schlimmer werden?

Auf dem Vertretungsplan stand nicht wirklich viel, außer, dass wir eine Stunde Vertretung hatten. 

Der Gang kam mir so leer vor. War ich etwa zu spät gekommen? Verflucht nochmal, das konnte doch nicht sein!

Im Schneckentempo ging ich zum Klassenzimmer im zweiten Stock; rennen war wegen meines Fußes ja noch immer so gut wie unmöglich. 

Vor dem Klassenzimmer atmete ich einmal tief ein und aus und klopfte schließlich an die hölzerne Tür, deren Lack seine besten Zeiten auch schon hinter sich hatte. Kurz danach öffnete ich diese und trat ins Klassenzimmer ein.

Warum? Warum war das Schicksal jedes einzelne Mal gegen mich?

"Sie sind zu spät."

Louis' Stimme klang eiskalt und streng. So unsagbar eisig, dass sich mir die Härchen im Nacken aufstellten. 

Die Blicke der ganzen Klasse lagen auf mir, aber eine schaute mich ganz besonders wütend an. Man erkannte sogar richtigen Hass in ihrem sonst so lieblichen Blick.

Nesrin.

N E S R I N

Da stand sie. Meine sogenannte beste Freundin. Ehemalige beste Freundin. Ich konnte noch immer nicht glauben, was sie mir angetan hatte. Ich hatte ihr vertraut, war für sie da gewesen; hatte sie sogar bei mir einziehen lassen!

Wie hatte sie mir so etwas nur antun können...

F L A S H B A C K

Ich ließ meinen Blick über die ganzen Menschen wandern und hielt Ausschau nach Zayn, denn er war nirgendwo zu finden. 

Wo war er bloß? Auch Serena, Sarah und Louis waren wie vom Erdboden verschluckt. 

Nach weiterem Suchen entdeckte ich schließlich Louis; er war gerade dabei das Schulgebäude zu verlassen. Mein Lehrer sah alles andere als gut aus, er war bleich wie die Wand; beinahe so, als hätte er einen Geist gesehen.

Ich rannte ihm hinterher; vielleicht hatte er die anderen ja zu Gesicht bekommen.

"Mr. Tomlinson?"

"Nicht... nicht jetzt", murmelte er abwesend, seine Stimme war dabei zu brechen.

Okay, hier stimmte etwas ganz und gar nicht und ich wollte langsam nur zu gerne wissen, was.

"Haben sie eine Ahnung, wo Serena sein könnte?"

Bei dem Namen meiner besten Freundin zuckte er zusammen, ich könnte sogar schwören ein Glitzern in seinen Augen gesehen zu haben, welches jedoch sogleich von einer funkelnden Wut überlagert wurde. 

"Das solltest du wohl lieber deinen festen Freund fragen."

Ich verstand nur Bahnhof und schaute ihn mit einem fragenden Blick an. Was war denn bloß los? "Was hat Zayn damit zu tun? Ihn finde ich nämlich auch nicht."

"Wie willst du ihn auch finden, wenn er gerade dabei ist mit deiner besten Freundin zu schlafen?!", schrie er mich schon fast an. 

Ich riss erschrocken die Augen auf. "Wie bitte?"

"Du hast mich schon richtig verstanden", sagte er trocken und warf mir einen Blick zu, der mehr als tausend Bände sprach. "Tut mir leid", fügte er daraufhin noch hinzu und sah mich nun mitleidig an. 

"Nein, das stimmt nicht. Das kann nicht sein. Er würde mir so etwas niemals antun und Serena auch nicht!", versuchte ich die beiden Menschen zur Rede zu stellen, die mir mit am meisten bedeuteten. 

"Machen Sie die Augen auf, Ms. Sasar."

Mit diesen Worten ließ er mich in meiner Verzweiflung stehen. Ich wusste nicht, was ich tun sollte, weswegen ich erst einmal in die Hocke ging und meine Gedanken ordnete. 

Und obwohl ich nicht zu 100 Prozent sicher sein konnte, dass Serena und Zayn etwas miteinander angefangen hatten, liefen mir die Tränen über die Wangen. 

F L A S H B A C K  E N D E

In mir schäumte die Wut, als ich daran dachte, wie ich Zayn zur Rede gestellt und er mir letztendlich seinen Fehltritt mit meiner besten Freundin gebeichtet hatte.

Und nun stand sie und stammelte irgendwelche Entschuldigungen, die vermutlich sowieso nicht stimmten. Ich konnte ihre Anwesenheit kaum ertragen; ihre Stimme ließ die bereits vorhandene Wut nur noch weiter steigen. 

Irgendwann konnte ich mich nicht mehr zurückhalten. "Du verdammte Schlampe!", zischte ich in ihre Richtung.

Die ganze Klasse schien den Atem anzuhalten; die Luft war so dick, dass man sie hätte zerschneiden können. Louis blickte zu Boden und die Angesprochene guckte sichtlich erschrocken in meine Richtung. Zayn atmete tief ein und biss sich auf die Lippe. 

Wenn mich nicht jemand gleich zurückhalten würde, würde ich auf sie losgehen. Und das tat ich letztendlich auch.

"Du hast mit meinem Freund geschlafen! Ich dachte, du wärst meine Freundin! Wir waren wie Schwestern!", kreischte ich sie an.

"Es tut mir leid. Lass es mich bitte erklären!", versuchte sie mich irgendwie zu besänftigen, während dicke Tränen aus ihren Augenwinkeln tropften. 

"Halt die Klappe, da gibt es nichts zu erklären!"

Ich war so unendlich sauer auf sie; die unbändige Wut übermannte mich. Ich holte aus und verpasste ihr vor der ganzen Klasse eine schallende Ohrfeige.

S E R E N A

Sie hatte mir wirklich eine Ohrfeige gegeben... und das vor der ganzen Klasse. Vor Louis. Woher wusste sie überhaupt davon? 

"Ihr beide kommt jetzt mal mit. Und ihr anderen... beschäftigt euch bitte leise", ergriff Louis das Wort, und unterbrach somit meine Gedanken.

Wir gingen zu dritt vor die Tür. "Woher weißt du das überhaupt? Niemand hätte davon jemals etwas erfahren sollen", platzte ich heraus. 

 "Ach, du wolltest es mir gar nicht sagen?!", zischte sie fragend.

"Ich wollte nicht, dass du verletzt wirst!", meinte ich und hob abwehrend die Hände.

Meine Wange brannte. 

"Du hast mich aber zutiefst verletzt! Nein, ihr beide habt mich verletzt! Ich weiß nicht, ob ich dir jemals verzeihen kann."

Wir stritten einfach weiter und achteten gar nicht auf Louis, bis er etwas sagte.

"Ich wars." Nun war ich sprachlos.

"Wa... was?", stotterte ich.

"Ich habe euch gesehen und es ihr gesagt." 

Wie hatte er mir das nur antun können? Noch schlimmer: er hatte es gesehen. Mein Leben wurde von der einen auf die andere Sekunde immer beschissener. Tränen stauten sich in meinen Augen.

"Ich bin fertig hier." Nesrin machte die Tür auf und ließ sie mit einem lauten Knall zufallen. 

"Wie konntest du nur? Bist du jetzt zufrieden?!", schrie ich Louis an.

Er wich meinem Blick aus, schaute schnell auf den Boden und vermied so den Blickkontakt. 

"Ich wünschte, ich wäre dir nie begegnet!", brüllte ich ihn erneut an. 

Die Tränen liefen ungehalten über meine Wangen.In diesem Moment hätte ich nicht einmal mehr ein Wort gefunden, um meine Gefühlslage zu beschreiben; ich wäre am liebsten aus dem Fenster gesprungen und allem ein Ende gesetzt. 

Vermutlich wäre es für alle das Beste gewesen. 


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