16. DER BESUCH BEIM REKTOR

„Das packst du, Seri!", versuchte ich mir selbst Mut zuzusprechen, mein Unterbewusstsein verschränkte die Arme und sah mich nur mit hochgezogenen Augenbrauen an.

Im Klassenraum wurde es immer lauter, meine Schläfen pochten.

Ich hatte keine Ahnung, weshalb ich ausgerechnet jetzt solche Kopfschmerzen bekam.

Ich suchte Sarahs Hand unter dem Tisch.

Wenn sie mich nicht gehalten hätte, wäre ich vermutlich zusammengebrochen vor Nervosität.

Wir ließen uns zu zweit in der letzten Reihe nieder, denn in dieser Stunde waren weder Zayn noch Nesrin. Ein paar Jungs gesellten sich zu uns und waren darum bemüht ein Gespräch anzufangen, aber bevor wir darauf eingehen konnten, betrat auch schon Louis den Raum.

Wir begrüßten ihn und er überflog mit einem Blick die Klasse.

Ich ließ mich immer weiter auf den Stuhl runtersinken. Als sein Blick bei mir stoppte, verhärtete sich seine Miene beinahe automatisch und er begann den Kiefer anzuspannen. Ich schaute angestrengt auf den Tisch.

Sarah regte sich kurz und trat mir leicht gegens Schienbein. Okay, leicht war etwas untertrieben.

"Autsch! Wofür war das denn?", beschwerte ich mich und rieb mit einem schmerzverzerrten Ausdruck an meinem Schienbein, in dem sich der Schmerz ganz langsam ausbreitete. Das Ziehen wurde minütlich schwächer, trotz dessen tat es auch nach fünf Minuten noch weh.

"Du sollst Blickkontakt halten und dich nicht verkriechen!", zischte mir meine Freundin zu und bedeutete mir, mich aufrecht hinzusetzen. Ich gehorchte, bevor sie mir noch irgendein Körperteil brechen konnte.

"Musst du mich deswegen gleich treten?!", fragte ich angesäuert und etwas zu laut.

Ein paar Augen waren auf uns gerichtet, unter ihnen auch die des Lehrers.

Louis räusperte sich.

"Wenn die beiden Damen dahinten ihr Gespräch beendet haben, dann können wir auch endlich mal anfangen." Er warf mir und Sarah einen strengen Blick zu, weswegen ich augenblicklich knallrot wurde.

Dadurch erntete ich einen weiteren Tritt von ihr.

Fast hätte ich laut aufgejault, aber das wäre vermutlich nicht so gut gewesen. Ich warf ihr erneut einen bösen Blick zu; hoffentlich würde sie für diese Schmerzen irgendwann bestraft werden.

"Sorry", flüsterte sie.

"Könnten Sie beide jetzt bitte still sein?", rief Louis genervt in unsere Richtung.

Ich biss mir auf die Lippe und guckte bedrückt auf den Boden. "Noch einmal und Sie können sich beim Schuldirektor melden." Ich sog die Luft ein und diesmal war es Sarah, die knallrot wurde.

Leise lachend blickte ich sie an, nun war die perfekte Gelegenheit um mich zu rächen, indem ich ihr fest gegen das Bein trat.

"Reiß dich zusammen, Sarah", ermahnte ich sie und bleckte ihr die Zunge.

Sie warf mir einen Todesblick zu. Louis und die ganze Klasse beobachteten uns und verfolgten unser Gespräch weiterhin aufmerksam. Na super! Diese Stunde war die absolute Katastrophe. Hatte ich es nicht geahnt?

"So, jetzt reicht es. Serena, Sarah ihr kommt mit zum Schuldirektor. Und ihr anderen lest euch bitte schon einmal die Seiten 7-10 im Buch durch, da dies unser neues Thema sein wird. Ich bin gleich wieder da, es wird nicht lange dauern."

Peinlich berührt stand ich auf und lief nach vorne, Sarah dicht hinter mir. Was war denn nur in Louis gefahren? War er sauer auf mich, wegen den gestrigen Ereignissen? Ich musste ihn unbedingt darauf ansprechen. Mit Mr. Styles wollte ich ja auch noch reden. Diese Schule war ganz schön anstrengend.

"Setzt euch dahin, ich komme gleich zusammen mit Mr. Payne wieder."

Holte er Mr. Payne jetzt extra nur wegen dieser Sache aus dem Unterricht? Scheiße gelaufen. Da schlich sich wieder diese Röte in Sarahs Gesicht.

"Na ganz klasse."

Seufzend lehnte ich mich an der Wand an.

"So ein verdammter Mist!", fluchte sie los.

"Kannst du laut sagen."

"Was ist denn bitte mit deinem Tommo los?", fragte sie mich.

"Wüsste ich auch gern."

Das mit "meinem" Tommo überhörte ich jetzt mal geschickt. Den Rest der Wartezeit verbrachten wir schweigend.

Irgendwann hörten wir Schritte und dann bogen schließlich Louis und Mr. Payne um die Ecke. In meinem inneren zog sich alles zusammen, was sich zusammenziehen konnte.

"Kommt bitte mit rein", sagte Mr. Payne im ruhigen Ton.

Ohne zu zögern standen wir auf und dann ging auf einmal alles ganz schnell. Ich blieb mit dem Absatz an der Bank, auf der wir saßen, hängen und knickte um. Louis konnte mich gerade noch auffangen, sonst wäre ich mit voller Wucht auf den Boden geprallt. Der Knöchel fing sofort an zu schmerzen, ich musste mir sogar die Tränen verkneifen.

Sarah riss erschrocken die Augen auf.

"Ist alles in Ordnung?", brummte Louis' beruhigende Stimme in mein Ohr.

Er musterte mich besorgt.

"Kannst du laufen?"

Ich probierte es, aber schon allein die kleinste Belastung schmerzte höllisch. Mir liefen die Tränen herunter. "Sarah, geh doch schon einmal rein, ich bringe Serena zur Krankenschwester."

Sie nickte, trat ins Büro und schloss die Tür. "Wie soll ich denn bis zur Station kommen?"

Er antwortete nicht und hob mich stattdessen einfach hoch. In mir begann automatisch alles zu kribbeln. Louis roch so unglaublich gut! Mein Vater hatte früher ein ähnliches Aftershave benutzt.

Wir kamen an der Treppe an. "Lass mich runter, ich bin bestimmt zu schwer, das schaffst du nicht", murmelte ich.

"Doch."

Und tatsächlich: er schaffte es. Nach ein paar Minuten standen wir schließlich im Krankenzimmer und die Schwester begann augenblicklich meinen Fuß zu untersuchen, welcher bereits jetzt deutlich angeschwollen war. Louis wollte sich zum Gehen wenden, aber ich bat ihn bei mir zu bleiben.

"Ich muss schnell Verbandszeug und eine Salbe holen. Bleib ganz ruhig liegen und bewege deinen Knöchel auf keinen Fall", sagte sie und verließ das Zimmer.

Und schon war ich mit Louis alleine.

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top