Eren Pov
Stürmisch verließ ich mein Zimmer Richtung Badezimmer, um mich dort einzuschließen. Ich rutschte an der geschlossenen Badezimmertür hinunter und vergrub meinen Kopf in den Händen. Was war das denn gerade? Wollte ich ihn eben wirklich küssen? Levi? Ernsthaft?! Bin ich noch ganz bei Sinnen? Ich darf mich nicht schon wieder verlieben. Ich bin doch noch nicht mal richtig über Reiner hinweg. Noch eine unerwiderte Liebe verkraftet mein Herz nicht und außerdem haben wir uns doch gerade erst angefreundet, nachdem wir uns so lange angegiftet haben. Ich möchte das nicht auf's Spiel setzen. Ich atmete tief durch und rappelte mich wieder auf.
Am Waschbecken stützte ich mich ab, blickte auf und sah mein Spiegelbild. Dies zeigte mir, dass ich gerötete Wangen hatte und einen Glanz in den Augen, den ich nicht genau deuten konnte.
Plötzlich klopfte es an der Badezimmertür und dann hörte ich die Stimme meines Vater, der mich fragte, ob alles in Ordnung sei. Was ich mit ja beantwortete. "Musste nur dringend auf Toilette" log ich und damit gab er sich zufrieden.
Nachdem ich mir kaltes Wasser ins Gesicht gespritzt hatte, atmete ich noch einmal durch und verließ das Bad wieder. Vorsichtig ging ich in mein Zimmer.
Er saß mir den Rücken zu gedreht, an meinem Schreibtisch und las in meinem Englischbuch.
"Tut mir leid, ich weiß auch nicht was da gerade in mich gefahren ist. Lass uns das bitte einfach wieder vergessen und stattdessen lieber Armin besuchen gehen" begann er, ohne sich zu mir umzudrehen.
"Ja das sollten wir" antwortete ich ein wenig enttäuscht und drehte mich zum Kleiderschrank. Ich zog mir einen frischen Hoodie und eine Jeans aus dem Schrank. "Ich gehe mich kurz frisch machen." murmelte ich und verschwand mit beidem im Bad. Erneut dort angekommen, entledigte ich mich meiner alten Sachen und zog mir die Frischen an. Ich warf noch einen Blick in den Spiegel und seufzte innerlich bei dem Anblick, welcher sich mir dort bot. Rote Augen, tiefe Augenringe kurz um, ich sah echt scheiße aus. Ich trottet aus dem Bad wieder in mein Zimmer und steckte den Kopf durch die Tür. "Wir können." sagte ich. Levi schenkte mir ein Lächeln zur Bestätigung und stand vom Schreibtisch auf.
Wenig später waren wir auf dem Weg zum Friedhof. Auf dem Weg dorthin machten wir noch einen kurzen abstecher in den Blumenladen. Dort kaufte ich einen kleinen Strauß aus weißen Chrysanthemen (Erklärung: Wer Chrysanthemen zu einer Trauerfeier mitbringt, zeigt dem Verstorbenen seine Treue und die ewige Treue auch über den Tod hinaus.) und eine Kerze.
„Wo ist es?" fragte er und sah mich erwartend an.
Im ersten Moment verstand ich nicht was er meinte, bis mir einfiel warum wir eigentlich hier waren.
„Dort" sagte ich, deutete auf eine Trauerweide und lief vor.
Als wir vor dem hellblauen Grabstein standen, legte ich die Blumen nieder und zündete die Kerze an. Ein trauriges Lächeln huschte über mein Gesicht, bevor ich anfing zu reden.
„Hi, wie geht es dir? Habe heute wen mitgebracht. Darf ich vorstellen, das ist Levi. Er ist nervig und unsensibel und er ist..." ich konnte nicht weiter meinen Satz beenden, denn plötzlich sah ich mich der Situation von meinem Zimmer wieder.
Eine leichte Berührung um meine Taille riss mich aus meinen Gedanken.
„Hi. Ich weiß, ich habe ihn auch lieb und ich bin froh ihn kennengelernt zu haben. Er ist der Beste, den man sich wünschen kann. Aber das muss ich dir ja nicht sagen, nicht wahr? Ich werde gut auf ihn aufpassen, damit er keine Dummheiten macht. Das Verspreche ich dir, Armin" sprach er und drückte mich näher an sich.
Die ganze Zeit über, als er neben mir stand und mich so an sich drückte, kribbelte mein ganzer Körper. Es war aber kein unangenehmes Kribbeln. Das genaue Gegenteil war der Fall und eigentlich gefiel mir dieses Gefühl viel zu gut.
Wir sprachen mit Armins Grabstein, als würde er vor uns sitzen, aber das war nicht schlimm. Denn so erfuhr ich einen ganze Menge über Levi. Zum Beispiel das er zuvor auf einer Privatschule Namens Rose ging und dass diese aus finanziellen Gründen geschlossen werden musste. Er erzählte über seinen Besten Freund Farlan und über seine Schwester Mikasa, welche so nervig war, dass er sie wohl schon regelrecht hasste.
"Von ihr hast du nie etwas erzählt" plapperte ich ihm rein.
"Das wohl zum einen daran liegt, dass wir uns noch nicht so lange kennen und zum anderen, dass sie auf ein Internat für Mädchen geht" gab er monoton zur Antwort. "Da hast du wohl recht. Entschuldige bitte." antwortete ich verlegen und kratzte mich am Hinterkopf. "Macht doch nix." antwortete er mir mit einem Lächeln auf den Lippen und drückte mich, für einen kurzen Augenblick, noch fester an sich, bevor er wieder das Wort an Armins Grabstein richtete.
Hin und wieder lachte er auch leise und dieses Lachen war das schönste, was ich bis jetzt gehört hatte. Nach ungefähr zwei Stunden verabschiedeten wir uns von Armin und Levi brachte mich ganz Gentlemanlike nach Hause. Vor meiner Haustür angekommen verabschiedete er sich von mir. "Du kannst dich jederzeit bei mir melden, wenn etwas ist Eren. Egal ob es um deinen Vater oder um etwas anderes geht." sagte er mit einer sanften Stimme, welche ich noch nie zuvor bei ihm gehört hatte und strich mit seiner Hand über meine Wange. Ich lehnte meinen Kopf leicht in seine Hand und schloss für einen kurzen Augenblick genießerisch die Augen, bevor ich ihm antwortete. "Ja mache ich. Wir sehen uns morgen in der Schule." " Ja bis morgen." lächelte er zum Abschied und hinterließ ein angenehmes Kribbeln auf meiner Wange.
~~~
Die Zeit verging wie im Flug und schon war der letzte Schultag für dieses Jahr um. Mit Levi verstand ich mich mittlerweile blendend.
"Seid am Samstag pünktlich" rief er uns nach, als wir uns an der Kreuzung trennten.
Samstag war der zweite Weihnachtsfeiertag und Levis 15. Geburtstag. Es hat lange gedauert und viel Überredungskunst gekostet meinen Vater davon zu überzeugen, dass ich auf die Geburtstagsparty gehen durfte.
Aber nachdem meine Eltern und seine Eltern sich vergangenes Wochenende kennenlernten, war es ein leichtes.
Auch versicherten wir meinem Vater das zwischen uns nur Freundschaft besteht und kein Interesse am jeweiligen Geschlecht. Was für meinen Teil zwar gelogen war, aber nun gut. Ich werde nicht so verrückt sein und ihm das auf die Nase binden. Es war schon schwierig genug ihn davon zu überzeugen, dass Levi und ich kein Paar sind. Was er murrend akzeptierte.
Levi hatte mir am gleichen Tag, noch meine Geschenk Tüte wiedergegeben und meinte ich soll es ihm persönlich geben, wenn es soweit ist.
"Ihr steht euch ja richtig nah" hörte ich Jeans spöttische Stimme hinter mir. Leider hatte er den gleichen Weg wie ich und so musste ich mir einen Kommentar nach dem anderen anhören. Doch ich ignorierte sie alle, zu groß war meine Freude auf Samstag.
"Sorry, Horse, aber ich habe noch ein paar Dinge zu erledigen" sagte ich und bog in meine Straße ein.
So nun ist es geschafft, Eren und Levi haben ihr Kriegsbeil vergraben.... oder doch nicht?! Aber erst einmal wird Geburtstag gefeiert. Morgen kommt vorerst das letzte Kapitel und dann mein langersehnter Urlaub. Ich hoffe ihr nehmt es mir nicht übel. Lasst mir was da euch allen einen schönen Abend.
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