Kapitel 53


Isabellas Sicht

„Happy Birthday Lieblingsbruder!", lachend falle ich Draco um den Hals. Er hasst es, wenn ich das in der Öffentlichkeit tue. Aber das ist mir egal. Heute ist unser Geburtstag! Zu meiner Überraschung erhalte ich statt einem blöden Kommentar sogar ein kleines Lächeln. Ich drücke ihm ein kleines Päckchen in die Hand, bevor ich zu George laufe, und wir Hand in Hand die große Halle betreten.

Ich erhalte viele Glückwünsche, und setze mich strahlend an meinen Platz. Ron schiebt mir unsicher ein kleines Geschenk über den Tisch. Verwundert nehme ich es an und hebe den Deckel einen Spalt hoch. Als ich sehe, was darin ist, werfe ich Hermine einen unauffälligen Blick zu, bevor ich mich bei Ron bedanke. Er hat mir eine kleine Parfümflasche geschenkt. Ich nehme das Fläschchen aus der Verpackung und sprühe mir etwas auf den Handrücken, um daran zu riechen. „Mmh, das riecht sehr gut. Danke Ron, das ist wirklich lieb von dir!" Ich weiß von Hermine, dass Ron sie gestern Abend noch dazu überredet hat, mit ihm nach Hogsmeade zu gehen, um ein schönes Geschenk für mich zu suchen. Plötzlich ertönt ein lautes Krächzen, und alle Blicke richten sich nach oben, da die Eulen normalerweise immer erst abends die Post bringen. Der Anblick, der sich mir da bietet, lässt mich kurz auflachen, bis mir klar wird, dass das riesige Paket, mit dem sich die Eulen plagen, für mich ist. Peinlich berührt senke ich den Blick, als sie das längliche Paket vor mir fallen lassen. Aus den Augenwinkeln sehe ich, wie auch vor Draco ein kleines Päckchen fallen gelassen wird.

Nun sind alle Blicke auf mich gerichtet. Ich versuche sie zu ignorieren, und öffne den Brief meiner Mutter. Ich überfliege die Zeilen – ein paar Glückwünsche von ihr und meinem Vater. Ich bin mir ziemlich sicher, dass Dad von diesem Geschenk nichts weiß, denn sonst hätte Draco auch einen neuen Besen bekommen. Grinsend reiße ich das Papier aus und hole einen brandneuen Feuerblitz hervor. Ein lautes Raunen geht durch den Saal.

Nach dem Frühstück verlassen wir gut gelaunt die große Halle und ich laufe zum Gemeinschaftsraum, um meinen neuen Besen und die anderen Geschenke in mein Schlafzimmer zu bringen.

Anschließend laufe ich schnell nach unten, um den Zaubertrankunterricht nicht zu verpassen. Mal abgesehen davon, dass Snape mir mindestens ein Dutzend Hauspunkte dafür abziehen würde, ist Zaubertränke mein Lieblingsfach und da will ich nicht zu spät kommen. Die Tür ist noch offen – Gott sei Dank! Schnell schlüpfe ich an Professor Snape vorbei, der mich mit einem auffordernden Blick erwartet und laufe nach vorne zu meinem Platz neben Hermine. Doch statt ihrem Lockenkopf sehe ich die, nach hinten frisierten weißblonden, Haare meines Bruders. Verwundert schaue ich mich um und sehe Hermine neben Harry sitzen. Entschuldigend sieht sie mich an. Ich schüttle lächelnd den Kopf, und setze mich neben Draco. Vor mir liegt eine kleine Schachtel mit einer grünen Schleife darum. Skeptisch werfe ich meinem Zwilling einen Blick zu. Er hat mir noch nie etwas geschenkt. Zumindest nichts Materielles. Eher so etwas wie: 'Du darfst dir das Essen für heute wünschen' oder 'Du darfst dir aussuchen, was wir heute spielen'.

„Jetzt mach es schon auf." Grinsend ziehe ich die Schleife ab und will gerade den Deckel hochheben, als Snape vor mir auftaucht. „Ihr Geschenk können Sie nach dem Unterricht begutachten. Bitte stellen Sie es jetzt zur Seite und konzentrieren Sie sich auf den Unterricht." Ernsthaft? Na toll. „Ich wünsche Ihnen auch einen wunderschönen guten Morgen, Professor.", ich setze mein freundlichstes Lächeln auf und erwidere Snapes starren Blick. Schon nach wenigen Sekunden wendet er sich ab und geht nach vorn. Ich verkneife mir ein Grinsen und schiebe die Schachtel von mir weg – Snape sollte ich lieber nicht provozieren, zumindest nicht, wenn ich Nachsitzen vermeiden möchte.

>Wieso hast du einen neuen Besen bekommen?< 

Schmunzelnd hole ich mein Schulbuch aus meiner Tasche und schlage die richtige Seite auf. >Ich habe meinen alten verschenkt.< 

„Du hast was?!", Draco verschluckt sich so heftig, dass er einen Hustenanfall bekommt. 

„Mr Malfoy? Ist bei Ihnen alles in Ordnung?", Snape wirft ihm einen vorwurfsvollen Blick zu. 

„Ja, alles gut Professor.", er räuspert sich noch einmal, bevor er sich wieder zu mir wendet.

>An wen und wieso hast du ihn verschenkt?!< 

>An Ron, er will es doch unbedingt ins Quidditchteam schaffen und mit seiner Krücke von Besen ist das ziemlich unmöglich.<

 >Du hast Weaselby deinen Nimbus 2000 geschenkt?< >Jap.< 

Ich versuche neben unserem Gespräch wenigstens ein wenig dem Unterricht zu folgen. >Und da ich eine gute Freundin bin, und eine Familie habe, die sich einen neuen Besen leisten kann, wieso nicht? Hättest du Dad nach einem neuen Besen gefragt, dann hättest du auch sofort einen bekommen.<

Nach einer kurzen Pause taucht Dracos Stimme wieder in meinem Kopf auf. >Weasley spielt aber nicht den Potterersatz im nächsten Quidditchspiel, oder?< Kichernd blättert er in seinem Buch herum. Schmunzelnd schließe ich die Augen, um ihm durch meine Mimik nichts zu verraten. Als ich mich wieder unter Kontrolle habe, antworte ich ihm. 

>Hättest du etwas dagegen?< >Ich? Mir ist es eigentlich egal, wer im nächsten Spiel als Sucher antritt, aber Weasley wäre schon echt witzig. Ich frage mich, ob er überhaupt im Stande ist, einen Arm vom Besen loszulassen, ohne herunter zu fallen.< 

Wütend funkle ich ihn an. >Warts nur ab. Du wirst dich noch wundern.< Damit verbanne ich ihn aus meinem Kopf und widme mich der Aufgabe, die Snape an die Tafel geschrieben hat. Manchmal könnte ich Draco den Kopf umdrehen, für seine gehässigen Bemerkungen. Aber dieses Mal wird er schon sehen, was er davon hat. Draco kennt meine Flugkünste und könnte sich eigentlich denken, dass ich als Ersatzsucher in Frage komme. Aber gut, so wird es heute Nachmittag für mich umso amüsanter.

Die Stunde ist jeden Moment vorbei und ich schiele schon aufgeregt zu der kleinen Schachtel, die am Tischrand steht. Kaum gibt Professor Snape das Ende der Stunde bekannt, schnappe ich mir die Box und nehme den Deckel ab. „Oh Draco! Die ist ja schön!" Staunend hole ich die silberne Kette aus ihrer Verpackung. „Für was steht das Symbol?" „Dafür, dass du nie die Hoffnung aufgeben darfst und immer du selbst bleibst und dich nicht von anderen verändern lässt.", er sagt es sehr leise, sodass es um uns herum niemand hört, aber mit starken Emotionen in der Stimme. Berührt schaue ich ihn an und schenke ihm mein ehrlichstes und dankbarstes Lächeln. „Danke. Sie ist wunderschön." Mit einem kurzen Lächeln verabschiedet er sich und verlässt das Klassenzimmer.

****

Glücklich laufe ich in meinen neuen Quidditchklamotten, und meiner neuen Kette um den Hals, zwischen Fred und George in Richtung Quidditchfeld. Heute findet mein erstes richtiges Training als Sucher statt. Da heute Dienstag ist, gehört das Feld eigentlich den Slytherins. Da Wood aber der Meinung ist, dass ich unbedingt heute mit dem Training anfangen muss, haben wir eine Sondergenehmigung von unserer Hauslehrerin bekommen. Ich glaube zwar, dass Wood damit nur den Slytherins eins auswischen will, aber was solls.

Draco hat mir vorhin erzählt, dass unser Vater bei dem Quidditchspiel da sein wird, um zu sehen, ob sich seine Investition in das Slytherinteam gelohnt hat. Ich weiß, dass Dad sehr stolz auf Draco ist, und ihn bei allem unterstützt. Ich verstehe nur nicht, wieso Draco alles bekommt, und ihm so viel zugetraut wird, und mir nicht. Dabei sind wir gleich alt, haben die gleiche Ausbildung genossen und ohne egoistisch zu klingen, aber in einem Duell bin ich Draco mit Sicherheit ein ebenbürtiger Gegner.

Irgendwie freue ich mich jetzt noch viel mehr auf das Spiel, denn das ist meine Gelegenheit Dad zu zeigen, was ich kann. Er muss endlich merken, dass ich nicht mehr seine kleine Tochter bin, der er nichts zutrauen kann! Und das kann ich ihm nur zeigen, wenn ich selbstsicher und konzentriert an die ganze Sache herangehe.

Auf dem Quidditchfeld angekommen, treffen wir auch schon auf Marcus Flint und sein Team. „Was macht ihr hier? Heute gehört das Feld uns. Ihr könnt woanders trainieren!" Ich kann sogar von hinten sehen, dass Oliver ihn nur frech angrinst und ihm wortlos den Brief von Mrs McGonagall in die Hand drückt. Flint faltet das Stück Papier auseinander und überfliegt die paar Zeilen. Verwundert schaut er auf. „Ihr müsst ausgerechnet heute anfangen euren neuen Sucher zu trainieren?" „Wir dachten, ihr würdet vielleicht gerne zuschauen. Um euch schon mal mit der sicheren Niederlage anzufreunden.", grinsend richtet Wood sich vor Flint auf. Unbeeindruckt entgegnet dieser: „Ohne euren Wunderknaben habt ihr doch überhaupt keine Chance gegen uns!" Draco ist vorgetreten, und schaut Harry herablassend an. „Wer ist denn euer neuer Sucher?" Harry lächelt nur unschuldig und schaut fragen zu Wood. Dieser antwortet: „Wir haben unseren Sucher mit Bedacht ausgewählt. Jemand, der schon Quidditcherfahrung hat, fantastisch fliegen kann, unglaublich schnell und wendig ist, auch mal ein Risiko eingeht und vorallem – und da haben wir sogar an dich gedacht, Malfoy – nicht nur von vorne, sondern auch von hinten sehr schön anzusehen ist, denn mehr wirst du von ihr wohl nicht zu sehen bekommen." Lachend gehe ich zwei Schritte vor. „Sehr schmeichelnd, Oliver."

„Du?", ein mehrstimmiges Raunen ertönt, als ich mich vor den Slytherins aufrichte, und Draco siegessicher angrinse. „Du bist der Potterersatz? Hättest du das nicht vorhin mal erwähnen können?", schockiert, aber auch ein wenig beleidigt betrachtet Draco mich. „Ja, bin ich. Wenn ich schon nicht als Treiber ins Team kann, dann doch wenigstens als Ersatzsucher oder wie du es nennst: Als Potterersatz. Wobei diese Bezeichnung nun wirklich nicht auf mich zutrifft. Harry und ich – das sind zwei ganz verschiedene Ligen. Nichts gegen dich Harry.", ich zwinkere ihm unauffällig zu, „Denn Harrys Ziel war es lediglich das Spiel zu gewinnen, und zu zeigen, dass er es verdient hat, als jüngster Sucher der letzten Hundert Jahre in die Geschichte einzugehen. Ich dagegen habe eine viel größere Motivation – abgesehen vom Sieg natürlich, aber den werden wir uns sowieso holen. Denn ich werde allen zeigen, dass ich nicht nur als Ersatz eingesetzt werden sollte, oder dazu da bin, im Schatten einer Familie zu stehen. Ich werde unserem Vater zeigen, wer ich wirklich bin, zu wem ich gehöre und vor allem werde ich ihm zeigen, dass ich kein kleines Mädchen mehr bin, das behütet und versteckt werden muss. Ich will endlich aus dem Schatten heraustreten, denn ich sehe es nicht ein, dass unsere Eltern mir nichts zutrauen, und Vater mich bei keiner meiner Wünsche unterstützt! Aber in 3 Wochen werde ich ihm zeigen, was ich kann, und dass ich sehr wohl in der Lage bin, unsere Familie mit Würde zu vertreten, auch wenn ich nicht so bin wie ihr."

Entgeistert sieht Draco mich an. Er scheint so überrascht zu sein, dass ihm kein Konter einfällt – und das passiert so gut wie nie! Auch die anderen Slytherins sagen nichts dazu. Vermutlich hält sie das Funkeln in meinen Augen davon ab. Stattdessen sammeln sie wortlos ihre Sachen zusammen und verlassen das Spielfeld. Überrascht darüber, was ein paar Worte doch für eine Wirkung haben können, schaue ich den Slytherins nach. Am Zugang zur Tribüne bleiben sie stehen und fangen an leise zu diskutieren. Einige von ihnen, darunter auch mein Bruder, wenden sich ab und gehen zurück zum Schloss. Marcus Flint und drei weitere Spieler setzen sich auf die Tribüne. Schmunzelnd wende ich mich zu Oliver Wood, der mich beeindruckt anschaut. „Ich bin beeindruckt. Vielleicht hätte ich dich schon eher ins Team holen sollen." „Und wen hättest du dafür rausgeschmissen?", herausfordernd schaue ich ihn an. „Du hast Recht. Ich könnte keinen hier entbehren. Aber vielleicht hätte ich ja einfach einen zweiten Sucher oder einen dritten Treiber erfinden können." „Das hättest du für mich getan?", frage ich gespielt überrascht. „Das weiß ich auf jeden Fall zu schätzen, aber ich bin relativ geduldig und kann warten, bis einige Plätze frei werden. Bis dahin spiele ich aber gerne euren Ersatz.", lachend laufe ich auf das Feld. „Wollt ihr jetzt trainieren? Oder wollt ihr den Slytherins weis machen, dass wir auch ohne Training besser sind als sie?!"

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