Kapitel 39

Isabellas Sicht

Schweißgebadet wache ich mitten in der Nacht auf. Schwer atmend setze ich mich auf, und streiche mir die Haare aus dem Gesicht. Ich hatte schon wieder diesen Traum von Harry auf einem Friedhof. Seit Wochen der gleiche Traum, und immer wache ich an derselben Stelle auf. Erst sehe ich einen alten düsteren Friedhof, dann ein Grab, auf dem der Name 'Tom Riddle' steht. Plötzlich erscheint Harry auf dem Friedhof und liest die Inschriften der Gräber. Er sagt zu einer anderen Person, die ich nicht sehen kann, dass er in seinen Träumen schon einmal auf diesem Friedhof war. Bei dem Grab von Tom Riddle bleibt er stehen und sagt entsetzt: "Wir müssen hier weg." Die andere Person tut aber nicht dergleichen, sondern bewundert nur einen leuchtenden Gegenstand, der auf dem Boden liegt. Plötzlich drehen sich beide Jungs um und starren entsetzt in eine Richtung. Dann ertönt ein gehässiges Lachen und immer an dieser Stelle wache ich auf...

Ich schaue auf die Uhr und beschließe aufzustehen, auch wenn ich noch knapp drei Stunden hätte schlafen können. Ich gehe ins Bad und stelle mich unter die warme Dusche. Ich genieße den Wasserstrahl auf meiner Haut und nutze die Ruhe, um zu entspannen. In ein paar Stunden werden die Champions in die Arena gehen und sich einem Drachen gegenüberstellen. Ich habe Angst davor. Ich weiß, wie gefährlich und unberechenbar ein Drache sein kann und kenne die möglichen Folgen, die das Trimagische Turnier mit sich bringen könnte. Ich steige aus der Dusche und ziehe mir einen weiten Pulli und meine Schlafshorts an. Mit nassen Haaren und meinem Drachenbuch setze ich mich im Schneidersitz auf ein Sofa im Gemeinschaftsraum. Ich schlage eine Seite auf und verbessere einige Skizzen.

Ich höre wie jemand die Treppen von den Jungszimmern hinunterkommt. Ein verschlafener Weasley sieht mich mit großen müden Augen an. „Was machst du denn schon hier?" „Ich habe schlecht geträumt.", ich weiß nicht wieso ich jetzt so freundlich zu ihm bin, weil ich ja eigentlich immer noch wütend auf ihn sein sollte, aber der Schlafmangel machte mir zu schaffen. Müde setzt er sich ans andere Ende vom Sofa. 

„Und was ist mit dir?", neugierig sehe ich ihn an, weil es mich schon wundert, dass er praktisch mitten in der Nacht im Gemeinschaftsraum auftaucht. „Weiß nicht, kann nicht mehr schlafen. Was hast du da?", er deutet auf das Buch. Vorsichtig reiche ich es ihm. Neugierig betrachtet er das Cover und blättert dann ein wenig durch das Buch. Ich lasse ihn dabei nicht aus den Augen und bin fasziniert von seinen Emotionen, die er innerhalb weniger Sekunden wechselt: In dem einem Moment liest er gespannt, dann streicht er sanft über die Zeichnungen. Ein paar Sekunden später liegt ihm ein Lächeln auf den Lippen, und kurz darauf liest er mit entsetzter Miene meine Informationen zu den Drachen. 

Nach ein paar Minuten gibt er mir das Buch zurück. „Hast du das alles gemacht? Also die Zeichnungen und die ganzen Informationen und so?" Ich nicke und lege das Buch auf meinen Schoß. „Ich wusste gar nicht, dass du so gut zeichnen kannst." „Naja, eigentlich sind die gar nicht so gut.", ich weiß nicht was ich sonst noch sagen könnte. Ein unbehagliches Schweigen legt sich über uns. „Was hast du denn geträumt?" 

Nachdenklich verkreuze ich meine Finger. „Ich weiß nicht so genau ... Da war ein Friedhof, und Harry war mit jemandem dort. Und dann... dann war da dieses scheußlich hämische Lachen...", stotternd erläutere ich meinen Traum. George hat mir aufmerksam zugehört: „Und dann? Was ist dann passiert?" Zerstreut schaue ich auf: „Dann bin ich aufgewacht. Jedes Mal an der gleichen Stelle." Ich verstehe den Traum einfach nicht. „Jedes Mal? Wie oft hast du diesen Traum denn schon gehabt?", verwundert sieht George mich an. „Eigentlich jede Nacht seit dem Beginn des Trimagischen Turniers.", ich erinnere mich noch genau an den Tag, an dem ich zum ersten Mal von dem Friedhof geträumt habe: Es war der Tag, an dem Dumbledore das Turnier offiziell als eröffnet erklärt hat. Der Tag an dem die Champions ernannt worden.

„Du Bel, es tut mir leid.", reumütig sieht George mich an. Ich schaue weiterhin auf meine Finger und schweige. Mir gehen viele Gedanken durch den Kopf: Mich plagten vom Schlafmangel bis hin zu riesiger Angst hunderte negativer Dinge und ich habe dieses flaue Gefühl im Bauch, das nichts Gutes bedeuten kann. Ohne weiter darüber nachzudenken rutsche ich zu George und lehne mich an ihn. Nach kurzem Zögern legt er seine Arme um mich und streichelt mir sanft über den Rücken. Es tut gut, George nach so vielen Wochen wieder nah zu sein und sich einfach nur sicher zu fühlen. 

„Ich habe Angst George.", langsam richte ich mich auf und sehe meinen besten Freund mit verweinten Augen an. Mitfühlend sieht er mir in die Augen: „Wovor?" „Um Harry, vor den Folgen des Turniers, und ...", unschlüssig stocke ich, „Ich weiß es nicht, aber irgendetwas Schlimmes wird passieren, und davor habe ich große Angst." Ich rutsche näher an ihn heran und lege meinen Kopf auf seine Schulter. Fürsorglich legt er einen Arm um mich und drückt mich an sich. Es tut gut, seinen besten Freund einfach mal wieder an sich zu drücken. Jegliche Wut auf ihn ist verschwunden und ich spüre nur noch die Geborgenheit, die er ausstrahlt.

Ein paar Minuten sitzen wir nur so da, jeder in seine Gedanken versunken.

„Es tut mir wirklich leid, Bel." Er pausiert einen Augenblick bis er fortfährt: „Das war eine bescheuerte Idee von Fred und mir, am Turnier teilzunehmen. Und wir haben deine Sorge einfach nicht verstanden. Aber ich hasse es, wenn du mich hasst. Und naja, irgendwie hast du ja Recht. So ganz ungefährlich scheint das Turnier nicht zu sein..." Ich richte mich auf und sehe ihn mit großen müden Augen an. „Ich habe vielleicht auch ein bisschen übertrieben...", verlegen lächle ich ihn an. „Ein bisschen vielleicht.", frech grinst er mich an.

„Hey!", lachend stoße ich ihm meinen Ellenbogen in den Bauch. „Du hättest aber auch gleich auf mich hören können.", beleidigt verschränke ich die Arme vor der Brust und rücke von ihm weg. „Och, schmollt die kleine Bella jetzt etwa?", schmunzelnd rutscht er zu mir rüber. Böse schaue ich ihn an: „Ich. Bin. Nicht. Klein!" „Nein, überhaupt nicht...", lachend richtet er sich auf, sodass er mindestens 2 Köpfe größer ist als ich. „Na gut. Ich gebe zu, dass du ziemlich groß bist. Aber ich bin nicht klein.", auffordernd sehe ich ihn an. „Okay, ich kenne einige, die kleiner sind als du zufrieden?", grinsend verwuschelt er mir meine feuchten Haare.

„Ich bin froh, dass du mir nicht mehr böse bist.", lächelnd legt er mir einen Arm über die Schulter. Mit hochgezogenen Augenbrauen sehe ich ihn an: „Wer sagt denn, dass ich dir nicht mehr böse bin. Vielleicht bin ich auch einfach übermüdet und bereue später alles."

„Na, das hoffen wir jetzt einfach mal nicht.", gähnend lehnt er sich zurück. „Naja, ich geh mich jetzt mal fertig machen.", langsam steht er auf und schlendert die Treppe rauf. Lächelnd sehe ich ihm hinterher. Ich fühle mich schon viel besser. Ich habe gar nicht gemerkt wie sehr mich der Streit mit George mitgenommen hat, aber mir ist wirklich ein Stein vom Herzen gefallen.

So langsam erwachen alle und Schritte und leises Gemurmel sind zu hören. Ich nehme mein Buch und gehe in mein Zimmer. Hermine rennt schon aufgeregt hin und her. „Bella, wo warst du denn? Ich habe mir Sorgen gemacht. Du bleibst doch sonst immer bis zur letzten Minute im Bett liegen!" Grinsend rolle ich mit den Augen: „Ich konnte einfach nicht mehr schlafen und hab mich unten auf ein Sofa gesetzt. „Achso...", entschuldigend sieht sie mich an, „Ich bin nur so aufgeregt." Seufzend setzt sie sich auf ihr Bett. Ich setze mich neben sie und nehme ihre Hand. „Es wird schon nichts passieren. Harry ist ein guter Zauberer, er wird das schaffen.", ich bin selbst überrascht, dass ich so überzeugend klang. Eigentlich mache ich mir ja selbst riesige Sorgen. Dankbar sieht Hermine mich an.

Ich richte mich wieder auf und kämme meine Haare. „Ich gehe schon mal runter.", lächelnd hüpfe ich die Treppe hinunter. Im Gemeinschaftsraum springe ich einem großen rothaarigen Jungen auf den Rücken. „Guten Morgen Fred!" Erschrocken sackt er zusammen und wir landen beide auf dem Boden. Mit zusammen gekniffenen Augen sieht Fred mich an: „Erstens: Wie hast du mich von hinten erkannt? Zweitens: Wieso bist du so gut gelaunt? Drittens: Bist du nicht eigentlich böse auf mich?" Provozierend sehe ich ihn an: „Erstens: Weibliche Intuition. Zweitens: Verrate ich dir nicht. Und drittens: Eigentlich schon, aber nein."

„Okay?!", verwundert begutachtet Fred mich mit gerunzelter Stirn. „Manchmal bist du schon ganz schön komisch drauf." „Ich weiß." Aus den Augenwinkeln sehe ich Harry die Treppe runterkommen. „Harry!", ich gehe auf ihn zu, „bitte mach heute keinen Schei*, ja? Versuche wenigstens heil wieder raus zu kommen und denk dran, was ich dir alles gesagt habe, ja? Ich glaub' an dich und ich weiß, dass du es schaffen kannst. Du musst nur schlauer sein als der Drache. Nicht stärker, schlauer!", eindringlich sehe ich ihm in die Augen und warte auf sein zustimmend "Ich werde es versuchen." Das klang zwar nicht allzu überzeugend, aber ich schiebe es einfach mal auf die Aufregung. Schwungvoll drehe ich mich um und wäre beinahe gegen Fred gelaufen. Grinsend sage ich ihm, dass ich einen Bärenhunger habe und jetzt zum Frühstück gehen werde. Gut gelaunt verlasse ich den Gemeinschaftsraum und lasse einen verwunderten Fred und einen halbwegs aufgemunterten Harry zurück.

Vor der großen Halle treffe ich auf Draco und gehe auf ihn zu. "Guten Morgen, Lieblingsbruder! Gut geschlafen?", fröhlich sehe ich ihn an, "Ich nicht. Sag mal, hast du auch von einem Friedhof geträumt?", ich warte sein Kopfschütteln gar nicht erst ab, sondern plappere einfach weiter. "Naja, ist vielleicht auch gut so. Das war ein echt gruseliger Traum, den wünsche ich keinem." Ich drehe mich um und laufe weiter, dennoch höre ich wie Draco sagt: "Die hat eindeutig Stimmungsschwankungen." Erst will ich mich wieder umdrehen und ihm sagen, dass ich mit Sicherheit keine Stimmungsschwankungen habe, aber dann wird mir bewusst, dass er mit seiner Bemerkung gar nicht mal so Unrecht hat: heute bin ich wirklich komisch drauf. Nachdem ich aufgewacht bin, hatte ich fürchterliche Angst vor dem was die Zukunft bringt, und jetzt, seitdem ich mich mit George versöhnt habe, bin ich die wahrscheinlich glücklichste Hexe in ganz Hogwarts. 

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