Wieder der Fluss

Hallööööchen! :) So, ich habe jetzt beschlossen, das neue Kapitel schon heute Abend hochzuladen, weil ich mich soooo über eure fantastischen (!) Kommentare gefreut habe :D *-* Viel Spaß beim Lesen! In den nächsten Tagen wird dann noch der "etwas" längere Epilog folgen :) Freut euch darauf!



Ich hörte Yaxleys Wutschrei im selben Moment, da ich das Reißen hinter meinem Narbel spürte und dann den Druck des Portschlüssels, der mich in einen wilden Strudel aus Wind und Farben hineinsog...


...Ich schlug bäuchlings auf, mein Gesicht drückte sich in ausgedörrtes Gras und dessen Geruch stieg mir in die Nase. Es roch nach Sommer. Ich hatte die Augen geschlossen gehalten, während der Portschlüssel mich getragen hatte und tat es auch weiterhin. Ich rührte mich nicht. Alle Luft schien mit dem Aufprall aus mir herausgepresst worden zu sein und mein Kopf schwirrte. Meine Finger hielten noch immer die silberne Haarbrosche in Form einer Feder umklammert und ich atmete den Geruch des Grases ein, während der Schock in immer wiederkehrenden Wellen durch mich hindurchwallte.

Ich spürte die Erde unter mir vibrieren, hörte rasche Schritte im plattgedrückten Gras. Zwei Hände drehten mich herum. „Isabella! Isabella!"

Ich rührte mich nicht, war unfähig, mich zu bewegen. Diese Stimme. Oh, wie meine Träume nach ihm geschrien hatten. Wie wir uns mühsam fremd geworden waren und wieder vertraut. Der Winter war so lang gewesen. Als wollte die bange Einsamkeit mir die Seele rauben, kein Hoffen, nur diese weite, weiße Stille, in der mein tatenloser Wille in atemlosem Bangen nach dieser Stimme lauschte. War das hier die Wirklichkeit? Wie lange dauerte der Albtraum denn? Hielt er noch an oder war es schon Morgen?

Und ich wusste, dass es Morgen war, als schlanke, wunderbar lebendige Hände mein Gesicht umfassten. Keine Traumgespinste, sondern Wirklichkeit. So vertraute warme Hände, ein wenig rau vom Winter noch, aber zärtlich und liebevoll wie der Frühling. Keine kalten Winternebel mehr, kein Saphir am schlanken Finger, nur Obsidian im Blick. Ein Blinzeln durch dichte, schwarze Wimpern. Ein weißes Flackern und ich öffnete die Augen. Ich sah den hellen, sonnigen Frühabendhimmel und dann sah ich Severus, der sich über mich gebeugt hatte. Ich lag im Silberhimmel zwischen Traum und Tag.

Hoch über uns spannte über den weißen Wolkenfetzen bereits der Abend in den milden Sommerlüften seine Schwingen aus. Ich hörte Wasser rauschen und Grillen zirpen und spürte den Sommer auf meiner Haut. Ich war am Rande eines Flusses gelandet. Eines sehr schmutzigen Flusses. Ein bekannter, kleiner Fluss, der sich wie ein dunkles, fleckiges Band durch die von Unkraut und Müll überwucherten Ufer schlängelte. Ich hörte das Rauschen des Wassers und etwas mischte sich in dieses Rauschen, eine seltsam dunkle Melodie. Mehr eine Stimme... Severus. Er redete beruhigend auf mich ein, doch ich verstand nicht, was er sagte. Sein geschwungener Mund öffnete und schloss sich vor meinen Augen, aber seine ungehörten Worte ergaben keine zusammenhängenden Sätze. Es war wie das Summen einer Hummel, nur hie und da drangen einzelne Wörter zu mir hindurch und ich spürte, wie er nach meinem Arm griff und probierte, mich auf die Beine zu ziehen, doch diese knickten einfach unter meinem Gewicht weg.

Meine Finger gruben sich in das Gras. Ich wandte die Augen von seinem Gesicht ab und mein Blick wanderte an mir hinunter. Die weißen Spitzenärmel des Hochzeitskleides waren mit unregelmäßigen Grasflecken bedeckt, der Schleier lag einige Meter entfernt. Er musste wohl beim Aufprall von meinem Kopf gerissen worden sein und sein spitzenbesetztes Ende hing nun in dem schmutzigen Gewässer fest und trieb spielerisch in den kleinen Wellen umher. Einzig und allein eine lose Wurzel, um die sich der hauchzarte, weiße Stoff geschlungen hatte, bewahrte ihn davor, von dem leichten Sog des Flusses mitgetragen zu werden.

Meine Hände zitterten so stark, dass Severus sie in seine einschloss und mich behutsam in eine Umarmung zog. „Ist ja gut, mein Mädchen", murmelte er. „Du bist jetzt in Sicherheit. Du bist frei." In Sicherheit... Die Worte wallten durch meinen Geist.

Doch Grauen erfüllte mich. Zu lange hatte der Albtraum angedauert. Es war ein Trugbild. Eine Lüge. Verzweifelt entriss ich ihm meine Hände und presste die Handflächen gegen meine Wangen. „Was habe ich getan?!", wisperte ich geschockt. „Was habe ich nur getan?" Mit weit aufgerissenen Augen starrte ich Severus an, der mich mit ruhiger Gelassenheit in den schwarzen Augen musterte. „Sie hassen mich jetzt alle... Ich bin eine Schande... Eine Ausgestoßene – ausgestoßen aus der Gesellschaft. Verbannt!" In einem Anflug von Panik fuhr ich mir mit den Fingern durch die Haare. „Schlimmer als Andromeda!", murmelte ich. „Von der eigenen Hochzeit geflohen. Yaxley wird mich umbringen", wimmerte ich. „Das wird er tun. Er wird mich suchen, solange, bis er mich gefunden hat und dann wird er mich eigenhändig umbringen." Von Grauen erfüllt sah ich Severus an. Dieses ruhige, ernste Gesicht. Ich wollte ihn am liebsten schütteln, ihn ohrfeigen für seine Gelassenheit. Er ließ die Dinge nie zu nah an sich heran. Er war so verdammt engstirnig.

„Wo sollen wir denn jetzt hin?", schrie ich so laut, sodass der Fluss mein Echo sicher noch hinunter bis ins nächste Dorf tragen würde. „Glaubst du, ich will mein ganzes Leben in diesem stinkenden Loch, dass sie Spinners End nennen, verbringen? Mein Vater wird mich finden und eigenhändig foltern..." Wütend starrte ich ihn an. Wie dumm wir waren. Wie naiv, zu glauben, dass das hier ohne Plan funktionieren würde...

„Hör mir zu", sagte er bestimmt. „Glaubst du wirklich, ich würde dich bitten, mit mir zu kommen, ohne dass ich auch nur den Hauch einer Ahnung hätte, was als nächstes kommt?"
Atemlos starrte ich ihn an. Sein Blick wirkte dunkel, kalt und undurchsichtig und seine dünnen Lippen kräuselten sich auf diese altbekannte Weise.

„Spinners End ist nur ein Zwischenstopp", fuhr er fort. „Schon morgen wird dein Vater in Askaban sitzen, mit all den anderen. Die wenigen Tage in vermeintlicher Freiheit, die man als Wartezeit, bis zum Gericht bezeichnet, sind lediglich eine Form der Höflichkeit und schließlich eine Abdankung an die Dienste, die dein Vater bisher an das Ministerium geleistet hat. Das sind all die jahrelangen Spenden, die angebliche Freundschaft zu dem Zaubereiminister und all den anderen hohen Tieren im Ministerium wert: Wartezeit als Gefangener im eigenen Hause, bis man dann doch nach Askaban verschleppt wird... Fudge ist nicht mehr Minister. Sie haben Scrimgeour zum neuen Zaubereiminister ernannt. Dein Vater hat keine Chance auf einen fairen Prozess. Für die Auroren ist die Sache klar, die sind froh, ihn endlich als Todesser entlarvt zu haben... Das Gerichtsverfahren schert sie nicht, sie haben alle Beweise, die sie brauchen, um Lucius Malfoy in eine Zelle über dem Meer zu stecken..." Er sah mich an. „Hast du denn wirklich geglaubt, dass ich nicht an das Danach gedacht habe? Dass ich keinen Plan hatte, was geschieht, wenn du erst einmal da raus bist?" Seine Stimme war mit jedem Wort kaum merklich leiser geworden, Strähnen von schwarzem Haar hingen ihm in ins Gesicht und er wischte sie fort.

Dann nahm er mein Gesicht abermals in beide Hände und sah mich sanft an. „Wenn du das glaubst, dann kennst du mich aber herzlich wenig", sagte er mit rauer Stimme, lächelte schicksalshaft und zog mich zu sich heran. Eine Weile betrachtete er mein Gesicht und ich las etwas in seinen dunklen Augen, das ich darin nie zuvor gesehen hatte, doch ich konnte nicht sagen, was es war. „Ich würde dich niemals betrügen...", sagte er leise und seine melodische, dunkle Stimme jagte mir Schauer über den Rücken. „... denn ich liebe dich, mein kleines Wintermädchen... Ja, das ist die Wahrheit. Ich liebe dich. Ich habe alles versucht, um es zu verhindern, habe dich von mir gestoßen, mich dir wieder angenähert, habe dich ignoriert und bin dir mit Häme und Sarkasmus begegnet, um mich selber vor meinen Gefühlen zu schützen... Aber ich kann einfach nicht anders. Es ist zum Verrücktwerden... Die vielen schlaflosen Nächte, das stundenlange Grübeln, das Abwägen, das Warten und Hoffen...Was meinst du wohl, warum ich all das hier tue, wenn ich doch auch in meinen Privatgemächern in Hogwarts in meinem Sessel sitzen, Elfenwein trinken und den Abendpropheten lesen könnte?" Ein erneutes Lächeln huschte über sein junggebliebenes Gesicht. Und er war wie ein Sommergewitter, seine Augen donnerten und blitzten und ich tanzte in seinem Regen und lernte von ihm was das Leben bedeutete.

Ich legte eine Hand an seine Wange und verlor mich auch schon in der nächsten Sekunde in seinen funkelnden, endlos schwarzen Augen. „Ich liebe dich auch... Schon einen ganzen langjährigen Winter lang liebe ich dich. Denn da fing mein Leben an, als ich dich liebte...", flüsterte ich und zog sein Gesicht zu mir hinab, um ihn zu küssen. Seine kurzen Bartstoppeln kratzen ein wenig auf meiner Haut, aber es fühlte sich so richtig an, ihn zu küssen, als hätte ich nie etwas anderes getan. Weggewischt waren die Zweifel und Ängste in diesem Moment. Nur Severus war wichtig... Und als sein Gesicht dem meinem so nahe war, war mir, als tropfte Ewigkeit in meine Hände und ich wusste doch, dass es unsere salzigen Tränen waren.

Nach einer ganzen Weile löste ich mich langsam von ihm. „Und wo gehen wir jetzt hin?", fragte ich schließlich nachdenklich und betrachtete sein Gesicht.

„Wohin du willst", erwiderte er und der Bass in seiner Stimme vibrierte so dunkel, dass mir die Knie weich wurden. Seine kräftigen Arme umschlangen mich plötzlich von hinten und ich hörte seine tiefe Stimme ganz nah an meinem Ohr. „Und irgendwann, da baue ich dir dein weißes Haus mit den blauen Fensterläden und einer Schaukel im Garten, auf der du im Sommer sitzen wirst. Und ich werde dich durch das Küchenfenster beobachten, wie du durch die Luft schwingst... Ich hoffe nur, dass ich meinen Blick dann schnell genug von dir losreißen kann, damit das Feuer unter meinem Kessel nicht ausgeht..." Sein warmer Atem kitzelte über mein Schlüsselbein und ich wagte kaum zu atmen, aus Angst, der Moment könnte zu Neige gehen. „Erinnerst du dich, wie du mir davon erzählt hast, kleines Wintermädchen? Von dem weißen Haus und deinen Träumen? Du hast sie aufgeschrieben, in das Buch, das ich dir zu Weihnachten geschenkt habe und du hast sie mir vorgelesen." Er beugte sich nun so tief zu mir hinab, dass ich den feinen Geruch von verschiedenen Kräutern wahrnehmen konnte, der immer von ihm ausging. Ganz deutlich spürte ich seinen warmen, starken Körper neben mir im Gras. Sanft zog er mich noch enger zu sich heran. Seine Stimme glich jetzt mehr einem Wispern. „Ich werde so lange bei dir sein und dir zuhören, bis sich dein Haar unter meinen Fingern zu Schnee verwandelt, erinnerst du dich? Und du darfst kitschige, weiße Rosen im Vorgarten pflanzen, wenn du das willst... Von mir aus... Es ist mir gleich... Solange du nur bei mir bleibst..." Die dunkle Stimme des Tränkemeisters brach. Der leichte Sommerwind bauschte mir die Haare auf und ich musste sie mit einer Hand aus dem Gesicht halten, damit ich etwas sehen konnte. Die Tränen schossen mir in die Augen. Ich konnte nichts dagegen tun.

Ich sog tief die milde Abendluft ein und bemühte mich, mich auf den Duft der Freiheit in ihr zu konzentrieren. Und in einem plötzlichen Impuls fielen voller Zuversicht meine Zukunftstage in seine offenen Arme. „Ich gehe dahin, wo du hingehst", wisperte ich schließlich leise an seine Brust gelehnt. „Nur bitte... Lass mich nie wieder allein..."

„Nein, nie mehr", murmelte er in mein Haar hinein. „Das verspreche ich dir. Ich bleibe. Auf ewig, mein kleines Wintermädchen, auf ewig."



Und wer jetzt noch nicht genug von Severus und meinen bescheidenen Schreibkünsten (:DDD) hat, der kann gerne bei meiner neuen FanFiktion auf meinem Profil vorbeischauen. Sie heisst "Ein Teil von mir" und dort geht es um Severus' Tochter, die von Amerika nach England zieht und nach Hogwarts kommt. Und Sev muss sich mit den üblen Launen und Ängsten einer traumatisierten Tochter herumschlagen, die gerade ihre Mutter verloren hat... Es wird dunkel, dramatisch und ein klein wenig gewalttätig...

Danke für eure bisherige Unterstützung :) Der Epilog folgt dann bald!

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