Im Büro des Tränkemeisters

„Was haben Sie mit denen zu schaffen?", blaffte mich Snape zehn Minuten später an, sobald er die Tür seines Büros hinter mir geschlossen hatte.

Entrüstet, ob dieser Frage verschränkte ich die Arme vor der Brust und schob trotzig das Kinn vor. „Es ist doch ganz allein meine Sache, mit wem ich meine Zeit verbringe", sagte ich ruhig und bohrte meinem Blick in das endlose Schwarz seiner Augen.

„Nicht, wenn Sie sich dabei in eine Schlägerei verwickeln", zischte er.

„Was?!", stieß ich hervor und mir blieb kurze Zeit die Spucke weg. „Eine Schlägerei? Ich bitte Sie! Was erlauben Sie sich?" Zornig zog ich die Brauen zusammen.

Snapes Blick wurde ungehalten. „Sie haben das Ganze doch nur mit Ihrem einfältigem Gehabe aufgemischt", fuhr er mich an.

„Ich habe Draco nur davon abgehalten, ebenfalls handgreiflich zu werden", rief ich nun. „Was daran soll bitte aufmischen?"

„Sie und dieser Weasley", bellte er und überging meine Worte. „Was haben Sie mit dem zu schaffen?"

Ungläubig sah ich ihn an. „Nichts", rief ich. „Und selbst wenn, das geht Sie gar nichts an."

Jetzt wurde er richtig sauer. „Wie reden Sie mit mir? Ich bin Ihr Lehrer."

„Wie reden Sie mit mir?", stellte ich ihm die Gegenfrage und musste mich an der Kante des Pultes festhalten, denn ich war weiß vor Zorn. Das musste ich mir wirklich nicht bieten lassen. Snape hatten keinen Grund mich derartig zurechtzuweisen.

„Ich rede so mit Ihnen, wie es mir passt", zischte Snape.

Doch jetzt hatte ich genug. Ich wirbelte herum, riss die Bürotür auf und stürmte auf den Gang nach draußen. Mit einem Knall schlug ich die Tür hinter mir zu und rannte den breiten Gang entlang. Aber Snapes Reaktionsfähigkeit war rasant. Noch ehe ich auch nur die Hälfte des Korridors hinter mich gebracht hatte, hatte er mich auch schon eingeholt.
Seine warmen, schlanken Finger schlossen sich wie schon so oft schraubstockartig um meinen Oberarm. Er beugte sich ganz langsam zu mir hinab, seine Nasenspitze war nur Zentimeter von meinem Gesicht entfernt. „Wie können Sie es wagen...", zischte er mit bedrohlich gesenkter Stimme. „Wir klären das jetzt in meinem Büro oder ich lasse Sie solange Kessel schrubben, bis ihre Finger bluten." Er klang absolut ernst. Er machte mir keine Angst, doch seine Worte riefen eine Trotzreaktion in mir hervor. Mit wütendem Blick befreite ich mich aus seinem Griff und verschränkte die Arme vor der Brust. Er hob die Hand und bedeutete mir mit ausgestrecktem Finger, den Weg zurück in sein Büro anzutreten. Widerwillig setzte ich mich in Bewegung und folgte ich ihm zurück in den dunklen Raum.

Er deutete auf den Stuhl vor dem Lehrerpult. „Setzen Sie sich", wies er mich an und nahm selbst hinter dem Pult Platz.
Ich inspizierte mit beiläufigem Blick die Geschöpfe in dem Regal hinter ihm, die in Gläsern und eingelegt in schaurige bunte Lösungen, unheimlich umhertrieben. Ich blickte hier hin und dahin und nur nicht zu Snape. Er hingegen suchte meinen Blick. Mit einem Seufzer hob ich schließlich Kopf.

„Also", fragte ich langsam, „warum bin ich hier?"

Snape legte die Kuppen seiner langen Finger aneinander und seine Mundwinkel zogen sich leicht nach oben. Anstelle des Zornes traten nun wieder das maliziöse Grinsen und der amüsierte, beinahe hämische, Blick. „Professor Dumbledore ist der Auffassung, dass sie in dem Fach Zaubertränke Nachhilfe benötigen, da sie die Leistungsüberprüfung mit einem „M" absolviert haben", sagte er.

Ich sah ihn an. Das hatte ich nicht erwartet. Ich räusperte mich. „Und bei wem soll ich Nachhilfe nehmen?", fragte ich wenig interessiert. Es war also nur ein Anliegen, dass er mir als mein Hauslehrer mitteilen musste, deshalb hatte er mich als Einzige vom Spielfeld dirigiert.

Die Lippen meines Zaubertrankprofessors kräuselten sich jähe in einem Anflug von Belustigung. „Bei mir", sagte er mit samtiger Stimme.

„Aber Professor", sagte ich leise, „denken Sie, dass es wirklich nötig ist, dass ich Nachhilfe nehmen muss? Ich habe mich doch schon verbessert..."

Er trat hinter dem Pult aus Eichenholz hervor und beugte sich zu mir hinab, seine Arme ruhten nun auf den Lehnen meines Stuhles. „Ja, ich halte es für nötig, Miss Malfoy, und der Schulleiter anscheinend auch." Er ließ die Lehnen wieder los und richtete sich auf. „Und ich kann es auch nicht leiden, wenn Sie so schlecht in meinem Unterricht sind. Das sehe ich als Kritik an meinen Lehrmethoden."

Überrascht sah ich ihn an. „Sir, ich denke, ich komme auch ganz gut alleine zurecht. Ich zog „Zaubertränke und Zauberbräue" aus meiner Tasche, die ich bis mit runter zum Quidditchfeld geschleift hatte, und zeigte es ihm. Ich bin bestens ausgerüstet."

Sein Blick schweifte kurz über den goldgeprägten Einband des Buches, dann fokussierten seine schwarzen Augen erneut mein Gesicht. „Widersprechen Sie mir etwa, Miss Malfoy?" Seine Stimme war wie flüssige Seide.

„N-Nein, natürlich nicht, Sir."

„Gut." Er nahm wieder hinter seinem Schreibtisch Platz. „Sie können gehen." Mit einer flüchtigen Handbewegung deutete er Richtung Tür, aber ich machte keine Anstalten, mich zu bewegen.

„Professor?"

Überrascht blickte Snape auf. „Ja?"

„Ähm..." Unruhig rückte ich auf dem Stuhl hin und her. „Würden Sie mir weiterhin Okklumentikunterricht erteilen?"
Seine rechte Augenbraue wanderte himmelwärts. „Ich dachte, Sie hätten beim letzten Mal genug davon gehabt, Miss Malfoy", sagte er mit einem süffisanten Grinsen auf den Lippen.

„Schon", murmelte ich. „Aber ich will es trotzdem lernen. Ich muss es lernen." Entschlossen sah ich ihm in die Augen und er wirkte einen Moment tatsächlich überrascht.

„Ihnen ist aber hoffentlich bewusst, dass ich dann, wie sagten Sie noch gleich, ach ja, ‚ weitere Ausflüge in Ihren Geist' machen muss."

Zerknirscht sah ich zu Boden. „Ja, Sir."

„Und Ihnen ist hoffentlich auch bewusst, dass ich nicht kommentarlos über das Gesehene urteilen werde?"

„Jaah, Professor."

Er nickte. „Nun gut, ich werde darauf zurückkommen, Miss Malfoy."

Erleichtert erhob ich mich von dem klauenfüßigen Stuhl und steuerte auf die Bürotür zu. „Montagabend beginnt Ihre erste Nachhilfestunde, Miss Malfoy. Zwanzig Uhr, in meinem Büro. Und seien Sie pünktlich." Mit diesen Worten zog er einen Stoß Pergamente aus seiner Schreibtischschublade und beugte sich darüber.

Mit leichtem Bedauern schloss ich die Tür hinter mir. Aus diesem Mann wurde ich wirklich nicht schlau. Erst erzählte er mir, dass er mein Pate wahr, nahm mich vor meinem Vater in Schutz, ließ mich bei sich wohnen und sorgte sich um mich und jetzt behandelte er mich wieder so, als wenn all dies nie passiert wäre. Ich war wieder seine Schülerin und das Wort „Pate" hatte nicht mehr ein einziges Mal seine Lippen verlassen. Nicht, dass ich deshalb besonders verletzt oder traurig gewesen wäre, aber es stimmte mich doch nachdenklich. Ich war fast versucht, wieder an die seine Tür zu klopfen und ihn zur Rede zu stellen, aber nachdem einige Sekunden verstrichen waren lenkte ich meine Schritte schließlich doch in Richtung Gemeinschaftsraum.

*Natürlich begann der Montagmorgen wie gehabt mit der Doppelstunde Zaubertränke. Meinen Aufsatz über Veritaserum von letzter Woche bekam ich mit einem großen spitzen „E" in der rechten oberen Ecke wieder und das hob meine Laune sogleich an. Das Wälzen von Zaubertrankzutaten während der Freistunden hatte sich somit als Pluspunkt für mich herausgestellt. Theoretisch mochte ich mich verbessert haben, doch das Brauen fiel mir nach wie vor schwer. Man musste die Zutaten in genau der richtigen Reihenfolge in den Kessel gegeben und die Temperatur musste exakt übereinstimmen, der Kessel durfte weder zu lange noch zu kurz über dem Feuer hängen und all das brachte meine Nerven zum Flattern.

Mir war bereits nach den ersten zehn Minuten wieder der Schweiß ausgebrochen. Mit fahrigen Fingern fing ich an, die Schrumpelfeige für die erweiterte Schwellösung zu schälen. Meinem Kessel entwich reichlich dunkelgrüner Dampf und ich unterdrückte einen kurzen Hustenanfall in meinem Umhangsärmel. Mit der Hand wedelnd versuchte ich den Rauch zum Verschwinden zu bringen, doch er verteilte sich nur über die Köpfe der Schüler in den vorderen Bankreihen und Cho Chang drehte sogar einmal kurz den Kopf nach hinten, um zu sehen, woher der Dampf kam. Sie grinste mir zu und deutete dann mit dem Zeigefinger auf die Gänseblümchenwurzeln in meiner Hand. „Jetzt", formten ihre Lippen und ich ließ mit unglücklicher Miene und im Unglauben, dass dies helfen würde, die Wurzeln in das Gebräu fallen.

Doch zu meiner Überraschung zischte der Trank einmal kurz auf und färbte sich von dunkelgrün über aquamarin zu einem satten königsblau, ganz so wie es im Lehrbuch beschrieben war. Cho grinste. Zufrieden rührte ich ein paar Mal in dem Trank und wandte mich dann wieder dem Schälen der abessinischen Schrumpelfeige zu. Snape rauschte unheilverkündend durch die Bankreihen und lugte hier und da in den Kessel eines Schülers. An meinem Kessel glitt er kommentarlos vorbei und ich atmete erleichtert aus. Schnell wischte ich mir die schweißnassen Hände an der Innenseite meines Umhangs ab und sprang zur nächsten Zeile der Rezeptur über.

Am Ende der Stunde füllte ich ein Fläschchen des Trankes ab und brachte es zur Benotung nach vorne zu Snapes Pult. Dann räumte ich die Zaubertrankzutaten zurück in den Zutatenschrank an der Stirnseite des Klassenzimmers und ging nach vorne zum Spülbecken um mir die Hände unter dem eiskalten Strahl zu waschen. Ein paar Ravenclaw-Mädchen tummelten sich um das Waschbecken herum und giggelten und kieksten. Ich warf einen Blick über die Schulter. Jonathan Yaxley stand am Zutatenschrank und wühlte in der Schublade mit den Löwenfischgräten. Ich stieß gut hörbar Luft aus. Wirklich albern dieses Gehabe. Marietta Edgecombe schüttelte ihre rotblonden Locken aus und warf Yaxley einen verführerischen Blick zu. Seine türkisgrünen Augen blickten zu den Mädchen herüber und blieben dann an mir hängen. Seine Mundwinkel verzogen sich. Ich ignorierte seinen Blick, trocknete mir die Hände ab und ging zurück an meinen Tisch um meinen Kessel zu säubern.

Als endlich alle Schüler nach draußen geschwärmt waren, wobei Marietta Edgecombe zufällig absichtlich ihr Exemplar von „Tausend Zauberkräuter und -pilze" vor Yaxleys Füße fallen ließ, sodass dieser sich bücken musste, um es ihr wiederzugeben, was einen erstickten Kicheranfall bei ihr hervorrief und ich „Zaubertränke für Fortgeschrittene" an meine Brust gepresst aus dem Klassenraum eilte, hörte ich noch, wie Snape mir nachrief: „Und vergessen Sie nicht, heute Abend, zwanzig Uhr, in meinem Büro, Miss Malfoy." Dann fiel die Tür hinter mir ins Schloss. Ich verdrehte die Augen. Er musste mir aber auch wirklich immer noch eins reinwürgen. Mit einem leichten Grinsen auf den Lippen machte ich mich auf den Weg zu Professor McGonagalls Klassenzimmer. Hoffentlich kam ich nicht zu spät zu Verwandlung.


Neuer Tag, neues Kapitel! Bella wird immer besser in Zaubertränke und Snape kann sich manche Worte nicht verkneifen ;) Wünsche euch einen guten Start in die neue Woche :)

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