Eine aufschürfende Erkenntnis

Schade, dass es kaum Leser zu meiner Geschichte gibt :( Dennoch Danke an die, die die Kapitel immer bewerten und auch vorallem diesmal an JellaJo. Vielen Dank für deinen lieben Kommentar :)


Ich schlug die Augen auf. Für einen Moment wusste ich nicht, wo ich war, dann stellten sich plötzlich die Züge von Severus Snape vor meinen Augen scharf. Er hatte sich über mich gebeugt, sodass ihm das schwarze Haar leicht ins Gesicht fiel und seine Brauen waren in einer schon fast ernsten Weise zusammengezogen. In seinen Augen spiegelte sich der Schein der umstehenden Kerzen, die das Büro des Zaubertrankprofessors in ein schummriges Licht tauchten und deren Glanz die Szenerie noch unheimlicher wirken ließ.

Stöhnend richtete ich mich auf, doch er drückte mich zurück auf das Sofa, auf dem ich lag. „Was ist passiert?", murmelte ich zerstreut.

Seine Gesichtszüge wirkten wie in Stein gemeißelt, als er mich ansah, aber seine Augen glühten, er wirkte zornig und gleichzeitig voller Sorge und Mitgefühl. Er verzog kurz das Gesicht, als ob er Schmerzen hätte, doch dann bemerkte er, dass ich ihn ansah und seine Züge glätteten sich sogleich wieder und wirkten unbeteiligt und kontrolliert, wie eh und je.

Er schnalzte missbilligend mit der Zunge und hielt dann eine Phiole mit dunkelgrüner Flüssigkeit in die Höhe und musterte ihren Inhalt im schwachen Kerzenlicht, dann wandte er sich wieder mir zu. „Sie sind ohnmächtig geworden, als wir einen erneuten Legilimentik-Versuch starteten." Er hielt die blassgrünliche Phiole weiterhin gegen das Licht und schwenkte sie kurz hin und her. „Trinken Sie das!" Er hielt mir die Phiole entgegen. „Es wird Sie wieder zu Kräften bringen."

Sein Blick ruhte auf mir. Ich nahm sie ihm zögerlich aus der Hand, machte aber keine Anstalten, das Gebräu zu mir zu nehmen. „Warum-", setzte ich an, doch beendete die unausgesprochene Frage nicht.

„Diese letzte Erinnerung", sagte Snape und griff damit eben jenes Thema auf, über das ich auf keinen Fall sprechen wollte, „Was genau hat sie zu bedeuten? Sind Sie deshalb von Durmstrang verwiesen worden? Das ist ja lächerlich. Hat keiner der Schulräte, oder wer immer für diese Aufgabe zuständig war, Anstalten gemacht, herauszufinden, wie sich das Ganze abgespielt hat? Kein Veritaserum? Kein Enthüllungs-Zauber? Nicht einmal eine Beratung mit dem Lehrer-Komitee?" Er beugte sich ein wenig nach vorn. „Miss Malfoy", drängte er mich leicht, als ich nicht sofort antwortete.

Ich biss mir auf die Lippe, die Phiole noch immer in den Händen haltend. „Doch schon", sagte ich behutsam, „aber keiner hat für meine Seite der Geschichte plädiert. Sowas würde sich kein Schüler jemals erlauben, sagten sie, das wäre doch viel zu einfältig. Hier in Durmstrang würde Zucht und Ordnung herrschen und etwas Derartiges sei wohl Bestandteil der Flausen in meinem Kopf und nur meiner Unzulänglichkeit zuzuschreiben, dass ich mich aus der Sache herausreden wollte, nach der Sperrstunde das Schulgelände verlassen zu haben."

Ich hielt inne und betrachtete die grünlich schimmernden Tiefen des Aufpäpplungstrankes in meiner rechten Hand. „Mein Verwandlungslehrer hat zwar eine Befragung des Schülers angeordnet, aber der Einsatz von Wahrheits-Elixieren oder irgendwelchen Enthüllungsmethoden wurde nicht stattgegeben und somit war es natürlich ein Leichtes für den Jungen, sich aus der Sache herauszureden. Naja, wenigstens hat er eine Strafarbeit bekommen."

Es war still im Raum geworden. „Bitte was?", bellte Snape so plötzlich, dass ich kurz zusammenzuckte. „Er hat eine Strafarbeit bekommen, während Sie von der Schule verwiesen worden sind? Das ist ja wohl keine Gerechtigkeit. Sie hätten sich beklagen sollen..."

„Naja, ich schätze, ich bin wohl öfter aus der Reihe getanzt, als dem Direktor lieb war und er sah diesen Vorfall wohlmöglich als Chance, mich ein für alle Mal loszuwerden." Ich zuckte mit den Schultern.

Snape runzelte die Stirn, als wolle er nicht recht glauben, dass dies der Wahrheit entsprach. Doch dann deutete er mit einer Kopfbewegung erneut auf das Fläschchen in meinen Händen. „Trinken Sie!"

Ich entkorkte die Phiole, roch einmal kurz daran, verzog das Gesicht und kippte ihren Inhalt dann in einem Zug hinunter. Es schmeckte scheußlich nach Kümmel und brannte furchtbar in der Kehle. Ich hustete und musste mich vorn über beugen. Snape hielt mich am Arm fest, bevor er mich mit sanfter Gewalt zurück auf die Couch drückte. Er legte mir eine Hand auf die Stirn und fühlte meine Temperatur. „Sie sollten wirklich öfter an die frische Luft gehen und ein wenig mehr bei den Mahlzeiten zu sich zu nehmen würde Ihnen auch nicht schaden."

Ich sah ihn an. Seit wann juckte es Snape, wie es seinen Schülern ging? Na schön, bei mir und ihm war es von Anfang an anders gewesen und ich kam nicht umhin, von seiner Art fasziniert zu sein und seiner tiefreichenden Analysefertigkeit gegenüber den Menschen ins seinem Umfeld. Irgendwie fürchtete ich mich vor ihm, aber fühlte mich zur gleichen Zeit auf merkwürdige Weise zu ihm hingezogen.

Ich musterte seine vertrauten und zugleich fremden Züge. Er war blasser als sonst und das Schwarz seiner Augen und Haare schien einen noch stärkeren Kontrast zu seiner Haut zu bilden, als es ohnehin schon der Fall war. Aber er wirkte auch jünger und weniger verschlossen als zu Beginn des Schuljahres.

Seine Züge wirkten weicher und ebenmäßiger als bei manch anderem Mann Anfang dreißig, wenngleich sich die Falte zwischen seinen Augenbrauen stärker hervorhob als gewöhnlich und ihm somit das Bild von unabänderbarer Ernsthaftigkeit und Strenge verlieh. Seine Augen aber waren das, was etwas in mir zu Fall brachte. Kohlrabenschwarz wie die Nacht und endlos weit wie der Himmel selbst. Keine Härte, keine Strenge oder Abscheu fand ich in seinem Blick. Schwarz wirkte ja so viel wärmer, als Grau.

Mit geschickten Fingern entkorkte er ein weiteres Fläschchen, diesmal mit rubinroter Flüssigkeit – Ein Trank gegen Kopfschmerzen, den ich von Zuhause kannte. Ohne zu Zögern trank ich davon. Seine schlanken Finger fuhren den Weg seines Umhangärmels hinauf und er zog den Zauberstab darunter hervor. Ich wich zurück. Ein süffisantes Grinsen legte sich um den schmalen Mund und wieder bereute ich meine voreiligen Handlungen.

„Ich tue Ihnen schon nichts", murmelte er und ein scheinheiliges Lächeln zuckte über sein Gesicht. Dann fuhr er mit dem Zauberstab über meinen Körper. „Diagnose-Zauber", erwiderte er auf meinen fragenden Blick hin. „Aber es scheint alles in bester Ordnung zu sein." Er ließ den Stab wieder unter seinem Umhang verschwinden. „Ich denke nicht, dass Sie noch in der Fassung sind, weitere Okklumentik-Versuche in Kauf zu nehmen und ich denke, wir sollten es fürs Erste bei den Nachhilfe-Stunden belassen." Er zögerte, schien mit sich selbst zu ringen. „Wenngleich Sie sich erstaunlich gut angestellt haben bei Ihren Versuchen, mich aus Ihrem Geist zu vertreiben." Er sah zu mir herab. „Auch wenn das natürlich eher auf meine bescheidenen Versuche zurückzuführen ist, Sie nicht zu sehr zu überlasten", fügte er schnell hinzu.

Ich starrte ihn verblüfft an. Hatte mich Snape gerade gelobt?

Sein Blick wurde wieder kontrolliert und nüchtern. „Sie können ruhig noch eine Weile liegen bleiben", sagte er mit seiner tiefen, ruhigen Stimme, „und sich ein wenig ausruhen." Er stand auf, räumte ein paar Tiegel und leere Zaubertrankfläschchen beiseite und verschwand hinter der angrenzenden Tür, von der ich wusste, dass sie in seine Privaträume führte.

Ich starrte die Kerkerdecke über mir an und bekam keinen klaren Gedanken zu fassen. Ständig schwirrten meine Gedanken zu der Erinnerung zurück, in der mich der Siebtklässler beinahe-

Ich schüttelte leicht den Kopf, wie um die Erinnerung abschütteln zu können. Ich hörte ein leises Klappern von Porzellan und das summende Klingen von Glas, ein Kessel, der über dem Feuer eingehakt wurde und dann das Fließen von Wasser. Der Geruch von altem Pergament und verschiedenen Kräutern stieg mir in die Nase, als ich meinen Kopf in den Kissen des Sofas vergrub.

Meine Vergangenheit hatte mich eingeholt. Es war seltsam, obwohl Snape eines meiner intimsten Geheimnisse erfahren hatte, fühlte ich mich nicht unwohl oder schämte mich. Ja, es war sogar beinahe so, dass ich erleichtert war, dass er es endlich erfahren hatte. Dass er wusste, dass ich kein verzogenes kleines Malfoy-Mädchen war, dass ich nicht wie der Rest meiner Familie war. Seine Meinung war mir wichtig.

Die Erkenntnis kam schleichend, aber unaufhaltsam. Seine Meinung war mir wichtiger, als die meines Vaters, dessen Worte für mich sonst schwer wie Gold wogen.

Ich wollte, dass Snape mich mochte. Ich genoss seine Gegenwart und fürchtete mich schon jetzt vor dem Zeitpunkt, an dem er mich wieder fortschicken würde. Ich wollte, dass er zurückkam, mich in die Arme schloss und mir sagte, dass alles gut werden würde. Das Klappern im Raum nebenan hielt für einen Moment inne. Meine Gefühle waren nicht positv, als mich diese Erkenntnis traf. Eine Träne fand ihren Weg über meine Wange und verschwand in meinem Haar. Ich wusste, dass er niemals so denken würde wie ich und dass ich nur seine Schülerin war, die vielleicht ein wenig heller aus der grauen Masse herausstach, als die anderen. Aber das änderte nichts, denn ich war trotzdem nur eben dies. Nicht mehr und nicht weniger.

Ich drehte mich zur Wand, winkelte die Beine an und starrte die blanke, kalte Steinwand an. Ich sollte aufhören, darüber nachzudenken. Es verursachte nur Chaos... Und war es nicht ohnehin zwecklos?

Ich roch frisches Pergament und Thymian, hörte das leise Wispern des Feuers und schloss endlich die Augen. Ich spürte noch unterbewusst, wie Snape zurückkehrte und sich auf der Sofakante niederließ, dann glitt ich abermals in nächtliche Schwärze.

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top