Abschied

Ich würde mich sehr freuen, wenn ihr mir ehrlich sagt, was ihr von dem Kapitel haltet...


Am Donnerstagmorgen erwachte ich aus einem seltsam unruhigen Dämmerzustand, denn ich hatte erst wenige Stunden zuvor Schlaf gefunden, nachdem ich Snapes Büro verlassen hatte. Heute war der letzte Tag vor den Winterferien und um elf Uhr fuhr der Hogwartsexpress aus Hogsmeade ab und brachte seine Insassen zurück nach London.

Ich war gerade dabei meinen Koffer zu packen, als Draco seinen Kopf durch die Tür zum Mädchenschlafsaal steckte. „Hey Schwesterherz", sagte er grinsend. „Noch nicht gepackt?" Er stieß sich lässig am Türrahmen ab und stieg umsichtig über Elizabeth Haufen mit Schmutzwäsche hinweg.
„Was willst du?", fragte ich gelangweilt und warf einen dunkelblauen Faltenrock achtlos in den bereits halb gefüllten Schrankkoffer vor mir auf dem Boden.

„Darf ich meiner großen Schwester denn nicht einfach so einen Besuch abstatten?" Draco ließ sich feixend auf mein Bett fallen und sah mir dabei zu, wie ich ein halbes Dutzend Umhänge auf einmal aus dem Schrank zog und in den Koffer stopfte. „Du hast aber auch eine besondere Art, zu packen." Er grinste erneut. „Freust du dich gar nicht darauf, heute Vormittag endlich nach Hause zu fahren und morgen Weihnachten mit deiner Familie zu verbringen?"

„Du warst das ganze Schuljahr noch nicht einmal hier, um mich zu besuchen", sagte ich und sah in scheel von der Seite an. „Und nein, ich freue mich nicht darauf, Weihnachten auf Malfoy Manor zu verbringen." Er hob eine Augenbraue. „Jaah, wirklich", zischte ich. „Ich würde viel lieber hier in Hogwarts feiern. Elizabeth hat gesagt, dass Weihnachten toll hier ist. Hast du gesehen, wie hübsch sie die Große Halle geschmückt haben? Zwölf Tannenbäume... Und Professor Flitwick hat eigens dafür gesorgt, dass eine Gruppe von echten Feen an Heilig Abend auftreten wird, um Weihnachtslieder zu singen", schwärmte ich. „Ist das nicht fantastisch?" Draco zuckte unbeteiligt mit den Schultern. „Und wir fahren heim. Weihnachten wird vermutlich wieder so spannend wie eine Doppelstunde Geschichte der Zauberei." Ich stieß verächtlich Luft aus. „Ach was, noch schlimmer... Ich hab gehört, dass Großmutter und Großvater auch kommen werden...." Ich hielt inne, um ein paar Stiefel vom Boden aufzuklauben und zu dem restlichen Durcheinander in den Koffer zu werfen.

Draco stützte sich auf seinem Ellenbogen ab und lugte vom Bett aus in meinen Koffer. „Warum nimmst du denn die Schulumhänge mit?", fragte er mit amüsierter Miene. „Ich glaube, Vater wäre nicht sonderlich erfreut wenn du in diesem Aufzug die Feiertage verbringst." Er lachte kurz bei der Vorstellung daran. „Wo ist denn dein Festumhang?"

„Tss", machte ich nur. In Wahrheit hatte ich einfach irgendwelche Kleidungsstücke wahllos in den Koffer geworfen, ohne darauf zu achten, dass ich versehentlich meine Schuluniform eingepackt hatte.

„Ist ja deine Sache", sagte Draco achselzuckend und erhob sich schwungvoll von meinem Bett. „Ich jedenfalls freue mich, endlich mal aus diesem Drecksschloss rauszukommen. Vater hat gesagt, dass Weihnachten wieder etwas ganz besonderes wird." Er zwinkerte mir verschwörerisch zu und zerstubbelte mir die Haare.

„Zieh Leine", zischte ich und strich mein Haar glatt. „Bin ja schon weg", murmelte er. „Ich bin eigentlich auch nur gekommen, um dir von Mutter auszurichten, dass sie uns nachher in King's Cross abholen wird, weil Vater verhindert ist." Er schob sich an mir vorbei aus dem Zimmer. „Wieso ist er verhindert?", rief ich ihm noch nach, aber er zuckte nur mit den Schultern und war schon die kurze Treppe zum Gemeinschaftsraum heruntergepoltert. Verärgert warf ich eine weiße, spitzenbesetzte Bluse in den Koffer. Ich konnte mir den Grund schon denken, warum unser Vater verhindert war...

Eine Stunde später fand sich auch endlich mein Koffer gepackt und sorgfältig verschlossen, wie die meiner Schlafsaalmitbewohnerinnen, am Fuße meines Bettes wieder. Es war bereits halb elf, als ich endlich den Weg in die Kerker fand. Ich konnte nicht gehen, ohne mich von ihm zu verabschieden. Nicht nach der letzten Nacht, nicht nachdem was er gesagt hatte und nicht, nachdem ich wusste, dass ich ihn jetzt über eine Woche nicht sehen würde, sondern in Malfoy Manor festsitzen würde.

„Sir?"

Ich schob vorsichtig die Tür zu Snapes Büro auf und spähte hinein. Mein Zaubertrankprofessor stand mit gerunzelter Stirn vor seinem Bücherregal und brütete mit höchst konzentrierter Miene über einem besonders dicken und staubigen Wälzer, während er eine Phiole mit strahlendblauem Inhalt hin und her schwenkte und mit prüfendem Blick die Wirkung des Trankes beobachtete.
Ohne von mir Notiz zu nehmen, schritt er zum Schreibtisch hinüber und notierte sich etwas auf ein bereits vollgeschriebenes Pergament.

„Professor?", fragte ich erneut und betrat das dunkle Büro.

„Lassen Sie den Professor ruhig Professor sein, Miss Malfoy", murmelte Snape, den Blick noch immer auf seine Notizen gerichtet und verkorkte schließlich sorgsam das Fläschchen mit dem leuchtend marineblauen Zaubertrank, bevor er mir den Blick zuwandte. „Es sind ja schließlich Ferien."

Meine Lippen teilten sich zu einem Lächeln. „Dieses Miss -Malfoy-Gehabe können Sie auch ruhig stecken lassen", sagte ich grinsend und lehnte mich mit dem Rücken an seine Schreibtischplatte, sodass er mich ansehen musste. Ich freute mich über seine Art der Entschuldigung wegen seiner harten Worte, doch mir war seltsam melancholisch zumute, bei dem Gedanken mich jetzt von ihm zu verabschieden.

Snape ließ den Trank in seiner Tasche verschwinden, schloss
das Buch über Gegengifte, das vor ihm lag, und wandte seinen Blick endlich mir zu. Er musterte mein Gesicht sorgfältig, als wenn er Angst hätte, ihm könne etwas entgehen. Sein Blick war sanft, beinahe zärtlich.

„Ich fahre nach Hause, Severus", sagte ich schließlich leise, als er mich weiterhin schweigend ansah. „Ich bin gekommen, um mich zu verabschieden." Sein Vorname klang seltsam ungewohnt aus meinem Mund. Der flackernde Ansatz eines flüchtigen Lächelns huschte über sein Gesicht, als er seinen Namen aus meinem Mund vernahm, dann wurde sein Blick wieder ernst.

„Nach Hause?", fragte er mit tonloser Stimme. „Was ist das? Dein Elternhaus?" Er schnaubte verächtlich auf. „Ich dachte Hogwarts sei nun dein Zuhause."

„Ist es nicht zur Gänze", murmelte ich. „Aber Malfoy Manor ist es ebenso wenig."

In seinem Blick spiegelte sich Verwirrung wieder, doch ich trat noch einen Schritt dichter an ihn heran, sodass ich nur noch eine Handbreit von ihm entfernt stand. Ich sah zu ihm empor und mein Herz begann wie wild zu klopfen, dann nahm ich seine Hand, die sich in meiner so groß und warm anfühlte. Er entzog sich mir nicht, aber seine Gesichtszüge nahmen wieder die altbekannte Schärfe und Härte an.

„Wenn ich dich ansehe bin ich zu Hause", flüsterte ich, dann versagte mir die Stimme endgültig.

Tränen stiegen mir in die Augen und meine Hände zitterten. Erst zeigte sich keinerlei Gefühlsregung in seinem blassen, ernsten Gesicht, aber dann blickte ich ihm in die Augen und sein Blick ging mir durch und durch. Ich fand eine solche Wärme in diesen schwarzen, sonst so eiskalt erscheinenden Augen, wie ich mir sie nie hätte vorstellen können. An Severus' Mundwinkeln zupfte ein leises Lächeln, dann erlosch es so rasch, wie es gekommen war und seine ernste Natur zeichnete Risse in den sekundenkurzen Moment, in dem er sich hatte fallen lassen. Sein Blick verdunkelte sich kaum merklich, als ich meine Hand aus der seinen zog und mich zum Gehen wandte.

„Fröhliche Weihnachten, Severus", sagte ich leise, hob ganz langsam meine Hand, beinahe zaghaft, und legte sie ihm behutsam auf die Schulter. Dann hauchte ich ihm einen Kuss auf die Wange, presste die Lippen aufeinander und wandte mich von ihm ab, damit er meine Tränen nicht sah. Er legte mir vorsichtig eine Hand auf den Rücken, doch ich zuckte unter der Berührung seiner warmen Hand zusammen. „Bitte tu das nicht", wisperte ich.

„Du bist so jung, Isabella", murmelte er zerstreut und fuhr sich fahrig mit der Hand durch das dunkle Haar. Ich hatte ihn noch nie so unbeherrscht erlebt. „Du bist zu jung und zu schön... Blass wie ein Wintermorgen", flüsterte er, „und jung wie der Schnee draußen auf dem Fenstersims... Zu jung und unschuldig, um von jemandem wie mir angerührt zu werden..." Seine schwarzen Augen waren so dunkel wie die Nacht. „Ich bin so töricht, ein Narr, habe den Verstand verloren", murmelte er. „Aber bitte verzeih'...", er schluckte, „Ich habe alles versucht... Ich kann einfach nicht anders", die sonst so feste Stimme des Tränkemeisters brach.

Eine Strähne meines langen silberblonden Haares bewegte sich sachte im Zuge meines langsamen Atmens vor meinen leicht geöffneten Lippen mit und ich blickte ihm tief in die Augen – Dieses fesselnde, intensive Schwarz, dass mich schon bei unserer ersten Begegnung so sehr aus dem Konzept gebracht hatte. Behutsam legte er eine Hand an meine leicht gerötete Wange und zog mein Gesicht so vorsichtig zu sich heran, als wenn er Angst hätte, ich könnte mich seiner Berührung wieder entziehen, aber er konnte ja auch nicht ahnen, wie heftig mein Herz in diesem Moment schlug. Ich fühlte seinen warmen Atem und sein Duft vernebelte meinen Verstand. Ich schloss die Augen und spürte nur noch, wie er seine warmen Lippen auf die meinen presste und somit ein leuchtendes Feuerwerk in meiner Magengegend entzündete. Und als sich unsere Lippen trafen, fern von jedem Zeitgefühl, schien die Welt wenigstens für einen Moment in Ordnung zu sein...

Die Turmuhr auf den Hogwartsgründen schlug viertel vor elf. Ich schreckte zusammen, aber Severus lächelte mir zu und in diesem Moment wusste ich, es war diese Art von Kuss gewesen, die man nie wieder vergisst, egal was passiert. „Ich muss los", sagte ich und wirbelte auf dem Absatz herum. Der Abschied war so schmerzhaft, dass ich glaubte, dass wenn ich ihn auch nur noch einmal ansehen würde, ich nicht mehr würde gehen können. Er griff nach meiner Hand.

„Warte..." Er durchwühlte kurz den Inhalt seiner Schreibtischschublade. „Hier", sagte er mit rauer Stimme und drückte mir ein rechteckiges, in Packpapier verpacktes Päckchen in die Hand. „Falls du Hogwarts mal verlassen musst... "

Mit zitternden Händen nahm ich das Päckchen entgegen und steckte es behutsam unter meinen Pullover. „Ich habe nichts...", begann ich, aber er schüttelte nur den Kopf. „Fröhliche Weihnachten, Isabella." Meine Augen brannten, aber als ich auf den leeren Gang hinaus trat, fühlte ich mich, als wenn der lange Winter in mir allmählich ein Ende gefunden hatte und es endlich begonnen hatte zu tauen...

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top