Teil 1
Lachend wankte Quinn neben mir her. »Hey, vorsichtig«, lächelte ich, als sie gegen mich stieß, doch sie war zu betrunken, um das mitzubekommen. Sie lachte erneut auf. »Kathieee« Glücklich schlang sie ihre Arme um meinen Oberkörper. »Du bis alles was ich brauch«, sagte sie mit einem tiefen Seufzer, weshalb ich meinen Arm ebenfalls um sie legte. Ein amüsiertes Lächeln schmückte meine Lippen. Sie wird immer so theatralisch, wenn sie betrunken ist, dachte ich und lief weiter mit ihr auf das wartende Taxi zu.
Ich öffnete die Hintertür und half Quinn dabei einzusteigen, was sich als schwerer entpuppte als ich gedacht hatte. »Kathieee.. ich liebe, liebe, liebe dich. Ich scheeiß auf Männer, du bist alles was ich braucheee«, lallte sie und klammerte sich fester an meinen Oberkörper. »Ich liebe dich auch, Quinn«, lachte ich und versuchte sie von mir zu lösen. »Aber du musst jetzt einsteigen, okay?«
»Wenn die in mein Auto kotzt, zahlt ihr extra, klar?«, ging der Taxifahrer dazwischen, weshalb ich ihn genervt ansah.
»Ja.. schon klar...«
Was für ein Arsch, dachte ich und merkte, wie sich meine Stimmung ein wenig verschlechterte. Quinn ließ nur schwer von mir ab, doch als sie endlich auf dem Sitz saß, wippte sie ihren Kopf glücklich vor und zurück. Meine Laune verbesserte sich wieder.
Gerade als ich mich neben sie setzen wollte, hielt ich inne. Was war das?
»Fuck! Scheiße...«, ertönte es erneut aus der Ferne. Fragend sah ich die dunkle Straße entlang. Habe ich es mir nur eingebildet?, fragte ich mich und sah angestrengt in die Dunkelheit. Ein wütender Schrei ließ mich zu einer der Laternen sehen, wo ich eine dunkle Gestalt erkannte. Sie lief fluchend umher. Doch nicht eingebildet.. Irgendetwas muss passiert sein.. Zögerlich sah ich erst Quinn an, die inzwischen weggenickt war und dann unseren unhöflichen Fahrer.
»Öhmm... Bitte warten Sie noch 10 Minuten?«, sagte ich, was er mit einem genervten Blick quittierte. »Das kostet aber extra«
»Ja ja, alles klar« Gezwungen lächelnd schlug ich die Tür zu und sah wieder in die Richtung, aus der geflucht wurde.
Ich würde das nicht machen, wenn ich mir vorhin keinen Mut angetrunken hätte!, dachte ich und presste schützend meine kleine Handtasche vor meinen Körper. Ich frag nur kurz, ob alles in Ordnung ist und bin sofort wieder weg.. Ein wenig nervös sah ich die große Gestalt an, der ich mich immer weiter näherte. Keine Sorge Katelyn... Der Taxifahrer wird merken, wenn etwas nicht stimmt, redete ich mir weiter ein. Er ist zwar unhöflich, aber er wird mich wohl kaum zurücklassen.. oder?
»Hallo?«, fragte ich vorsichtig, was den fremden Mann abrupt stehenbleiben ließ. Von nahem wirkt er viel größer.. Ich konnte sein Gesicht nicht genau erkennen, da er einige Meter entfernt neben dem Licht stand. Anstatt noch näher zu gehen, blieb ich stehen. Ich bin vielleicht ein wenig angetrunken, aber deswegen noch lange nicht lebensmüde!
»Ist alles in Ordnung bei dir?«
Da er nichts erwiderte, wurde ich immer nervöser und ging unwohl einen kleinen Schritt zurück. Er lachte so plötzlich auf, dass ich erschrocken zusammenzuckte. Fuck. Das hat mich ganz schön erschreckt. Mein Herz pochte unangenehm laut in meinen Ohren.
»Ja, alles bestens«, sagte seine tiefe Stimme, weshalb ich überrascht die Augenbrauen hob.
Ich sah ihn einige Sekunden lang stumm an, bis ich den Geruch von Blut wahrnahm. Ich spürte, wie mich ein Gefühl von Ekel überkam. »Blutest du?«, fragte ich und ging zögerlich einen Schritt auf ihn zu. Scheiße, reiß dich zusammen, Katelyn!
»Mhmm..«, summte er und kam auch langsam auf mich zu. »Vielleicht ein bisschen?«, erwiderte er, wobei man deutlich ein Lächeln heraushörte. Unwohl verzog ich das Gesicht. Ich hasse es Blut zu sehen, aber er scheint wirklich Hilfe zu brauchen...
Wir traten gleichzeitig unter die Laterne, wodurch ich ihn deutlich sehen konnte. Mein Blick klebte sofort an seinem einst weißen Hemd, das nun blutverschmiert und voller anderer undefinierbarer Flecken war.. Der Anblick des Blutes ließ mich erneut innehalten. Scheiße.. Langsam sah ich von seinem Hemd nach oben, in sein Gesicht. Ein angedeutetes Lächeln schmückte seine Lippen. Er ist ziemlich.. hübsch?, dachte ich überrascht.
»Wie naiv muss man sein, um Nachts zu einem fremden Mann zu gehen?«, fragte er und starrte mich dabei direkt aus seinen beinahe schwarzen Augen an.
»Es wäre zu einfach... so ein kleines Mädchen wie dich zu vergewaltigen. Oder.. zu töten«, sagte er langsam. Es sieht so aus als wären seine Iriden mit den Pupillen verschmolzen.. Er ist zwar faszinierend, aber alles an ihm macht mir auch eine scheiß Angst. Leicht presste ich den Kiefer zusammen. Er darf das nicht bemerken..
Feindselig kniff ich die Augen zusammen.
»Ich wollte nur helfen, aber jetzt wo ich so drüber nachdenke.. Du hast recht! Es ist dämlich zu einem Fremden zu gehen. Ciao, du kannst mich mal« Ich zeigte ihm meinem Mittelfinger und drehte mich um. Sehr gut Katelyn, du hast ihm deine Meinung gezeigt!
Doch schon nach wenigen Schritten wurde ich fest am Oberarm gepackt. »Warte«, flüsterte er mir ins Ohr, weshalb ich Panik bekam. »Fuck«, zischte ich und wollte mich aus seinem Griff reißen, doch er war zu fest.
»Lass mich los du Arsch«, murmelte ich und war plötzlich wieder komplett nüchtern.
»Beruhig dich«, sagte er. Als meine Augen auf seine trafen, hielt ich direkt inne. Sein Blick war so direkt, dass es fast schon bedrohlich wirkte. Ein Lächeln erschien und ich wurde freigelassen, weshalb ich sofort mehrere Schritte zurückwich. Mein Herzschlag hallte laut in meinen Ohren wider.
»Du wolltest mir doch helfen, oder? Dann hilf mir«, sagte er und streckte mir seine blutende Hand entgegen.
Blut... Meine Wut verschwand so schnell wie sie gekommen war.
»Oh Gott..«, murmelte ich und sah die Hand direkt an. Ich merkte, wie meine Beine schwach wurden. Reiß dich zusammen Katelyn... Jetzt ohnmächtig zu werden, wäre ein neuer Tiefpunkt in deinem Leben..
»Was hast du gemacht?«, fragte ich vorsichtig und kramte Taschentücher aus meiner Handtasche. Anstatt etwas zu sagen, beobachtete er mich dabei, wie ich ihm wieder näher kam. »Wer weiß«, sagte er in einem seltsamen Ton, was mich erstarren ließ. Seine tiefbraunen Augen bohrten sich in meine.
»Hm«, erwiderte ich ohne den Blickkontakt abzubrechen. Er will mir bloß noch mehr Angst machen.. Und das gelingt ihm verdammt gut.., musste ich mir unwohl eingestehen.
»Tut mir leid«, lächelte er nach einigen Sekunden der Stille.
Widerwillig nahm ich seine blutige Hand in meine und unterdrückte meine aufkommenden Würgreflexe.
Erst tat er mir irgendwie leid, aber jetzt.. Fest drückte ich auf die Wunde. »Oh, tut mir leid«, sagte ich in dem selben Ton wie er. Seine Mundwinkel zuckten amüsiert, doch er sagte nichts dazu. Ich fokussierte mich auf seine Hand. Es ist alles aufgerissen und voller Dreck.. Sieht so aus, als hätte er gegen etwas geschlagen?
»Hoffentlich ist nichts gebrochen...«, murmelte ich gedankenverloren.
Obwohl wir schwiegen, war es eine angenehme Stille. »Okay..« Ich ließ seine Hand wieder los und sah ihn an. Er erwiderte stumm meinen Blick und musterte mein Gesicht. Ein kleines, aber ehrliches Lächeln erschien auf seinem Gesicht.
»Du bist ein kleiner - naiver Engel, hm?«
»Ja, du mich auch«, sagte ich und hielt ihm die Packung Taschentücher entgegen, die er kurz darauf auch annahm. Immerhin hat er mich nicht überfallen..
Ein Hupen ertönte, weshalb ich erschrocken zusammenzuckte. Der Taxifahrer.. Es sind bestimmt schon mehr als 10 Minuten um!
»Ich muss jetzt los« Nachdenklich sah ich ihn an. Ich kann ihn schlecht alleine lassen oder? Doch... doch das kann ich.
»Na dann..«, langsam ging ich ein paar Schritte zurück. Er folgte mit seinen dunklen Augen meine Bewegungen und ich sah ihn genauso wachsam an wie er mich.
»Wie heißt du?«, fragte er.
Seine Augen machen ihn noch unheimlicher als er sowieso schon ist.. Nachdenklich legte ich den Kopf schief. Ich werde ihn wahrscheinlich nie wieder sehen, also sollte es in Ordnung sein..
»Katelyn.. Und du?«
»Harlan« Er lächelte und verschränkte die Arme vor der Brust. Ein wirklich schöner Name und.. Er passt zu ihm.
Ich blieb stehen. »Weißt du, Harlan.. Du bist zwar ein Arsch.. Aber...« Ich zögerte kurz.
»Am Ende wird alles gut und wenn es nicht gut ist, ist es noch nicht das Ende«, sagte ich, weshalb er die Brauen hob. »Eine Lebensweisheit? Von dir - für mich?«
Minimal musste ich lächeln. Eine Lebensweisheit von meinem Vater..
Das unangenehm laute Hupen ertönte erneut, weshalb ich kurz genervt die Augen schloss. Dieser blöde Arsch kriegt auf jeden Fall kein Trinkgeld!
»Hoffentlich sehen wir uns nicht nochmal«, rief ich. Seine dunklen Augen hafteten weiterhin an mir. Sein Blick ist wirklich seltsam... Man kann ihn nicht deuten..
Ich drehte ihm den Rücken zu und lief schnell zurück zu dem Club, wo das Taxi stand.
Harlan.. Ein wirklich komischer Typ.
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