Tired {16}

Jimin schleppte sich Tag für Tag zur Arbeit und danach zum Training, um anschließend todmüde ins Bett zu fallen und am nächsten Tag das gleiche Prozedere erneut durchzustehen.
Es war wie ein Teufelskreis.
Zwar hatte sich seine Ausdauer deutlich verbessert, doch seine Magie ließ zu Wünschen übrig. Es war mühselig und an den meisten Tagen wollte er hinschmeißen. Er konnte mittlerweile die Positionen mit Taehyung oder Jin tauschen, aber es ging zu langsam vonstatten. Sie mussten schneller werden, er musste schneller werden. Denn in einem Kampf wartete der Gegner nicht ab, um ein Kaffeeklatsch zu halten, sondern würde ihn auf der Stelle töten.
Und er wollte seine Kameraden nicht verlieren. In dieser Zeit des Blutes, des Schweißes und der Tränen, waren sie noch enger zusammengewachsen. Noch funktionierten sie nicht wie eine geölte Maschine, aber sie waren nah dran. Was Jimin jedoch auffiel, war, dass Taehyung sich anders benahm als sonst. Er war immer noch der quirlige Junge von nebenan, aber da war etwas in seinem Blick, dass er nicht deuten konnte? Zuneigung? Natürlich mochte Jimin den Blauhaarigen. Auf freundschaftlicher Ebene, zumindest glaubte er das. Er traute seinen eigenen Gefühlen selbst nicht. Manchmal, sobald er Taehyung sah, flatterte irgendwas in seiner Brust. Jimin tat es meistens als Aufregung wegen des Trainings ab, aber vielleicht war es das nicht.
Gerade war er dabei sich nach seiner Schicht im Blumenladen zur Akademie zu bewegen. Sein Gang war schlürfend und die Motivation im Keller. Die Tatsache, dass es fast dreißig Grad waren, machten die Aussichten auf Ausdauerlauf in der Arena keineswegs besser. Er hatte das Gefühl gleich zu kollabieren. Das Prickeln seiner Magie unter seiner Haut schmerzte. Sie wollte trainiert werden, gefordert werden, dabei wollte Jimin nur seine Ruhe. Als er noch auf der menschlichen Seite gelebt hatte, war seine Magie beinahe still gewesen. Ab und zu vernahm er das Rauschen durch seinen Körper, doch das war es auch schon. Hier, hinter dem Schleier, war es beinahe unerträglich, wobei er sie sich manchmal aus seinem Körper saugen wollte, um ein bisschen Ruhe zu haben.
Er seufzte, als er merkte, wie ein schwarzer Jeep auf ihn zugerast kam. Bevor der Schwarzhaarige reagieren konnte, blieb er direkt neben ihm stehen. Eine Tür öffnete sich, zwei starke Arme schnappten sich ihn und zerrten ihn in das Wageninnere. Panik überflutete Jimins Körper, ehe er Zeit hatte einen Laut von sich zu geben.
"Das ging leichter als gedacht", tönte eine vertraute Stimme. Seine zuvor festgeschlossenen Augen sahen nach oben und entdecken Namjoon, der neben ihm saß. Seine Augen so liebevoll wie die einer Henne. Am Steuer winkte ein grinsender Jungkook, wobei eine Hand aus dem hinteren Teil des Jeeps auf seinem Kopf landete und seine Mähne verwuschelte.
Es war Hoseok.
"Drück auf die Tube, Jeon, sonst findet Hyuna heraus, dass wir das Training schwänzen", grummelte Yoongi und stubste den Fahrer des Wagens an. Jungkook wandte lächelnd den Blick nach vorn, während Jimin einmal mehr das Gefühl überkam, er wollte mehr von ihm wissen. Seitdem er damals wütend aus dem Büro gestürmt war und den Alpha auch beleidigte, hatten sie kein Wort mehr gewechselt. Doch gerade schien der Schwarzhaarige nicht böse auf ihn zu sein.
Er wirkte gelassen.
Gespannt, auf das, was nun kam.
"Was machen wir hier?", wollte Jimin wissen, seine Stimmlage rutschte eine Oktave höher. Nervosität breitete sich in ihm aus. Wenn Hyuna das herausfand, würden sie alle Runden laufen müssen, wahrscheinlich bis sie umkippten.
Taehyungs Hände berührten seine Schultern. Automatisch entspannte er sich. Wenn auch nur ein klitzekleines bisschen.
"Keine Sorge. Du wirst es lieben."
Dann tauchte Jins Kopf zu seiner Rechten auf. Sein Lächeln wirkte ehrlich und auf irgendeine verquere Weise übertrug sich seine Laune auch auf ihn.
"Heute ist der ideale Tag, um nie wieder das zu sein, was du nicht sein möchtest. Also genieß die Zeit!"

Sie fuhren einige Zeit über holprige Wege, die nichts mit einer Straße gemein hatten. Zum Glück war der Jeep für dieses Terraine geeignet, ansonsten lägen sie wahrscheinlich in einem Graben. Die meiste Zeit über sprachen die Anwesenden alltägliche Themen an, wie das Wetter, die Trainingspläne, Angriffe und Familienangelegenheiten.
"Was ist mit dir Jimini? Wo sind deine Eltern?", fragte Hoseok ohne jedwede Hintergedanken. Jimin schluckte schwer. Etwas in ihm schrie, er solle sich diese Last endlich von der Seele reden, aber eine andere, die viel stärke Stimme, durch die er auch immer diese Kopfschmerzen bekam, meinte, er solle die ausgelassene Stimmung nicht zerstören. Und sie hatte recht.
Das Thema war zu düster, zu traurig, zu grauenvoll für einen Tag wie diesen, wo die Sonne am Himmel strahlte, sie zu siebt in einem Jeep, wo immer auch hin saßen und einfach die Schwerelosigkeit genossen.
Einfach mal frei sein konnten. 
"Sie sind an einem besseren Ort", sagte er schließlich und zwang sich zu einem Lächeln. Der Gedanke schmerzte wie eine Schürfwunde, doch zu seiner Erleichterung kam der Jeep zum Stehen, wodurch er nicht mehr daran denken musste. Er merkte noch Taehyungs Blick auf sich, als er nach draußen ins Freie trat.
Die Aussicht war spektakulär.
Jimin konnte gar nicht in Worte fassen, was er dort sah.
Sie befanden sich an einem Wasserfall, der in einem glasklaren türkisen See mündete. Es sah fantastisch aus, wie in einem Märchen. Die Luft war geschwängert durch die Wärme der Sonne und dem frischen Duft von Gletscherwasser. Bäume umgaben sie wie ein natürlicher Schutzwall. Das Zirpen der Insekten, das Zwitscher der Vögel und das Tanzen der Sträucher im lauen Wind machten die Szenerie zu etwas besonderem.
Zu etwas wahrhaft Lebendigem.
"Wer zuerst im Wasser ist, muss nachher nicht aufräumen", rief Taehyung und rammte Jin und Yoongi ohne Rücksicht auf Verluste zur Seite. Jungkook ließ die Kühltruhe fallen und sprintete dem Blauhaarigen hinterher. Hoseok neben ihm griff seine Hand und zerrte ihn mit sich, dabei hatte er gar keine Badesachen an.
Und er wollte gar nicht springen!
"Komm schon! Genieß es!", hörte er den Braunhaarigen noch rufen.
Im nächsten Moment befand er sich in der Luft.
Das Rauschen des Wasserfalls brüllte in seinen Ohren, während kleine Tröpfchen aus der Luft gegen seine Wangen perlten. Es war ein atemberaubendes Gefühl und diese Aussicht. Er konnte die Eindrücke gar nicht alle auf einmal aufnehmen.
War das da hinten eine andere Siedlung?
Dann prallte er mit einem dumpfen Laut auf die Wasseroberfläche und war umgeben von Kälte und Nass.
Als er schweratmend nach Luft rang und durch die Oberfläche brach, sah er wie Hoseok und Taehyung schon wieder draußen waren und den Berg hochrannten, um wahrscheinlich erneut zu springen.
Jungkooks Augen waren auf ihn gerichtet. Jimin errötete und wandte den Blick ab.
"Ich habe dich nicht dazu verdonnert, wegen deiner Kräfte an der Akademie anzufangen, sondern, weil ich gemerkt habe, wie verloren du bist. Ich wollte dir eine Familie schenken. Und siehe da-"
Von oben schrie Taehyung irgendwas.
Er klang glücklich. Voller Leben.
"Wir, du und ich und die anderen fünf, wir gehören zueinander. Vielleicht spürst du es noch nicht, aber das Leben, welches noch vor dir liegt, ist viel wichtiger, als das, was hinter dir liegt."

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Guten Abend, meine lieben Leser und Leserinnen! Wie kann Jungkook nur so philosophisch sein? Ich liebe es xD
Dieses Kapitel, finde ich zumindest, schreit irgendwie nach Comfort!

Wie fandet Ihr es?

Feel free to comment!

Flair🌿🌸

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