Flowers {19}
"Willkomen! Was kann ich für Sie tun?", fragte Jimin und betrachtete die ältere Dame vor sich. Gebrechlich wie sie war, kam sie dennoch erhobenen Hauptes mit Ihrem Gehstock auf ihn zu.
Ihr Lächeln strich mild über das faltige Gesicht.
"Mein lieber Junge, ich suche Geranien und Mageriten für meinen Balkon. Es ist ja schon beinahe Sommer, aber ich konnte mich, als es Frühling wurde, nicht sofort aufraffen."
Der Schwarzhaarige nickte verstehend und lächelte der Kundin freundlich zu.
"Na dann kommen Sie mal mit, ich helfe Ihnen gern."
Er bediente mit größter Freude die älteren Herrschaften. Sie waren immer so redebedürftig und erzählten kleine Anekdoten und Weisheiten aus ihren früheren Lebzeiten, dass Jimin das Herz aufging.
Der Tau begann gerade unter der Morgensonne zu versiegen, wobei kein weiterer Mensch beziehungsweise Werwesen auf dem Markplatz anzutreffen war. Im Vorbeigehen winkte Jimin dem Fleischerssohn auf der gegenüberliegenden Marktseite zu. Er montierte die Angebote des heutigen Tages im Schaufenster. Auch wenn Jimin noch kein Wort mit ihm gewechselt hatte, wirkte er wie ein langjähriger Bekannter.
Felix und Seungmin derweil waren im Lager und nahmen eine Großbestellung unter Aufsicht von Kenzo an.
Sie würden später zu ihm stoßen.
"Haben Sie auch orangene Geranien? Mein Mann mochte diese Farbe besonders gerne."
Jimin wurde hellhörig. Ihre Stimme klang für eine Sekunde belegt und traurig.
Ihm war nicht entfallen, dass sie die Vergangenheitsform nutzte, um über ihren Mann zu sprechen.
"Wir haben auch orangene Geranien! Sie sind gestern frisch eingetroffen und blühen noch nicht. Für das Einpflanzen also gerade richtig."
Der Schwarzhaarige schenkte ihr ein strahlendes Lächeln, welches sie erwiderte.
"Sie sind ein richtiger Charmeur, wissen Sie das? Irgendwann finden Sie bestimmt die Richtige."
Jimin korrigierte sie nicht, sondern widmete sich dem kleinen Kasten vor sich mit den verschiedensten Sorten an Geranien und Mageriten. Er hatte früh gelernt, dass die ältere Generation schwer zu überzeugen war. Dass Liebe in allen möglichen Formen existierte und nicht nur in der Konstellation von Mann und Frau erschien vielen als ein Märchen. Die meiste Zeit war er dort auf eine festgefahrene, unveränderbare Meinung gestoßen, welche ihn mehr Energie kostete, als das er nötig hielt zu investieren. Stattdessen nahm er es hin. Solange für ihn feststand, wenn er später einmal lieben möchte, war das das Wichtigste.
Er packte unter Aufsicht der Dame die unterschiedlichsten Farben und Größen der Blumen ein, nahm den Karton auf den Arm und brachte ihn im Anschluss wieder hinein, um sie an der Kasse einzuscannen.
Auf den Rückweg machte er sich noch eine Notiz, dass er mit dem Gartenschlauch die Gerberas und Pileas gießen musste, damit sie für den warmen Tag genügend Wasser besaßen.
An der Kasse betrachtete die Kundin wehmütig die Blumen. Jimin wollte etwas sagen, schloss seinen Mund jedoch wieder, als er das Glitzern von Tränen in ihren Augenwinkeln entdeckte.
"Manchmal muss man halt weiterleben. So wie man einfach weiteratmet. Automatisch", flüsterte sie und bezahlte den Einkauf.
Jimin stimmte ihr stumm zu und winkte zum Abschied.
Im Nachhinein hörte er Kenzo hinter sich lachen.
Wie immer trug er ein Sakko mit den buntesten und wildesten Farben und Formen.
Extravagant und teuer natürlich.
Seungmin und Felix im Schlepptau.
"Jimin, ich muss dich jetzt einmal vor aller Augen loben! Deine Arbeit ist hervorragend. Du scheinst dich gut in das Arbeitsklima eingearbeitet zu haben und das freut mich! Mach weiter so!"
Jimin bekam bei der Aussage ganz rote Ohren. Er merkte, wie ihm die Hitze zu Kopf stieg und er das Verlangen verspürte sich wegzudrehen. Mit einem Schulterklopfer wandte sich sein Chef ab, bevor er überhaupt reagieren konnte.
Dabei wollte er sich eigentlich bedanken.
Sobald Kenzo außer Hörweite war, sprang ihm Felix um den Hals.
"Kenzo lobt nie jemanden! Du musst ihn schwer beeindruckt haben", meinte der Blonde und hüpfte auf und ab, als wäre er ein Flummi. Jimin konnte nicht ganz folgen, doch das schien unnötig zu sein, denn die Tür kündigte neue Kundschaft an.
Zwei Personen kamen hinein. Ein Mann sowie eine Frau.
Seungmin schien sie zu kennen, denn er ging mit ausgebreiteten Arme auf die zierliche Frau zu, wobei Felix ihn beinahe aus dem Weg rammte, um dem Mann zu einem Handschlag aufzufordern.
Werwesen, also.
"Jackson! Was macht Ihr denn so früh hier? Habt ihr nicht Patrouille?", fing Felix sofort an zu erzählen.
Jackson war groß, trug ein dunkelblaues Hemd unter einer taillierten braunen Lederjacke. Sehr stylisch für jemanden, dessen weiße Haare eher auf einen alten Mann schlossen, wenn man ihn zuerst von hinten erblickte oder nicht genau hinsah. Nichtsdestotrotz verströmte seine Aura eine Art Überheblichkeit, dass man hoffte, er würde mal richtig auf die Nase fallen, um sie aus seinem Gesicht zu wischen.
Jetzt konnte Jimin sehen, woher er ihn kannte. An seinem ersten Besuch auf dem Trainingsplatz hatte er ihn getroffen.
Und Marks Trauer.
"Frag nicht. Gerade hieß es noch wir werden gebraucht und dann schickt man uns her, um Blumen für die kommende Abschlussprüfung abzuholen", antwortete die Frau, an Stelle von Jackson.
"Hwasa! Sieh es doch mal positiv, wir müssen keine Leichenteile eines wilden Wolfes von der Klippe suchen", funkte Jackson dazwischen und blickte Jimin anschließend wissend an.
Hwasa hingegen strahlte, wobei Ihre mandelförmigen Augen glänzten. Wenn ihre Züge entspannt waren, zeigte sie nicht etwa ein Resting Bitch Face, sondern vielmehr war Ihr Gesicht ergreifend melancholisch und bestürzend schön. Die knallorangenen Haare taten ihr übriges zu dem Look, was sie wie eine griechische Göttin leuchten ließen.
Der Vorfall vor einigen Tagen hatte also die Runde gemacht, obwohl Jimin wirklich versucht hatte dem Klatsch und Tratsch aus dem Weg zu gehen. Selbst heute noch fiel ihm der Gedanke schwer, er habe den Wolf getötet. Er glaubte sich selbst nicht, obwohl er wahrlich und leibhaftig dabei gewesen war. Demzufolge hatte er sich eine Lüge überlegt, um erklären zu können, warum der Werwolf, welcher ihn und Jin angegriffen hatte, in tausend Stücke zerfetzt wurde. Jin habe im Halbwahn durch die Kopfverletzung eine unbändige Kraft angesammelt, sodass er den Gegner besiegen konnte und die Klippe hinuntersandte. Da Jimin ein Mensch war und Jin sich an nichts erinnerte, glaubte man ihm, wodurch er sich aus der Affäre ziehen konnte, ohne Aufsicht zu erregen.
Vorläufig versteht sich.
Hier und da wurde gemunkelt, es wäre anders passiert. Jackson schien einer davon zu sein, denn sein observierender Blick sprach Bände. Seungmin räusperte sich und lenkte die Aufmerksamkeit von Jimin.
"Gut, dann folgt mir mal nach hinten. Felix, du und Jimin kümmerte Euch um den Verkaufsbereich!"
Bevor sich der Braunhaarige abwandte, sandte er dem Schwarzhaarigen noch einen Blick zu, der so viel besagte wie:
Sobald ich zurück, erzählst du mir alles, ohne Aussparungen.
Dass der Jüngere ihm dabei einen bedrohlichen Blick zuwarf, musste er hoffentlich nicht erwähnen.
"Maaaaan. Seungmin kann wirklich gruselig sein", stieß Felix unter angehaltenem Atem aus, nachdem die drei verschwunden waren. Jimin konnte nur nicken.
Was sollte er ihm erzählen?
Die Wahrheit?
Die da wäre?
Hey Seungmin, ich habe mit der Macht meiner Stimme einen gigantischen Werwolf in tausend Teile zerfetzt, sodass nur noch Partikel und Stückchen übrig sind! Ich habe keine Ahnung, wie ich das gemacht habe, aber mein Gehirn hat ausgesetzt und meine Magie die Oberhand gewonnen.
Wie klang das?
Wie ein grauenvoller Witz ohne Pointe.
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Guten Abend, meine lieben Leser und Leserinnen!
Ich hatte Lust ein neues Kapitel hochzuladen, obschon ich finde, dass es deutlich schlechter ist, als die anderen.
Aber......Queen Hwasa ist da! Und Jackson endlich in Persona und nicht nur als Name auf dem Papier.
Jackson Wang
Ahn Hye-jin aka Hwasa
Kim Seungmin
Lee Felix
Feel free to comment!
Flair🌸🌿
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