Cottage {3}

Das Lachen von Kindern zerrte ihn aus seinem unruhigen Schlaf.
Und für einige Sekunden wusste Jimin nicht, wo er sich befand, bis sein Gehirn die Informationen des gestrigen Tages abgerufen hatte.
Busfahrt.
Fremdenführer.
Neues Heim.
Obwohl es sich nicht so anfühlte.
Noch nicht.
Er schüttelte den Kopf, um von diesen Gedanken abzukommem. Seine Augen fokussierten sich währenddessen auf die Decke, dessen Holzvertäfelung ein ebenmäßiges Bild abgab, welches beinahe schon zu perfekt aussah, um aus Holz gefertigt zu sein.
Kurzerhand schnappte er sich ein Kissen und schrie hinein.
Das gedämpfte Geräusch ging unter, wie ein Stein im Meer, was ihn augenblicklich besser fühlen ließ.
Dann wandte sich Jimin mit einer eleganten Drehung aus dem Klammergriff seiner Bettdecke und schwang die Füße auf den kühlen Boden. Da er gestern erst zum späten Abend angekommen war, fiel sein Frühstück eher Mau aus, schließlich konnte er noch nicht Einkaufen gehen. Von seinem Reiseproviant waren noch zwei Äpfel und ein angebissenes Sandwich mit Tomate-Mozzarella übrig. Jimin zuckte die Schultern. Besser latschig als gar nichts.
Er hatte sich schon überlegt gleich ins Dorf hinunterzugehen, um die Vorratschränke und den Kühlschrank aufzufüllen.
Das Klopfen an der Tür ließ ihn zusammenfahren. Sofort war er in Alarmbereitschaft, obwohl er in seinen eigenen vier Wänden sicher sein sollte.
Alle möglichen Szenarien schossen ihm mit einem Mal durch den Kopf. Die Nervosität fraß sich im Handumdrehen durch seinen Körper. Wie eine Lunte, die angezündet wurden war, um ein Fass in die Luft zu sprengen. Aber nach einer Sekunde kehrte sein rationales Denken zurück.
Er warf all seine Vernunft über Board und öffnete die Tür. Ein strahlender Hoseok blickte ihm entgegen, weswegen sich Jimin automatisch entspannte.
Normalerweise war er nicht so schreckhaft. Dieses Verhalten hatte er eigentlich vor Jahren abgelegt. Eigentlich.
"Einen wunderschönen guten Morgen! Ich wollte mal vorbeischauen. Wie geht's dir? Hoffentlich sind die Kinder nicht so laut. Die Straße weiter hoch geht es zum Sportplatz."
Jimin konnte die gesagten Worte kaum erfassen, also nickte er nur lächelnd, bis er zu einer Antwort ansetzen konnte.
"Morgen. Die Nacht habe ich halbwegs gut überstanden. Tatsächlich wollte ich gerade zum Einkaufen. Du kannst mir sicher zeigen, wo ich mich versorge, ohne mich zu verlaufen."
Als hätte er eine Zauberformel aufgesagt, strahlte Hoseok wie die Sonne, nein, fast schon wie eine Supernova. Jimin musste den Blick abwenden, auch wenn er ein wohliges Gefühl in sich vernahm.
Eine Art Zugehörigkeit.
Anschließend packte er noch ein paar Sachen wie Geld, Schlüssel und Beutel ein, um Hoseok sodann nach draußen zu folgen, ohne ihn lange Warten zu lassen.

Der Vormittag war sonnig, warm und belebt. Hier und da begrüßten sie vereinzelte Bewohner, die Ihnen entgegen kamen.
Jimin entging nicht, dass Sie ihn mit unverhohlener Neugier observierten.
Fast schon gruselig, dachte er.
Nebenbei erklärte Hoseok den Aufbau der Siedlung. Unten am See standen einige Häuser, welche ebenfalls bewohnt waren. Natürlich waren dies nicht die Einzigen, sondern dort, wo Jimin sein neues Zuhause bezogen hatte, gab es auch Wohnmöglichkeiten. Hinter seiner Hütte erstreckte sich, wie schon gesagt, ein großer Sport- und Übungsplatz. Sie besaßen einen normalen Einkaufsladen und auch ein paar winzige Boutiquen, um sich einzukleiden. Für größere Einkäufe müsste man mit dem Bus in die nächstgelegenen Stadt fahren. Jimin versuchte dem Älteren zu folgen, doch so schnell, wie er sprach, war er sich nicht sicher, ob er alles mitbekam. Doch es erfüllte ihn mit Freude. Auch wenn er nur ein Zuhörer war, erfreute er sich an Hoseoks wilden Ausschweifungen und phänomenalen Lachern.
"Und wer wohnt in dem gigantischen Herrenhaus da oben auf der Anhöhe?", fragte der Schwarzhaarige, nachdem sie auf dem Marktplatz zum Stehen kamen.
Man hatte die perfekte Sicht auf eine Villa aus Holz.
"Da wohnt das Oberhaupt dieses Rückzugsortes."
Hoseok ging nicht näher auf seine Frage ein, also beließ es Jimin dabei. Er fragte sich, ob er dieses Oberhaupt jemals zu Gesicht bekam und ob er das überhaupt wollte.
Wahrscheinlich eher nicht.
Bevor er sich weitere Gedanken darüber machen konnte, zeigte der Braunhaarige auf eine Hütte mit Glasfront.
Das musste der Einkaufsladen sein.
"Dort kannst du dich zu jeder Tages- und Nachtzeit verpflegen!", bestätigte ihm der Ältere mit einem zufriedenen Nicken. Jimin wollte sich gerade bedanken, da klingelte das Handy seines Gegenübers. Mit einem entschuldigendem Blick ging Hoseok einige Meter zur Seite ging. Jimin beobachtete derweil seine Umgebung und begegnete dem Blick eines kleinen Mädchens. Sie zwinkerte ihm kurz zu, was er mit einem verschmitzten Lächeln quittierte.
"Jimin, ich muss los. Es gab einen Notfall. Wir sehen uns bestimmt demnächst."
Zum Abschied winkte Hoseok noch einmal, ehe Jimin auch nur die Chance hatte sich zu verabschieden. Achselzuckend betrat er im Anschluss den Laden und erledigte seinen Wocheneinkauf.
Den ganzen restlichen Weg zu seiner Hütte zurück, ging ihm die Sache mit dem Oberhaupt nicht aus dem Kopf.
Warum zum Henker gab es hier überhaupt sowas?
Wir lebten doch nicht im Mittelalter.

Mini, bleib stehen.
Der Schwarzhaarige hielt inne und blickte sich um.
Er knurrte und wollte es ignorieren.
Seine Tiefkühlpizza taute auf.
Er musste sich beeilen nach Hause zu kommen.
Mini. Halt. Geh nach links.
Jimin seufzte genervt und rieb Daumen und Zeigefinger gegen seine Schläfe.
Jetzt war nicht die Zeit für Psychospiele.
Nicht schon wieder.
Mini! Geh! Nach! Links! Jetzt!
Wie auf Knopfdruck krümmte sich Jimin nach vorn und hielt sich den Kopf.
"Komm schon, reiß dich zusammen, Jimin", flüsterte er zu sich selbst.
Es gab seit einigen Jahren bestimmte Episoden in seinem Leben, Momente, die er wegen höllischer Kopfschmerzen vergessen hatte. Er hatte gehofft, da sie schon eine Weile nicht mehr aufgetaucht waren, dass sie aufgehört hätten und mit ihr, die Tatsache, dass er eine zweite Stimme, neben seiner eigenen, hörte.
Manchmal besaß er das Glück und die Schmerzen zogen vorbei, als wäre nichts gewesen. Doch dieses Mal wanderte der Schmerz in die hinteren Regionen seines Kopfes und blieben als dumpfe Erinnerung zurück.
"Na schön!", rief er ergeben und ging, nachdem er sich einigermaßen erholt hatte, an der Kreuzung nach links, anstatt nach rechts zu seinem Heim.
Die Hütte war vom Weg aus nicht zu erkennen.
Erst als er sich ein Stück durch das Unterholz gekämpft hatte, konnte er sie zwischen den Bäumen ausmachen. Kletterpflanzen bedeckten die komplette Hausfassade. Es wirkte wie eine Tarnung. Innerlich schrie sein Verstand, er solle umkehren.
Dorthin, wo es hell war.
Dorthin, wo man die Zivilisation antraf.
Dorthin, wo er nicht alleine war.
Doch die andere, vertraute und nervige Stimme in seinem Hinterkopf zwang ihn weiterzugehen, genauso wie die Kopfschmerzen.
Er musste das sehen, was ihn hinter der morschen, aus den Angeln gerissenen, Tür erwartete.
Das hatte er vor Jahren gelernt.
Und aus irgendeinem Grund glaubte er der Stimme.
Vielleicht war dies keine gute Idee.
Zu den Sternen, mit Sicherheit war das keine gute Idee, aber Jimin wäre nicht Jimin, wenn er seiner Neugier Einhalt gebieten würde.
Also straffte er die Schultern, ignorierte seine schweißgebadeten Handinnenfläche und drückte die Klinke.
Die Einkäufe hatte er abseits ins hohe Gras gelegt.
Zu seiner Überraschung war nicht abgeschlossen, was der Schwarzhaarige angenommen hatte, da hier schon lange niemand mehr zu wohnen schien.
Na dann mal los.
Im Inneren der Hütte war es kühl und dunkel, trotzdem roch es nach.....Jimin schauderte und versuchte seine sich aufstellenden Nackenhaare zu ignorieren.
Es roch nach Verwesung.
Für ihn ein altbekannter Geruch.
Etwas, dass sich in seine Nase gebrannt hatte, wie ein Brandmal.
Und noch etwas anderem. Parfüm?
Jimin verspürte einen Luftzug über sich. Instinktiv kauerte er sich zusammen. Ehe er reagieren konnte, flatterte auch schon ein großer Rabe über seinen Kopf hinweg in die Freiheit. Vor Schreck fasste sich der Schwarzhaarige an die Brust. Für einige Sekunden verhaarte er regungslos und lauschte seinem pochendem Herzschlag.
Es war nur ein Vogel. Beruhige dich, murmelte er, bevor er sich wieder aufrichtete. Er brauchte ein paar Augenblicke, bis seine Augen sich an die Dunkelheit gewöhnten. Das Dach war an einigen Stellen absackt, die Kletterpflanzen hatten sich einen Weg durch die Löcher und Rillen gebahnt und dienten als Halterung für Duftsäckchen in Form von Bäumen.
Damit war klar, woher der merkwürdige Geruchsmix stammte. Die Hütte war rechteckig, am Rand standen ein großer alter Tisch und eine umgedrehte Bank. In der Mitte befand sich ein aufgequollenes Dreiersofa, welches übersät war mit Wasser- und Schimmelflecken. An der Couch lehnte eine erstaunlich guterhaltene Matratze. Sie sah sauber aus, auch wenn Jimin niemals freiwillig auf dem Ding schlafen würde.
Da ziehe er den Waldboden vor.
Der Boden war mit einer feinen Schicht Erde überzogen. An einigen Stellen konnte Jimin Besenspuren erkennen, die darauf hindeuteten, dass vor kurzem jemand hier war, denn einen Besen konnte der Schwarzhaarige nicht ausfindig machen. Bisher deutete nichts auf irgendeine Art Verbrechen hin. Vielleicht kam der Gestank auch nur von einem verendeten Vogel. Nichtsdestotrotz bahnte sich Jimin einen Weg in die Hütte hinein.
Dann konnte er es spüren.
Eine tiefschwarze Aura, ein böses Omen. Eine Dunstwolke des Todes schwebte hinter dem Sofa empor. Eine unsichtbare Hand stieß ihn genau in besagte Richtung. Stolpernd kam er vor der Sitzgelegenheiten zum Stehen, während er das Gefühl hatte, die Galle würde sich einen Weg durch seine Speiseröhre bahnen.
Angewidert wandte er den Blick ab. Versuchte sich auf irgendetwas zu konzentrieren, nur nicht auf das, was seine Augen gerade verarbeiteten.
Er hatte gerade zwei Leichen entdeckt.
Oder das, was von Ihnen noch übrig war.

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Guten Abend, meine lieben Leser und Leserinnen!
Da sind wir wieder. Und Jimin mitten in einer unangenehmen Situation!

Was haltet Ihr von diesem Kapitel? Zu früh, zu viel Action/Thriller? Kann man das so schreiben? Versteht Ihr was ich meine? Oder ist es ein guter Auftakt für die Fanfiktion?

Was sagt Ihr zu dem Kapitel?
Und wer wohnt wohl in der Villa? Ideen?

Park Jimin

Feel free to comment!

Flair🌸

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