Bonding (20)
Jimin baute um sich herum ein Haus aus Lügen. Nicht nur, dass er Jin, Taehyung und Jungkook angelogen hatte, hinsichtlich des Angriffes, sondern mittlerweile auch noch Seungmin und Felix dazu zählte, genauso wie jedweden Anwohner, der durch den Buschfunk davon wusste. Jin hingegen konnte sich vor lauter Zusprache zu seinem neuen Retter-Dasein gar nicht schützen.
Wobei sich Jimin Gedanken machte, ob das so gut war. Ihm war klar, dass Jins Persönlichkeit sich auf keinen Fall, aufgrund der Aufmerksamkeit, änderte. So schätzte er den Braunhaarigen nicht ein. Viel mehr zerfraß ihn das schlechte Gewissen. Er wollte partout nicht, dass Jungkook davon erfuhr. Am Ende würde er ihm als Kampfmaschine dienen, anstatt als eigenständiger Mensch gesehen zu werden, der er ja war.
Seufzend raufte sich Jimin die Haare und ließ sich wieder in sein Kissen fallen. Die Uhr zeigte sechs Uhr morgens. Die halbe Nacht hatte er mühsam gekämpft irgendwie in den Schlaf zu finden, was sich noch schwieriger erwies, als Knollenpflanzen in gefroren Boden zu buddeln. Seine Gedanken kreisten nur um die Erkenntnis, welche sich nach dem Angriff in ihm manifestiert hatte.
Das Dorf, in welchem er acht Jahre seines Lebens verbracht hatte, war magischen Urspungs gewesen. Keinesfalls gleichzusetzen mit der Magie der Werwesen-Gemeinschaft, die durch das Virus und der Göttin Iwineti zu ihren Kräften gelangten. Um es sich noch einmal vor Augen zu führen, dachte Jimin an seine Mutter. Sie erklärte ihm früher alles, was er zu wissen verlangte. Jedes Werwesen war empfänglich durch das Virus Magie auszuüben. Nichtsdestotrotz wurde nicht jeder auserkoren magische Gaben zu erlernen. Wie Jin und Taehyung zum Beispiel. Das lag daran, dass die Gemahlin des Irren Magiers dafür sorgte das jede Werwesen-Familie ein Samen Magie bekam. Dieser wurde Stück um Stück bei jeder Geburt weitergegeben. Doch nicht alle Samen fassten Fuß. Manchmal gedeihte er nicht in einem Kind, wodurch man magielos blieb. In den meisten Fällen endete so das Aufkommen der Magie in vielen Werwesen-Familien.
In seiner Heimat war dies anders. Wage konnte er sich erinnern, dass er nur zu bestimmten Zeiten nach draußen in den Wald durfte. Es war immer jemand in der Nähe, dessen Überwachung beinahe einer Observierung glich. Manchmal hatte sich Jimin versucht wegzuschleichen. Doch genützt hatte es wenig. Sie fanden ihn immer. Als wäre er irgendetwas besonderes, dachte er damals. Jedenfalls wusste er, dass die Dorfbewohner keine Werwesen waren. Er bezeichnete sich selbst als einen Menschen. Aber tief in seinem Inneren, nachdem er den Wolf in Stücke gesprengt hatte, wusste er, dass dem nicht so war.
Und diese entsetzliche Erkenntnis ließ ihn seither nicht mehr los. Er stellte alles in Frage, was ihm lieb und teuer war. Er stellte seine Erinnerungen, sein Ich, seine Persönlichkeit in Frage.
War alles nur eine Illusion?
Warum hatte ihm niemand erlaubt zu wissen, was er war? Was seine Familie zu sein schien? Was für Geheimnisse hatte seine Heimat noch vor ihm?
Wa-
"ChimChim! Bist du bereit? Hyuna wird schon ungeduldig", klopfte es lautstark an seiner Haustür und als Taehyung in voller Wandermontur hereinstiefelte, wusste Jimin, er hatte es vergessen.
Die Initiation. Die Prüfung.
Bevor er auch nur einen Satz der Erklärung abgeben konnte, stand Jin empört im Zimmer. Verschränkte Arme und ein ungeduldiger Blick brach über sein Gesicht herein.
"Na aber jetzt, hopp hopp! Ich möchte Mittag auf der Hälfte des Berges sein."
Blitzschnell, als wäre Jimin in ein Klapperschlangennest getreten, sprang er aus dem Bett, suchte sich seine Klamotten zusammen, schob sich drei trockene Toasts in den Mund, putzte Zähne und stand in weniger als fünfzehn Minuten bereit zum Aufbruch. Zum Glück hatte er seinen Rucksack schon den Abend zuvor gepackt.
Jins zufriedenes Grinsen und sein Lob waren ein schwacher Trost für diesen gehetzten Start in den Tag.
"Dann können wir ja los", jauchzte Taehyung und maschierte mit seinem Sonnenhut aus der Hütte in den Morgen hinaus.
Den Tag zuvor hatte Hyuna sie darauf vorbereitet, dass sie, einen Tag, bevor die richtige Prüfung begann, den Berg in ihrer Nähe erklimmen sollten. Es diente als Art der Verbindung unter den Absolventen. Schließlich könnten sie nur als Team erfolgreich sein. Außerdem würde in der Zeit, wo sie nicht im Dorf anwesend waren, die letzten Vorkehrungen für den eigentlichen Teil der Prüfung zum Abschluss gebracht. Und damit sie nicht schummelten, schickte man sie hinaus.
Das Feuer knisterte im Schein des Mondes. Vollmond, wie Jimin merkte. Der laue Sommerwind umspielte sein Gesicht. Und auch wenn es nicht kalt war, fröstelte er, weswegen er seine Jacke enger um sich zog und näher an das Lagerfeuer heranrutschte. Sie hatten es auf den Berg geschafft. Nun saßen sie bei gebratenem Wild, Wasser aus einer Quelle und Gummibärchen aus der Tüte, um ihre Feuerquelle.
"Diese Nacht erinnert mich an jenen Tag, als ich entschloss aus dem Waisenhaus abzuhauen", murmelte Taehyung und blickte zu den Sternen hinauf. Der Schwarzhaarige drehte überrascht den Kopf zu dem Gleichaltrigen. Diese Information war ihm neu, obschon ihm im selben Moment klar wurde, dass er den beiden selbst nicht alles erzählte.
"Wieso bist du geflohen?", fragte Jimin zögerlich. Natürlich konnte er sich denken, dass es dort nicht schön war, schließlich hatte er jahrelang selbst in einem verbracht.
"Weil Werwesen dazu neigen tempramentvolle Arschlöcher zu sein."
Für einige Sekunden blieb es still, doch dann prustete Jin los und auch Jimin konnte sich nicht mehr halten. Taehyung schnitt eine Grimasse, die dem Schwarzhaarigen beinahe das Wasser, welches er zuvor getrunken hatte, aus der Nase schießen ließ.
"Ich war ein Außenseiter, ein Niemand ohne magische Fähigkeiten. Ich wurde gehänselt, geschlagen und in Schuppen gesperrt. Zu jeder Tages- und Nachtzeit wurde ich irgendwie vorgeführt."
Er knurrte kurz, um seinen Frust abzulassen und begann nebenbei Gras aus dem Boden zu zupfen.
"Zum Glück gab es einen jungen Aufpasser, Hyung-Sik, der mich in Schutz nahm. Mit mir auch manchmal Baseball oder Badminton spielte. Oft waren wir auch gemeinsam im Wald als Werwesen unterwegs. In diesen Zeiten wurde er zu einem Freund, zu einem Bruder, den ich mir niemals erträumte."
Taehyung blickte erneut zum Himmel hinauf. Sein Gesicht wurde auf einen Schlag emotionslos.
Er erzählte nicht die ganze Wahrheit.
Er verschließt seinen Schmerz, äußerte die Stimme in seinem Kopf.
Jimin hatte es schon bemerkt.
Also rutschte er rüber zu dem Blauhaarigen und schlang einen Arm um seine Schulter.
"Heute, Tae, ist der beste Tag, um niemals wieder das zu sein, was du nicht sein möchtest. Also lass es raus. Ich weiß, dass es dich belastet. Ich weiß, wie du dich fühlst."
Jin sah liebevoll zu ihnen hinüber, bis er auch näher kam, dem Wolf seine Hand aufs Haar legte und einmal hindurch wuschelte. Es war die Geste eines älteren Bruders.
Und genau die Geste brachte etwas in Taehyung selbst zum Bersten.
Aus dem emotionslosen Ausdruck, wurden leise Schluchzer, bis es zu einem hemmungsloses Beben seines Körpers anschwoll. Doch Jimin und Jin hielten den Blauhaarigen, trotzten der Erschütterung, welche Taehyung durchzog. Sie hielten ihn zusammen, sie hielten einander zusammen.
"Eines Tages war er nicht zu Arbeit erschienen. Und auch nicht den nächsten und den übernächsten. Irgendwann sagte man mir, er sei in seiner Wolfsgestalt angefahren und seine Verletzungen schlussendlich erlitten."
Ein qualvolles Jaulen bahnte sich einen Weg aus Taehyungs Mund, dass Jimin erzittern ließ, dass ihn dazubrachte, seinen Freund noch fester zu halten.
"Das Schicksal kann manchmal so scheiße sein", lachte er.
Die Bitterkeit darin war kaum zu überhören.
"HÖRT IHR! IHR BESCHISSENEN GÖTTER! DAS SCHICKSAL IST SCHEIßE, SCHEIßE UND SO VIEL MEHR ALS SCHEIßE!", brüllte der Blauhaarige plötzlich und erschreckte nicht nur Jin und Jimin, sondern auch einige Vögel, die in den Baumkronen geruht hatten.
Danach sackte Taehyung in sich zusammen.
Er hatte das, was er schon seit Jahren mit sich herumschleppte, endlich freigeben können. Taes tränenverschmiertes Gesicht tauchte vor ihm auf, als er ihm einen Kuss auf die Wange gab und ein leises 'Danke' hauchte. Jimin spürte wie er eröttete und wandte schnell den Blick ab.
Warum pocht mein Herz so schnell?
"Wir sollten schlafen-", meinte Jin in kurze Stille hinein.
"Morgen wird ein langer Tag."
Zustimmens legten sie sich in ihre Schlafsäcke, obwohl Jimin sich albern vorkam, da die beiden eigentlich keine benötigten.
Sie waren von sich aus eine Heizung.
Doch so sehr sich der Schwarzhaarige mühte, er fand keine Ruhe. Egal, wie oft er sich drehte oder die Positionen seiner Arme und Beine änderte. Er konnte nicht schlafen. Vielleicht lag es an dem harten, unebenen Boden. Oder weil er endlich das Bedürfnis verspürte, sich auch zu öffnen, sich auch die Last von der Seele zu reden. Und das glaubte, nein, wusste er bei Jin und Taehyung, gefunden zu haben.
Also nahm er all seinen Mut zusammen und holte tief Luft.
"Hey Leute, darf ich Euch eine Geschichte erzählen?"
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Guten Abend, meine lieben Leser und Leserinnen! Weiter geht's! Wir kommen der Prüfung näher und meine Güte, ich hatte so viel Spaß diesen Teil der Fanfiktion zu schreiben!
Was haltet Ihr von dem Kapitel?
Von Taehyungs Geschichte? Oder von der Tatsache, dass Jimin noch immer niemanden von seinen Kräften erzählt hat?
Park Jimin
Kim Seokjin
Kim Taehyung
Feel free to comment!
Flair🌿🌸
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