The sun will shine on us again
Dieser OS ist für den "Marvel Schreib-Contest" von maechtige und fxn0books entstanden, ist aber gleichzeitig mein kleines Weihnachtsgeschenk an alle, die das hier lesen.
Also, fröhliche Weihnachten an alle!
Ein letzter Hinweis: Ich bin in diesem OS von Thors Erzählung der Schlangengeschichte ausgegangen, also sind Loki und Thor in der Erinnerung beide acht.
Aber laut Prozentrechnung und anderen Angaben zu den Göttern funktioniert das natürlich nicht. Ich habe mich jetzt für diese Variante entschieden...😉
***
Es war dunkel um Loki.
Nicht die reine Schwärze einer Bewusstlosigkeit und auch nicht das Nichts zwischen Leben und Tod, sondern mehr wie der Dämmerzustand zwischen wachen und schlafen.
Auf eine seltsame Art und Weise war es friedlich...
Doch wenn das hier ein Traum war, dann war es keiner von der guten Sorte.
Das letzte, woran Loki sich erinnerte, war der Tod.
Der Tod Heimdalls, der Tod der exakten Hälfte der Asgardianer – und sein Tod.
Loki lauschte in sich hinein, erwartete die altbekannte Panik – das Herzrasen, den beschleunigten Atem, nur in seinem Inneren sichtbar.
Seine frostige Maske verbarg Gefühlsregungen vor der Außenwelt, aber das hieß nicht, dass sein blaues Blut nicht oftmals viel zu schnell durch die Adern gepumpt wurde.
Doch diesmal war es anders.
Sein Herz schlug nicht und seine Lungen gierten nicht nach Luft.
Das Gedächtnis eines Gottes suchte Seinesgleichen... und es hatte ihn auch diesmal nicht getäuscht.
Er war tot.
Loki schrie innerlich.
Weinte.
Trauerte.
Nicht um sich – vielleicht war es besser, wenn er kein Unheil mehr anrichten konnte. Aber um die Menschen Asgards... sein Volk. Um seinen Bruder, dessen Schicksal er nicht kannte – und um die gesamte Welt, die Thanos zu unterjochen trachtete.
Würde er die Ewigkeit so verbringen?
Im Dämmerdunkel greinend?
Er war ein Gott.
Und dennoch dauerte es eine Weile, bis Loki merkte, dass er schlicht und einfach die Augen geschlossen hatte.
Er hatte die Lippen eng zusammengepresst, als er sich vorsichtig aufsetzte – den nun wachen Blick zögernd im Raum umherwandern lassend.
Denn ein Raum war es, in dem er sich befand, mit einem festen marmornen Boden... dies hier war keine Illusion, sondern die Realität. Auch die kuppelförmigen Wände, golden, mit dutzenden runden Türen zu jeder Seite, waren keine Täuschung - der Gott des Schabernacks hätte eine solche längst erkannt.
Loki fühlte sich so unglaublich an die Kuppel Bifrösts erinnerte, dass er sich unwillkürlich umdrehte, in der Erwartung, Asgards Anblick hinter sich vorzufinden.
Doch auch dort befand sich nur eine weitere geschlossene Tür, mit silbernem Schloss wie ihre Schwestern links und rechts des Gottes.
Für einen winzigen Moment flatterten Lokis Lider, strichen über die blasse Haut seiner Augenhöhlen, als er den Blick senkte und sich in diesem unbeobachteten Augenblick die Erlaubnis gab, zu trauern.
Aber der Gott des Schabernacks war nicht dafür bekannt, lange an einem Gefühl festzuhalten... Er sog die Luft tief in sich ein, ohne sie zu benötigen – aus schlichter Angewohnheit.
Gram brachte ihn nicht weiter, und weiter musste er.
Es gab kein Zurück... Selbst wenn es hier ein Tor zu Asgard gab, dort würde ihn nichts als Untergang und Tod erwarten. Oder, genauer gesagt – Sotur und seine Schwester.
Beide nicht unbedingt die Gesellschaft, die Loki für die Ewigkeit bei sich haben wollte.
Allerdings musste er sich eingestehen, dass er Hela vielleicht früher wiedersehen würde, als ihm lieb war.
Denn eine der runden Türen war geöffnet, wie er nun erkannte, und hinter ihr lauerte kaltes, weißes Licht... Loki war keiner von den Guten. Er würde nicht nach Walhalla gelangen, da war er sich sicher... und das kühle Helheim war dem Frostriesen in ihm nie als sonderlich erschreckend vorgekommen, doch wissend, dass es Helas Reich war – die Totenwelt, in die seine Schwester reisen konnte wie es ihr beliebte –, waren seine Ambitionen nicht sonderlich hoch, dorthin zu gelangen.
Loki lächelte auf die teuflische Art und Weise, die nur ihm vorbehalten war.
Er war der Gott des Schabernacks. Er betrog sie alle – Thor, Thanos, selbst das Schicksal.
Kurz entschlossen wandte er sich nach links, und seine langen Finger griffen bereits nach dem Dolch, der vertraut an seiner Hüfte ruhte.
Seine Fingernägel strichen nur kurz über das reine Gold der Tür vor ihm, hielten sich nicht lang daran auf – mit wenigen, geschickten Bewegungen hatte er das silberne Schloss geknackt.
Ohne ein weiteres Mal zu zögern, trat Loki durch das Tor hindurch – und kam als sein achtjähriges Selbst auf der anderen Seite an.
***
Mit äußerster Konzentration kniete Loki am Boden, die Arme um den dünnen Körper geschlungen und die Augen fest zusammengekniffen.
Das Mosaik unter seinen Knien war rau, aber das spürte er kaum – er war viel zu sehr auf das Kribbeln in seinem rechten Fuß fokussiert. Wenn er alle Gedankenkraft dorthin wandte, fühlte es sich fast so an, als würde das Kribbeln seine Wade hinaufwandern... weiter nach vorn, weiter, weiter...
„Au!"
Mit einem Mal riss Loki die Augen auf, als seine Nase beißend mit dem Steinboden kollidierte. Das war schmerzhaft gewesen, und – noch schlimmer – peinlich. Er starrte direkt in das Gesicht Odins, dessen gesundes Auge ihn unerbittlich anstarrte.
Aber sein Vater war zum Glück nicht wirklich hier, sondern beobachtete ihn nur vom Mosaik aus – dem Loki einen Schnurrbart und Hörnchen angemalt hatte, damit es nicht mehr so gruselig aussah.
Wer allerdings hier war und geduldig auf der Steinbank an der Seite saß, war Frigga.
Ihr langer geflochtener Zopf schimmerte golden im flackernden Licht des Kaminfeuers, das von der Stirnseite des Raumes zu ihnen herüberleuchtete. Sie lehnte mit dem Rücken gegen einer der hohen Säulen, die die ferne Decke stützten, an der ebenfalls ein Götterbild funkelte. Aber dieses zeige ausnahmsweise nicht Odin, sondern Frey und Freya, die Zwillinge, die Loki erst einmal auf einem Festmahl getroffen hatte.
Er verzog sein kleines Gesicht, als die Erinnerung in seinem Kopf auftauchte – nach dem Essen hatte er einen Mond lang beim Küchendienst helfen müssen, und das nur, weil er den Wein mit Bilgenschweinblut ausgetauscht hatte.
„Und, hast du etwas gespürt?", riss ihn die sanfte Stimme seiner Mutter aus den Gedanken.
Kurz schüttelte Loki den Kopf, um die Erinnerung zu vertreiben, und rappelte sich dann eilig auf. „Ja", verschränkte er die Arme, „Mein Fuß ist eingeschlafen."
Ärgerlich legte er die Stirn in Falten und wartete auf eine Antwort Friggas, doch als die ausblieb, setzte er selbst hinzu: „So langweilig findet er das. Und ich stimme ihm zu."
„Langweilig?", echote Frigga in einem amüsierten Unterton, doch ihre blauen Augen blickten streng – sodass Loki automatisch die Ohren spitzte. „Die Hexenkünste findest du also langweilig... Dann sag mir, wer könnte schneller über den Bifröst laufen als unsere besten Pferde? Wer könnte bedrohlicher kämpfen als ein riesiger Bär?"
Loki sagte keinen Ton, stand nur wie eine Statue über Odins Mosaik und hörte seiner Mutter ehrfürchtig zu.
„Und wer könnte Lady Sigruns Ohrringe einfacher stehlen als eine unauffällige Maus? Und glaub nicht, dass ich nicht weiß, dass du es warst." Jetzt wurde Friggas Anblick doch hart, und sie sah Loki streng an – dessen Wangen sofort eine unnatürlich rote Färbung annahmen. „Sie schimpft immer so lustig", murmelte der Junge, „Außerdem war es Thors Idee."
„Das will ich gar nicht wissen", sagte Frigga streng, und streckte ihre Hand aus, an der ein grüner Smaragd im Feuerlicht glänzte. „Versuch es noch einmal. Das Gestaltwandeln wird dir noch von Nutzen sein."
Loki verdrehte die Augen: „Ich weiß ja nicht einmal, in was ich mich verwandeln soll!"
„Das kommt von selbst." Friggas Stimme war sanft, aber unerbittlich. „Das Tier befindet sich bereits in deiner Seele – du musst es nur hervorrufen."
Seufzend setzte Asgards Prinz sich wieder, und das grüne Leder seiner Hosen hielt die Kälte des Steinbodens von ihm fern.
Er lauschte in sich hinein, tief, tief... Doch das Einzige, was er hörte, war sein Atem. Und als er die Luft genervt ausstieß, entwich ihm die Luft wie ein Zischeln...
Lokis in Falten gelegte Stirn glättete sich, als er dem Geräusch nachging.
Als er die Luft genauso hörbar wieder einsog, strömte sie durch seine Lungen, in seinen Körper... sie zog sich lang hin, lang und aalglatt, nicht greifbar.
Es war das Zischen einer... „Schlange!"
Loki hob seinen Kopf in die Richtung, aus der die Stimme seiner Mutter gekommen war.
Wieder einmal sah er von unten zu ihr herauf – er musste wieder umgekippt sein, ohne es bemerkt zu haben.
Erneut erklang ein Zischen, als er genervt ausatmete – doch es ebbte sofort ab, als er seine Arme und Beine nicht mehr spüren konnte. Er hatte sich aufrichten wollen, auf dem Boden abstützen – aber er fühlte seine Gliedmaßen nicht mehr!
Sie mussten noch hier sein, an ihrem angestammten Platz, er musste-
Das klein Herz flatterte gegen seine Brust wie ein Vogel, der danach strebte, freigelassen zu werden. Loki atmete viel zu schnell, aber der Sauerstoff gab seinem Hirn auch mehr Klarheit.
Seine Arme und Beine – er wusste genau, wo sie sitzen mussten, und auch wenn er sie nicht merkte, müsste er doch aufstehen können... Wenn er sich nur genug konzentrierte... Arme und Beine...
Mit einem Schrei stemmte sich Loki nach oben, schwer atmend auf seine Mutter zutorkelnd.
Ungläubig starrte er auf seine Hände, tat einen Schritt nach dem anderen auf Frigga zu – da waren doch seine Gliedmaßen, wo sie hingehörten!
„Loki, Loki!" Die Hände seiner Mutter fuhren ihm über die Wangen, zogen ihn an ihre Brust – wo sie zitternd vor Stolz die Arme um ihn legte. „Du warst eine Schlange! Es ist dir gelungen!"
Eine Welle der Euphorie durchspülte ihm, und für einen Moment funkelten seine grünen Augen – doch dann biss er sich auf die Unterlippe, zögernd.
„Mutter?", fragte Loki ängstlich, und nur Friggas warmer, freudiger Blick konnte ihn etwas besänftigen. „Sind Schlangen nicht böse?"
Hieß das, dass auch er – Loki – böse war?
„Mein Schatz", lächelte Frigga sanft, „Eine Schlange kann in einer alten Haut stecken und unliebsam wirken, doch sie kann die Haut abstreifen – und etwas Wunderschönes ans Licht bringen. Schlangen sollte man niemals nach den ersten Eindrücken beurteilen."
Lokis Atem war noch immer beschleunigt, und fragend suchte er Friggas Blick. Er wusste nicht, was ihre Worte zu bedeuten hatten... Aber er wusste, dass sie ihn liebte. Und er vertraute ihrem Urteil – etwas, das Frigga liebte, konnte nicht schlecht sein, oder?
„Du bist gut, Loki", betätigte Frigga lächelnd, „Und ich kenne dich am besten von allen. Ich bin deine Mutter."
Nun, dass er seine neuen Fähigkeiten zuerst nutzte, um seinem Bruder einen halben Herzinfarkt und eine langfristige Schlangenphobie zu bescheren, hatte sie nicht geahnt.
Aber Loki hatte genauso wenig geahnt, dass er dafür als Strafe acht Wochen lang vor jedem Ausritt Sleipnirs Hufe würde auskratzen müssen.
***
„Dann bin ich nicht deine Mutter!"
„Bist du nicht."
***
Loki stolperte zurück, fiel mit dem Rücken auf den Boden und heftete seinen Blick schwer atmend auf die goldene Kuppel.
Fassungslos starrte er die wieder zugefallene Tür an, nur langsam realisierend, was hier gerade passiert war.
Eine Erinnerung.
Führte jede dieser Türen zu einer Erinnerung? Würde er- ... könnte er so die Ewigkeit verbringen, in einem früheren Leben, zusammen mit seiner Mutter?
Ungläubig wanderte sein Blick über die goldenen Tore – am einzig offenen hängenbleibend.
Dort wartete sein Schicksal.
Er könnte ihm von der Schippe springen, immer und immer wieder... Das würde man von ihm erwarten, dem Gott des Schabernacks.
Doch Loki tat nicht gern, was man von ihm erwartete.
Es benötigte ein ziemliches Maß an Konzentration, nicht einfach das nächste Schloss zu knacken, doch mit etwas Mühe verschloss er sein Innerstes sicher.
Die Maske, die er aufsetzte, war über Jahrtausende hinweg gefeilt worden und passte nun wie angegossen.
Eine Maske aus Leichthaftigkeit, Lustlosigkeit, Lieblosigkeit.
Er stand langsam auf, sich die schmerzende Schulter reiben.
„Wenigstens bin ich nicht für dreißig Minuten gefallen", murmelte er, eine Augenbraue hochziehend. Aber es war niemand hier, der seine Späße hören könnte...
Mit einem winzigen Seufzen, für ihn selbst kaum wahrnehmbar, lief Loki geradewegs auf die offene Tür zu.
Schritt für Schritt.
Zum Licht am Ende des Raums.
In die weiße Kälte Helheims...
Oder doch nicht Helheims.
Als er hindurchgetreten war registrierte Loki, dass das Licht zwar gleißend hell, aber warm war.
Sonnenstrahlen kitzelten seine Haut.
Es dauerte mehrere Wimpernschläge, bis er sich an die Helligkeit gewöhnt hatte, doch dann erkannte er unter sich... Blumen. Gelbe und weiße Punkte leuchteten zu seinen Füßen in saftig grünem Gras, das beinahe nahtlos in eine dunklere Schattierung am Waldrand überging. Nur wenige hundert Meter entfernt von Loki reckten stolze Kiefern ihre gewaltigen Äste behütend über einen breiten Pfad, der sich die Hügellandschaft hinaufzog, endend in... Loki sog scharf die Luft ein, ungläubig blinzelnd. Normalerweise war er es, der Illusionen schaffte, und nicht der, der getäuscht wurde.
Doch auch nachdem er sich versichert hatte, dass er bei vollem Bewusstsein war, erkannte er noch in der Ferne die riesigen Festungsmauern und Türme Walhallas.
Walhallas...
Hier schien die Sonne.
Und auch wenn er diesen Tag noch in weite Ferne wünschte, hier könnte die Sonne wieder auf ihn und Thor scheinen.
Doch wie war Loki an der letzten Ruhestätte der tapferen Krieger gelandet? Das hier war die Totenwelt der Guten...
Es raschelte hinter ihm, als die langen Gewänder der Königin über den Boden streiften, die in einem Aufblitzen der Sonne wie aus dem Nichts erschienen war. Er hatte sie nicht kommen sehnen, aber in derselben Sekunde war Loki erstarrt. Er spürte ihre Anwesenheit, fühlte ihre vetraute Präsenz, die ihn einhüllte, ihn in ihren Armen wiegte - genau so, wie sie ihn schon gehalten hatte, als er noch nicht einmal laufen konnte.
Ein abgestorbener Ast knackte unter ihrem sanften Schritt, als sie ihn umkreiste und vor ihm zum Stehen kam. Seine Augen glitten über ihre starke, lebendige Gestalt, ungläubig. Sie leuchtete förmlich von innen heraus, und von außen genauso.
Das Sonnenlicht ließ ihre offenen Haare in einem sanften Goldton schimmern...
Als sie ihre warme Hand an seine Wange legte, schmolz die Maske des Frostriesen binnen Sekunden. „Ich bin die Göttin des Lebens, und ich entscheide, wer die Ewigkeit hier verbringt", sagte Frigga. Loki schloss die Augen, als die vertraute Stimme wie Quellwasser über sein aufgewühltes, brennendes Inneres perlte... „Du bist gut, Loki. Und das weiß ich, weil ich dich am besten von allen kenne."
Eine einzelne Träne löste sich von seinen Wimpern.
„Denn ich bin deine Mutter."
„Das bist du."
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