Lokis Geschichte
Alles Gute zum Geburtstag, du verrückte, wundervolle Person! Wenn ich schon nicht persönlich ein Geschenk vorbeibringen kann, dann doch auf diese Art und Weise.
Enjoy! - und das gilt natürlich auch für alle anderen Leser, die ihren Weg hierher finden.😉💚
Loki lächelte.
Die frühe Morgensonne brach durch das Kronendach der Pappeln und ließ die Atmosphäre unwirklich erscheinen, fast magisch. Er fühlte sich an seine erste Heimat erinnert, an die Wälder in Asgards Nähe. Aber Loki war völlig zufrieden auf der Erde, es war idyllisch hier. Die schlanken Stämme der Bäume wirkten silbrig, und das Licht war wie von einem sanften grünen Schleier verdeckt. Betonte seine grünen Augen, vermutlich. Augen, die einer gewissen Person nur zu gut gefielen.
Augen, die von seinem Lächeln nicht erreicht wurden.
Es war nicht von Belang, dass seine Freude nicht ehrlich war. Jene gewisse Person, die die einzige war, die seine falsche Miene hätte durschauen können, war nicht anwesend. Loki war allein. Er selbst war die einzige Person, die er gerade belog.
Er seufzte leise und wandte seine Gedanken in eine andere Richtung.
Er mochte es, zu wandern. Vor allem in diesem Wald, der so viele Erinnerungen barg. Wochenlang hatte er sich hier mit Gracie herumgetrieben (ja, auch nach acht Jahren nannte sie ihn ab und zu noch ‚Marauder'). Und das, obwohl sie wandern eigentlich nicht leiden konnte.
Loki schnaubte leicht spöttisch. Wie war das gewesen mit den anderen Gedanken?
Aber gut, an seine Verlobte dachte er doch gern. Und er dachte ebenfalls gern an ihr gemeinsames Kind, das sie erwartete... Er dachte eben nur ungern an dessen Vater.
„Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm", sagten die Menschen gerne. Wahlweise auch gerne Birnenbaum oder Pferdehintern anstelle des Stammes, aber darüber machte Loki sich mittlerweile keine Gedanken mehr.
Wohl aber über den Inhalt des Satzes.
Odin war ein großartiger König gewesen, aber ein schrecklicher Vater. Mittlerweile konnte Loki objektiv darüber nachdenken, und es war schlichtweg die Wahrheit. Das sah man nicht nur an ihm, sondern vor allem auch an Hela. Nun war der Kriegsgott natürlich nicht sein leiblicher Vater gewesen, aber wenn er nach Laufey schlug, war das nicht unbedingt besser.
Loki wusste, dass er sich unnötig Sorgen machte. Selbst wenn er als Vater versagte, würde sein Kind noch immer die wunderbarste Mutter der neun Welten haben. Aber ebendiese Mutter hatte die Hochzeit vorverlegt auf nächste Woche, damit sie trotz Kind noch in ihr Kleid passte. Sie war eine Stark, und das beinhaltete einen ziemlichen Sturkopf – ändern würde die ihr Hochzeitskleid nicht mehr lassen. Er fürchtete sich vor dieser endgültigen Bindung, wohl durch den Gedanken, dass sie ihm nicht mehr würde entfliehen konnte. Natürlich war das blödsinnig, denn weder würde ein Ring am Finger etwas an ihrer Liebe ändern, noch könnte er Gracie jemals verletzen.
Loki schmunzelte jetzt doch ehrlich – bei den Göttern, wie er sie liebte. Und sie ihn auch, könnte ihm vermutlich mit wenigen Worten die Furcht nehmen. Aber sie war nicht hier, niemand war das, und das hatte Loki sich selbst zuzuschreiben. Er hatte sich abgekapselt, wollte in Ruhe nachdenken. Das war schwierig, wenn Tony und Pepper sich gegenseitig verrückt machten und zu Glucken mutierten, die Kinderschar aus Nate, Morgan, Agnes und Peggy sich wie irre auf den Nachwuchs von Gracie und T'Challa freuten und Stephen sich jetzt schon mit Shuri um die Patenschaft kloppte.
Nun, in den Teil des Waldes, den Loki ruhigen Schrittes durchstreifte, verirrte sich nie jemand.
Er zog kurz eine Augenbraue hoch und revidierte diesen letzten Gedanken wieder – wie hieß es so schön? Sag' niemals nie. Prompt hatte es im Wald geknackt, und an Lokis empfindliche Ohren drang das Gezeter einer Mädchenstimme.
Er zog auch noch die zweite Augenbraue hoch, denn das war nun wirklich ungewöhnlich.
Sie schien sich in seine Richtung zu bewegen, denn nur Sekunden später brach die kleine Gestalt aus dem Unterholz links von ihm, auf irgendeiner fremden Sprache fluchend.
Loki hatte keine dritte Augenbraue, die er hätte hochziehen können.
Als das Mädchen, vielleicht ein Stück größer als Gracie und mit langen braunen Haaren, sich aufrichtete, schenkte sie Loki nur einen raschen Seitenblick. „Sorry, wollte nicht stören." Sie klopfte sich kurz ihren Hoodie ab – was nicht viel half, sie war übersäht von Blättern und Rindenstückchen –, und dann, plötzlich erstarrte sie.
Mit sehr großen Augen und einem erhobenen Zeigefinger drehte sie sich zu Loki um, der kurzerhand seine Augenbrauen wieder senkte, weil sein Musculus fronatlis nicht ganz so gut trainiert war wie Gracies Rectus inferior.
Das Mädchen ließ einen quiekenden Schrei los und schlug sich dann die Hand vor den Mund, ungläubig murmelnd: „Du bist Loki!"
Er schluckte kurz, überrascht, dass sie ihn erkannt hatte – und sicherlich nicht erfreut. Er konnte ihre Mimik nicht ganz deuten, aber sie schien förmlich geschockt von seinem Auftreten zu sein.
„Ich werde dir nichts tun", sagte er leise, unsicher, wie er reagieren sollte.
Seine Gegenüber ließ ihre Hand sinken und sah ihn etwas verwirrt an. „Sag bloß", meinte sie, „So weit war ich auch schon."
Loki schwieg kurz, jetzt noch irritierter als vorher. „Und... wie hast du mich dann erkannt?"
Sie sah ihn an, immer noch zitternd, und sie atmete schwer. „Ja, ich bin aus Deutschland, da bist du eben etwas bekannter", meinte sie ungeduldig, „Ich bin übrigens Jessy, und ein großer Fan."
Jetzt kam Loki überhaupt nicht mehr mit. Ein Fan – von ihm?! Auch noch aus Deutschland, wo er mehr gefürchtet wurde als überall sonst?
Sie starrten sich eine Weile schweigend an, der Gott, der sich fürchtete und das Mädchen, das nicht eine Spur von Angst zeigte.
„Warum?"
Es war nur ein Wort, das Loki sagte. Die Vögel zwitscherten weiter, irgendwo knackte ein Ast, im Wald gingen die natürlichen Vorgänge weiter. Aber bei den beiden Menschen waren die Auswirkungen unverkennbar: Loki war angespannt, auf Hab-Acht-Stellung – als sei er bereit, wegzulaufen. So, wie er von der Avengers-Basis weggelaufen war, langsam und ruhig zwar, aber es war eine Flucht. Vermutlich vordergründig vor ihm selbst.
Nun, das Mädchen – Jessy – indes reagierte völlig anders auf dieses Wort. Sie starrte ihn noch für einen Moment an, und dann – ganz plötzlich, als hätte man eine Lampe angeschaltet – erschien ein breites Grinsen auf ihrem Gesicht. „Mal abgesehen davon, dass du heiß bist? Du bist nicht gefährlich, sonst wärst du ja kein Avenger. Also, nicht gefährlich für uns, du beschützt uns ja."
Loki stutze.
Sie hatte recht.
Es war simpel, aber wahr. Er war ein Beschützer geworden, ein Held. Kein Antiheld, kein Antagonist, er war gut.
Jessy, obwohl sie nichts davon wusste und gerade eilig etwas auf ihr Handy tippte, hatte Lokis Gedanken gerade völlig umgekehrt. Da kam dieses Mädchen daher, ohne jegliche Furcht vor dem Gott des Unheils, und grinste ihn einfach fröhlich an.
Sacht lächelnd schüttelte Loki den Kopf und richtete das Wort nun direkt an Jessy: „Wenn du aus Deutschland kommst, warum bist du dann hier?"
Die Brünette verdrehte ihre Augen und strich sich eine Strähne zurück, nur, um die Arme dann direkt zu verschränken. „Ja, ich will ein Auslandsjahr in New York machen, so nah wie möglich an den Avengers ran..." Ihr Blick wanderte kurz in die Ferne und ihr Grinsen wurde nur noch breiter, falls das überhaupt möglich war. Doch dann fing sie sich sofort wieder: „Ja, und da mein Englisch scheiße ist, machen wir eben noch zwei Wochen Urlaub hier. Aber warum müssen wir ausgerechnet wandern, ich meine, das macht doch keiner freiwillig?"
Loki konnte nicht anders, er musste schmunzeln. „Doch, ich. Fluchen jedenfalls kannst du schon einmal, wenn auch mit Akzent."
Augenverdrehend zuckte Jessy mit ihren Schultern, doch dann wurde sie sofort wieder fröhlich. Sie hielt Loki ihr Handy unter die Nase: „Dafür kann ich zeichnen, was sagst du dazu?"
Loki musste einen Schritt zurückgehen, um überhaupt etwas erkennen zu können, und dann – erstarrte er. Das Bild zeigte ihn, und zwar in einer Position, in die er sich niemals begeben würde. Also, vor Gracie vielleicht, aber sicher nicht vor einer Kamera.
Und darüber war geschrieben: „Kneel before our king."
Jetzt wogte doch eine Welle Unwohlsein durch Lokis Körper. Kneel. Seit acht Jahren hatte er das Wort nicht mehr benutzt, und er war erst einmal selbst niedergekniet. Letztes Jahr. Nur vor ihr.
Jessy unterbrach seine tiefgehenden Gedankengänge: „Tja, blöd nur, dass du so alt bist. Und du hättest dich echt mal ranhalten können mit Kindern, aber nein, Gracie ist ja noch jung. Dumm gelaufen." Erneut zuckte Sie mit den Schultern, konnte aber ihre Hände nicht stillhalten und fing an, wild zu gestikulieren. „Dabei wäre die Kombination aus euch so perfekt! So..." Sie suchte verzweifelt nach Worten, und endete schließlich nur mit einem nachdrücklichen „Perfekt!".
Und mit einem Mal leuchteten Lokis Augen. Gracies Kind. Perfekt. Sein Kind.
„Danke", sagte er zu Jessy, deren Handy plötzlich klingelte – ihre Eltern, die sie zu sich riefen. Sie verabschiedete sich schweren Herzens, ging, und er sah ihr hinterher.
Nicht einmal drehte sie sich um, kehrte ihm ohne Vorbehalte den Rücken zu, vertraute ihm. „Du bist Loki", hatte sie gesagt, nicht Odinson, nicht Laufeyson, Loki. Er war, der er war. (Ja, Vision, eigentlich ist das dein Satz.)
Loki lächelte.
Und Jessy lächelte auch, als die Einladung zur Hochzeit nur wenig später in ihrem Hotelzimmer lag. Begleitet von einer Menge an Freudenschreien ihrerseits und Hörstürzen seitens ihrer Eltern.
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