Kapitel 4- So groß und doch so klein
Isobel
Ich war geschockt. Meine Eltern waren tot. Tot! Von jetzt auf gleich und ohne Vorwarnung.
Besorgt blickte ich meiner Schwester nach. Auch ich wollte meinen Tränen freien Lauf lassen, doch als ich meine kleine Schwester anschaute, wurde mir bewusst, dass ich mir das nicht erlauben konnte. Ich musste stark bleiben. Für sie und für Betty. Ich wusste nicht, wo ich die Kraft hernahm, aber irgendwie schaffte ich es meinen Kopf zu heben, die Gäste anzublicken und fragte, ob sie sich sicher seien, dass es unser Familienwappen war, welches sie meinten, an der Kutsche gesehen zu haben. Sie bejahten mit hängenden Köpfen und fügten hinzu, es sei das einzige gewesen, was von der Kutsche übrig geblieben war. Es wäre eindeutig das Caprone Wappen gewesen.
Ich seuftzte tief aus. Also war es wahr. Auf meine Frage wer sie seien, erklärten sie mir:
"Wir sind nur zwei Fabrikarbeiter, die zufällig gerade an der Unglücksstelle vorbeiliefen. Die Polizei bat uns, die Nachrichten zu überbrigen. Selbstverständlich, machten wir uns so schnell wie möglich auf den Weg."
Diesmal sprach der Jüngere von ihnen. Es war das erste Mal, dass ich ihn hatte heute sprechen hören. Als das Hausmädchen, herbeigerufen von dem Schluchzen meiner Schwestern, kam, bat ich sie, sich um unsere Gäste zu kümmern. Mir fiel auf, wie sie ihnen heißen Tee und einen Platz zum Schlafen anbot, doch sie lehnten beides ab und machten sich wieder auf den Weg nach Hause.
Veronica lag noch immer in meinen Armen und weinte unerbittlich. Doch ihr Schluchzen war ruhiger geworden und sie zitterte nicht mehr unkontrolliert am ganzen Körper. Als die Haustüre auf- und wieder zugeschlagen wurde, kehrte eine leise Stille ein, die nur von Veros greinen unterbrochen wurde. Nun erlaubte auch ich mir, leise zu weinen.
Nachdem meine Schwester sich in den Schlaf geweint hatte, trug ich sie nach oben in ihr Zimmer, legte sie sachte auf ihrem königsblauen Himmelbett ab und deckte sie behutsam zu. Danach machte ich mich auf den Weg ins elterliche Schlafzimmer. Eigentlich war es verboten, sich dort aufzuhalten, doch es war der einzige Ort, an dem ich ihre Nähe spüren konnte. Als ich mich hinlegte, konnte ich nicht mehr anders und brach zusammen. Ich konnte mich nicht mehr zusammen nehmen. In diesem Moment musste ich nicht stark sein. Musste nicht diejenige sein, die ihren kleinen Geschwistern Halt gab. Im Moment konnte ich es mir erlauben, einfach ein Mädchen zu sein, welches um ihre gerade verstorbenen Eltern trauerte.
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