25. Kapitel
Jayce
„Wie konnte das bitte passieren?" Die gereizte Stimme meines Vaters hallte durch das Wohnzimmer und wurde durch die Hohe Decke reflektiert, um erneut auf uns einzuprasseln. Ich richtete mich in dem gepolsterten Stuhl zu meiner vollen Größe auf und suchte den Blick meines Vaters. Allerdings starrte dieser unbeirrt auf den Teppich zu seinen Füßen und ließ seine Schuhe geräuschvoll auf dem Boden aufkommen. Seine Züge waren hart und verspannt, als er die Augen fest zusammenkniff und seinen Kopf hob, um mir einen wütenden Blick zuzuwerfen. „Ich erwarte eine Antwort, Jayce Arthur Avery!"
Ich rollte mit den Augen, als mein Vater meinen vollen Namen wie eine Schimpftirade auf mich hereinbrechen ließ. Als wären meine beiden Zweitnamen eine Bestrafung.
Ich hielt seinem Blick stand und ließ meine Augen über seine verhärteten Züge wandern. Selbst seine Iris war von einem trüben Schleier überzogen, als gäbe es nichts mehr Freudvolles in seinem Leben.
„Gwendolyn ist... ungünstig mit ihrem Handgelenk aufgekommen, als sie sich am Boden abstützten wollte", log ich und erwiderte sein Starren mit der Ernsthaftigkeit, die auch er ausstrahlte. Er sollte nicht unbedingt wissen, dass Gwendolyn wie verrückt auf mich eingeschlagen hatte und sich dabei ihre Hand verletzt hatte.
„Warum wollte sie sich am Boden abstützen?!", brauste mein Vater augenblicklich auf und warf wild gestikulierend die Hände in die Luft. Seine Augen verengten sich zu Schlitzen, als er wild schnaubend, fast erinnerte er mich an einen wildgewordenen Stier, durch das Wohnzimmer tigerte. „Soll sie etwa mit einem verstauchten Handgelenk zum Altar schreiten, damit das ganz Koieta denkt, sie würde geschlagen werden?!"
Erstaunt hob ich eine Augenbraue und neigte verwirrt den Kopf zur Seite. „Warum bitte sollte jemand denken, dass Gwendolyn geschlagen wird?", fragte ich perplex und blinzelte meinen Vater irritiert an. „Außerdem wird sie sich bis zur Hochzeit bestimmt von ihrer Verletzung erholen."
„Wehe, wenn nicht!", herrschte mein Vater mich an, ohne auf meine vorherige Frage zu reagieren. Ohne mich eines weiteren Blickes zu würdigen, stürmte er aus dem Raum und knallte die Tür mit solch einer Wucht zu, dass die alten Gemäuer des Schlosses erzitterten. Ein Wunder, dass die Fassade noch nicht von der Wand bröckelte. Das wäre bei der Häufigkeit von den Wutanfällen meines Vaters auch kein Wunder.
Mit einem leisen Seufzen erhob ich mich aus dem gepolsterten Stuhl, um das Wohnzimmer ebenfalls zu verlassen. Ich hatte sowieso vorgehabt, Gwendolyn einen Besuch abzustatten, bis mich mein Vater mit verzogenem Gesicht um ein Gespräch unter vier Augen gebeten hatte.
Missmutig öffnete ich die Tür, die er zuvor noch zugeschmettert hatte und begab mich auf den Flur, der zu Gwendolyns Zimmer führte.
„Dolly?", mit einem lauten Klopfen gegen das Holz ihrer Tür, drückte ich Klinke hinunter und stieß die Tür mit Schwung auf. „Wie ge-."
Irritiert hielt ich in meiner Bewegung inne und zuckte kurz zusammen, als Gwendolyns Zimmertür ungehalten gegen die dahinterliegende Wand donnerte. Meine Augen verengten sich zu Schlitzen, als ich den Anblick, welcher sich mir bot, perplex musterte.
Dieser komische Typ aus dem Wintergarten, der Gwendolyn schon seit dem Ball nachstieg, hatte es sich auf einem ihrer Stühle bequem gemacht, den er sich nahe an ihr Bett herangezogen hatte. Mit gefalteten Händen und gebeugten Rücken hatte er, bis ich in die ganze Situation hineingeplatzt war, sich zu Gwendolyn hinübergelehnt und sie mit irgendetwas zum Lachen gebracht.
Kleine Lachfältchen hatten sich um Gwendolyns dunkle Augen gebildet, welche jedoch mit einem Mal erloschen waren, als sie mit geweiteten Pupillen zu mir herüberstarrte. Sie hatte sich in ihrem Himmelbett aufgesetzt, den Rücken gerade durchgestreckt und gegen das hölzerne Gestell gelehnt. Ihren verletzten Arm hatte sie an ihren Bauch gedrückt, die Knie angezogen. Eine einzelne Strähne hatte sich aus dem unordentlichen Knoten gelöst und umrahmte ihr liebliches Gesicht. Es juckte mir in den Fingern, ihr das dunkelbraune Haar hinter die Ohren zu klemmen, damit ich ihre wunderschönen Züge besser betrachten konnte. Doch hielt mich zurück und starrte die Beiden stattdessen völlig verdattern an, als hätte man mir die Lippen mit Sekundenkleber zusammen zusammengedrückt.
Gwendolyn war die Erste, welche sich aus ihrer Schockstarre löste. Mit einem verlegenen Lachen setzte sie sich weiter im Bett auf und warf dem komischen Typen einen flüchtigen Blick zu, ehe sie wieder dem Meinen begegnete.
„Jayce", stieß sie schließlich mit heiserer Stimme hervor und verzog ihren Mund zu einem gequälten Lächeln. „Schön, dass du hier bist!"
Sie neigte den Kopf wieder zur Seite, gefolgt von einer Geste in Richtung des Kerls, der immer noch stumm wie ein Fisch auf dem Stuhl saß und mich mit ausdrucksloser Miene taxierte. „Toby kennst du ja schon."
Toby schenkte mir ein knappes Nicken, ehe er seine Aufmerksamkeit wieder Gwendolyn zuwandte und ihr Lächeln halbherzig erwiderte. Seine Hände suchten die Lehne des Stuhls, fanden sie und stemmten ihn in die Höhe. „Ich gehe dann Mal wieder. Gute Besserung, Biberchen."
„Biberchen?", presste ich ungläubig hervor und konnte nicht verhindern, dass mir ein raues Lachen hervorrutschte. Tobys Kopf schwenkte herum und seine gräulichen Augen trafen auf meine. Langsam zogen sie sich zu Schlitzen zusammen, als er mich mit zusammengepressten Lippen musterte. „Ja?", hakte er langsam nach und zog fragend eine seiner Brauen nach oben, als würde er wirklich nicht verstehen was mein Problem war.
Eigentlich könnte ich ihm das ziemlich detailreich an den Kopf werfen, was genau mich daran störte, dass er meiner Verlobten einen solch albernen Spitznamen verpasste, welcher daraufhin deutete, dass er sich mehr aus ihrer Freundschaft erhofft. Erkannte Gwendolyn das etwa nicht? Ein kurzer Blick auf ihre perplexen Gesichtszüge bewies mir, dass sie keine Ahnung hatte.
„Interessanter Name", schummelte ich mit einem falschen Lächeln, welches normalerweise nur meine Lippen erreichte, wenn gehobene Gesellschaft zu Besuch war. Normalerweise würde ich solch kleinen Angestellten wie Toby es war, niemals einen zweiten Blick würdigen.
Mit festen Schritten durchquerte ich das Zimmer, schob Toby mit meiner Schulter beiseite und ließ mich auf der Matratze, direkt neben Gwendolyn, niedersinken. Ich entfernte nicht einmal meinen Blick von ihr, als ich meine Hand auf ihren Oberarm legte und mit der anderen über ihre erwärmte Wange strich. „Geht es dir schon besser?", fragte ich sie liebevoll und sah ihr so intensiv in die Augen, dass Gwendolyn unter meiner Berührung erstarrte. Unfähig, ein Wort über ihre Lippen zu bringen, starrte sie mich einfach nur an. Ihre dunklen Augen schenkten irritiert zwischen mir und Toby hin und her, weshalb ich genervt meine Zähne aufeinander krachen ließ, sodass es leise Knirschte.
Ich warf Toby einen flüchtigen Blick über die Schulter zu. Er stand, mit angespannten Kiefermuskeln, immer noch an der Stelle, an die ich ihn gedrängt hatte und beobachtete die Szene zwischen Gwendolyn und mir mit angespannter Miene. Es schien nicht so, als wäre er bereit, sich in nächster Zeit aus dem Staub zu machen. Scheinbar wusste dieser Kerl nicht, wann er nicht mehr gebraucht wurde. Oder dass er generell nicht gebraucht wurde. Er sollte sich am Besten einfach von Gwendolyn fernhalten! Sie war meine Zukünftige!
Die kleine Flamme der Eifersucht drohte meine Sinne zu benebeln, weshalb ich kurzerhand den Blick wieder abwandte und mich stattdessen wieder Gwendolyn zuwandte. Ich konnte förmlich spüren, wie sich meine gehärteten Züge wieder entspannten, als ich ihr liebliches Gesicht betrachtete.
Meine Hand ruhte immer noch auf ihrer Wange und langsam erwachte sie zum Leben. Vorsichtig strich ich mit meinen Fingerspitzen über ihre Haut und zog sanfte Kreise über den Flaum ihrer Wange.
Aus dem Augenwinkel konnte ich erkennen, wie Toby mit einem lautlosen Stöhnen die Augen verdrehte, seine Arme vor der Brust verschränkte und uns missmutig anstarrte.
Ein kleines Lächeln zupfte an meinen Lippen, als ich meine Augen wieder über Gwendolyns Gesicht wandern ließ, ehe ich mich vorbeugte und ihr einen zarten Kuss auf die Lippen hauchte. Ich ließ meinen Mund ein paar Sekunden länger auf dem Ihren verweilen als nötig. Genoss einfach nur die Weichheit ihrer vollen Lippen und ließ meine Hand in ihr Haar wandern, wo ich ihren Nacken ertastete und ihn mit meinen Fingern kraulte.
Gwendolyn entschlüpfte ein zufriedener Seufzer, als sie sich mir unwillkürlich entgegen reckte und ihre zierlichen, schlanken Finger an meine Wange legte. Sie neigte ihren Kopf etwas zur Seite, damit unsere Lippen besser aufeinandertreffen konnten und ich konnte schwören, dass sie ihre Lippen geöffnet hätte, um meiner Zunge Zugang zu gewähren, wenn ich unseren Kuss nicht unterbrochen hätte.
Mit einem triumphierenden Lächeln auf den Lippen lehnte ich mich wieder zurück und zwinkerte ihr neckisch zu, als sich ihre Wangen bereits wieder dem tomatenähnlichen Rotton näherten. „Da ist ja meine Lieblingstomate!"
Ein kleines, vorsichtiges Lächeln huschte über Gwendolyns Gesicht, ehe sie mir einen kräftigen Schlag gegen die Schulter verpasste. Sofort griff ich nach ihrer Hand und hielt sie fest, während ich tadelnd mit dem Finger wackelte. „Nicht schlagen! Herrgott, nochmal. Wir wissen Beide, worin das endet."
Ich warf einen bedeutsamen Blick auf ihr bandagiertes Handgelenk und ließ ihre andere Hand wieder los, woraufhin Gwendolyn lediglich die Augen verdrehte. Allerdings entging mir nicht das amüsierte Funkeln in ihrer dunkeln Iris, als sie den Blick wieder auf mich richtete. „Spielst du jetzt etwa den Boss?"
Ich wollte ihr gerade mit meiner unwiderstehlichsten Stimme antworten, als Tobys Räuspern uns unterbrach. Ich kniff meine Augen zusammen und drehte meinen Oberkörper langsam in die Richtung des Angestellten. „Ich dachte, du wolltest gehen?", fragte ich mit kalter Stimme und taxierte ihn abschätzig.
Wie konnte er überhaupt mit dem Gedanken spielen, eine Chance bei Gwendolyn zu haben? Sah er denn nicht ein, dass es reine Zeitverschwendung war, Gwendolyn hinterher zu dackeln? Ich hatte sie vor seinen Augen geküsst. Sie hatte meinen Kuss erwidert, ihn genossen und war auf mein kleines Spielchen eingegangen. Warum also stand er immer noch wie eine überflüssige Dekoration im Zimmer herum und meinte auch noch, uns mit seinem Räuspern unterbrechen zu müssen? Konnte er nicht einfach verschwinden, wie es jede andere Person gemacht hätte, die sich an seiner Stelle befunden hätte?
Toby erwiderte meinen Blick starr und verengte seine Augen zu Schlitzen. Fast sah er aus wie eine aggressive Raubkatze, die meinte, ihr Revier verteidigen zu müssen. Aber was gab es schon im Leben dieses Typen, dass er als das Seine bezeichnen konnte? Eine Gartenschaufel und ein paar Schraubenschlüssel? Das war wahrlich ein wertvoller Besitzt.
Ich konnte mir bei seinem Anblick ein verächtliches Schnauben nicht verkneifen, während ich auf seine Antwort auf meine Frage wartete.
Toby presste fest die Lippen aufeinander, sodass sie eine gerade, dünne Linie ergaben. Sein Blick schoss zu Gwendolyn hinüber und eine seiner buschigen Brauen wanderte fragend nach oben.
Gwendolyn
Oh, Gott! Eigentlich hatte ich gehofft, die Jungs würden mich aus ihrer Konfrontation, welche übrigens mehr als merkwürdig war, heraushalten, aber irgendwie war es auch klar gewesen, dass ich mich irgendwann einmischen musste.
Seit Jayce mein Zimmer betreten hatte, lag eine knisternde Anspannung in der Luft und die Beiden gaben sich auch keinerlei Mühe, ihre Abneigung dem Anderen gegenüber zu verbergen.
Mit zusammengepressten Lippen und verhärteten Gesichtszügen starrten sie sich gegenseitig an. Sie sahen wie zwei kampfbereite Wölfe aus, die sich jederzeit aufeinander stürzen würden. Doch noch umkreisten sie sich mit fletschenden Zähnen. Ich könnte ihren völligen Zusammenstoß noch verhindern, wenn ich jetzt einfach die richtigen Worte über die Lippen brachte. Aber was waren die richtigen Worte? Immerhin hatte ich keine Ahnung, was das Problem der Beiden war.
Jayces Blick, als er den Raum betreten hatte, hatte mir gezeigt, dass er alles andere als erfreut darüber war, dass er Toby und mich alleine in einem Zimmer aufgefunden hatte. Das war verständlich, immerhin war er mein Verlobter und wir hatten bereits eine negative Zeitungsattacke hinter uns. Würden wir weiterhin solche Schlagzeilen machen, würde sein Vater ihn vermutlich erwürgen.
Aber was Tobys Problem war, konnte ich wirklich nicht so ganz verstehen. Ja, er war offensichtlich irritiert darüber, dass Jayce mir soeben einen Kuss auf den Mund gedrückt hatte und ich nicht abweisend darauf reagiert hatte. Nein, ich hatte seine Liebkosung sogar mit kribbelnden Lippen erwidert und mich dem kurzen Moment der Gefühle hingegeben. Ich weiß selbst nicht wieso, wirklich nicht.
Weil du einfach unglaubliche Probleme hast und es immer wieder schaffst, dich tiefer in die ganze Scheiße zu reiten.
Und jetzt warf mir Toby diesen Blick zu, der eindeutig Unterstützung verlangte. Aber wobei?
Irritiert zog ich meine Stirn kraus und erwiderte Tobys Blick unsicher, ehe meine Augen Jayce fixierten. Erneut zupfte ein triumphierendes Lächeln an seinen Lippen, als er seinen Blick zwischen mir und Toby hin und her wandern ließ. Keine Frage, er genoss das Ganze. „Soll ich dir die Tür zeigen?"
„Jayce!", zischte ich ihn an und verpasste ihm einen unsanften Seitenstoß zwischen die Rippen. „Halt die Klappe!"
Mit diesen Worten schob ich seine Hände von mir begegnete Tobys Blick mit einem kraftlosen Lächeln. „Tut mir leid. Du kannst gerne noch bleiben, wenn du willst", bot ich ihm an, auch wenn ich insgeheim hoffte, dass er ablehnen und verschwinden würde.
Meine Lippen kribbelten immer noch von Jayces Kuss und mein Körper war von einer angenehmen Hitze überflutetet wurden. Mein Herz schmerzte vor Sehnsucht, als ich meine Augen langsam über Jayces kräftige Statur wandern ließ. Ich würde gerade nichts lieber tun, als meinen Kopf in seiner Halsbeuge zu vergraben und den vertrauten Duft seines teuren Aftershaves in aufzusaugen. Nur zu gerne würde ich seine Hände an meinem Körper spüren und mich von seinen Berührungen betören lassen. Doch ich musste stark sein. Es war nicht okay, wie Jayce Toby gerade behandelt hatte und ich sollte ihn auf keinen Fall dabei unterstützen. Immerhin war Toby immer für mich da gewesen, wenn Jayce sich wieder wie das größte Arschloch in ganz Koieta aufgeführt hatte. Vermutlich war er das auch.
Aber ein süßes Arschloch.
Mit einem abwesenden Lächeln auf den Lippen begegnete ich wieder Tobys Blick und zog fragend eine Augenbraue nach oben. Toby dagegen furchte irritiert die Stirn und starrte kurz zu Jayce hinüber, ehe er meinen Blick wieder erwiderte. Er war offensichtlich verwirrt. Verständlich.
Ich hatte Toby nichts von Jayces Küssen und seiner plötzlichen Zuneigung mir Gegenüber erzählt. Ich weiß nicht genau wieso, aber irgendwie war ich der Meinung gewesen, es würde ihn nichts angehen. Immerhin kannte ich ihn erst seit meiner Ankunft im Schloss und ich spielte immer noch mit dem Gedanken, ob ich Zac oder Jess überhaupt davon erzählen sollte. Und immerhin waren die Beiden einer meiner ältesten Freunde. Ich konnte vor Zac einfach nicht gestehen, dass ich auf Jayces Sinneswandel eingegangen war, wo ich mich doch das letzte Mal, als ich ihn gesehen hatte, mich an ihn rangeschmissen hatte. Zudem hatte ich ihn auch noch gegen seinen Willen geküsst.
„Wir sollten reden, Biberchen", entgegnete Toby mit gesenkter Stimme, ehe seine gräulichen Augen Jayce fixierten und sich zusammenzogen. „Allein."
Ich warf einen flüchtigen Blick zu Blondschopf hinüber, welcher unter Tobys Worten die Lippen zusammenkniff. Seine Kiefermuskeln spannten sich an und ich konnte das leise Knirschen hören, als er seine Zähne aufeinander krachen ließ.
Im nächsten Moment schlang er auch schon einen Arm um meine Schulter und zog mich näher zu sich heran. Sein Griff war stark und besitzergreifend, während er mit seinen blauen Augen Toby taxierte. „Gwendolyn braucht Ruhe", erklärte er mit eiserner Stimme und streckte herausfordernd das Kinn vor. „Ich schlage vor, du verziehst dich jetzt."
Tobys Kiefer mahlten, als er Jayces Worte realisierte. „Seit wann bist du ihr Aufpasser? Vorher hast du dich doch auch nicht für sie interessiert", bemerkte er missbilligend.
Die Beiden stierten sich aus finsteren Augen an. Es war, als hätten sie längst vergessen, dass ich mich ebenfalls im Raum befand. Sogar nur wenige Zentimeter von ihnen entfernt.
Lediglich Jayces verspannte Hand an meiner Schulter verriet mir, dass er von meiner Anwesenheit Notiz genommen hatte. Dennoch galt seine Aufmerksamkeit nur Toby.
Ich würde mich gerne einmischen, etwas sagen, dass die ganze Lage womöglich hätte entspannen können, aber ich brachte kein Wort über die Lippen. Mit angehaltenem Atem beobachtete ich die Szene zwischen den Beiden weiterhin und konnte nicht leugnen, dass mir der Anblick irgendwie gefiel.
Du bist wirklich das allerletzte, Gwen.
Hey, welchem Mädchen würde das nicht gefallen, wenn sich zwei Jungs vor ihren Augen um ihre Gunst stritten? Solange sie nicht anfingen, sich gegenseitig die Köpfe einzuschlagen, würde das ganze Schauspiel meinem Ego sicherlich nicht schaden.
„Und das geht dich was an?", erwiderte Jayce kühl und starrte Toby hasserfüllt an, während er seinen Arm enger um mich schlang.
Toby ließ seinen Blick kurz zu mir hinüberzucken, doch nur wenige Herzschläge später bildete Jayce wieder das Zentrum seiner Aufmerksamkeit. „Du wirst sie nur verletzten. So, wie du es bis jetzt immer getan hast."
„Ach, ja? Woher willst du das wissen?", knurrte Jayce. Seine Stimme hatte einen tiefen, gefährlichen Ton angenommen.
„Du liebst sie doch überhaupt nicht! Du willst sie nur heiraten, um deine Pflicht zu erfüllen! Deine plötzliche Sorge um sie ist doch nur Schauspiel!" Tobys Stimme war laut geworden. Mehr als laut. Mit hochrotem Kopf, angespannten Schultern und aufgerissenen Augen starrte er Jayce an.
Unwillkürlich zuckte ich unter seinen Worten zusammen und senkte den Blick. Toby hatte meine Ängste genau erfasst. Das war der Grund, warum ich nicht bereit war, mich Jayce Gegenüber zu öffnen.
Es war die Angst, dass seine Gefühle, die er mir vorgaukelte zu haben, nicht der Wahrheit entsprachen. Das er sich selbst zwang, etwas für mich zu empfinden, damit er seinen Vater glücklich und stolz machen konnte. Mir war bewusst, dass es bei der Hochzeit womöglich nicht um Liebe, sondern um Pflicht gehen würde und doch hatte ich die leise Hoffnung gehegt, dass Jayce wirklich etwas für mich entwickelt haben könnte. Etwa wie... Liebe.
Hör auf zu träumen, Gwen. Warum sollte er seine Meinung über dich von einem Tag auf den Anderen ändern? Sei nicht so naiv und erinnere dich einfach daran, wie er dich behandelt hat, als du ihn kennengelernt hast.
Ein dumpfer Schmerz durchflutete meine Brust und ließ mich in Jayces Armen zusammenzacken. Ich konnte seinen Blick auf mir spüren und erkennen, dass sein Gesicht von sorgenvollen Zügen durchzogen war. „Du solltest jetzt wirklich besser gehen", stieß er drohend an Toby gewandt hervor, sein Blick unbeirrt auf mich gerichtet.
„Nein...", brach es schwach aus mir hervor und ich richtete mich, unter Jayce schwerwiegenden Arm auf meinen Schultern, auf. „Du solltest gehen, Jayce."
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