16. Kapitel

Tock, tock, tock. Eine große Schleiereule klopfte gegen mein Fenster und riss mich so aus meinem Schönheitsschlaf. Stöhnend stand ich auf und schlurfte zum Fenster. Super, durfte ich jetzt nicht mal mehr am Wochenende ausschlafen? Stöhnend kämpfte ich mich aus meinem warmen und kuscheligen Bett und öffnete das Fenster. Sofort hüpfte die Eule hüpfte ins Zimmer und streckte ihr Bein aus, an dem ein zusammengefaltetes Pergament hing. Ich erkannte die Eule sofort. Sie hatte mir in den letzten Jahren schon so manchen Brief überbracht. Schnell machte den Brief los, die Eule hüpfte aus dem Fenster und verschwand wieder. Immer noch halb am schlafen öffnete ich den Brief um ihn zu lesen.

Ich erwarte dich in einer halben Stunde in meinem Büro.

Stand dort in schräger, eleganter Schrift. Warum musste ich denn heute schon wieder zu ihm? Was hatte ich ihm den jetzt schon wieder getan, dass ich nicht ausschlafen durfte? Ich war doch gerade gestern erst dort gewesen.

Doch alles meckern und motzen würde nicht helfen, hatte es noch nie. Also begann ich langsam mich fertig zu machen. Ich schaffte es sogar nur fünf Minuten zu spät vor dem goldenen Adler zu stehen der den Zutritt zu Dumbledores Büro versperrte. Ich nannte ihm das Passwort, Zuckerfledermäuse, und der Adler sprang zur Seite und machte den Blick frei auf eine Wendeltreppe, die sich in einer Spirale nach oben bewegte.

Zu faul und vor allem zu müde um mich selber zu bewegen, stellte ich mich einfach auf die unterste Stufe und ließ mich von der Treppe nach oben tragen. Die Stufen endete abrupt vor einer Eichentür mit goldenen Türknauf. Ich klopfte und betrat den Raum.

Ich wartete inzwischen gar nicht mehr darauf hereingebeten zu werden sondern stürmte einfach in den Raum. In den letzten Jahren war ich so oft hier gewesen, dass das schon normal war. Ich hatte so viel Zeit mit diesem Mann verbracht, dass ich für Dumbledore inzwischen schon mehr als eine Schülerin war. Er war inzwischen fast so etwas wie ein Großvater-Ersatz für mich und ich war quasi seine Enkelin. Mit der Zeit gingen die Gespräche über die üblichen Höflichkeitsfloskeln hinaus und zwischendurch kam es zu netten Gesprächen bei denen es ihn wirklich interessierte wie es mir ging.

"Sie wollten mich sprechen Professor?" Dumbledore, der hinter seinem Schreibtisch saß, lächelte gütig und deutete auf den Stuhl ihm gegenüber.

"Setz dich doch erst einmal." Ich setzte mich und wartete stumm darauf, dass er mir sagte was so wichtig war, dass ich zu so einer unchristlichen Zeit (13:30h) aus dem Bett gejagt wurde. Doch Dumbledore machte keine Anstalten es mir zu verraten. Stattdessen nahm er sich eine Tüte mit seinen geliebten Zitronenbonbons aus einer Schreibtischschublade und hielt mir fragend die Tüte hin.

"Möchtest du auch eins?" Ich schüttelte nur den Kopf. Dumbledore seufzte, nahm sich ein Bonbon und packte die Tüte wieder zurück in die Schublade. Dann begann er zu sprechen.

"Wie geht es dir?", fragte er, faltete die Hände und legte sie vor sich auf den Tisch. Diese Frage brachte ich völlig aus dem Konzept. Ich hatte mit allem gerechnet, nur nicht damit.

„Äh...Gut." Worauf wollte er hinaus?

„Nun Lily, du fragst dich bestimmt, warum ich dich, wie ich annehme, aus dem Bett geworfen habe." Ich nickte und wartete auf seine Erklärung. Im Moment war mir einfach nicht nach reden zu mute. "Der Grund sind deine Freunde, die Herren Lupin, Black und Potter. Die drei kamen heute nach dem Frühstück in mein Büro und wollten mit mir reden." Meine Neugier war geweckt, er hatte meine ungeteilte Aufmerksamkeit.

"Wieso denn?"

"Wegen dir", war die schlichte Antwort.

"Wegen mir?", ich war verwirrt. „Was hab ich denn gemacht?", fragte ich erstaunt.

Dumbledore sah mich mit einem undurchdringlichen Blick an eher er antwortete.

"Sie machen sich Sorgen um dich. Sie sagen das du seit kurzem stark distanziert bist, wenig sprichst und kaum isst. Außerdem haben sie herausgefunden das du ein Geheimnis vor ihnen hast und wollten von mir wissen was es ist. Sie dürfen auf keinen Fall herausfinden was los ist." Ich nickte.

"Ich weiß Professor, ich werde nichts sagen."

"Ich möchte", sprach Dumbledore weiter, "dass du dich zusammenreißt und dich wieder normal verhältst. Wenn sie dich noch mal ausfragen, denk dir etwas aus, lüg ihnen das Blaue vom Himmel wenn es sein muss. Es dauert nicht mehr lange dann ist alles vorbei."

"Das ist es ja", fuhr ich ihm aufgebracht dazwischen. "Es dauert nicht mehr lange. Das alles ist einfach zu viel für mich, ich halte das nicht mehr aus. Wenn ich nur mit meinen Freunden darüber reden könnte, wäre es etwas anderes. Es wäre leichter zu ertragen. Ich hätte jemanden bei mir der mir zur Seite steht und mich unterstützt. Aber ich darf nicht. Ich muss sie anlügen und das entfernt mich immer weiter von ihnen. Jeden Tag liest man im Propheten, dass wieder Menschen verschwunden sind oder dass das Dunkle Mal über einem Haus gesichtet wurde. Es macht mich einfach fertig! Außerdem sind mir die Jungs sehr ans Herz gewachsen. Noch ein Grund weshalb ich es hasse ein Geheimnis vor ihnen zu haben."

Dumbledore sah mich fast eine voll Minute lang schweigend an.

"Sind dir die Jungs oder eine Junge besonders ans Herz gewachsen?" Er wartete gar nicht erst auf eine Antwort. "Lily, du weißt was wir besprochen haben. Liebe hat dabei überhaupt nichts zu suchen."

"Ich weiß", murmelte ich. Dabei sah ich angestrengt auf ein Pergament, dass vor mir auf dem Tisch lag.

„Sirius hat mir erzählt, dass du zusammengebrochen bist. Was ist passiert?", fragte Dumbledore schließlich. Ich merkte, dass ihm diese Frage schon die ganze Zeit auf der Zunge gebrannt hatte. Er vermutete wahrscheinlich, dass das der Auslöser für mein verändertes Verhalten war und er hatte vollkommen recht.

„Gar nichts ist passiert", antwortete ich mit belegter Stimme. Ich merkte wie mir Tränen über die Wangen liefen, doch ich konnte sie nicht aufhalten. Ich war nervlich am Ende, ich war ein Wrack meiner selbst.

"Oh Lily, das alles tut mir so leid", sagte er schließlich beugte sich nach vorne und legte mir eine Hand auf den Arm. "Ich würde nicht so viel von dir verlangen, wenn es nicht unbedingt nötig wäre und es einen anderen Weg gäbe. Aber es gab keinen anderen und wir können nichts daran ändern." Ich nickte, schließlich wusste ich das alles schon.

"Ich werde mein bestes geben mich wieder normal zu verhalten. Gibt es sonst noch irgendetwas, was sie mit mir besprechen wollen Professor?", fragte ich.

"Nein, das war alles. Wenn du nichts mehr hast, kannst du wieder gehen." Ich stand auf und ging zur Tür. Als ich sie öffnen wollte rief Dumbledore mich noch einmal zurück.

"Ach und Lily, iss etwas mehr. Es nützt niemandem etwas, wenn du wegen Kreislaufproblemen umkippst." Ich nickte noch einmal ohne ihn dabei anzusehen und verließ den Raum.

Da das Mittagessen noch nicht zu Ende war, ging ich in Richtung der großen Halle. Auf dem Weg traf ich auf die Jungs. Sie liefen nur ein paar Meter vor mir.

"Hey, wartet auf mich!", rief ich ihnen hinterher und versuchte meine alte Fröhlichkeit wieder zu finden. Alle drei drehten sich verwundert um. Als sie mich sahen hellten sich ihre Gesichter auf.

"Lia, wir dachten du schläfst noch", meinte Pad verwundert.

"Tja, ich hatte eigentlich vor erst morgen früh wieder auf zu stehen, doch mein Magen hat mir einen Strich durch die Rechnung gemacht. Also musste ich wohl oder übel aufstehen", antwortete ich und zwang mich zu einem Lachen. Auch die Jungs mussten lachen. Ich hackte mich wie früher immer bei meinem lieben James und meinem aller liebsten und viel zu neugierigen Bruder ein und wir gingen in die Große Halle zum Mittagessen.

Ich versuchte es zu ignorieren, doch alle drei Jungs warfen mir immer wieder komische Blicke zu und als wir im Gemeinschaftsraum ankamen, der so gut wie leer war, platzte mir der Kragen.

"Nun spuckt es schon aus. Was ist los? Ich ertrage diese Blicke nicht mehr."

"Was war in letzter Zeit mit dir los? Ich meine bis gestern warst du die ganze Zeit so komisch und irgendwie anders", fragte Pad vorsichtig.

Mir spukten Dumbledores Worte mir irgendetwas aus zu denken noch im Kopf herum und ich überlegte fieberhaft, was ich ihnen erzählen könnte.

"Nun ja", begann ich langsam und zog es gekünstelt in die Länge um mir mehr Zeit zu verschaffen. "Ihr wisst ja, dass meine Eltern sich scheiden lassen", plapperte ich einfach irgend wie weiter. Ich musste mir dazu irgend wie eine Story ausdenken. Alle drei sahen mich so komisch an. "Und dann kam letzten ein Gerichtsbeschluss, dass ich bei meinem Vater leben sollte. Das würde bedeuten, dass ich nach Russland ziehen müsste und nächstes Schuljahr nach Durmstrang gehen müsste." Alle drei sahen mich entsetzt an.

"Das ist ja schrecklich!", rief Moony entsetzt aus.

"Warum hast du denn nichts gesagt?", fragte James. Nur Pad blieb still und ich hatte den Verdacht, dass er mir nicht glaubte.

"Ich habe nichts erzählt", begann ich, schon wieder fieberhaft am überlegen, was sollte ich bloß antworten? "Nun Mom hat in meinem Namen Einspruch erhoben und deshalb stand der Beschluss noch nicht endgültig fest. Deshalb habe ich nichts erzählt. Am Anfang sah es zwar so aus, als ob ich umziehen müsste, doch ich wollte einfach keinen Wirbel um nichts machen. Ich wollte es euch sagen sobald etwas feststeht. Gerade eben kam ein Brief mit der endgültigen Entscheidung, ich muss nicht umziehen." Die Jungs nickten und ich konnte sehen wie sie über meine Worte nachdachten. Ich atmete erleichtert auf. Anscheinend hatten sie es mit abgekauft.

Den restlichen Abende redeten wir so frei und fröhlich wie schon lange nicht mehr. Da kam James eine geniale Idee.

"Es ist schon traurig. Niemand kennt das Schulgebäude, die Ländereien und die Geheimgänge so gut wie wir und in eineinhalb Jahren gehen wir ab und niemand wird sich auch nur im geringsten darum kümmern. Ich bezweifele, dass irgendwelche Tunichtgute so viel über das Schloss herausfinden werden wie wir. Wie wäre es, wenn wir eine Karte machen. Die Karte des Rumtreibers. Sie zeigt das gesamte Schloss plus Ländereien und Geheimgänge an und alle Personen. So können wird späteren Rumtreibern helfen unentdeckt zu bleiben."

Wir alle fanden die Idee genial und sofort machten wir uns an die Arbeit. Zuerst gingen wir in die Bibliothek und holten uns haufenweise Bücher, in denen geeignete Zauber stehen könnten. Als wir wieder im Gemeinschaftsraum waren, fingen die Jungs an die Bücher zu wälzen und ich begann den Grundriss des Schlosses zu zeichnen. Ich war nämlich die einzige von uns die zeichnen konnte, die Jungs waren allesamt hoffnungslose Fälle. Bis spät in die Nacht arbeiteten wir noch und gingen erst schlafen, als es schon weit nach Mitternacht war.

Sirius' POV

Als ich abends im Bett lag, dachte ich noch mal über Lias Geschichte nach. Sie klang wirklich plausibel. Doch als ich genauer darüber nachdachte viel mir etwas auf. Als ich sie auf dem Astronomieturm gefunden habe hat sie geweint: Warum ich, kann es nicht jemand anderes sein, der es tun muss? Der er TUN muss. Es hörte sich nach etwas an, dass erledigt werden musste und nicht nach einem Umzug. Ich würde schon noch herausfinden, was da los war.

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