Swissair Flug 111

Am Abend des 2. Septembers 1998 startete eine McDonnell Douglas MD-11 der Swissair mit der Flugnummer 111 in New York vom Flughafen John F. Kennedy aus unterwegs nach Genf, An Bord befanden sich 215 Passagiere und 14 Besatzungsmitglieder.

Der Kapitän war Urs Zimmermann, mit 10'800 Flugstunden. Der Erste Offizier war Stephan Löw, mit 4'800 Flugstunden. Die MD-11 war eine weiterentwickelte Version der DC-10. Die Veränderungen beinhalteten unter anderem ein moderneres Cockpit, weshalb der Flugingenieur weggelassen werden konnte, Winglets an den Tragflächen (die Spitzen an den Tragflächen, die nach Oben gerichtet sind. Manchmal nach Oben und Unten.) und Frachttüren, die an Ort und Stelle blieben, wenn sie höher als 10'000 Fuss stiegen. Natürlich gab es weitere Veränderungen, aber auf die muss ich hier nicht eingehen.

Swissair war eine der berühmtesten und sichersten Airlines der Welt, die vor allem mit ihrem Bordunterhaltungssystem punkten konnte. Man konnte in einem Programm zwischen Filmen wählen oder Videospiele spielen.

Das Flugzeug stieg auf die Reiseflughöhe von 33'000 Fuss und man bereitete sich auf den Nachtflug vor. Da bemerkten die beiden Piloten einen Rauchgeruch im Cockpit, den sie auf die Klimaanlage zurückführten. Sie riefen eine Flugbegleiterin ins Cockpit, die den Rauchgeruch bestätigte und sagte, dass sie in der Kabine und Bordküche nichts gerochen hätte.

Kurze Zeit später drang Rauch ins Cockpit ein. Und zwar durch eine kleine Öffnung an der Decke am hinteren Ende des Cockpits. Die Piloten besprachen Ausweichflughäfen und meldeten Pan-pan, eine Prioritätsmeldung, mit der sie eine Situation melden wollten, die nicht kritisch war, aber den Weiterflug stören würde. Sie wollten zuerst nach Boston, wurden dann aber nach Halifax umgeleitet, da dies näher lag.

Der Rauch verschwand wieder, aber die Piloten zogen trotzdem die Sauerstoffmasken an. Sie flogen Halifax an und bekamen die Anflugvektoren auf Landebahn 06, auf die sie bereits praktisch perfekt ausgerichtet waren. Allerdings waren sie doppelt so hoch, als sie für eine Landung sein sollten (20'000 statt 10'000 Fuss) und erbaten deshalb, eine Schleife fliegen zu dürfen. Während dieser Schleife wollten sie noch Treibstoff ablassen und wurden deshalb etwas weiter zur Küste geleitet. Sie waren 40 Kilometer vom Flughafen entfernt.

Kapitan Zimmermann arbeitete währenddessen die Checkliste zu unbekannter Rauchentwicklung ab. Ein Punkt war, den Kabinenstrom abzustellen, was er auch tat. Das Licht und die Klimaanlage in der Passagierkabine fielen deshalb aus.

Nur ungefähr eine Minute später war der Rauch zurück und brachte diesmal Feuer mit sich. In kürzester Zeit fielen der Autopilot, Gierdämpfer und sämtliche Cockpitanzeigen aus. Die Piloten waren blind. Die Piloten setzten einen Notruf ab und sagten, dass sie Treibstoff ablassen würden und danach sofort landen müssten. Danach fiel der Funk aus. Der Fluglotse versuchte sechs Minuten lang, das Flugzeug zu kontaktieren, während es langsam in den Süden, Richtung offenes Meer abdrehte und schlussendlich vom Radar verschwand. Das Flugzeug krachte mit einer Geschwindigkeit von ca. 555 km/h und einer Krafteinwirkung von 350 g ins Meer, 8 Kilometer von der Küste entfernt, bei Peggy's Cove. Seismografen in der Nähe zeichneten die Erschütterung auf. Alle 229 Insassen kamen ums Leben. Das Flugzeug wurde in 2 Millionen Teile gerissen und nur eine einzige Leiche wurde intakt geborgen.

Es war der zweitschlimmste Unfall in Kanada und ist bis heute der schlimmste Unfall in der Schweizer Luftfahrt und aus dem deutschsprachigem Raum.



Für die kanadischen Ermittler der Transportsicherheitsbehörde TSB würde es die längste Ermittlung werden, die sie jemals haben würden. Sie schafften es zwar, beide Flugdatenschreiber zu bergen, aber sie versagten sechs Minuten vor dem Absturz beim kompletten Systemausfall. Sie wussten, dass das Feuer oberhalb des Cockpits ausgebrochen war und versuchten deshalb, diesen Bereich zu rekonstruieren. Sie kamen zum Schluss, dass ein Kurzschluss von einem der Stromkabel in diesem Bereich das Feuer ausgelöst hatte. Im Flugzeug befanden sich 250 Kilometer Kabel, was die Suche nach dem Kurzschluss zu einer wahren Mammutaufgabe machte.

Nach sehr mühseeliger Arbeit wurde die Stelle entdeckt, die am wahrscheinlichsten für den Brand verantwortlich war. Es war ein Kabel für das Unterhaltunssystem, dass Swissair nachträglich in das Flugzeug eingebaut hatte. Sie liessen es daraufhin wieder entfernen.

Die Frage war allerdings, was durch den Kurzschluss zu brennen anfing, da sich dort nichts brennbares befinden sollte. Unter den Trümmern befanden sich auch Überreste des Materials, mit dem die Kabel isoliert wurden. MPET, was unter anderem auch für Rettungsdecken benutzt wurde. MPET war, wie jedes Material, dass für so etwas benutzt wird, auf die Feuerresistenz getestet worden und hatte bestanden. Einige Stellen auf dem Material wiesen allerdings Brandspuren auf, also legten sie ein bisschen davon auf den Boden und versuchten es mit einem Streichholz anzuzünden. Es ging in Sekundenschnelle in Flammen auf. Sie konnten es wortwörtlich mit einem Streichholz anzünden und es hatte irgendwie sämtliche Tests der FAA bestanden, um in Flugzeuge eingebaut zu werden. Wie zur Hölle konnte so etwas passieren? (Anscheinend waren die Tests so kompliziert, dass sie einfach unrealistisch wurden und da hat das MPET nicht reagiert, aber diese Szenarien waren so unrealistisch, dass sie in einem Flugzeug nie eintreten würden. Anscheinend waren diese Idioten unfähig, ein Stück mit einem Streichholz anzuzünden um zu sehen, was dann passiert.)

Nicht nur das, es hatte mehrere Zwischenfälle gegeben, in denen das MPET in Flugzeugen gebrannt hatte und neue Tests der FAA bestätigten die leichte Entflammbarkeit. Wurde etwas unternommen? Nein, natürlich nicht, da bei den Zwischenfällen niemand gestorben war und die Behörden zu faul sind, um etwas zu tun, wenn dies nicht der Fall ist. Das Handbuch der Flugsicherheit wurde mit Blut geschrieben und hier mussten deshalb 229 Menschen sterben, weil die Behörden nicht dazulernen können und nie beschliessen, etwas zu tun, bevor es passieren könnte. MPET befand sich in über 700 Flugzeugen und die FAA gab amerikanischen Airlines 4 Jahre, um es zu entfernen. Zum einen ist das eine lange Zeit, zum anderen waren Airlines ausserhalb nicht dazu verpflichtet und zahlreiche betroffene Airlines in Entwicklungsländern machten deshalb auch nichts deswegen, was die Gefahr also nicht ausmerzte, weshalb die FAA bei ihrem Job versagte und nicht alles tat, was sie tun könnte. (Ja, ich bin deshalb dezent wütend, aber man sollte denken, dass man nach 229 Toten dafür sorgen will, dass es definitiv kein zweites Mal passieren wird.)



Was ein sehr wichtiges Detail war, war die Tatsache, dass die Klimaanlage das Feuer vom Cockpit weg und in den hinteren Teil des Flugzeuges zog, weshalb auch der Rauch abzog. Als Kapitän Zimmermann aber die Checkliste abarbeitete schaltete er, wie vorgeschrieben, den Kabinenstrom aus, weshalb die Klimaanlage ausfiel und das Feuer raste zurück zum Cockpit, weshalb es dort sämtliche Elektronik in sekundenschnelle zerfrass. Da es im Bereich, in dem sich die Kabel befanden, keine Rauchmelder gab, wussten die Piloten nicht, ob es wirklich ein Feuer war und wie schlimm es aussah und Zimmermann konnte nicht wissen, dass dieser Punkt der Checkliste solche Auswirkungen haben würde. Hätte er diesen Punkt nicht erledigt, hätte das Flugzeug es geschafft, aber jeder Pilot hätte diesen Punkt wie vorgeschrieben erledigt, also kann man ihm da nichts vorwerfen.

Nachdem das Feuer das Cockpit erreichte, versuchte Zimmermann allem Anschein nach, das Feuer zu bekämpfen, da die Sitzgurte seines Sitzes geöffnet waren, während die von Löw eingerastet waren. Vermutlich war Zimmermann schon vor dem Aufprall tot oder zumindest bewusstlos. Löw konnte das Flugzeug mit dem kompletten Systemausfall nicht mehr kontrollieren. Es war mitten in der Nacht, die analogen Notfallinstrumente waren nicht beleuchtet und er konnte sie im Rauch wohl kaum erkennen. Ausserdem schuf das Feuer hinter ihm vermutlich eine Spiegelung im Fenster, weshalb er draussen noch weniger erkennen konnte. Ob er mit Absicht nach Süden drehte, da er Niemand am Boden gefährden wollte oder weil er einfach keine Ahnung hatte, was los war, kann man nicht sagen, aber ich gehe eher vom Zweiteren aus, aber ich habe Spekulationen gehört, die vom Ersteren ausgehen, auch wenn es für mich nicht wirklich Sinn ergibt.

Ein heisser Diskussionspunkt ist auch das Treibstoffablassen, da einige Leute immer wieder das Gefühl haben, dass sie es nicht hätten tun sollen und es so hätten schaffen können. War es notwendig? Nein, aber sie waren sich dem Ernst der Lage nicht bewusst und wollten das Fahrwerk des Flugzeugs schonen. Ausserdem waren sie sowieso zu hoch und mussten eine Schleife drehen, um Höhe zu verlieren. Selbst ohne Treibstoffablassen hätten sie kaum zum Flughafen gefunden, nachdem das Feuerinferno losbrach. Darin sind sich die Experten einig. Der einzige Weg, wie sie ohne zusätzliche Schleife hätten landen können, wäre gewesen, wenn sie beim ersten Auftauchen des Geruchs bereits in den Sinkflug gegangen wären und zu diesem Zeitpunkt konnten sie noch nicht wissen, dass sie landen würden und dass sie Halifax anfliegen würden. Keine Flugzeugbesatzung hätte das Flugzeug retten können.



02.09.20

Ein weiterer Absturz der Swissair und sicherlich der bekannteste. Bald wird ein weiteres Kapitel zu einem weiteren Swissair-Absturz kommen.

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