Seeschlacht vor Santiago de Cuba
Erinnert ihr euch an die vier spanischen Panzerkreuzer im Spanisch-Amerikanischen Krieg, die nach Kuba gesendet wurden und 'nichts anderes taten, als in einige amerikanische Linienschiffe hineinzulaufen und sich brennend an die Küste zu werfen.'?
Genau um die geht es hier. Ihr glaubt, dass die Schlacht in der Bucht von Manila bereits völlig unausgeglichen war? Diese Schlacht hier ist genauso schlimm. Die vier Panzerkreuzer wurden zusammen mit zwei Torpedobooten (die Kamchatka hatte beinahe eine Herzinfarkt.) unter dem Kommando von Admiral Pascual Cervera nach Kuba entsandt, obwohl die Amerikaner dazu in der Lage wären, überlegene Einheiten dorthin zu entsenden, da Kuba schliesslich direkt vor ihrer Haustür liegt. Admiral Cervera hatte deswegen heftig gegen die Entscheidung protestiert und schlug unter anderem vor, den Feind entweder bei den Kanarischen Inseln oder dessen Küste anzugreifen, aber schlussendlich wurden seine Bedenken beiseitegefegt. Als er den Einsatzbefehl bekam, sagte er: "Es ist mir unmöglich, Ihnen eine Vorstellung von der Überraschung und Bestürzung zu geben, die alle beim Eingang des Segelbefehls erfahren haben. Diese Überraschung ist in der Tat gerechtfertigt, denn von dieser Expedition ist nichts zu erwarten, außer der totalen Zerstörung der Flotte oder ihrer hastigen und demoralisierten Rückkehr."
Cerveras Geschwader löste bei der US-Bevölkerung Panik aus, da sie Angst hatten, er würde damit Handelsschiffe angreifen, die praktisch ungeschützte Küste beschiessen oder sogar den Potomac River bis nach Washington hochsegeln um die Hauptstadt anzugreifen.
Cervera hatte eigentlich in San Juan in Puerto Rico einlaufen wollen, aber dieser Hafen wurde bereits von amerikanischen Kriegsschiffen blockiert. Von zwei Kreuzern, die kaum eine Bedrohung dargestellt hätten, aber er war sich nicht über die genaue Stärke des Feindes bewusst und segelte deshalb nach Santiago de Cuba. Kurze Zeit später tauchte ein amerikanisches Begrüssungskomitee Namens 'Flying Squadron' auf, bestehend aus zwei Panzerkreuzern, vier Linienschiffen, einem Hilfskreuzer und einem Kanonenboot auf, dass die Spanier im Hafen einschloss.
Die spanischen Panzerkreuzer waren eigentlich ziemlich schlagkräftige Schiffe. Die Infanta Maria Teresa, die Vizcaya und die Almirante Oquendo waren mit jeweils zwei 28 cm Geschützen bewaffnet. Die Crystóbal Colón, der vierte Panzerkreuzer, hätte eigentlich zwei 25.4 cm Geschütze erhalten sollen, aber diese waren nicht rechtzeitig eingetroffen und so wurde sie ohne Hauptbewaffnung entsendet. Daneben besassen die Panzerkreuzer eine Sekundärbewaffnung von 15.2 cm oder 14 cm Kanonen.
(Infanta Maria Teresa)
Allerdings standen sechs 28 cm Geschützen und 46 mittleren Geschützen, mit Durchmesser 12 cm - 15.2 cm insgesamt 14 Geschütze Kaliber 33 cm oder 30.5 cm, 38 Geschütze Kaliber 20.3 cm und schlussendlich 44 Kanonen Kaliber 10.2 cm - 15.2 cm gegenüber.
Die vier spanischen Panzerkreuzer verdrängten zusammen gerade 28'000 Tonnen, während die sechs grössten amerikanischen Schiffe zusammen 56'000 Tonnen schwer waren.
Das Kräfteverhältniss war also sehr unausgeglichen. Dazu kam noch mangelndes Training bei den Spaniern, bewachsene Schiffsrümpfe, was sie langsamer machte, schlechte Kohle, was sie noch weiter verlangsamte, defekte Verschlüsse bei den Kanonen, Kessel, die im sehr schlechten Zustand waren und die Tatsache, dass der Grossteil ihrer Granaten Blindgänger waren und nicht explodieren würden. Im Hafen selbst war die spanische Einheit allerdings gut geschützt, da die Stadt über gute Verteidigungsmöglichkeiten verfügte, unter anderem Kanonen, Torpedos und Seeminen.
Die grösseren amerikanischen Schiffe waren die beiden Panzerkreuzer Brooklyn und New York, sowie die vier Linienschiffe Texas, Oregon, Massachusetts und Iowa unter dem Kommando von Konteradmiral Sampson. Am Tag der Schlacht war die Massachusetts allerdings abwesend, dafür war das Linienschiff Indiana an seiner Stelle an der Blockade beteiligt.
(USS Brooklyn)
(USS New York)
Das Linienschiff Oregon hatte nach Beginn des Krieges eine enorme Reise aus dem Pazifik auf sich genommen, um nach Kuba zu gelangen, wozu sie unter anderem Südamerika umrunden musste, da der Panamakanal noch nicht existierte. Dabei geriet sie einmal in einen gewaltigen Sturm, den sie verankert aussitzen musste und ein anderes Mal wurde, wie es bei langen Reisen von Kriegsschiffen anscheinend Standartprozedur ist, Alarm wegen imaginären Torpedobooten gegeben.
(USS Oregon)
Das 1. Geschwader, wie Cerveras Einheit hiess, blieb für 37 Tage in Santiago de Cuba und lieferte sich ab und zu Schiessduelle mit dem Flying Squadron, ohne das entscheidende Treffer erzielt wurden.
Als amerikanische Truppen nahe Santiago de Cuba an Land gingen, befürchtete Cervera, dass seine Schiffe in einen Zangenangriff geraten könnten und beschloss deshalb, aus der Blockade auszubrechen. Er zog zwar sehr stark in Erwägung, in der Nacht auszubrechen, wollte dann allerdings nicht riskieren, dass in der Dunkelheit ein Unglück geschieht und beschloss deshalb, am frühen Morgen einen Fluchtversuch zu wagen.
Am 3. Juli 1898 lief die spanische Einheit deshalb gegen 09:10 Uhr morgens aus dem Hafen aus und versuchte, sich gegen Westen abzusetzen, als sie erkannte, dass eine Lücke durch das ablaufen des Kreuzers New York entstanden war. Die Landbatterien gaben Cervera während seinem Ausbruchsversuch Rückendeckung. Da Konteradmiral Sampson auf der New York etwas weiter vom Ausbruchspunkt entfernt war, übernahm Kommodore Schley auf der Brooklyn vorläufig das Kommando und drehte scharf auf den Gegner ein, was beinahe eine Kollision mit der Texas verursachte, woraufhin diese anhalten musste.
Die nächsten amerikanischen Schiffe waren momentan nicht auf eine Verfolgungsjagd vorbereitet. Die Brooklyn konnte nicht alle Maschinen erfolgreich verkuppeln und verlor so praktisch die halbe Maschinenkraft, konnte allerdings trotzdem mithalten, die Indiana hatte Maschinenprobleme und die Iowa wurde beim vorbeifahren von der Infanta Maria Teresa unterhalb der Wasserlinie getroffen, weshalb auch sie langsamer war als gewöhnlich und die Texas musste wieder beschleunigen, was dauern würde. Nur das Linienschiff Oregon war schnell genug und folgte direkt hinter der Brooklyn, als diese den Spaniern hinterherfuhr.
(Die Schlacht von der Iowa aus gesehen)
Cervera beschloss, sich selbst zur Zielscheibe zu machen, damit die restlichen Schiffe einfacher entkommen könnten und beschoss die Brooklyn, die sich nun auf Cerveras Flaggschiff Almirante Maria Teresa konzentrierte. Die Brooklyn wurde insgesamt mehr als 20 Mal getroffen, wurde vom Beschuss allerdings kaum gestört und verwandelte ihren Gegner dafür in ein brennendes Schlachthaus. Ein Grossteil der Brückenbesatzung wurde getötet und das Schiff begann, von Bug bis Heck, lichterloh zu brennen. Die Spanier hatten keine Zeit gehabt, vor dem Krieg die umfangreichen Holzverzierungen auf ihren Schiffen zu entfernen und diese begannen bei selbst einfachen Treffern zu brennen, weshalb das Deck bald nicht mehr begehbar wurde. Cervera befahl gegen 10:35 Uhr, das Schiff auf Grund zu setzen.
Der Almirante Oquendo ging es kaum besser. Sie wurde ebenfalls schnell in Brand geschossen und einer ihrer Hauptgeschütztürme explodierte, als eine darin befindliche Granate frühzeitig hochging, was alle im Geschützturm tötete. Als ein Kessel explodierte, befahl der tödlich verwundete Kapitän, das Schiff auf Grund setzen zu lassen. Der Kreuzer hatte es nur eine Meile weiter geschafft, als das Flaggschiff.
Die beiden Torpedoboote hatten sich von den Panzerkreuzern getrennt und versuchten, sich auf einer anderen Route durchzuschlagen. Sie wurden von der Iowa, Indiana und der New York verfolgt, die umgedreht war, sobald Sampson vom Gefecht erfuhr. Das Torpedoboot Furor brach nach einigen schweren Treffern auseinander, während die Plutón sich ebenfalls brennend auf Grund setzen konnte.
Nun waren nur noch die Panzerkreuzer Vizcaya und die Crystóbal Colón übrig. Die Brooklyn holte die Vizcaya und lief ungefähr einen Kilometer neben ihr her, während sie Breitseiten austauschten. Die Vizcaya schaffte es zwar, ein Geschütz der Brooklyn auszuschalten, war aber sonst nicht vom Erfolg gekrönt und wurde ebenfalls schwer in Brand gesetzt. Als die Brooklyn beim Bugbereich einen Torpedo der Vizcaya traf, der gerade vorbereitet wurde, wurde das Schiff katastrophal beschädigt. Das Schiff holte die Flagge runter und stürmte auf den Strand zu, während bereitgelegte Munition auf dem Deck weiterhin explodierte. Das Schiff gelangte gegen 11:15 Uhr ebenfalls erfolgreich an die Küste, 18 Meilen von Santiago de Cuba entfernt.
(Das Wrack der Vizcaya)
Schley befahl den meisten Schiffen, die Verfolgung abzubrechen und sich entweder wieder in Blockadeposition zu begeben oder den Überlebenden der brennenden Panzerkreuzern zu helfen.
Die Crystóbal Colón hatte sich während Brooklyns Gefecht mit der Vizcaya einen Vorsprung verschaffen können. Sie war das modernste spanische Schiff und wohl auch das schnellste Schiff beider Flotten, vorausgesetzt, ihr Rumpf wäre in einem gepflegten Zustand, was nicht der Fall war. Sie war schneller als die anderen spanischen Schiffe gewesen, weil sie einen kleinen Vorrat an guter Kohle hatte, welcher ihr bei der bisherigen Flucht gut geholfen hatte. Die Brooklyn feuerte ihr noch hinterher, aber sie war zu weit entfernt, um Treffer erzielen zu können. Nur zwei amerikanische Schiffe konnten sie noch einholen. Die New York, die zu weit entfernt war und die Oregon, die ihr hinterherjagte.
Der flüchtende Panzerkreuzer hielt sich dicht an der Küste, die Oregon folgte ihre eine Meile weiter aussen, etwas zurückliegend. Würde die Crystóbal Colón versuchen, ins offene Meer auszubrechen, würde die Oregon den Abstand verringern können und sie so einholen.
Leider war der Vorrat an guter Kohle nur sehr klein und als er zu Neige ging, verlangsamte sich der Panzerkreuzer. Ausserdem befand sich vor ihr eine Halbinsel, die aus der Küste herausragte, weshalb die Crystóbal Colón ins offene Meer abdrehen musste, falls sie nicht auf Grund laufen wollte. Dies führte sie näher an die Oregon, die das Feuer auf sie eröffnete und mit ihren Hauptgeschützen beinahe einen Treffer erzielte, was den Kommandanten des Panzerkreuzers zur Entscheidung verleiten liess, das Schiff ebenfalls auf Grund zu setzen, damit seine Besatzung nicht für nichts draufgehen würde. Das Schiff hatte während der Schlacht bereits mehrere Treffer erzielt und brannte ebenfalls. Er liess deshalb die Flagge runterholen und die Flutventile öffnen. Der Kapitän der Brooklyn ging selbst an Bord, um die Kapitulation anzunehmen. Das Schiff sank und konnte nicht mehr von den Amerikanern gerettet werden. Sie war 50 Meilen weit gekommen, bevor sie eingeholt wurde.
Das Linienschiff Iowa zog während den Rettungsarbeiten den Kapitän der Vizcaya an Bord, der sich bei den Rettern bedankte und zur Kapitulation sein Schwert dem Kapitän der Iowa anbot, der es ihm als Akt des Respekts wieder zurückgab. (Zur Zeit von Segelschiffen war dies häufig so gemacht worden.)
Die Spanier hatten alle sechs Schiffe verloren. Eines war gesunken, die anderen auf Grund gesetzt worden. Insgesamt hatten sie 342 Tote und 150 Verwundete zu beklagen. Über 1'600 Matrosen gingen in Gefangenschaft. Ratet Mal, welche Verluste die Amerikaner hatten. Richtig, einen Toten. Schon wieder. Aber diesmal war es wegen Kampfeinwirkungen und nicht wegen einer Herzinfarkt. Ausserdem gab es 10 Verwundete und die Brooklyn, die Iowa und die Teaxas waren leicht beschädigt worden, unter anderem durch Splitterschäden.
(Splitterschäden an Bord der Iowa)
Die Trefferquote war grauenhaft. Mit den schweren Geschützen hatten die Spanier keine Treffer erzielt, die Amerikaner nur zwei. Von allen verschossenen Granaten der Amerikaner trafen nur 1-3 Prozent ihr Ziel, bei den Spaniern war es wohl noch schlechter. Dort waren ausserdem mindestens 50 Prozent der Granaten Blindgänger.
Es gibt anscheinend bis heute eine Kontroverse, bezüglich Schley und Sampson, da Sampson zwar den Oberbefehl hatte und die Blockade so strukturiert hatte, wie sie sich zum Zeitpunkt der Schlacht befand, aber Schley hatte die Schlacht grösstenteils kommandiert.
Sampson hat Schleys Signale nach der Schlacht anscheinend nicht mit Glückwünschen erwidert, wie es eigentlich die Regel ist und bei den Zeitungsberichten Schley nicht einmal erwähnt. Ausserdem wurde dessen beinahe-Kollision mit der Texas ziemlich heftig kritisiert. Dann wurde Sampson auch zuerst befördert, obwohl sich Schley über ihm auf der Beförderungsliste befunden hatte.
Ich mag diese Schlacht sehr, da es von gemässigtem Massstab (nicht zu gross, nicht zu klein und gut übersichtlich) und eine Verfolgungsjagd ist, was immer spannend ist. Von den beiden grösseren Seegefechten im Spanisch-Amerikanischen Krieg bevorzuge ich diese hier, da mehr überliefert ist und die Spanier mehr getan haben, als nur herumzusitzen.
03.07.20
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