Britannic

Gebaut, um die Schwestern zu übertreffen, grösser, luxuriöser und sicherer zu sein und der Stolz der White Star Line zu werden.

Die Britannic war das Schwesterschiff der Titanic und Olympic und hätte das dritte Schiff der Klasse werden sollen. Es wurde etwas verzögert gebaut, damit die Erfahrungen ihrer Schwestern in ihren Bau einbezogen werden konnten.

Nachdem die Titanic sich mit dem Bug voran 3'700 Meter in die Tiefe gestürzt hatte und zwei Drittel der Insassen mitnahm, wurde die Britannic verbessert, um noch sicherer zu sein. Fünf wichtige Schottwände wurden erhöht, Maschinen- und Kesselräume erhielten eine doppelte Aussenhaut und 48 Rettungsboote für 3'600 Personen wurden hinzugefügt, um für alle Personen an Bord einen Platz zu haben. Ausserdem wurden gewaltige Kräne hinzugefügt, mit denen mehrere Rettungsboote gleichzeitig zu Wasser lassen konnte. Acht waren vorgesehen, aber schlussendlich wurden nur fünf installiert. Im Maschinenraum wurde ausserdem ein weiteres Schott hinzugefügt.

Während die Titanic mit vier gefluteten Abteilungen schwimmfähig war, konnte die Britannic sechs geflutete Abteilungen überleben.

Das Schiff war noch nicht fertiggestellt, als der Erste Weltkrieg ausbrach und die Schiffshandwerker wurden alle abgezogen, um beim Bau von weiteren Kriegsschiffen zu helfen. Nachdem die Lusitania 1915 untergegangen war und sich bei der Gallipoli-Kampagne abzeichnete, dass mehr Lazarettschiffe gebraucht wurden, wurde das Schiff von der Admiralität übernommen, fertiggestellt und als HMHS (His Majesty's Hospital Ship) Britannic in Dienst gestellt. Sie erhielt einen weissen Anstrich, mit einem grünen horinzontalen Streifen und roten Kreuzen an der Seite, um ihren Status als Lazarettschiff zu verdeutlichen.

Am 21. November befand sie sich im Mittelmeer und war von Southhampton unterwegs nach Lemnos. Sie hatte bereits fünf erfolgreiche Fahrten im Mittelmeer hinter sich. 1'066 Personen befanden sich an Bord, das Kommando hatte Kapitän Charles Alfred Bartlett, der von seiner Besatzung gerne als Iceberg Charlie bezeichnet wurde, da er anscheinend die Gabe besass, Eisberge aus meilenweiter Entfernung wahrzunehmen. Vielleicht hätte die White Star Line ihn anstelle von Kapitän Smith auf der Titanic haben sollen.

Um 08:12 Uhr wurde das Schiff von einer enormen Explosion erschüttert. Das Schiff war auf eine Mine gelaufen und diese hatte auf der Steuerbordseite ein gewaltiges Loch in den Bugbereich gerissen. Abteilungen 2 und 3 waren betroffen und Wasser drang ebenfalls in Abteilung 1 und den Bugbereich ein (sind anscheinend zwei unterschiedliche Bereiche). Zum Zeitpunkt der Explosion hatte gerade ein Schichtwechsel stattgefunden und die Schotten waren, um dies einfacher zu machen, dafür geöffnet worden, was gegen die Kriegsregeln verstiess. Nun hatte die Erschütterung der Explosion die Türen anscheinend leicht verbogen und sie konnten nicht vollständig verschlossen werden.

Leider konnte der vorderste Kesselraum, Kesselraum 6, nicht vollständig dichtgemacht werden, da ein Zugang für die Besatzung beschädigt wurde und Wasser drang dort ebenfalls ein. Bartlett befahl, dass die Schotten geschlossen werden sollten, aber das Schott zwischen Kesselraum 6 und 5 konnte nicht geschlossen werden und das Schiff war somit am Limit angelangt. Sechs Abteilungen füllten sich mit Wasser.

Die Insel Kea befand sich in der Nähe und Bartlett befahl, dass die Britannic auf Grund gesetzt werden sollte. Die Rettungsboote sollten ausserdem vorbereitet werden und Notrufe wurden abgesetzt.

Hier befand sich allerdings der Knackpunkt. Die Britannic konnte mit sechs gefluteten Abteilungen schwimmen. Aber nur, wenn sie stillstand. Bartlett liess das Schiff mit Volldampf auf eine Insel zufahren, was den Bug schneller flutete und nach unten drückte. Das war aber nicht der einzige Faktor. Die Britannic hatte nämlich auch, im Gegensatz zur Titanic, schnell eine starke Schlagseite entwickelt. Die Krankenschwestern hatten zahlreiche Bullaugen zur Lüftung geöffnet. Dies verstiess ebenfalls gegen die Kriegsvorschriften, aber sie hatten es getan und das Schiff musste dafür bezahlen. Aufgrund der Schlagseite gelangten nun einige der Bullaugen unter Wasser und sorgten für weiteren Wassereinbruch, der sich hinter Kesselraum 5 befand. Das Schiff war verloren.

Weil die Schlagseite schnell zugenommen hatte, hatten die Matrosen beschlossen, die Rettungsboote ins Wasser zu lassen, bevor sie den Befehl dazu erhalten hatten. Sie wollten nicht, dass es plötzlich zu spät dafür wäre. Zwei wurden zu Wasser gelassen und, von der Strömung des gewaltigen Schiffes erfasst, mitgerissen. Das war praktisch dasselbe, dass ein Jahr zuvor bei der Lusitania passiert war. Diese Rettungsboote knallten allerdings nicht gegen die Schiffwand oder Trümmerteile, die sie zum Kentern brachten. Sie erwartete ein viel furchterregenderes Schicksal. Während der Bug versank, wurde das Heck gehoben und die Schiffschrauben, die sich mit Höchstleistung drehten, tauchten aus dem Wasser empor. Und die beiden Rettungsboote bewegten sich genau darauf zu.

In der Strömung des Schiffes gefangen und wegen mangelnder Zeit, gerieten beide Rettungsboote mitsamt Insassen in die Schiffsschrauben und wurden in Stücke gerissen. Bartlett, der erkannte, dass er Kea nicht erreichen würde, liess die Maschinen stoppen und die Evakuierung beginnen.

Um 08:45 Uhr liess Bartlett die Evakuierung wieder stoppen, weil die Britannic aufgrund der Bewegungslosigkeit viel langsamer sank, als vorher. Er versuchte noch einmal, die Britannic an Land zu setzen, aber um 09:00 Uhr wurde er informiert, dass die Vorwärtsbewegung das Sinken wieder beschleunigt hatte und er erkannte, dass er Land nicht rechtzeitig erreichen würde. Er setzte somit die Evakuierung fort, während er und ein anderer Offizier auf der Brücke blieben. Als die Brücke langsam geflutet wurde, liefen sie einfach ins Wasser und schwammen zum nächsten Rettungsboot. Die Britannic kippte auf die Steuerbordseite, während die Schornsteine abbrachen und versank, während ihr Heck aus dem Wasser gehoben wurde. Aufgrund der geringen Wassertiefe krachte der Bug dabei bereits in den Meeresboden. Um 09:07 Uhr war sie verschwunden. Es hatte nur 55 Minuten gedauert.

Die Britannic ist das grösste Schiff, dass im Ersten Weltkrieg unterging und das grösste Passagierschiff, dass jemals gesunken ist. 30 Menschen waren tot und 40 verwundet, wobei sich die meisten davon in den beiden Rettungsbooten befunden hatten, die in die Schiffsschrauben gerieten.

Es ist nicht genau gesichter, ob ein U-Boot oder eine Mine den Untergang auslöste, aber eine Mine scheint wahrscheinlicher, da U-Boote erstens ein Lazarettschiff vermutlich nicht angreifen würden, zweitens, ein U-Boot einige Wochen zuvor in dem Gebiet Minen gelegt hatte und weil drittens, eine Expedition zum Wrack eine Ankerkette gefunden hatte, an der eine Mine hätte befestigt sein können.

Obwohl die Britannic beinahe dreimal schneller sank, als die Titanic, war die Evakuierung mit knapp der Hälfte deren Insassen (1'066 zu 2'224) ohne Probleme verlaufen. Glücklicherweise ereignete sich die Explosion auf dem Hinweg zum Kriegsgebiet und nicht auf dem Weg zurück, sonst hätte der Untergang der Titanic im Vergleich dazu bedeutungslos erscheinen können. Einige tausend Verwundete innerhalb einer Stunde zu evakuieren wäre ziemlich unmöglich gewesen.

Es wirkt vielleicht seltsam, dass die Britannic viel schneller versank, als die Titanic, obwohl sie sicherer gemacht worden war, aber es wirkt gar nicht so abwegig. Auf der Titanic wurden die vordersten fünf Abteilungen geflutet. Die sechste ebenfalls, aber nicht so sehr, wie die vorderen. Die Risse, die der Eisberg verursacht hatte, zogen sich zwar über diese Strecke, waren aber nicht durchgehend und nicht sehr gross. Die Explosion der Mine hatte ein viel grösseres Leck verursacht, dass gleich sechs Abteilungen komplett fluten konnte. Das hätte das Schiff zwar noch überleben können, aber die zahlreichen geöffneten Bullaugen besigelten das Schicksal des Schiffes und beschleunigten den Untergang immens, genauso Bartletts Versuch, das Schiff auf Grund zu setzen. Auf der Titanic waren zahlreiche Kabinen besetzt und die meisten Insassen hatten die Bullaugen vermutlich geschlossen gehabt, weshalb dies bei dessen Untergang nicht eine so grosse Rolle spielte. Die Britannic hatte schlicht und einfach einen grösseren Wassereinbruch als ihr Schwesterschiff und konnte es nicht bewältigen.

Ein interessanter Fun-Fact zum Untergang ist die Tatsache, dass sich die Krankenschwester Violet Jessop an Bord befand. Sie war auf der Olympic gewesen, als diese vom Kreuzer Hawke gerammt worden war und auf der Titanic, als diese sank. Nun war sie auf dem dritten Schiff der Klasse gewesen und in der dritten Katastrophe. Sie hatte sich in einem der beiden Rettungsboote befunden, die in die Schiffsschrauben gezogen wurden, war aber noch rechtzeitig herausgesprungen und überlebte, auch wenn sie mit dem Kopf gegen das Schiff knallte.



21.11.20

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