Angriff auf Tarent

Im Herbst von 1940 befand sich Grossbritannien ziemlich am Arsch. Frankreich war erobert worden und dessen Flotte hatte sich geweigert, sich den Briten anzuschliessen und dann trat Italien in den Krieg ein, um Deutschland zu unterstützen. Die Briten hatten gehofft, dass die Franzosen sich mit ihrer Flotte um diejenige der Italiener kümmern würden, falls diese sich dem Krieg anschliessen, da die Franzosen und Italiener ihre Flotten eigentlich mehr oder weniger darauf spezialisiert hatten, dem jeweils anderen gegenüberzutreten.

Zwar stand nun mit der Royal Navy eine völlig überlegene Streitkraft der Regia Marina gegenüber, aber diese war immer noch eine beeindruckende Streitmacht. Als sie in den Krieg traten hatten sie vier ältere Schlachtschiffe aus dem Ersten Weltkrieg, die sie stark modifiziert hatten. (Darunter mein Lieblingsschiff in World of Warships, Giulio Cesare. Es ist mein Glücksschiff.) Diese waren den Schlachtschiffen, die die Briten im Mittelmeer hatten, hauptsächlich die Queen Elizabeth-Klasse, um einiges unterlegen. Dafür stellten sie in diesem Jahr zwei Schlachtschiffe der Littorio-Klasse in Dienst, Littorio und Vittorio Veneto, die auf Papier den britischen Schiffen eigentlich überlegen sein sollten und auch eine grosse Bedrohung darstellen konnten, aber zusätzlich auch noch eine Menge Mängel aufwiesen, auf die ich im Moment nicht näher eingehen werde.

(Giulio Cesare)

(Littorio-Klasse)

Aber trotzdem waren es insgesamt sechs Schlachtschiffe und der Rest der Flotte war ebenfalls sehr beeindruckend. Die Briten mussten währenddessen beinahe die gesamte Welt mit ihrer Flotte abdecken. Ihre Schlachtschiffe brauchten sie als Konvoieskorte, um diese vor den deutschen Schlachtschiffen Scharnhorst und Gneisenau zu beschützen und in Grossbritannien, um eine mögliche Landung der Deutschen abzuwehren.

Die Tatsache, dass sich Italien praktisch in der Mitte des Mittelmeeres befindet, half keineswegs. So war die italienische Flotte zentral sehr günstig positioniert und konnte in beide Richtungen operieren, während die Briten ihre Stützpunkte an beiden Enden bei Gibraltar und Alexandria hatten und bei beiden starke Verbände mit Schlachtschiffen positionieren mussten, damit diese nicht einzeln von der italienischen Flotte angegriffen werden konnten. Dies belastete die Royal Navy schwer und sie versuchten, die Italiener zu einer Entscheidungsschlacht zu locken. Am 9. Juli kam es zur Seeschlacht bei Punta Stilo, bei der die italienische Flotte mit zwei und die britische mit drei Schlachtschiffen aufeinandertrafen. Die Schlacht dauerte nicht lange, da beide Seiten das Gefecht beinahe gleichzeitig abbrachen, nachdem HMS Warspite auf rekordweite Entfernung einen Treffer auf Giulio Cesare erzielt hatte und nachdem sich die italienischen Schiffe sehr gut auf Warspite eingeschossen hatten und die Briten eines ihrer besten Schlachtschiffe nicht einfach riskieren wollten.

(HMS Warspite)

Danach wollten die Italiener nicht wieder zu einer Schlacht auslaufen, was die Briten zwang, ihre Schlachtschiffe in der Nähe zu behalten. Diese wollten dies aber nicht ständig tun, also mussten sie einen Weg finden, einige ihrer Schlachtschiffe wieder wegschicken zu können, ohne dass die anderen dadurch gefährdet werden würden. Und dies würde eigentlich nur möglich sein, wenn man einen Teil der italienischen Schlachtschiffe ausschalten würde. Diese befanden sich bei ihrem Hauptstützpunkt im Hafen von Tarent, was bedeutete, dass sich die britische Flotte Luftangriffen aussetzen müsste, um in die Nähe zu kommen.

Die einzige Option war also ein Luftangriff. So planten die Briten, unter Konteradmiral Lumley Lyster, dass sie die italienischen Schlachtschiffe während der Nacht mit Fairey Swordfish Torpedobombern angreifen würden. Nachtangriffe wären für Flugzeugträger etwas völlig neues und die Piloten gingen ein grosses Risiko ein, da es für Nachtlandungen auf Träger keine erprobten Verfahren gab. Ausserdem stellte die Hafentiefe ein Problem dar, die nur 15 Meter betrug, da Torpedos, die man von Flugzeugen abwarf, zuerst tiefer sanken und erst danach mit ihrer Tiefensteuerung wieder nach oben gebracht wurden. Deshalb bekamen die Torpedos hölzerne Stabilisierungsflossen und die Piloten wurden angewiesen, tief und langsam zu fliegen, was sie verwundbar machen würde. Bomben wurden zwar auch in Betracht gezogen, aber die Bombenlast, die Swordfishs tragen könnten, wäre nicht genug, um gegen die gepanzerten Schlachtschiffe anzukommen, weshalb nur einige wenigere Flugzeuge diese erhalten würden, um andere Ziele anzugreifen.

(Swordfish)

Um die Ziele sehen zu können, würden einige der Swordfish Leuchtbomben abwerfen, was zwar auch die Flugzeuge sichtbar machen würde, aber dieses Risiko wurde eingegangen. Da in der Nacht nicht mit italienischen Flugzeugen zu rechnen war, wurde der Bordschütze entfernt und an seiner Stelle ein weiterer Treibstofftank eingebaut, um die Reichtweite zu vergrössern.

Der britische Admiral der Mittelmeerflotte, Andrew Cunningham, verlangte für die Operation einen weiteren Flugzeugträger, da er bisher nur die Eagle zur Verfügung hatte, die ein älterer Flugzeugträger war und nicht viele Flugzeuge transportieren konnte. Er erhielt daraufhin die HMS Illustrious, die gerade in Dienst gestellt worden war. Der Angriff sollte ursprünglich am 21. Oktober stattfinden, da dies der Jahrestag der Schlacht von Trafalgar war, aber auf der Illustrious wurde ein Feuer ausgelöst und sie musste repariert werden. Da wurden auf der Eagle Schäden festgestellt, die durch Nahtreffer bei Punta Stilo verursacht worden waren und sie fiel ebenfalls wegen Reperaturen aus. Die Operation wurde auf den 11. November verschoben und die Illustrious würde ihn allein durchführen, aber einige Flugzeuge der Eagle wurden auf die Illustrious verlegt, damit diese mehr Flugzeuge zum Angriff hatte.

(HMS Eagle)

(HMS Illustrious)

Anfang November starteten die Briten Operation M.B.8, bei der gleich fünf Konvois gleichzeitig das Mittelmeer, aus verschiedenen Häfen, mit verschiedenen Zielen, überquerten. Als Eskorte wurde die gesamte Mittelmeerflotte eingesetzt. Insgesamt waren es 5 Schlachtschiffe, zwei Flugzeugträger, (Die Ark Royal operierte mit Force H von Gibraltar aus) acht Kreuzern und 34 Zerstörer. Durch diese massiven Schiffsbewegungen wurden die Italiener sehr verwirrt und ihre Flotte blieb im Hafen, was durch ein Aufklärungsflugzeug bestätigt wurde, dass in der Nacht vom 10. auf den 11. November darüberflog.

Die Illustrious hatte 24 Swordfish, von denen drei wegen Maschinenschaden verlorengingen, da ein Teil des Treibstoffs mit Wasser und Sand verunreinigt war. Am 11. November trennte sie sich mit einer Eskorte von vier Kreuzern und vier Zerstörern von der restlichen Flotte und begab sich in ihre Angriffsposition, 270km von Tarent entfernt.

Die Flugzeuge würden in zwei Wellen starten, wobei die erste Welle aus 12 und die zweite Welle aus 9 Flugzeugen bestehen würde. Beide Gruppen würden jeweils zwei Flugzeuge haben, die Leuchtbomben abwerfen würden. Die erste Welle würde aus dem Westen angreifen, während der zweite Angriff über den Norden und ungefähr eine Stunde später erfolgen würde.

Um 21:00 Uhr startete die Erste Welle, sechs Flugzeuge bewaffnet mit Torpedos, zwei mit Leuchtbomben und Bomben und die vier letzten nur mit Bomben. Fast zwei Stunden später hatten sie Tarent erreicht und die erste Swordfish liess um 22:58 Uhr ihre Leuchtbomben fallen, die den Hafen beleuchteten. Die italienische Luftabwehr eröffnete sehr schnell das Feuer, aber sie zielten vor allem auf die Leuchtbomben und nicht auf die anderen Swordfish, die sich praktisch auf Wellenhöhe näherten, da sie so riskiert hätten, die eigenen Schiffe zu treffen. Durch glücklicher Fügung waren die Torpedonetze an diesem Tag entfernt worden, damit die Flotte auslaufen konnte und nachdem die Flotte doch nicht auslief, wurden die Netze vergessen und nicht wieder ausgelegt.

Als erstes griffen zwei Swordfish die Conte di Cavour von beiden Seiten an und trafen das Schiff mit einem Torpedo Mittschiffs. Das Flugzeug, dass den Treffer erzielt hatte, wurde dabei von den Flugabwehrgeschützen des Schlachtschiffes getroffen und stürzte ins Wasser. Die beiden Besatzungsmitglieder überlebten und wurden gefangengenommen.

Als nächstes griffen zwei Swordfish die Littorio an und beide erzielten Treffer. Eines der beiden Flugzeuge war so nahe an das Schlachtschiff herangekommen, dass es kaum über die Masten kam, als der Pilot die Nase wieder hochzog.

Die anderen beiden Swordfishs mit Torpedo erzielten keine Treffer, wobei sie auf die Andrea Doria und die Vittorio Veneto gezielt hatten. Die Swordfishs mit Bomben hatten weniger Glück. Mehrere Bomben wurden auf italienische Schiffe abgeworfen, aber die Bomben explodierten nicht. Ein Bomber fand keine Ziele und griff stattdessen einen kleinen Stützpunkt für Wasserflugzeuge an. Der zweite Swordfish, der Leuchtbomben dabeihatte, hatte diese nicht eingesetzt, da es bereits genug hell gewesen war und griff mit seinen Bomben einige Öltanks an, bevor er seine Leuchtbomben beim Rückzug abwarf, um für Verwirrung zu sorgen.

Die zweite Welle war später gestartet, wobei zwei der Flugzeuge auf dem Flugdeck miteinander zusammengestossen waren und die Tragfläche eines der beiden Flugzeuge beschädigt worden war. Die Schäden wurden rasch repariert, auch wenn das Flugzeug nun Verspätung hatte und alleine würde angreifen müssen. Bei einem anderen Flugzeug fiel ein Treibstofftank ab und es musste umdrehen. Fünf der Flugzeuge hatten Torpedos gehabt und vier Bomben, mit zwei Bombern zusätzlich mit Leuchtbomben bestückt. Welche Bewaffnung die Swordfish hatte, die umdrehen musste, weiss ich nicht genau, aber wegen einigen bestimmten Umständen gehe ich von einer Bombenbewaffnung aus.

Der zweite Angriff begann um 23:50 Uhr, als die Leuchtbomben von den beiden Swordfish, die sie trugen, abgeworfen wurden, bevor diese sich ebenfalls daran machten, die Öltanks anzugreifen.

Drei Swordfish griffen erneut die Littorio an, wobei eine von ihnen abgeschossen wurde. Die beiden Besatzungsmitglieder kamen ums Leben. Die anderen beiden feuerten Torpedos und erzielten einen weiteren Treffer auf dem bereits beschädigten Schlachtschiff. Ein anderer Swordfish griff die Caio Duilio an und traf das Schlachtschiff mit einem Torpedo. Die letzte Swordfish wurde bei ihrem Angriff auf die Vittorio Veneto durch Flugabwehrfeuer beschädigt und konnte den Kurs kaum halten, weshalb dessen Torpedo sein Ziel verfehlte.

Nachdem dieser Angriff beendet worden war und alle Flugzeuge bereits verschwunden waren, tauchte die verspätete Swordfish auf und ging in den Angriff über, wobei sie unter heftigem Beschuss stand, da sie nun das einzige Ziel darstellte. Sie zielte auf den Schweren Kreuzer Trento und traf ihn mit ihren Bomben, wobei diese zwar einen sekundären Geschützturm trafen und ausschalteten, aber nicht explodierten.


Schlussendlich war das Resultat eindeutig. Conte di Cavour war gesunken und würde nie mehr Gefechtsbereit sein. Littorio und Caio Duilio waren schwer beschädigt und auf Grund gesetzt worden. Littorio würde in vier, Caio Duilio in sieben Monaten wieder Gefechtsbereit sein, aber für diese Zeitspanne hatte die Regian Marina nur die Vittorio Veneto und die Giulio Cesare, da die Andrea Doria ihre Modifizierungen gerade erst abgeschlossen hatte und die Besatzung neu geschult werden musste. Das italienische Torpedoabwehrsystem für die Schlachtschiffe erwies sich als Fehlschlag und wirkte sogar kontraproduktiv. 59 Besatzungsmitglieder waren tot, über 600 verwundet. Im Gegensatz dazu hatten die Briten nur 2 Flugzeuge und deren Besatzungsmitglieder verloren, zwei tot und zwei gefangen genommen. Der Angriff war ein voller Erfolg gewesen und entlastete die Mittelmeerflotte immens, auch wenn die Regian Marina immer noch eine Bedrohung darstellte.

Dies war das erste Mal in der Kriegsgeschichte, dass Flugzeuge Schlachtschiffe versenkt hatten. Cunningham sagte dazu: „Taranto, and the night of November 11th – 12th, 1940, should be remembered for ever as having shown once and for all that in the Fleet Air Arm the Navy has its most devastating weapon." (Tarent und die Nacht des 11. - 12. Novembers 1940 sollten für immer dafür in Erinnerung bleiben, ein für allemal gezeigt zu haben, dass die Marineluftstreitkräfte die verheerendste Waffe der Marine sind)


Lumley und Cunningham waren vom Resultat begeistert und wollten das ganze in der nächsten Nacht wiederholen, was die Piloten überhaupt nicht erfreute und einer von ihnen merkte an: "They only asked the Light Brigade to do it once!"

Damit spielte er auf die Schlacht von Balaclava während den Krimkriegen an, wo am 25. Oktober 1854 der britischen Light Brigade, einer Kavallerieeinheit, befohlen wurde, die russischen Stellungen anzugreifen, sie aber aufgrund von Kommunikationsfehlern die falsche Stellung angriffen und auf eine Artillerie-Befestigung zustürmten und schwere Verluste erlitten.

Jetzt gibt es einen ziemlich bizarren Fun-Fact zu dem ganzen. Zu diesem Angriff wurde ein Gedicht geschrieben und eine Zeile lautete: "Not tho' the soldier knew, someone had blunder'd... Charging an army, while all the world wonder'd"

Fällt euch am letzten Satz etwas auf? While all the world wonder'd? Das klingt doch ein wenig vertraut oder?

Nun, seht euch das Datum der Schlacht an. Fällt euch noch mehr auf? 25. Oktober 1854. Exakt 90 Jahre später, am 25. Oktober 1944, schlug während der See- und Luftschlacht im Golf von Leyte ein Funkspruch mitten in Admiral Halseys Gesicht. Der letzte Satz in diesem Funkspruch und der Grund für Halseys Nervenzusammenbruch? The world wonders.

Geschichte ist ein absolut verrücktes Thema. 90 Jahre später und der Satz taucht erneut auf, diesmal allerdings in einem völlig anderen Kontext. Klingt beinahe zu verrückt, um wahr zu sein, aber bei diesem Funkspruch war der letzte Satz, the world wonders. Die Frage besteht, ob der Funker, der den Funkspruch entschlüsselte, wusste, dass es der Jahrestag dieser Schlacht war, das Gedicht kannte und den letzten Satz deshalb im Funkspruch behielt oder wegen etwas anderem.



Schlussendlich wurde der zweite Angriff aufgrund schlechtem Wetters abgesagt. Die italienische Flotte wurde ausserdem weiter in den Norden verlegt, um sicherer vor Luftangriffen zu sein, was sie aber auch weiter von den alliierten Konvois entfernte und so die Bedrohung der Regia Marina weiter reduzierte.



Der Erfolg mit Torpedos im Hafen, trotz flachem Wasserstand, sorgte für viel Aufmerksamkeit und die Amerikaner liessen sich von den Briten über die Details des Angriffs informieren. Ebenfalls besonderes Interesse am Angriff zeigten die Japaner und ein Gesandter, der zur Marine gehörte, machte sich selbst ein Bild von den Schäden in Tarent und konnte einen der britischen Torpedos begutachten, der sich in den Hafenboden gelenkt hatte. Dieser Gesandte würde ein langes Gespräch mit Mitsuo Fuchida führen, der den japanischen Angriff auf Pearl Harbor anführen würde. Die Briten hatten mit ihrer Aktion teilweise Pearl Harbor inspiriert.

11.11.20

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top