Alitalia Flug 404

Ich hätte dieses Kapitel beinahe auf nächstes Jahr verschoben, weil ich das Gefühl hatte, dass ich im Moment genug auf Wattpad zu tun habe, aber ich jetzt mache ich es trotzdem noch.

Am Abend des 14. Novembers 1990 flog eine DC-9 der Alitalia, mit der Flugnummer 404 von Mailand nach Zürich. Der Kapitän war sehr erfahren und hatte über 10'000 Flugstunden. Der Erste Offizier war noch nicht lange Pilot und hatte noch nicht sehr viel Erfahrung. An Bord befanden sich 40 Passagiere und 6 Besatzungsmitglieder.

Die Piloten bereiteten sich auf die Landung vor. Sie würden Landebahn 14 anfliegen, allerdings nahm der Kopilot versehentlich die falsche Anflugkarte hervor, ohne dies sofort zu bemerken, was beim Kapitän, als er dies bemerkte, nicht den besten Eindruck hinterliess. Der Kopilot steuerte die Maschine, während der Pilot für den Funk und die restlichen Funktionen zuständig war.

Sie würden für den Landeanflug einen ILS-Anflug durchführen. Kurz erklärt: Ein Signal, dass sich bei der Landebahn befindet, sendet ein Signal auf den perfekten Anflugwinkel und kann von den Flugzeugen empfangen werden, die dann per Autopilot die Landebahn anfliegen können, selbst, wenn die Sicht schlecht ist, während sie von diesem Signal geleitet werden.

Die DC-9 besitzt ein NAV-System, bestehend aus zwei Radios, die den Gleitstrahl des ILS empfangen, für beide Piloten jeweils eines. Damit können sie auf ihren Instrumenten sehen, ob sie sich über, unter, links oder rechts davon oder genau auf dem Gleitstrahl befinden. Man konnte auch nur eines der beiden Radios aussuchen, damit die Anzeigen für beide Piloten gleich sind, aber das spielt nicht wirklich eine Rolle, da die beiden Radios sowieso die gleichen Werte anzeigen sollten.

Für diesen Anflug entschied der Kapitän, Radio 1 zu benutzen. Kurz vor der Landung würden sie ein Funkfeuer Namens Outer Marker passieren, bei dem sie als letzte Möglichkeit überprüfen könnten, ob beim Anflug auch alles gut funktionierte.

Im Cockpit wurde auf einmal Verwirrung ausgelöst, da sie laut Instrumenten den Outer Marker noch nicht passiert hatten, aber von der Nähe zum Flughafen her, dies bereits getan haben müssten. Der Kopilot sagte dazu: "That doesn't make any sense to me" und der Kapitän meinte: "Neither to me" (Für mich macht das keinen Sinn) (Für mich auch nicht)

Einige Sekunden später krachte das Flugzeug in den Stadlerberg, wobei das Flugzeug in einen Wald flog. Die rechte Tragfläche wurde von den Bäumen abgerissen und das Flugzeug drehte sich auf dem Kopf, woraufhin es aufkam. Alle 46 Insassen kamen ums Leben.

Die Ermittlungen wurden von den Schweizern durchgeführt, wobei sie von den Italienern und Amerikanern unterstützt wurden, da es eine italienische Airline und ein amerikanisches Flugzeug war.

Dank den Radardaten der Flugsicherung wurde schnell herausgefunden, dass das Flugzeug von Anfang an zu tief angeflogen war und so anflog, als wäre es auf dem Gleitpfad, aber 300 Meter zu tief. Dies hätte der Fluglotse zwar sehen können, aber die Beschriftung, die die Höhe angab, war sehr klein und nicht einfach zu lesen. Da es ein hektischer Abend war, verliess er sich auf die Funksprüche, die ganz normal waren und keine Schwierigkeiten andeuteten.

Das ILS-System auf dem Flughafen funktionierte ebenfalls, also sahen sie sich die Cockpitinstrumente an, die den Gleitpfad anzeigten und kamen auf ein interessantes Ergebnis. Laut Anzeigen befanden sie sich auf dem Gleitpfad und nicht darunter.

Die Ermittler fanden heraus, dass die Piloten Radio 1 benutzt hatten und untersuchten es. Das Gerät hatte einen Kurzschluss gehabt. Als dies passierte, wurde die Gleitweganzeige automatisch auf neutrale Position eingestellt, weshalb es auf der Anzeige so aussah, als wäre das Flugzeug auf dem Gleitweg, obwohl das gar nicht der Fall war. Es hatte zwar eine Art rote Plakette, die seitlich bei der Anzeige erscheinen sollte, wenn solch ein Kurzschluss auftritt, aber sie funktionierte nicht und die Piloten bemerkten die Fehlfunktion deshalb nicht.

Als sie deshalb den Gleitstrahl erfassen wollten, zeigten Radio 1 und 2 unterschiedliche Positionen an. Laut Radio 1 waren sie auf dem Gleitweg, laut Radio 2 waren sie zu tief.

Hier kam es nun zum ersten Fehler. Die beiden Instrumente zeigten unterschiedliche Positionen an, weshalb eines davon falsch sein musste. Sie könnten dies unter anderem überprüfen, indem sie ihre Position von der Flugsicherung bestätigen lassen und es dann mit der Anflugkarte überprüfen.

Doch anstelle dies zu tun, entschied der Kapitän aus einem Reflex heraus und wählte Radio 1, die falsche Anzeige. Dies war sehr unprofessionelles Verhalten von ihm, wozu ich gleich noch mehr sagen werde.

Eine weitere Konsequenz durch die fehlerhafte Anzeige war das Bodenwarnsystem. Weil der Autopilot den Gleitweg 'empfangen' hatte, wurde das Bodenwarnsystem automatisch deaktiviert, da es nicht mehr benötigt wurde oder so etwas in der Art. Als sich das Flugzeug dem Hügel näherte, wurde deshalb kein Alarm ausgelöst.

Die Höhenanzeiger könnten zu möglicher Verwirrung beigetragen haben, da der Zeiger, der 100 Fuss Schritte anzeigte, in der 9 Uhr Position die 1'000 Fuss Anzeige verdecken konnte, weshalb die Piloten vielleicht versehentlich dachten, dass sie 1'000 Fuss, also 300 Meter höher waren, als eigentlich der Fall war, da sie die Anzeige nicht richtig sehen konnten, aber das ist nur eine Theorie.

(Der Zeiger zeigt die 100 Fuss Schritte an, während die Anzeige bei 9 Uhr die 1'000 Fuss Schritte anzeigt.)

Bevor ich zum letzten Punkt komme, rede ich noch etwas über das Verhältnis im Cockpit. Das war nähmlich nicht wirklich gut. Der Kapitän sah den unerfahrenen Kopiloten nicht als gleichwertig an. So korrigierte er ihn manchmal auf eher überhebliche Weise und hatte nicht sehr viel vertrauen in ihn. Als der Kopilot versehentlich zuerst die falsche Anflugkarte benutzte, verstärkte sich diese Annahme noch.

Diese Annahme hatte womöglicherweise dazu geführt, dass der Kapitän Radio 1 einfach so auswählte, da es das Radio auf seiner Seite war und er so das Gefühl hatte, dass es deshalb das richtige sein musste.

Doch die letzte Warnhürde hätte sie immer noch retten können. Der Kopilot bemerkte, dass sie den Outer Marker bereits passiert hatten, obwohl sich die Anzeige nicht verändert hatte. Für beide Piloten ergab das keinen Sinn und der Kopilot erkannte, das etwas nicht stimmen konnte.

Er gab Schub und wollte durchstarten, aber der Kapitän stoppte ihn und sagte: "No, no, no, no, catch the glide! Can you hold it?", woraufhin der Kopilot zögerlich bejahte. Der Kapitän sagte dann: "Hold on. Let's try to..." und bevor er den Satz beenden konnte, krachten sie in den Wald.
(Nein, nein, nein, nein, fang den Gleitweg! Kannst du es halten? Warte kurz. Versuchen wir zu...)


Der Kapitän hat den Kopiloten am Durchstartmanöver gehindert, da er ihm nicht vertraute. Und das tragische daran ist, dass dieses Durchstartmanöver im Flugsimulator getestet wurde und es hätte das Flugzeug gerettet.

Als der Kopilot sagte, dass die falsche Anzeige, wegen dem Outer Marker, für ihn keinen Sinn ergebe, stimmte der Kapitän ihm zu. Aber als er dann durchstarten wollte, hinderte der Kapitän ihn daran, weil es der unerfahrene Kopilot war, der dieses Manöver durchführen wollte, also war es automatisch etwas schlechtes, obwohl etwas wirklich nicht stimmte und es möglicherweise die richtige Entscheidung wäre. Stattdessen wollte er dann irgendetwas anderes tun, bei dem ihm dann nicht genug Zeit blieb und er riss alle Insassen des Flugzeuges in den Tod.

Die Einstellung des Kapitäns, dass der Kopilot nicht wisse, was er tue und ihn nicht etwas tun liess, dass dieser für richtig hielt, kostete 46 Menschen das Leben, inklusive sein eigenes. Dies war ein komplettes Versagen beim Crew Resource Managment und zeigte sehr gut auf, wieso dieses System so wichtig war. Kopiloten mussten mehr Eigeninitiative übernehmen dürfen. Er hatte praktisch keine Erfahrung und arbeitete erst für ein Jahr bei Alitalia und trotzdem wusste er, dass etwas nicht stimmte und beschloss, etwas dagegen zu unternehmen, bevor ihm ein Riegel vorgeschoben wurde.

Wie ihr vermutlich merkt, meine Meinung zu diesem Piloten ist nicht besonders gut. Zuerst entscheidet er sich, ohne es auf irgendeine Art zu überprüfen, für eines von zwei Systemen, von denen er weiss, dass eines falsch ist und nimmt das falsche und als der Kopilot das Flugzeug dann retten will, hindert er ihn daran.



Nach dem Unfall wurden mehrere Dinge verändert/verlangt:

Das Bodenwarnsystem konnte bei der DC-9 unter solchen Umständen nicht mehr ausgeschaltet werden, weshalb es sicherlich funktionieren würde.

Durchstartverfahren dürfen, nachdem eingeleitet, nicht mehr abgebrochen werden, ganz egal, wer das Manöver eingeleitet hat.

Das gefährliche NAV-System sollte ersetzt werden.

Die älteren Höhenanzeiger, die möglicherweise zu möglicher Verwirrung beigetragen haben konnten, sollten sofort entfernt werden.

Alitalia nahm Navigationsversagen ins Flugsimulatortraining auf und McDonnell Douglas fügte weitere Punkte hinzu, was in einer solchen Situation zu tun sei.

Auf dem Stadlerberg wurde eine Hindernisbefeuerung installiert, damit der Hügel in Zukunft zu sehen wäre, wenn man den Flughafen während der Nacht anfliegt.



14.11.20

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