Frauen untereinander
Jetzt hatte ich wirklich ein richtig schlechtes Gewissen und trat zu Mary: „Ich muss ganz dringend mit dir reden!" und sie antwortete mir: „Ja, ich weiß! Vertagen wir das ganze auf morgen! Wir hatten jetzt genug Aufregung." und ich nickte.
Das Eis zwischen ihr und mir war endlich gebrochen. Karen wollte bei den ganzen Untersuchungen mit dabei sein. Sie hatte so eine Vermutung, die ich in ihren Augen lesen konnte.
„Untersteh dich es auszusprechen so lange wir noch keine Beweise haben!", fauchte sie mich an.
Ich sagte kein Mucks mehr und wollte ehrlich gesagt nur noch nach Hause. Irgendwie fühlte ich mich unwohl in meiner Haut.
Doch so schnell wollte ich mich nicht geschlagen geben, von niemanden. Colin nahm mich beiseite, hatte schon längst bemerkt, dass hier was gehörig aus dem Ruder lief.
„Was ist denn los?", wollte er von mir wissen. Dann erzählte ich ihm, was ich in Marys Kopf gefunden hatte. Das verschlug selbst ihm die Sprache und er konnte mich nun noch besser verstehen. „Das müssen wir mit ihr besprechen!" und er zog Alex beiseite.
Es sollte ein Gespräch unter Männern werden, unspektakulär. Doch das wurde es nicht, sondern jetzt flogen die Fetzen vom Allerfeinsten. Da traten dann doch noch alte Rivalitäten und ungeklärte Ereignisse von Kindheitstagen an die Oberfläche.
Es war wie ein reinigendes Gewitter und schließlich erklärte sich Alex einverstanden, seine Frau zu begleiten. Er sollte ihre moralische Stütze sein. Alles war vorbereitet, dachten wir.
Doch mal wieder sollte der nächste Tag ganz anders verlaufen als geplant.
Für heute hatten wir alle genug. Zu sehr waren alle noch von den Ereignissen der letzten Stunde beeinflusst und eine Feierlaune wollte nicht mehr so recht aufkommen. Man verabschiedete sich artig und Dr. Suki und auch Sam waren froh, endlich wieder alleine zu sein. Nachdem sie gemeinsam den Rest der Unordnung beseitigt hatten, zogen sie sich auf ihre gemütliche Couch ins Wohnzimmer zurück. Sam begann nun nachzufragen, was denn eigentlich los sei. Dr. Suki wollte nicht gleich alles offenbaren, sondern sagte nur kurz und knapp: „Morgen wissen wir mehr!".
Mir selbst ließen die Ereignisse keine Ruhe und ich musste dringend mit jemanden reden, der mich verstand. Und das war ausnahmsweise mal nicht Colin. „Du bist so still geworden!", sagte er zu mir und ich nickte. „Ist das ein Wunder?" und ich hatte keine Ahnung was für einen Blick drauf. „Nein, nicht wirklich! Du solltest deine Oma anrufen! Vielleicht hat sie ja für das alles hier eine Erklärung.".
„Ja, aber erst morgen. Ich will jetzt nur noch schlafen!" und schon kuschelte ich mich eng an meinen Liebsten. Der gab mir noch einen Kuss und schon waren wir eingeschlafen. Zu sehr hatten uns die Ereignisse der letzten Stunden beeinflusst und irgendwie auch aus dem Konzept gebracht.
Nach wie vor wachte ich früh auf, musste wieder an meinem Buch weiterschreiben und auch ein paar 'Bemerkungen in mein Tagebuch. Dann schlief ich wieder ruhig und selig ein als wäre nichts gewesen. „Schon komisch, dass das schon so viele Jahre ging.", dachte ich mir noch so.
„Würde das jemals aufhören? Könnte ich jemals ein normales Leben führen? Wollte ich das überhaupt?". Ich konnte nicht mehr lange so weitermachen. Viel zu schnell war ich auf hundertachzig. So konnte und sollte es auch nicht mehr weitergehen. Ich musste dringend an mir arbeiten und etwas verändern.
Darüber wollte ich später mit Sam reden. Vielleicht hatte er ja eine Idee wie ich mit all dem besser zurecht kommen könnte. Schließlich war er ja der Psychologe und verstand was von seinem Fach. Doch im Moment war er damit beschäftigt jeden einzelnen Mc Pherson zu sichten, zu befragen und die Angehörigen zu trösten.
Das war auch nicht leicht für ihn. So viele Menschen, die leiden mussten. Nur wegen einer alten Legende. War das noch gerecht? Hoffentlich finden wir bald die Lösung des Problems. Sonst würde es noch mehr an unsere Substanz gehen. Und das haut selbst den Stärksten irgendwann um, körperlich und auch mental. Das war so sicher wie das Amen in der Kirche.
„Oh, ein Wink mit dem Zaunspfahl! Ich wollte ja noch meine Oma anrufen.
Ich wählte also ihre Nummer und es schien mir, dass sie meinen Anruf erwartet hätte. „Guten Morgen, Patricia", schallte es in meinem Handy. „Guten Morgen, Oma. Ich muss ganz dringen mit dir ein paar Dinge bereden!" und sie konnte meine Anspannung spüren.
"Beruhige dich erst einmal mein Kind!". Ich hasste diesen Satz, egal von wem er kam. „Ich soll dich ganz lieb von Colin und den anderen grüßen. Auch von Professor Mc Callum und seiner Frau Karen.". Oma stutzte kurz: „Ach den meinst du!". Wie sollte ich das denn jetzt deuten? Ach, das wird sie mir sicher noch erklären.
„Du solltest mit Dr. Suki reden! Sie hat dir was ganz wichtiges zu erzählen!" Wie kam sie denn jetzt auf Dr. Suki? Ach, egal. Dann rede ich eben später mit Dr. Suki.
„Was dein anderes Problem betrifft...Du hast doch schon in Marys Kopf herumgeforscht? Ist dir da nichts aufgefallen?", wollte meine Oma ganz eindringlich von mir wissen.
„Doch, sie versuchte eisern etwas vor mir zu verbergen. Aber ich habe sie ausgetrickst und bin trotzdem auf ihr Geheimnis gestoßen!", rief ich triumphierend. Der Grund hierfür war aber leider kein schöner. „Und wie willst du Mary jetzt gegenüber treten?", wollte meine Oma wissen.
„Ehrlich gesagt, ich habe keine Ahnung. Hast du eine Idee, wie ich sie aus der Reserve locken kann?", fragte ich sie.
Da bekam ich von ganz anderer Seite eine Antwort.
Colin hatte unser Gespräch belauscht und meinte nur zu mir:
„Du musst sie einfach mit der Wahrheit konfrontieren! Alles andere macht keinen Sinn!" und als Oma das gehört hatte, rief sie ganz laut: „Guten Morgen, Colin. Du hast recht. Doch ganz so einfach wird es sicher nicht werden. Mary fühlt sich seit Jahren Schuld am Tod ihres Zwillings und das hat sich in ihre See eingebrannt!" und ich hörte einen tiefen Seufzer am anderen Ende des Hörers.
Es kam mir so vor als hätte meine Oma das selbst am eigenen Leibe erfahren müssen, was ja auch so war. Doch dies sollte ich von ihr erst viele Jahre später erfahren. Meine Oma sagte mir niemals alles was sie wusste, nur so viel, wie ich gerade an Rat brauchte.
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