Endlich Ruhe
Ich legte den Hörer des Telefons einfach auf den Nachttisch und mein Handy machte ich nicht nur leise, nein ganz aus. Dann verschloss ich die Tür von innen. Ging in das kleine gemütlich eingerichtete Badezimmer und ließ mir ein Bad ein. Dann entkleidete ich mich und legte die Sachen ordentlich auf den neben der Dusche stehenden Stuhl ab, der seine besten Zeiten wohl auch schon hinter sich hatte. Doch so etwas störte mich gerade nicht.
Jetzt endlich konnte ich in den warmen Fluten verschwinden und alles um mich herum vergessen. Ich weiß nicht wie lange ich so in der Wanne lag, aber ich hatte schon die typischen Schwimmhäute zwischen den Zehen. Höchste Zeit das Wasser wieder zu verlassen. Nur herrlich, man konnte sich entscheiden, ob man duschen oder lieber baden wollte.
Ich trocknete mich und wickelte mir ein Handtuch um den Kopf. Es sah aus wie ein Turban und nun schlang ich den Bademantel um meinen Körper. Fertig. Das Wasser war bereits abgelaufen. Fenster auf.
Jetzt konnte ich endlich mein extra für mich zusammengestelltes Mahl genießen. Was ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht wusste: Colin war hier auch der Koch. Ich zog mich in mein kuschelweiches Bett zurück und begann Bissen für Bissen zu genießen. es hatte mir vorzüglich gemundet. Und nun wollte ich mich meiner Leidenschaft hingeben. Ich öffnete meinen Laptop und begann drauf los zu schreiben. Ich hämmerte in die Tasten als gebe es kein Morgen.
Doch der kam schneller als mir lieb war. "Hatte ich wirklich mehr als drei Stunden am Stück geschrieben?" Kopfschüttelnd betrachtete ich das ganze. Das Ergebnis war: wieder ein paar Kapitel näher an der Fertigstellung meines Buches. Und auch in mein Tagebuch schrieb ich wieder ein paar Zeilen. Es war jede Nacht das gleiche Spiel. "Doch von wem hatte ich diese Gabe? Von meiner Mutter wohl kaum und auch mein Vater war nicht der beste wenn es um die Grammatik ging. Hatte Opa Eric mich dazu gebracht, weil er es schon vorhergesehen hatte?".
Höchste Zeit noch ein paar Stunden zu schlafen. Ich konnte gerade noch den Laptop zuklappen, dann war ich auch schon im Land der Träume versunken. Ich wurde vom zwitschern der Vögel geweckt und schaute kurz wie spät es denn war. "Oh, gleich elf Uhr!", schrie ich für mich. Dann legte ich das Telefon wieder an Ort und Stelle. Das Handy hing schon geraume Zeit am Netz. Höchste Zeit es wieder anzustellen. Mailbox vollgequatscht. Keine Lust die Nachrichten abzuhören.
Wie ein Roboter funktionierte ich tagtäglich, ohne zu merken, dass ich eigentlich eine Pause brauchte. Meine Oma erkannte die Zeichen der Zeit und organisierte alles hinter meinem Rücken. "Kindchen, wenn du nicht auf dich aufpasst, bist du die Nächste die hier liegt!". Das war mehr als deutlich und brachte mich, Frau Dr. Patricia Mc Pherson, in arge Bedrängnis. Doch mein Doktorvater, der mit meinem Opa eng befreundet war, verordnete mir einen längst überfälligen Urlaub.
Zuvor hatte er mich gründlichst untersucht. Er räusperte sich mehrmals und schüttelte unentwegt sein zu einem Zopf gebundenes Haar. Wenn man ihn so sah, glaubte keiner, dass er schon fast sechzig Jahre auf dem Buckel hatte. In seiner Freizeit fuhr er oft mit seiner Harley einfach so durch die Gegend. Und als Klassenbeste erhielt ich nach bestand'ner Prüfung die Möglichkeit mit ihm mitzufahren. Und ich spüre noch immer den Fahrtwind, der durch mein Haar fuhr.
Irgendwann würde ich mir selbst eine Harley kaufen. Aber der Doc schickte mich erst mal für ein paar Wochen in Urlaub. Der Name Mc Pherson galt in der Uni was. Jeder wusste, wer mein Opa war. Und jetzt war ich selbst bekannt genug. Frau Dr. Mc Pherson, promovierte auf dem Gebiet der Kardiologie und gleichzeitig auf dem Gebiet der Psychologie. Mein Opa wäre sicher stolz gewesen, doch leider konnte er es nicht mehr miterleben.
Unsere ganze Familie feierte ein großes Fest. Meine Oma hatte alles hinter meinem Rücken eingefädelt, einfach alle eingeladen. Den wahren Grund sollten sie erst später erfahren. Dann kam meine Mutter mit meiner Urkunde herein. Sie achtete streng darauf, dass auch jeder ihrer Tochter gratulierte. Von meinem Vater erhielt ich ein Glückwunschtelegramm.
Wir feierten ausgelassen bis zum frühen Morgen. Auch meinen Doktorvater hatte Oma mit eingeladen. Er erschien zwar etwas später, aber das war bei Ärzten keine Seltenheit. Dr. Samuel Mc Murphy gratulierte mir vor der gesamten Familie und Freunden. Als Zeichen seiner Wertschätzung schenkte er mir einen Rubin, der in eine Metallfassung eingearbeitet war. eigentlich wollte ich das Geschenk nicht annehmen. Doch er bestand darauf. Ich versprach, das Geschenk in Ehren zu halten. Dann stand er auf und erhob das Glas auf mich, auf Frau Dr. Patricia Mc Pherson.
Anschließend wurde ich in den längst fälligen Urlaub geschickt. Und da war ich nun. Ich saß allein in meinem Zimmer und überlegte was ich meiner vielen freien Zeit anstellen wollte. Doch Opa Eric hatte bereits dafür gesorgt, dass es mir nicht langweilig werden würde. Es klopfte an meiner Zimmertür und nachdem ich ein kurzes "Herein" gerufen hatte, trat Colin ein. "Ich hatte irgendwie das Gefühl, dass ihr meine Hilfe braucht, Patricia?.
Völlig überrumpelt von seiner Offenheit gab ich ihm zu verstehen, dass ihn das so gar nichts anginge. Der arme Kerl bekam meinen ganzen Frust ab. Kaum die Worte ausgesprochen, wollte ich sie schon wieder zurückholen. Doch das ging ja nicht mehr.Ich rief ihn zurück und hoffte, dass er das auch tun würde. Tatsächlich erschien er auf der Bildfläche und ich bat ihn herein. Etwas zögerlich trat er ein.
"Ihr Großvater hatte mit mir viele Jahre korrespondiert und mir aufgetragen Ihnen hier bei allem zu helfen!". "Wie denn helfen?", wollte ich wissen. Doch bevor ich seine Antwort hören wollte, bot ich ihm endlich das "Du" an. Es war sowas von überfällig. Er hatte den gleichen Nachnamen wie ich. "Mc Pherson", das war in Dublin so häufig wie bei uns Bower, Campbell oder Peterson oder in Deutschland Müller, Meier, Schulze.
Während meiner Studienzeit hatte ich ja auch mit ausländischen Studenten zu tun. Da war ja auch eine Kommilitonin von dort her. Irgendwann wollte ich mich auch mit ihr treffen. Doch jetzt sollte ich endlich anfangen meinen Urlaub zu genießen. Und Colin half mir dabei.
Er meinte nur so nebenbei, dass Erin schon sehr früh unterwegs sei und sie wolle mich dann zum Mittag im Naturkundemuseum treffen. Aber bis dahin hatte ich ja noch genug Zeit. Ich bestellte mir etwas zu essen und so erfuhr ich auch, dass es Colin gleich frisch zubereiten würde.
Von Opa wüsste er auch was ich so lieben würde und so gab er mir ein Paket. Darin befanden sich ein Skizzenbuch und allerlei Malutensilien. "Woher weißt du das alles über mich?". eigentlich hätte ich es mir denken können, meine Doktorarbeit war unter Fachkreisen hochgelobt worden, und so war es auch nicht verwunderlich, dass ein Artikel über mich in der Ärztezeitung zu finden war.
Das war schon eine kleine Sensation, dass ich meinen Doktor gleich in zwei verschiedenen Bereichen hatte. Für mich gehörten sie irgendwie zusammen
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