Ein normaler Tag

Dann schauten wir nach Peter. Noch immer lag er apathisch da und konnte oder wollte nicht kommunizieren. Ihn hatte Pam mehr als gut versorgt, nur sich selber dabei wohl vergessen.

Colin brachte mich noch schnell in die Praxis, wo ich bereits erwartet wurde. Ich ließ mir die Akte von Pam heraussuchen, während ich mich von Colin verabschiedete. Schnell nahm ich noch meine Arzttasche und verstaute sie. Dann zog ich mich um und ließ mir die komplette Post zeigen. Sie war bereits geöffnet und mit entsprechenden Hinweisen für mich versehen, sortiert und die dazugehörigen Akten der Patienten lagen mit dabei.

Das war einfach hervorragend und die Sprechstunde konnte beginnen. Ich praktizierte bis zwölf Uhr mittags und dann noch mal von drei Uhr nachmittags bis sechs Uhr abends. Da Colin nicht abkömmlich war, rief ich Dr. Suki an und fragte sie, ob wir zusammen Klamotten kaufen gehen könnten. Ich sagte ihr, dass ich nur zwei Stunden Zeit dafür habe.

„Wo bist du?", fragte sie mich. „Schon im Fahrstuhl, will dich abholen!" und zwei Minuten später fielen wir uns um den Hals. „Lass uns danach noch was essen gehen!", rief sie und sie hakte mich unter und los ging's. Nach über einer Stunde hatte ich so viel eingekauft, dass ich es kaum noch tragen konnte. Wir brachten die Sachen schnell noch nach Hause zu Dr. Suki und sie wollte sie mir heute noch vorbeibringen. Ihrem Freund schrieb sie, dass die Sachen mir gehören und er gefälligst die Finger davon lassen soll.

„So, fertig!". Jetzt hatten wir noch genügend Zeit für Lunch und setzten uns in eines der vielen kleinen Cafe's. Der Kellner erkannte mich sofort wieder und beeilte sich sehr uns die Karte zu bringen. „Bitte zwei Salate mit Meeresfrüchten und zwei Glas Saft!". „Du weißt noch was ich esse?", rief Dr. Suki. „Ja sicher!".

Dann erzählte ich ihr wie schick mich Colin ausgeführt hatte. Wir wollten heute gemeinsam kochen. Das schrieb ich auch Colin kurz und knapp, freute mich darauf unsere Freunde ungeplant zu sehen. Er wollte die Einkäufe hierfür gleich noch besorgen. Colin musste eh fürs Hotel einkaufen.  

Colin wollte uns überraschen und hatte allerlei leckeres für den verwöhnten Gaumen eingekauft. Natürlich war auch frischer Salat dabei. Hummer und frisches Fleisch, das hauptsächlich für die Herren der Schöpfung gedacht war. Auch an Getränke hatte er gedacht. Er kaufte Guiness ein und davon nicht zu wenig. Entweder man liebte es oder man hasste es.

Wir vier gehörten zu denen, die Guiness mochten und wollten uns demnächst die Herstellung des leckeren Bieres anschauen. Um die Organisation hierfür wollte sich Dr. Suki kümmern. Doch wie wollte man das jetzt noch planen, wo ich die komplette Sprechstunde von Dr. Summer übernommen habe?

Es war schwierig, aber nicht unmöglich. Wir beide waren Organisationstalente, Dr. Suki und ich. Und wir würden schon eine Lösung finden. Aber auch Colin war ja an seinen Dienstplan gebunden und konnte nicht einmal so frei machen. Schon gar nicht, seit dass mit seinem Vater passiert war.

Aber diese spontanen Geschichten sind dann doch die bessere Wahl, sonst würden wir vier nie etwas zusammen unternehmen können. Spontan mit Dr. Suki war ich ja schließlich auch heute unterwegs gewesen, ohne dass wir lang und breit vorher diskutiert hatten. Deswegen sagt man ja auch spontan dazu.

Wir hatten viel Spaß beim Shoppen gehabt und unser Lunch war auch nicht zu verachten. Doch jetzt musste ich zurück in die Praxis und Dr. Suki brachte mich noch schnell dahin zurück und sagte nur noch: „Bis heute Abend, ich freue mich darauf! Und ich bringe dir deine Sachen alle mit!". Dann war auch sie schon wieder in ihrem kleinen Auto verschwunden und fuhr Richtung Klinik.

Es war kurz vor drei und die beiden Sprechstundenhilfen hatten schon alle Hände voll zu tun. Ich redete kurz mit ihnen und ließ mir alles wichtige zeigen, was an Post gekommen war und nicht warten konnte. Dann rief ich den ersten Nachmittagspatienten herein:

Es war ein kleiner hagerer Mann, der sehr eingeschüchtert wirkte. Dann stellte sich heraus, dass er schon seit Jahren hier Patient war. „Und was kann ich heute für Sie tun, Mr. Mc Callum?", fragte ich ihn während ich kurz in seine Akte sah.
„Kindchen, ich hab wieder so schlecht Luft bekommen!"

„Das schaue ich mir gleich mal etwas genauer an!" und ich bat ihn seinen Oberkörper frei zu machen. Was ich dann dort erblickte, erinnerte mich nur allzu sehr an meine Arbeit im Krankenhaus. Ich hatte ja mein Handwerk bei einem der Besten gelernt.  

Der Brustkorb dieses kleinen hageren Mannes zierte eine riesengroße Narbe, die fast bis zum Bauchnabel reichte.
Er erzählte mir dann, dass er früher das Doppelte gewogen hatte. Und weil das Herz nicht mehr so wollte, hatte er radikal abgenommen und dann bekam er nach Jahren langen Wartens das Herz eines Zwanzigjährigen, der bei einem Autounfall ums Leben gekommen war.

Das Herz schlug regelmäßig, genau wie es sein sollte. Aber etwas anderes machte mir Sorgen: „Rauchen Sie Mr. Mc Callum?", fragte ich ihn und er schaute mich an: „Hin und wieder mal ein Pfeifchen mit gutem Tabak.", antwortete er mir.
Dagegen war nichts einzuwenden.

Ich überprüfte seine Medikamente und stellte fest, dass Dr. Summer ihm sicherlich aus Versehen ein falsches Spray aufgeschrieben hatte. Es war einfach zu niedrig dosiert und ich erklärte Mr. Mc Callum, dass er ab sofort das Spray in einer anderen Dosierung bekommen würde. Dann gab ich ihm gleich für die nächste Woche noch einen Kontrolltermin und wollte auch ein EKG bei ihm machen.

Er bedankte sich und ging wieder nach draußen. Die Sprechstundenhilfe wunderte sich dass der alte Zausel so handzahm war und erzählte mir, wie er sonst so drauf sein würde.

„Das liegt wohl an Ihrer ruhigen Art, Frau Doktor!", sagte die rothaarige Sprechstundenhilfe zu mir und ihre Tochter nickte zustimmend. Dann trug ich noch alles wichtige in die Kartei von Mr. Mc Callum ein und machte auch einen Vermerk, wann er wiederkommen sollte und dass auch ein EKG geplant sei.

Jetzt hatte ich Zeit für den nächsten Patienten. Es trat eine Mutter mit ihrem Sohn ein. Der Junge war etwa fünf Jahre alt und hechelte einfach furchtbar nach Luft. Sie hatte eine Überweisung hierher bekommen. Und nun war sie da und wollte wissen was jetzt passiert. Ich bat sie sich zu setzen.

„Na, dann schauen wir uns den kleinen Mann mal an!" und ich bat ihn sein Shirt auszuziehen, was er hervorragend selbst konnte. Dann hörte ich sein kleines Herz ab und bat ihn mal zu husten. „Raucht jemand in Ihrer Familie?", wollte ich von der Mutter wissen und sie sagte, dass ihr Mann starker Raucher sein. „Das kann er aber nicht in Gegenwart seines Kindes tun! Der Junge raucht passiv mit und daher bekommt er auch so schlecht Luft!".  

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