Das Zeichnen


Aber letztendlich entschied ich mich für die Kardiologie. Doch wann immer sich mir die Möglichkeit einer Weiterbildung in Psychologie bot, versuchte ich diese wahrzunehmen. Ich erforschte zusammen mit einem Kollegen das "Broken-Heart-Syndrom". Doch die Medizin wollte ich jetzt mal außen vor lassen. Ich hatte endlich Urlaub. Über den Skizzenblock freute ich mich riesig und so fuhr ich bewaffnet damit einfach zum Museum, wo meine Freundin schon auf mich wartete.

Sie hatte sich zuvor informiert, was man hier alles sehen könnte. Dieses Naturkundemuseum war einfach sehenswert. Alles war fein säuberlich und geordnet, in bestimmte Bereiche eingeteilt. Ich bat Erin sich vor einen Schaukasten mit einem Raben zu stellen. Dann begann ich sie zu zeichnen. Pinselstriche konnten nicht feiner sein, nur dass ich Zeichenkreide benutzte. als ich damit fertig war, zeigte ich ihr das Bild und Erin war überrascht wie genau ich sie getroffen hatte.

Selbst ihre rotgeweinten Augen hatte ich eingefangen. Wir hatten noch nie so einen Streit miteinander gehabt. Natürlich mussten wir auch noch darüber reden, nur eben nicht jetzt. Und auch nicht hier. Wir wandelten durch die langen Gänge und schauten uns alles sehr genau an.

Einheimische bekamen mit, dass ich nebenbei am zeichnen war und baten mich um ein Porträt. Sie dachten ich sei eine Kunststudentin und staunten nicht schlecht als sie erfuhren, dass ich eine waschechte Ärztin war. Man tauschte noch die Nummern aus und wollte in den nächsten Tagen mal was trinken gehen. "Na war doch gar nicht so schwierig ins Gespräch zu kommen!", rief ich Erin zu und sie lächelte tapfer.

Noch immer hatten wir noch nicht über unseren Streit gesprochen und ich hatte auch keine Lust dazu. Ich wollte den Zeitpunkt bestimmen. Das musste sie akzeptieren. Ich war froh, sie mal in die Schranken gewiesen zu haben. Anscheinend hatte sich das noch keiner vorher gewagt. Doch jetzt wollte ich immer weiter zeichnen und so entstanden im Nachhinein betrachtet die schönsten Zeichnungen, die ich je angefertigt hatte. Als wir aus dem Museum kamen, setzten wir uns auf eine Bank.

Seit ich mich mit dem Schreiben beschäftigt hatte, versuchte ich mir eine andere Betrachtungsweise der Dinge zuzulegen und genauso war es beim Zeichnen. Man brauchte eine gute Beobachtungsgabe. Das war mir auch sehr hilfreich beim Studium der Medizin. Nebenbei hatte ich mir noch Stenografie beibringen lassen. So konnte ich sehr schnell alles wichtige notieren. In den Vorlesungen musste man zuhören, beobachten und gleichzeitig das wichtigste aufschreiben können.

Es passte einfach alles zusammen. Und in meinem Urlaub tat ich das gleiche, nur eben auf eine andere Weise. Wie lange hatte ich schon nicht mehr gezeichnet? Eins, zwei... über fünf Jahre könnte es schon her sein. Mein Anatomieprofessor wunderte sich nur immer wie detailgenau ich alles erfasste.

"Mc Pherson, wenn Sie es nicht schaffen Ärztin zu werden, dann können Sie immer noch Kunst studieren!" und ich wartete kurz und antwortete ihm kesse: "Aber Herr Professor, warum kann man nicht beides?". Gerade dachte ich wieder an das Gespräch und verzog meine Mundwinkel zu einem Lächeln....

Erin, die das natürlich mitbekommen hatte, wollte natürlich wissen an was oder wen ich gerade dachte. Zu fragen traute sie mich aber nicht. Unser Streit saß ihr noch immer in den Knochen und dass sollte auch ruhig noch eine Weile so bleiben. "Strafe muss sein!", dachte ich so für mich , meine Miene veränderte sich entsprechend.

Noch immer saßen wir auf einer Bank vor dem Museum. Ich fand es herrlich einfach Menschen zu beobachten. Ich hatte eine gewisse Art entwickelt Dinge zu sehen. Und mein Skizzenbuch wurde immer voller. Ich glaube es ist an der Zeit mir wieder eine Staffelei zu kaufen und jede Menge Farben. Ich hatte Lust wieder zu malen. Während des Medizinstudiums hatte ich leider keine Zeit mehr dafür, außer halt in Anatomie.

Ich bat Colin mir Farben und eine Staffelei zu besorgen. "Patricia, sehr gern.", antwortete er auf meine Bitte. "Darf ich mir deine Bilder dann mal ansehen?", fragte er mich und sagte mir noch, dass er bis Schlag neun arbeiten würde. Er schlug vor, sich dann mit mir zu treffen. Erin, die alles mitbekam, sagte nur kurz und knapp: "Na das ging ja schnell!" und in ihrer Stimme klang die pure Eifersucht mit.

Herrlich, sie wusste mal etwas nicht. Ich kostete es voll aus sie für ihre nervige Art zu strafen. Und Colin fand es höchst amüsant. Langsam meldete sich der Magen zu Wort und wir suchten eines der zahllosen kleinen Cafés auf. Dort konnte man auch kleinere Snacks bestellen. Hier verweilten wir noch etwa zwei Stunden, bevor wir wieder zu unserem Hotel zurückkehrten.

Heute wollte ich nicht ausgehen. Schlag neun klopfte Colin an meiner Tür und ich ließ ihn herein. Er war neugierig was ich denn heute alles gezeichnet hatte. Und als er mein Skizzenbuch in der Hand hielt, blieb ihm der Mund weit offen stehen. Erin hatte sich schon gegen acht verabschiedet. Sie wollte noch ein wenig lesen und dann zu Bett gehen.

Noch immer konnte ich sie nicht umarmen. Daran merkte sie, dass sie mich sehr verletzt hatte. Aber jetzt wollte ich mich Colin zuwenden. Ich mochte sein freundliches Wesen, seine liebevolle Art mit Menschen umzugehen. Er fragte mich wie mir das Essen gestern gemundet hatte. "Es war einfach nur köstlich. Ich wusste gar nicht, dass du hier auch der Koch bist." Er lief rot an wie eine Tomate und schaute ganz verlegen.

Dann fragte ich ihn, ob ich ihn zeichnen dürfte. "Wenn du das gern möchtest!" und er setzte sich in Pose. Irgendwie gefiel mir aber nicht wie er da saß. Es war einfach nur gekünstelt. Er war mir einfach noch zu steif, saß wie ein Stock. "Komm lass uns was trinken!", sagte ich zu ihm und öffnete die Minibar. Er nahm zwei Flaschen Guinness heraus. "Trinkst du ein Bier mit mir, Patricia?".

Da ich neugierig war wie Guinnes schmeckt, bejahte sich seine Frage. Schnell waren die Flaschen geöffnet und es rann mir die Kehle herunter. "Man war das lecker!". Jetzt wurde Colin lockerer. Er fing an über sich zu erzählen und ich hörte ihm zu, während ich ihn zeichnete. Mit seinem Alter hatte ich mich total verschätzt.

Er war nur zwei Jahre jünger als ich. Da rief ich: "Gut gehalten!" und da mussten wir beide lachen. Genau dieses Lachen konnte ich einfangen. Es war ein wunderbares Lachen. Ich glaube, er wusste das. Ich kann es nicht erklären woran es lag, aber ich fühlte mich zu ihm hingezogen. "Wollen wir noch ein wenig spazieren gehen?", fragte er mich und ich nickte. Ich musste mich nur schnell umziehen.

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