Das Leben ändert sich
Einen Mann, der mich so liebt wie ich eben bin? Dazu noch gutaussehend, gebildet, wortgewandt, höflich, zuvorkommend, mit dem ich lachen konnte, der die Musik liebte genauso wie ich. Auch Bücher mochte er und wollte mein selbst geschriebenes lesen. Er las meine Gedichte und Geschichten. Und nachdem er alles gelesen hatte, bekam ich von ihm einen Zettel worauf stand was ihm gefallen hatte und was nicht. Ich glaube Opa Eric hatte ihn für mich ausgewählt.
Nur mein Tagebuch ließ ich ihn nicht lesen. Das dürfte jeder verstehen, der selbst Tagebuch schreibt. Das ist mein allerheiligstes. Und er akzeptierte es. Er zeigte mir die schönsten Orte und ich hatte meine Staffelei mit dabei. Mal wurde einfach nur ein Baum verewigt, mal eine Menschengruppe und sehr häufig irgendwelche wunderschönen Gebäude.
Auch Erin und ihr Freund Stephen standen mir Modell. Inzwischen hatte ich mich mit ihr ja wieder vertragen. Die Zeit verging wie im Flug und ich wollte eigentlich gar nicht mehr weg von Colin. Wer weiß wann wir uns wiedersehen würden. Erin und Stephen waren auch ein Paar geworden. Sogar seine Eltern hatte sie schon kennengelernt. Auch über Hochzeit wurde bereits gesprochen. Erin hielt ja nichts mehr in London. Und als Dolmetscherin konnte sie überall auf der Welt arbeiten. Kurz entschlossen blieb sie einfach länger.
Doch ich hatte mit meinem Doktorvater Emails geschrieben und er merkte sehr schnell, dass sich etwas zu verändern schien und schrieb mir folgende Zeilen: "Liebste Patricia, mach nicht den gleichen Fehler wie ich! Wenn du die wahre Liebe gefunden hast, dann halte sie fest! Und wenn du eben alle Brücken abbrechen musst, dann soll es so sein!". Über diese Email musste ich sehr lange nachdenken. Ohne Colin je gesehen zu haben, hatte er erkannt, dass ich mich total verliebt hatte. Nicht nur in einen Mann, sondern auch in die Schönheit dieses Landes.
An unserem letzten Abend spazierten wir Hand in Hand durch einen kleinen Park. Colin hatte einen Picknickkorb dabei. Er schaute mir tief in die Augen und...oje was würde jetzt wohl kommen und schaute mit mir in den Sternenhimmel hinauf. "Da eine Sternschnuppe!", rief ich. "Da kannst du dir was wünschen!", sagte er. Und dann hatten wir ein wunderschönes Mitternachtspicknick.
Als es kühler wurde, zogen wir uns die mitgebrachten Jacken an und deckten uns mit einer Decke zu. Ich kuschelte mich eng an ihn. So konnte ich seinen Herzschlag spüren. Lange Zeit saßen wir einfach so da. "Jetzt müssen wir aber los!", rief Colin. Und nachdem alles im Auto verstaut war, fuhren wir wieder zum Hotel zurück. Auf der einen Seite freute ich mich auf zuhause. Doch ich wollte eigentlich hier bleiben.Ich war innerlich zerrissen.
Nur einfach da bleiben konnte ich nicht. Man rechnete fest mit mir. Zum Schlafen kam ich diese Nacht auch nicht. Ich wollte einfach meine letzten Stunden mit ihm auskosten. Wie sollte ich die nächsten Wochen ohne ihn überstehen? Wir schrieben uns Emails und Briefe. Dann skypten wir auch noch, und das täglich. Colin und ich, wir hatten uns nicht gesucht, aber irgendwie doch gefunden. Er war mein Geliebter, mein Vertrauter, mein größter Bewunderer. Doch auch mein größter Kritiker. Er war feinfühlig, aber auch ehrlich. Ich vermisste ihn wahnsinnig.
Mein Doktorvater war inzwischen zu einem Dauergast meiner Oma geworden. Sie fingen an sich zu daten, wie man modern sagen würde. Er führte sie ins Theater, ging mit ihr schön essen. Auch tanzen konnte Dr. Samuel Mc Murphy. Und so war es nicht verwunderlich, dass die beiden gemeinsam einen Tanzkurs belegten. Aber nicht die üblichen Tänze wie Standard und Latein. Sie wollten die verrückten Tänze erlernen, die die Jugend gerade toll fand. Da waren sie sich einig. Und sie lernten schnell. Eines Abends stand er mit seiner Harley vor ihrer Tür. Unter dem Arm hatte er ein Paket und bat sie sich umzuziehen.
Da stand nun meine Oma in Lederklamotten, bereit für eine Fahrt mit der Harley. Viele viele Stunden blieb sie weg. Man konnte es kaum glauben, Dr. Samuel Mc Murphy zauberte ihr wieder ein Lächeln ins Gesicht. Und jetzt schrieb ich ihm: "Mein treuer Freund, du hast die Liebe gefunden, halte sie fest so lange du atmest!".
Es dauerte nicht lange und er führte meine Oma zum Traualtar. Was ich nicht wusste, auch Colin war zu dieser Hochzeit eingeladen worden. Oma sagte mir davon aber nichts. Sie wollte mich überraschen. Genau einen Tag vor der Trauung saß ich neben meiner Oma und sie sagte nur: "Wir haben schon ein Glück!". Ich schaute sie fragend an.
Eigentlich wollte ich das nächste Wochenende zu Colin fliegen. Doch als ich den Dienstplan sah, verging mir mein Lachen. Man hatte mir eine Doppelschicht reingedrückt. Meine Kollegin, die eigentlich Dienst hatte, musste zu Hause bleiben, weil ihre Kinder die Windpocken hatten. Traurig berichtete ich Colin davon und er versuchte mich zu trösten.
Ich hatte einfach wahnsinnig große Sehnsucht nach ihm. Er konnte auch nicht zu mir kommen, da seine Eltern nicht da waren. Schließlich musste er auf das Hotel aufpassen. Wir würden uns die nächsten Wochen wieder nicht in die Arme schließen können. Oh, Colin spielte seine Rolle wirklich gut. Ich nahm ihm das voll ab.
Ich war schon längst in der Klinik auf Station und während dieser Zeit telefonierte Samuel mit Colin. Schließlich musste man Colin bis zur Hochzeit vor mir verstecken. In wenigen Stunden würde er in London eintreffen und Samuel stand bereits am Flughafen um ihn in Empfang zu nehmen. Die beiden konnten sich nun ausgiebig unterhalten, während ich in der Klinik voll zu tun hatte. Eine Konsultation jagte die nächste. Müde und abgekämpft kam ich aus der Klinik und konnte einfach nur noch ins Bett fallen.Hunger hatte ich keinen und falls ich Durst bekommen würde, stand eine Flasche Wasser neben meinem Bett.
Ich wusste, dass ich nur noch sechs Stunden schlafen konnte. Dann musste ich mich umziehen für die Hochzeit. Meine Sachen hatte ich mir schon bereitgelegt: Ein türkisfarbenes Kleid, was meine Figur toll zur Geltung kommen ließ, die passenden Schuhe, ja sogar alles zum Hochstecken der Haare fand man dort. Eine kleine Handtasche war auch schon mit dem nötigsten gepackt. Ich musste nur noch meinen Ausweis hineinlegen. Das tat ich auch sofort.
Denn ich war die Trauzeugin meiner Oma und musste pünktlich fertig sein. Auch wollte mir eine Freundin eine tolle Hochsteckfrisur zaubern und ein tolles Make up auflegen.
Sechs Stunden schlafen waren also Pflicht. Daher konnte ich auch nicht mehr mit Colin skypen. Müde und traurig fiel ich in mein Bett.
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