22. Noch lebe ich.

Halluuuu ihr Lieben, heute steht ja noch ne Grillparty an :D

Viel Spaß mit dem Kapi! <3

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* Viviana *

Es kostet mich all meine Kraft, um Clara nicht sofort anzurufen und ihr alles zu erzählen. Das hebe ich mir auf. So wie sie mich schon wieder in die Bredouille gebracht hat, da hat sie solch gute Nachrichten nicht verdient. Ich weiß, es ist nicht sehr nett von mir.

Am nächsten Vormittag bringe ich mit Bravour mein Abschlussgespräch mit meinem Kunden hinter mich. Er ist begeistert von meinen Plänen und alles geht seinen Gang. Am Ende schüttelt er mir freudig die Hand und ich grinse in mich hinein – denn dieser Auftrag bringt wirklich Kohle. Zu Hause bestelle ich die ersten Möbel und Stoffe für den Club, telefoniere mit Malermeistern und Elektrikern. Während meines Urlaubs soll es schon mal vorangehen. Zum Schluss briefe ich meine „Assistentin", die mich während meiner Abwesenheit vertreten wird und alles im Auge behalten soll. Sie ist noch nicht lang bei uns im Team, aber sie sprüht vor Kreativität und ist in meinen Augen zuverlässig genug, um sie damit zu betrauen. Sie ist stolz wie sonst was, dass ich ihr diese Chance gebe. Denn mein Wort zählt bei unserem Chef viel – er vertraut mir. Sie erhofft sich von den zwei Wochen Vertretung endlich größere Projekte, die sie in meinen Augen absolut verdient hat. Ich kann nämlich auch echt nett sein, wenn es jemanden gibt, der es wert ist. Und dieses Mädchen ist es. Wir sind zwar keine Freundinnen – ich brauche davon eben nicht viele – aber wir verstehen uns sehr gut. Mir gefällt, dass sie nicht immer zu allem Ja und Amen sagt, sondern ihren eigenen Kopf hat. Vermutlich erinnert sie mich an mich selbst vor ein paar Jahren. Frisch von der Uni und die Welt verändern wollen. Schön.

Nachdenklich lege ich nach dem Telefonat mein Handy auf den Schreibtisch. Mein Enthusiasmus hat in den letzten Monaten gelitten. Zu sehr habe ich mich ablenken lassen von diesem Gefühlswirrwarr. Ich sehe auf den Bildschirm meines Laptops, auf dem ein Bild von St. Tropez flackert. Diese zwei Wochen werde ich nutzen, um endlich wieder klar zu kommen. Ich werde feiern bis zum Umfallen und meinen Frust loswerden. Zufrieden mit meinem Vorhaben und meiner getanen Arbeit mache ich mich auf den Weg in den Supermarkt. Ich muss ja noch einkaufen für meine Grillparty. Haha, selten so gelacht.

Eine Stunde später wuchte ich die Tüten aus dem Wagen und schleppe sie in unsere Küche. Dann bereite ich Salate, Dips und Spieße vor. Die Getränke werden kalt gestellt und ich hoffe inständig, dass Clara mich nicht hängen lässt heute Abend und wir den Abend ohne Katastrophe über die Bühne kriegen. Sonst werde ich echt unleidlich.

Um 17.30 Uhr hopst Clara dann auch schon auf meiner Terrasse herum und jubelt, wie toll das Wetter heute sei. Genervt rolle ich kurz mit den Augen und beobachte Erik mit Argusaugen, der am Grill hantiert. Wenn der da was kaputt macht, killt Thomas mich. Im Gegensatz zu mir, liebt er seinen Grill, wenn es überhaupt möglich ist, ein solch tiefes Gefühl für einen Gegenstand zu entwickeln und er würde mich einen Kopf kürzer machen, wenn da was passiert. Erik bemerkt meinen besorgten Blick. „Entspann dich, ich krieg das hin." Ich beschließe mich von dem Ding fern zu halten und gehe in die Küche, um meine vorbereiteten Speisen auf dem Tisch draußen aufzubauen. In weniger als zwanzig Minuten erscheinen ja die ersten Gäste und ich habe mir immer noch nicht wirklich überlegt, wie ich es anstelle nicht vollkommen doof immer nach deren Namen fragen zu müssen. Zwei vor Sechs fällt mir ein, dass ich mich noch gar nicht umgezogen habe und sprinte wie angestochen nach oben. Genervt wühle ich in meinem Schrank. Was zieh denn an? Typisch Frau, der ganze Schrank ist voll, aber ich hab natürlich gar nichts zum Anziehen! Brummend verschränke ich die Arme vor der Brust und lasse meinen Blick über die Unmengen an Klamotten schweifen. Ich bleibe an einem marineblauen Kleid hängen. Das! Schnell streife ich meine Kleidung ab und schlüpfe hinein. Ich mag dieses Kleid sehr. Meine Mutter hat es mir von ihrer letzten Parisreise mitgebracht. Andächtig gleiten meine Fingerspitzen über den Stoff und ich lächle kurz. Nachdem ich meinen Lippenstift nachgezogen, passende High Heels angezogen habe, gehe ich wieder hinunter.

„Wow, Vivi – du siehst super aus!", entfährt es Erik als ich wieder auf die Terrasse trete. Er kassiert dafür einen grimmigen Blich von Clara und ich murmle nur: „Danke." Einige der Spieler tummeln sich schon in meinem Garten und ich versuche mich angestrengt zu erinnern, wie sie heißen. Doch sie machen es mir glücklicherweise leicht und stellen sich einfach selbst vor als ich meine Begrüßungsrunde starte. Die meisten sind alleine da, was mich zwar ein wenig wundert, aber im Endeffekt nicht ernsthaft interessiert.

Erik macht sich wirklich ganz gut als Grillmeister und ich bin froh, dass ich das nicht machen muss. Nach einer Stunde stürzen sich dann alle auf das Essen und loben es in den höchsten Tönen. Ich freue mich zwar darüber, frage mich aber mehr und mehr, weshalb Marco noch nicht aufgetaucht ist. Es ärgert mich selbst, dass er mich so beschäftigt. Danke Gehirn. Da denkste mal nicht an den Schweden, aber dafür an den nächsten Fußballer? Richtig dumm.

Clara und ich kichern gerade total albern über Eriks Gesicht, weil ihm der Rauch die ganze Zeit direkt ins Gesicht zieht, als ich abrupt verstumme.

Marco ist in meinem Garten aufgetaucht – aber nicht allein. Im Arm hält er eine aufgetakelte Blondine, deren Titten einen fast anspringen, so sehr hat sie sie hochgeschnürt. Sie säuselt ihm irgendetwas ins Ohr und er lacht dann komplett bescheuert darüber. Mein Herz rast und es tut weh. Das kann nur ein schlechter Scherz sein! Mich angraben, mich küssen, mir nah sein und mich an ihn denken lassen und dann taucht er hier mit dieser Schlampe auf?! Schnaubend wende ich meinen Blick ab und kippe den Caipirinha meine Kehle hinab. Was für ein Penner! Ich wusste es eben doch! Männer sind Arschlöcher und zwar alle! Zlatan ist eins und Marco auch! Mein Detektor muss echt 'nen Schaden haben, dass der nie anschlägt. Ich war dabei ihn zu mögen, ich war ernsthaft dabei gewesen ihn nicht als notgeil abzustempeln, sondern an mir interessiert und es tat irgendwie gut, zu wissen, dass es so ist.

Marcos und mein Blick treffen sich und ich funkle ihn böse an. Der hat auf alle Ewigkeit verschissen bei mir! Als er wirklich die Dreistigkeit besitzt uns zu begrüßen und mir die blöde Kuh als ‚Chantal' vorzustellen – falle ich fast vom Glauben ab. Wie können denn so viele Klischees auf einmal erfüllt werden? Barbiepuppe und dann heißt die auch noch so? Es wird noch sehr viel schlimmer, als Chantal, die ich in meinem Kopf nur noch ‚Möchtegern-Barbie' nenne, den Mund aufmacht und anfängt zu sprechen – oder eher zu quietschen. Diese Tonlage ist nicht auszuhalten. Das, was sie sagt noch viel weniger. „Aaaawww, so schön bei euch! Tolles Kleid, wo hast du das denn her? Danke für die Einladung! Wirklich toll, dich kennenzulernen! Du bist doch die Tochter von dem Trainer, ne?" Ich möchte ihr sofort irgendetwas in den Rachen stopfen damit sie aufhört meine armen Ohren zu vergewaltigen. Stattdessen murre ich nur: „Ja, äh – Danke. Paris." Sie klatscht begeistert in die Hände, löst sich aus Marcos Umarmung und nimmt meine Hand. Entsetzt starre ich meine Finger an, die von ihrer Plastikhand umschlossen werden. „Paris? Oh ich liebe diese Stadt! Aber sag mal, geht's dir denn gut? Ich hab gehört, du warst mal mit dem Zlatan zusammen? Der soll ja jetzt 'ne Neue haben! Kommst du gut damit zurecht? Also ich hör dir gern zu, falls du reden willst! Echt! Das ist bestimmt nicht leicht!", quakt sie unablässig weiter und meine Ohren bluten sicherlich schon. Vor allem – was denkt sich diese Tussi eigentlich? Ich mit ihr über Zlatan reden? Sehe ich so aus wie die Klatschpresse oder was?

Wutentbrannt starre ich über Barbies Schulter zu Marco. Der zuckt nur gleichgültig mit den Achseln. Blödes Arschloch! „Äh, nein danke", erwidere ich nur komplett verstört und ziehe meine Hand weg. Die hat ja nicht mehr alle Latten am Zaun! „Also ich war ja erst letztens wieder in Paris – ich bin Model, weißt du...", labert Möchtegern-Barbie weiter und ich kann für Marco nur hoffen, dass sie auch das letzte Klischee erfüllt, sonst ist seine Qual hier umsonst. Dumm fickt gut. Ich winke ab und verziehe mich von der Irren, die mir die Galle hochkommen lässt.

So tief bin ich schon gesunken. Zlatan verarscht mich, Marco auch und ich bin am Ende immer die Blöde, die heult. Krampfhaft versuche ich die Tränen zurückzuhalten. Ich dachte echt, er ist nicht so. Warum auch immer, ich hab es irgendwie tief in meinem Inneren gehofft, nachdem ich so sehr verletzt worden bin. Ich bin nicht verliebt oder verknallt in ihn, aber ich habe mich ihm geöffnet und er weiß, wie verletzlich ich in Wirklichkeit bin und das ist die Quittung. Es bestärkt mich wieder darin, dass es keinen Zweck hat, den Menschen die Wahrheit zu sagen. Sie enttäuschen einen ja doch nur wieder. Mein Herz erinnert sich an den flammenden Schmerz, den Zlatan gesäht hat und ich gieße mir mein Glas voll. Wodka. Pur mit Eiswürfeln. Hallo, da ist heute doch wieder nur so ein Tag, an dem mein verficktes Leben den Mittelfinger verdient! Super.

Traurig stürze ich das Gesöff hinunter und huste kurz, weil meine Kehle so brennt. Niedergeschlagen beobachte ich all die fröhlichen Menschen in meinem Garten und wünsche mir nichts sehnlicher, als sie einfach rauszuwerfen und mich sinnlos zu betrinken, um mein Herz zu betäuben. Marcos Aktion hat den Schmerz aufgefrischt und fast auf ein neues Level gebracht. Ich bin so fertig, dass ich mir freiwillig auch noch den letzten Stich versetze und in meinem Handy wieder nach Zlatans Liebeseben suche.

Und Tatsache. Die Gerüchte sind mittlerweile dann doch so konkret, ebenso die Bilder dazu, dass sich jeder einen Reim darauf machen kann. Auch ich. Ich habe ihn endgültig verloren und der Kerl, der sich in meine Nähe geschlichen hat, jagt mir ohne Vorwarnung gleich den nächsten Pfeil in die Brust. Seufzend setze ich mein aufgefülltes Glas wieder an. Ich leere es in einem Zug. Der leicht bittere Geschmack vermischt sich auf meinen Lippen mit salzigen Tränen und ich ziehe die Mauern wieder hoch. Ich stecke den Kopf in den Sand und gehe hinauf in mein Zimmer. Dort klettere ich umständlich über mein Fensterbrett, sodass ich auf dem Vordach lande. Mit wackeligen Knien setze ich mich, die Wodkaflasche und meine Zigaretten habe ich ebenfalls mitgenommen.

Danke Universum. Das war's also? Dafür habe ich die Liebe meines Lebens aufgegeben, nur damit du mir immer und immer wieder in den Arsch trittst und mir sagst, dass ich an allem selbst schuld bin?! Mein Herz pumpt heftig als ich den ersten Zug der Zigarette inhaliere. Ich habe ewig nicht mehr geraucht, ich wollte es auch nie wieder tun. Zlatan zuliebe habe ich es damals gelassen. Doch den interessiert das ja eh nicht mehr. Der Nikotinflash haut mich um, gut dass ich sitze. Mir wird schwindelig und ich bin froh darüber. Wieder tropfen Tränen mein Kinn hinab und ich ziehe meine Heels aus. Das hat doch alles keinen Sinn mehr hier.

Grübelnd streichen meine Fingerspitzen über die Innenseite meines linken Handgelenks. Die Narben sind verblasst und nur noch zu erahnen. An diesen Punkt will ich nie wieder zurück. Mit 16 war ich so tief in den Strudel der Selbstzweifel, Verlustängste und Verzweiflung geraten, dass ich mich selbst verletzt hatte. Immer und immer wieder, es glich einer Sucht, einem Hilfeschrei. Doch nur ich selbst war am Ende in der Lage das zu beenden. Es kostete viel Kraft, fühlte sich teils unmöglich an, aber ich schaffte es. An diesen Punkt bringt ihr mich nicht! Dahin gehe ich nicht zurück!

Wütend trinke ich einen großen Schluck und spüre die heißen Tränen auf meinen Wangen. Der Drang, den ich verspüre, wird fast unerträglich. Alles in mir schreit danach es doch wieder zu tun, nur um einen anderen Schmerz zu empfinden als den, der mein Herz erdrückt. Es ist wie bei einem Junkie, der es schafft wieder clean zu werden. Irgendwann im Leben kommt der Punkt, da erscheint nur das Eine als Lösung. Meine rechte Hand umklammert mein linkes Handgelenk und ich schluchze. Ich will das nicht, aber ich zerreiße fast vor Schmerz und Selbstzweifeln. Verschwommen wirkt die Aussicht vor mir und ich ringe schwer mit mir. Anstatt der alten Sucht nachzugeben, betrinke ich mich weiter. Es ist auch eine Art sich zu zerstören, dass weiß ich, aber es ist weniger offensichtlich am nächsten Tag. Einen Kater kann man auf die Party schieben, frische Wunden am Handgelenk weniger. Mir wird schlecht von dem Wodka und ich lege eine Pause ein.

Ich bin zu einem solchen Wrack geworden, nur wegen einem einzigen Menschen. Wie ist das möglich? Die Dunkelheit bricht langsam herein und ich sehe der Sonne zu, wie sie untergeht. Ich kann einfach nicht glauben, dass das alles gewesen sein soll. Was ist denn das für ein Ende? Ja, es fühlt sich an wie mein Ende. Ich freue mich nicht mehr auf St. Tropez. Ich will dort nur noch vergessen. Koste es, was es wolle. Mein Herz versucht dem vielen Alkohol standzuhalten und schlägt schmerzhaft schnell. Doch es erinnert mich daran, dass ich noch lebe. Dass ich an dem ganzen Dreck noch nicht verreckt bin, so sehr ich es mir auch gerade wünsche – aber noch lebe ich.

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Also als Erstes:

 Entschuldigung an alle Mädels da draußen, die Chantal heißen - ist nicht böse gemeint! Mir kam einfach dieser Name in den Sinn, keine Ahnung wieso... :D

Zweitens: Seine Probleme in Alkohol ertränken oder anderes hilft nicht wirklich - glaubt mir das einfach mal - also Finger weg ^^

Drittens: hoffentlich hat euch das Kapitel gefallen ? Wie findet ihr Marcos Aktion? Wie hättet ihr reagiert?

Viertens: Danke für eurer Feedback und ich freue mich sehr, dass euch die Geschichte gut gefällt!!

Bussi,

eure Mercy aka Floraly ❤

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