f i v e

Es gibt zwei Dinge, die in einer High School für Aufregung sorgen: Nudes und Schlägereien.

An dieser High School scheint wohl eher Letzteres das Problem zu sein. Wenn ich an die Stuyvesant High School in New York zurückdenke, erinnere ich mich eher an wilde Nacktfotos, die auf Snapchat schneller rumgingen als ein Lauffeuer und die immer wieder auftauchten, obwohl die Schüler wussten, wie vertrauenswürdig solche Bilder behandelt wurden - nicht.

Erschrocken blicke ich einen großgewachsenen Jungen mit dunkelbraunen Haaren und wütenden Augen an. Mit geballten Fäusten steht er vor jemandem, der von der Menge an Leuten, die sich bereits um das Geschehen herum versammelt haben, verdeckt wird. Seine Arme bis hin zu seinem Hals sind vollständig tattoowiert und aufgrund des T-Shirts gut erkennbar. Merkwürdig, denke ich mir. Ich kenne niemandem in meinem Umfeld, der bereits so jung so viele Tattoos am Körper trägt.

„Ach du Scheiße", murmelt Maya. „Warum wurde der denn entlassen?"

Verwirrt sehe ich sie an und sie wirft mir einen geheimnisvollen Blick zu. „Das ist Zane Garcia, Adelines Exfreund. Und der besagte Mordverdächtige, von dem ich dir gestern erzählt habe."

Augenblicklich zieht sich mein Herz zusammen und eine Gänsehaut überkommt mich. Ich sehe den Jungen an und habe automatisch das Gefühl, dass sich meine Sichtweise zu ihm in dieser Sekunde verändert. Wie soll man mit jemandem umgehen, der jemand anderen umgebracht hat?

„Du blöder Bastard, wenn ich mit dir fertig bin, wirst du dir wünschen mich niemals kennengelernt zu haben", brüllt er und ich senke den Kopf ein wenig, um erkennen zu können, wenn der hochgewachsene Dunkelhaarige in dem Moment am Kragen packt. Ein kleines bisschen Schadenfreude überkommt mich, als ich Leos Gesicht erkenne. Geschieht ihm Recht. Am liebsten würde ich den Jungen anfeuern, doch das würde definitiv gegen meine eigene Moral verstoßen.

„Was tut er da?", frage ich, erwarte jedoch keine Antwort. Es ist offensichtlich, was dort geschieht. Und kaum habe ich den Gedanken zu Ende gedacht, landet auch schon die erste Faust in Leos grinsende Grimasse.

„Warum lässt man einen Mörder auf freien Fuß herumlaufen?", höre ich diesen fragen und kann nicht anders, als ihm zuzustimmen. Denn genau diese Frage konnte ich mir bis dato ebenfalls noch nicht beantworten.

Der dunkelhaarige Typ bleibt wie versteinert stehen und blickt ihn wütend an. „Du weißt ganz genau, dass ich ihr niemals etwas antun würde. Ich hätte ihr niemals was getan, nicht einmal ein Haar hätte ich ihr gekrümmt. Das wisst ihr Wichser alle ganz genau!", er blickt um sich und scheint völlig außer Kontrolle. „Jeder einzelne von euch kommt eher in Frage als ich - aber natürlich, schicken wir lieber mich vor. Was macht es denn mir schon aus, wenn ich verdächtigt werde?" er schnaubt wütend und spuckt direkt vor Leos Füße. „Und du Bastard bist derjenige, dem ich es am meisten zutraue."

Leo, der immernoch grinsend, jedoch mit einer blutigen Nase in gebückter Haltung vor ihm steht, zuckt mit den Schultern. „Selbst wenn. Du hast sowieso schon genug auf dem Kerbholz. Du verdienst es, in den Knast zu kommen. So wie dein lächerlicher Bruder."

Der Dunkelhaarige versteinert sich und blickt ihn völlig entsetzt an. „Das wirst du noch bereuen, Young." Er dreht sich mit einem Ruck um und drängt sich durch die Menge. „Das werdet ihr alle bereuen."

Er kommt direkt auf mich zu und drängt sich links von mir an allen vorbei, die dem Gang füllen und neugierig das Geschehen beobachten. Ein Hauch Parfüm und der Duft von frisch gewaschenen Klamotten mischen sich mit Zigarettengestank.

„Er scheint ziemlich wütend zu sein", stelle ich fest und Maya lacht leise auf. „Völlig verständlich. Der Typ hat ein Ermittlungsverfahren am Hals, das es in sich hat. Ich wäre auch wütend. Vorallem wäre ich wütend auf die Person, die ihn verpfiffen hat."

„Verpfiffen?", frage ich verwirrt.

„Irgendwer muss der Polizei gesteckt haben, dass es zwischen ihm und Adeline nicht mehr so gut lief. Somit ist er der einzige, der ein Motiv hat", meint sie und zuckt mit den Schultern.

Nachdenklich blicke ich zur Türe, durch die Zane wenige Sekunden zuvor das Schulgebäude verlassen hat. Sieht so ein Mörder aus?

„Glaubst du, er war es?", frage ich und Maya nickt zögerlich.

„Wenn nicht er, wer dann?"

Ich seufze und zucke ebenfalls mit den Schultern. Ich blicke zu Leo, um mich zu vergewissern, dass der Schlag ihn schön mittig getroffen hat, doch dieser scheint sich bereits aus dem Staub gemacht zu haben. Innerlich hoffe ich, dass seine Nase zumindest einen leichten Knacks abgekriegt hat, sodass seine nahezu perfekte Visage zerstört ist.

„Ich frage mich, wieso er Leo so angeht", meint Maya nachdenklich. Das frage ich mich auch.

Die Wut, die dieser Junge in sich trägt, scheint immer noch im Raum zu hängen. Verspürt jemand, der jemand anderem das Leben genommen hat, solch eine Wut?

Und was treibt jemanden dazu, jemand anderem das Leben zu nehmen, obwohl man diesen Jemand liebt?

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ich bin so ein schlechter mensch, es tut mir leid, dass ihr für updates mindestens zwei jahre wartezeit habt

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