Viertes Kapitel
Erschrickt fuhr ich hoch und sog die warme Luft ein. Von der schnellen Bewegung fing mein Kopf an zu dröhnen. "Schon gut", murmelte eine verschlafene Stimme neben mir und ein Arm zog mich zurück neben den warmen Körper. Ich blinzelte ein paar Mal, doch hinterfragte es nicht lange und kuschelte mich hinein. Erst nach ein paar Sekunden wurde mir klar zu wem die Stimme im Dunkeln gehört hatte und ich riss meine Augen auf. Außerdem fiel mir der samtig weiche Stoff der Decke und die glatte Haut neben mir auf, die sich ohne Barriere einfach an meinen Körper schmiegte. Sofort war ich hellwach, auch wenn ich noch ein wenig die Nachwirkung des Weines spüren konnte. Natürlich fühlte es sich angenehm an, doch in meinem Kopf schienen tausend Alarmglocken zu läuten. Neben mir konnte ich wieder den ruhigen Atem des Prinzen vernehmen, doch er würde sicher aufwachen, wenn ich mich aus seinen Armen stehlen würde. Mit diesem Grund versuchte ich meinen Kopf zu beruhigen und entspannte mich ein wenig. Das würde so schnell vermutlich nicht mehr passieren, weshalb ich es einfach genießen sollte.
Ich schmiegte mich kaum merklich etwas mehr an ihn und schloss meine Augen wieder. Doch ich achtete darauf nicht mehr einzuschlafen. Ich musste unbedingt rechtzeitig zurück in meinem Zimmer sein, damit Naira nichts bemerkte. Die Zeit verging nur langsam, doch das war mir sehr recht. Irgendwann legte ich sanft meine Hand auf seine Brust und verfolgte das gleichmäßige Heben und Sinken. Von da an machte ich mir keine Sorgen mehr und genoss den Moment. Ich war mir auch gar nicht mehr so sicher, ob Legolas überhaupt noch schlief, als sich der Rhythmus kaum merklich änderte. Auch seine Finger auf meiner anderen Seite, fingen an sanft über meinen Oberarm zu fahren. Ich war froh, dass die Situation nicht komisch war, da einiges von letzter Nacht immerhin auf den Wein zurückzuführen war. Doch auch er schien es nicht zu bereuen, wenngleich seine Augen weiter geschlossen waren.
"Du musst gleich gehen", hauchte er leise, doch regte sich immer noch nicht. Ich nickte kaum merklich und spürte, wie sich die Freude in mir etwas verflüchtigte. Der Wein war zu einem Teil auch eine Ausrede gewesen. Ich wollte nicht mehr gehen. Ich lag gerade so angenehm neben ihm und hatte mich mit dem Gedanken an letzte Nacht angefreundet. "Legolas", fing ich an und war selbst darüber überrascht, wie wenig es mir ausmachte ihn so anzusprechen. Er brummte kurz. "Wie willst du das hier weiterführen?" Ich schaute zu ihm hoch und endlich öffneten sich auch seine Augen um einen schmalen Spalt. "Willst du es denn weiterführen?" Mir lief ein unangenehmer Schauer über den Rücken. Seine Finger strichen jedoch weiterhin unermüdlich an meinem Arm entlang.
"Ich denke du bist derjenige, der beurteilen kann, ob wir das überhaupt können", antwortete ich leise und fing auch an kleine Kreise auf seiner Brust zu malen. Auch, weil ich nicht wusste, wie er empfand und es mir ein wenig unangenehm war. "Hier auf jeden Fall schon, wenn wir zurück sind wird es etwas schwieriger, vor allem ohne deinen Titel", erklärte er und lächelte ein wenig zum Ende hin. Ich seufzte und verdrehte ebenfalls lächelnd leicht meine Augen. "Du willst mir also ein adeliges Leben aufzwingen?" Er grinste etwas schadenfroh und legte sich auf die Seite, um besser mit mir reden zu können. Dabei rutschte meine Hand leicht nach unten, doch berührte weiterhin seine Haut. Er nahm seine freie Hand und fuhr damit langsam von meiner Schulter weiter meinen Oberkörper entlang bis zu meiner Hüfte. "Es war nur eine Feststellung", murmelte er dabei und hielt den Blickkontakt aufrecht. Ich seufzte und drückte meinen Kopf gegen seine Brust. "Ich muss zurück auf mein Zimmer", brummte ich nach ein paar Sekunden und trennte mich stöhnend von ihm. "Ich könnte dir Bruchtal zeigen, dann ist es nicht es nicht so auffällig, wenn wir reden", schlug Legolas vor, während ich mich anzog. Ich musste lächeln. Er hatte recht. Wir sollten uns auch offiziell anfreunden, um irgendeine Chance zu haben. Naira würde zwar fragen warum so plötzlich der große Prinz jemandem wie mir einfach die Stadt zeigte, doch das würde ich schon irgendwie erklären können.
"Treffen wir uns später draußen. Ich muss mich noch umziehen und mit Naira reden", lächelte ich und nahm den Mantel von dem Bettende. Legolas setzte sich auf, worauf ich ihm noch einen schnellen Kuss gab, bevor ich mir meine Kapuze wieder überwarf und das Zimmer mit einem Blick zurück verließ. Ich war mir sicher, dass ich noch nicht wirklich realisiert hatte, was gerade passiert war, doch ich war froh die paar Stunden Schlaf gehabt zu haben. Nach so einer Reise gingen zwei schlaflose Nächte auch nicht spurlos an einer Elbin vorbei. Ich versuchte möglichst still in mein Zimmer zu schleichen und kramte so weit in meinem Bett herum, bis es benutzt aussah. Zu dem Gepäck konnte ich einfach sagen, dass ich zu erschöpft gewesen war, es auszuräumen.
Es vergingen keine paar Minuten, bis es an der Tür klopfte, nachdem ich fertig war. Ich atmete noch mal kurz durch und öffnete sie. Vor mir stand wieder Erwartens nicht Naira, sondern eine andere Elbin, die mich begrüßte und mir mein Essen auf einem Tablett hinhielt. "Oh, danke", sagte ich schnell und nahm es an. Ich war es nicht unbedingt gewohnt mein Essen aufs Zimmer geliefert zu bekommen. Sie verabschiedete sich noch höflich und ging dann zur nächsten Tür. Ich schloss die meinige und machte mich gierig über mein Frühstück her. Das beste Mittel gegen einen Kater war immerhin Essen.
Doch mal wieder wurde ich kurz darauf durch ein Klopfen gestört. Ächzend stand ich auf und stolperte hin. "Guten Morgen", grinste Naira gut gelaunt und kam mit einem Teller in der Hand in mein Zimmer. Ich unterdrückte ein Seufzen und setzte mich zu ihr zu dem Tisch. Eigentlich hatte ich auf ein ruhiges Frühstück gehofft. "Und? Wohin gehen wir zuerst?", fragte sie energiegeladen und aß nur halbherzig ihr Essen. Ich zögerte kurz. Daran hätte ich denken sollen! Natürlich wollte sie, dass ich ihr Bruchtal zeigte! Doch ich war mir nicht so sicher, ob Legolas trotzdem mitkommen wollte.
"Ich weiß nicht. Was willst du denn sehen?", fragte ich also zurück und versuchte etwas geziemter zu essen. "Vielleicht gehen wir einfach mal ein bisschen herum", lächelte meine Freundin nicht weniger motiviert. Auch ich ließ mich ein wenig von ihr anstecken. Während sie schon fertig war und ich noch aß, saß sie zappelig vor mir und schaute mich ungeduldig an, bis ich schließlich aufgab und ihr aus meinem Zimmer folgte. Das Wetter war schon viel besser geworden. Vereinzelte Wolken waren noch zu sehen, doch es war kein Tropfen mehr zu erwarten. "Was ist dort?", fragte Naira schließlich und zeigte auf eine steinerne Brücke. "Der Weg zu Elronds Haus. Guten Morgen", beantwortete eine Stimme hinter uns ihre Frage. Ich musste mir ein Lächeln verkneifen, als wir uns zu dem Prinzen umdrehten. "Guten Morgen", antwortete ich und neigte brav meinen Kopf vor ihm. Naira vollführte sogar einen kleinen Knicks.
"Du warst auch länger nicht mehr hier, nicht wahr?", fragte er an mich gewandt und lächelte wissend. Ich war ihm dankbar für die gute Überleitung. "Bis zur Versammlung kann ich euch ein wenig zeigen", sprach er weiter und erwartete nicht wirklich eine Antwort. Ich konnte den fragenden Blick neben mir auf meiner Schulter brennen spüren, doch folgte einfach Legolas. Ich konnte und wollte ihre Fragen nicht beantworten.
Von der Weiten konnte ich einige Menschen erkennen, welche gerade angekommen waren. "Das ist Belegorn, Sohn von Herion dem Truchsess von Gondor", stellte Legolas ihn von der Weiten vor, doch schenkte ihm nicht viel mehr Beachtung. Menschliche Könige kamen und gingen, wenn man nicht gerade Prinz oder König war, so gab man sich meistens nicht die Mühe, Überblick über die Herrscher zu behalten.
"Wer wird noch zur Versammlung kommen?", fragte Naira interessiert. Sie mehr angetan von solchen Dingen als ich. "Thorin Sohn von Thráin, habe ich schon gesehen und mit Elrond wären wir dann vollzählig", erklärte er. "Was ist mit Arnor?", fragte ich und meinte mich an das Königreich aus meiner Schulzeit erinnern zu können. Ich sah den Prinzen verwirrt an, als er ein leises Lachen nicht unterdrücken konnte. "Das ist schon vor über 1500 Jahren zerfallen", flüsterte er mit einem belustigen Seitenblick und ging dann weiter. Auch Naira grinste und folgte ihm schnell. Ich seufzte leise und ging ihnen hinterher. Was interessierten mich solche Königreiche, die so ewig weit weg waren?
"Aber das sind dann doch gar nicht so viele Königreiche?", fragte ich weiter, als ich aufgeholt hatte. "Es sind alle, die gerade relevant sind. Lothrórien hat sich schon vor langem von solchen Versammlungen losgesagt", erklärte er weiter und zuckte mit den Schultern.
Die Führung war nicht besonders lang, da Legolas um die Mittagszeit auch schon zur Versammlung musste. Ich beneidete ihn nicht darum und war froh meine Freizeit zu haben. Bruchtal war wirklich ein wunderschönes Reich, wenngleich wir hauptsächlich in der Stadt blieben. Für Ausritte oder größere Ausflüge war morgen noch Zeit. Immer mehr vergaß ich den Grund, warum ich Reisen nicht mochte und passte mich an die wunderschöne Umgebung an. Ich verstand nun endlich wovon Legolas in der Nacht auf der Herreise gesprochen hatte. Es musste wirklich langweilig sein immer nur in den Hallen festzusitzen, wenn man wusste, dass so etwas in Reichweite lag.
"Melian!", rief plötzlich jemand hinter mir und riss mich aus meinen Gedanken, während wir auf einem der Balkone standen und die Aussicht genossen. Ich drehte mich interessiert um, da ich die Stimme nicht erkannt hatte. Vor mir stand ein hoch gewachsener Elb. Er hatte braune Haare und von seinen Gesichtszügen erinnerte er mich an irgendwen, ich konnte nur noch nicht sagen an wen. "Du erinnerst dich wahrscheinlich nicht mehr an mich, oder?", fragte er und hatte einen wissenden Gesichtsausdruck aufgesetzt. Ich blickte verwirrt zurück. Ich hatte wirklich das Gefühl ihn kennen zu müssen. "Haldir", versuchte er meine Erinnerungen aufzufrischen, worauf sich mein Gesicht erhellte. "Oh, ja natürlich! Das ist doch schon ewig her! Wo ist Gildor?", fragte ich erfreut. "Ich bin mir nicht sicher, vermutlich ausreiten. Schön dich zu sehen", erwiderte er und kam näher. "Ein bisschen Kontext?", lachte Naira etwas verwirrt und schien etwas peinlich berührt. Ich hatte komplett vergessen, dass sie immer noch neben uns stand. "Achso, Naira, das ist Haldir, mein Cousin", stellte ich sie schnell einander vor und sie neigten gegenseitig kurz den Kopf.
"Ah, ich erinnere mich gerade, ich weiß, wo mein Bruder ist, komm mit", lächelte er und drehte sich schon um. Etwas aufgeregt folgte ich ihm schnell. Ich hatte Gildor immer lieber gemocht als Haldir, doch wusste nicht genau warum. Es breitete sich einfach ein ungutes Gefühl in meiner Magengegend aus, wenn er mir zu nahekam. Vielleicht war es irgendein Erlebnis aus meiner Kindheit gewesen? Doch das war schon ewig her, es konnte inzwischen alles aus ihm geworden sein.
"Mein Vater wird sich freuen dich wiederzusehen. Deine Eltern kommen uns nur selten hier besuchen", sprach Haldir glücklich und warf mir einen Blick zu. Ich versuchte nicht das Gesicht zu verziehen. Mir war plötzlich war, warum ich diese Abneigung verspürte. Von meinem Vater hatte ich viele Geschichten über seinen Bruder und seine Söhne gehört, wenngleich Gildor sich ziemlich von dem Rest seiner Familie unterschied.
Also nickte ich nur kurz und versuchte zu lächeln. Sein Vater war der Schlimmste von allen. Er war extrem rechthaberisch und wenn mal etwas oder jemand nicht nach seiner Pfeife tanzte, so wurde er schnell aggressiv und körperlich. Meine Eltern hatten damals einen ziemlich großen Streit mit ihm, da er auch meine Mutter ein paar Mal geschlagen hatte und hatten ihn damit aus dem Düsterwald vertrieben. In Bruchtal hatte er dann seine Frau kennengelernt, welche allerdings im Letzten Bündnis ums Leben gekommen war. Ich hatte sie nie kennengelernt und auch ihre Söhne konnten sich, soweit ich wusste, nicht an sie erinnern. Ich hasste es so zu denken, doch vermutlich war ihr mit ihrem frühen Tod viel gespart geblieben.
"Wie kommen wir eigentlich zu der Ehre mal wieder dein Gesicht hier zu sehen?", fragte er, als wir schon einiges weiter waren. Ich hatte die Zeit in meinen Gedanken gar nicht bemerkt. "Eigentlich hast du das Naira zu verdanken", lächelte ich und wandte mich wieder meiner Freundin zu. Diese schien ernstgemeint nett zurückzublicken. Sie kannte die Geschichten über ihn schließlich auch noch nicht. "Ich wollte schon ewig hierher kommen", stimmte sie mir zu und nickte. "Na dann hoffe ich, ist es nicht so schlimm, wenn wir jetzt in den weniger passenden Bereich für Leute wie uns gehen", grinste er etwas boshaft, als wir die Stallungen betraten. Ich fühlte eine leichte Welle der Abneigung in mir aufkommen, doch überspielte sie mit meiner Freude endlich Gildor am Ende des Ganges zu sehen.
"Hey, Gildor! Schau mal wen ich da mitgebracht habe!", rief Haldir neben mir und blieb stehen. Sein Bruder drehte sich überrascht zu uns um. "Melian!", rief er noch erfreuter, als Haldir zuvor und lief auf mich zu, um mich zu umarmen. Ich hoffte, dass sein Bruder es mir nicht zu übelnahm, dass ich das bei ihm nicht getan hatte. Doch als wir uns wieder trennten, konnte ich keinen Anflug von Wut in seinem Gesicht erkennen, was mich etwas erleichterte. "Und du bist?", fragte Gildor gut gelaunt an Naira gerichtet, welche ebenfalls angesteckt von seiner netten Art lächeln musste. "Naira." "Ein wunderschöner Name für eine wunderschöne Elbin", lachte Gildor, doch schien es offensichtlich nur spaßeshalber zu sagen, weshalb ich ein wenig meine Augen verdrehte. "Komm schon. Was tust du hier unten?", fragte ich und grinste glücklich. "Ich verbringe bloß ein wenig Zeit mit den Pferden. Ihr werdet wahrscheinlich mit dem Prinzen wieder zurückreisen, oder?" "Keine Sorge, bis morgen hast du uns auf jeden Fall noch am Hals", antwortete ich und wurde mir plötzlich wieder der Anwesenheit seines Bruders bewusst.
"Ich werde dann mal wieder nach oben gehen. Meine Frau erwartet mich", erklärte dieser, legte kurz seine starke Hand auf meine Schulter, worauf ich fast zusammenzuckte und ging dann. "Seine Frau?", fragte ich etwas überrascht. Mir war natürlich klar, dass er in den vielen Jahren ein Leben gehabt hatte, doch, dass nochmal jemand wie er eine Frau findet, hatte ich irgendwie nicht erwartet. "Ja", erwiderte er etwas gedämpft und wandte kurz seinen Blick ab, also hatte ich recht mit meiner Annahme. "Lasst uns nach oben gehen. Ich wette ihr zwei hattet noch kein Mittagessen", wechselte er schnell das Thema und ging an uns vorbei. Es war bereits später Nachmittag und erst jetzt spürte ich den Hunger in mir aufkommen. Zum Frühstück hatte ich immerhin ziemlich viel gegessen.
Das Essen der elbischen Küche war wirklich gut und natürlich speziell für Gäste zubereitet. Das Essen Zuhause war auch nicht schlecht, doch eben nichts Besonderes mehr. Zur Abwechslung aßen wir diesmal auch nicht in unseren Zimmern, sondern mit ein paar anderen unter denen auch Aldon und Helevorn waren. Gildor hatte sich schnell mit den beiden angefreundet und ich hatte das Gefühl, dass Naira auch froh war, mal einen anderen Gesprächspartner zu haben. "Melian?", fragte schließlich Gildor leise neben mir, als wir längst fertig waren mit Essen und nur noch redeten. Ich sah ihn fragend an und lehnte mich ein wenig in seine Richtung. "Ich will noch mit dir über etwas reden", hauchte er und sah mich dabei eindringlich an. Ich nickte knapp, legte Naira meine Hand auf die Schulter und stand auf. "Wir sind draußen. Du brauchst nicht auf mich zu warten", flüsterte ich ihr noch zu, bevor wir schnell gingen. Es interessierte mich wirklich über was er nach so vielen Jahren mit mir reden wollte. Es schien ihm immerhin wirklich am Herzen zu liegen.
"Also?", fragte ich ernst, als wir an einem der Geländer vor einem Fluss standen. Es war schon dunkel und nur die Lampen um uns herum spendeten noch Licht. "Ich würde gerne in den Düsterwald zurückkommen." Ich hob überrascht meine Augenbraun. "Es ist nur mit Haldir und meinem Vater... ich fühle mich einfach nicht mehr richtig hier", sprach er leise weiter und fühlte sich sichtlich unwohl. Ich nickte sanft und legte meine Hand auf seinen Arm. "Ich werde fragen, ob das möglich ist", erwiderte ich und lächelte leicht. Auch, wenn ich nur noch Kindheitserinnerungen an ihn hatte, würde es mich freuen ihn im Düsterwald zu haben. "Danke", antwortete er erleichtert und auf eine kleine Geste von ihm umarmten wir uns kurz. "Ich wollte noch mal wegen Haldirs Frau fragen", fing ich leise an und schaute ihn erst an. Er seufzte kurz. Es schien nicht unbedingt ein Thema zu sein, worüber er reden wollte. "Ich kann nichts dagegen tun und du genauso wenig." "Sie hat es sich nicht ausgesucht mit jemandem wie ihm verheiratet zu sein!", antwortete ich etwas aufgebracht, doch hielt es leise. "Das weißt du nicht!" Er atmete kurz durch und sah sich um. "Ich glaube, wenn es so schlimm wäre, dann könnte sie sich irgendwie retten." "Woher willst du das wissen?", fragte ich verständnislos. Er konnte doch nicht so einfach zusehen? "Und du weißt es besser, oder was? Du warst seit über 1000 Jahren nicht mehr hier und hast sie noch nie gesehen." "Deswegen habe ich dich ja auch gefragt!" Inzwischen wurde ich fast schon ein wenig wütend. Er hatte mit dem Blick in den Stallungen klargemacht, dass bei dieser Ehe etwas nicht stimmte und nicht ich!
"Schon klar. Aber wie gesagt, wir können beide nichts dagegen tun, also lass es einfach", beendete er das Gespräch einfach, drehte sich um und ging. Ich wollte hinterher, doch entschied mich schnell anders. Er würde seine Meinung nicht mehr ändern und hatte auch irgendwo recht. Vielleicht könnte ich etwas dagegen tun, wenn so etwas im Düsterwald geschehen würde, doch nicht hier. Hier war ich nur eine Besucherin. Also warf ich noch einen Blick auf das plätschernde Wasser und ging dann nach drinnen. Ich musste wieder etwas runterkommen und hatte auch nicht wirklich Lust jetzt mit Naira zu reden, weshalb ich mich auf den Weg zu einem Ort machte, an dem ich früher oft war. Es war ein abgelegener Balkon, an dem ich bis jetzt noch nie jemand anderen gesehen hatte. Als Kind hatte ich ihn entdeckt, nachdem ich einen Streit mit meinen Eltern hatte.
Auf dieser Seite der Stadt war es kälter und nur ein kleiner Fluss rauschte darunter hervor. Hier konnte man auf einen der Berge schauen, der Bruchtal umgab. Normal war der weitere Blick in das Tal beliebt, weshalb hier nicht so oft jemand war. Es war auch nur eine dumpfe Lampe angebracht, weshalb ich erst spät sah, dass da noch eine Person stand, welche sich zu mir umdrehte. "Oh, verzeiht, ich wusste nicht, dass hier schon jemand ist", erklärte ich schnell und wandte mich um. Mir war klar, dass man seine Ruhe haben wollte, wenn man hier stand.
"Melian?", fragte die Gestalt bloß und ich hielt in der Bewegung inne. Wortlos drehte ich mich wieder zurück und kam ein Stück näher. "Was tust du denn hier?", fragte ich leise und musterte Legolas. Er zögerte. Ich dachte er würde in seinem Zimmer auf mich warten? Und ich war mir auch ziemlich sicher, dass er wusste, dass ich das annahm. "Du wolltest nicht, dass ich dich finde", flüsterte ich eher für mich selbst. Er seufzte leise und drehte sich wieder dem Ausblick zu. "Ich musste nur über etwas nachdenken", antwortete er schließlich und warf mir einen Blick zu, weshalb ich näherkam. "Du hast also einen Entschluss gefasst?", fragte ich und merkte wie meine Stimme zu versagen drohte. Ein Teil von mir hatte immer gewusst, dass das mit uns niemals funktionieren würde, doch ich hatte eben gehofft.
Er sah mich bloß lange an. "Warum bist du hier, wenn du dachtest, dass ich in meinem Zimmer wäre?", fragte er schließlich mit rauer Stimme. Ich senkte meinen Blick und legte meine Arme auf dem Geländer ab. Langsam spürte ich Feuchtigkeit in meinen Augen aufsteigen, doch blinzelte sie weg. "Ich wollte nachdenken, mir über einiges klar werden", antwortete ich. Wir beide schwiegen, standen nebeneinander und schauten bloß in die dunkle Landschaft hinaus. "Kann jemand dessen Eltern ursprünglich aus dem Düsterwald kommen, doch wo anders geboren wurde, wieder zurückkommen?", fragte ich schließlich, um die Frage endlich loszuwerden. Legolas sah mich überrascht an. Doch da war noch etwas anderen in dem Blick, das mir nicht gefiel. Ich konnte noch nicht wirklich sagen, was es war.
"Warum fragst du?" Ich begann mich etwas unwohl zu fühlen und schwieg wieder. "Der Elb, mit dem du vorhin geredet hast", stelle er trocken fest. Ich hob überrascht meine Augenbraun und wandte mich ihm zu. In seinem Gesicht stand ein wenig Enttäuschung, als er nickte und wieder wegschaute. Langsam wurde aus meinem überraschten Ausdruck ein Lächeln, bis hin zu einem Grinsen. "Legolas, er ist mein Cousin", lachte ich leise und genoss seine überraschte, peinlich berührte Reaktion. Ich legte meine Hand auf die seine, als er mich sprachlos ein paar Sekunden angesehen hatte und nicht wusste, was er sagen sollte. Er hob seinen Daumen an und strich damit kurz über meine Hand, als er durchatmete und damit den vorherigen Kommentar verdrängen wollte.
"Du weißt, dass ich bei solchen Dingen nicht das letzte Wort habe, aber er kann morgen mal mitkommen", antwortete er und lächelte leicht. Ich nickte leicht und hauchte ein "Danke", bis ich wieder meine Stirn ein wenig runzelte. "Außerdem, was interessiert es dich mit welchen Elben ich rede, ich dachte du hättest dich dagegen entschieden?" Nun konnte ich auf seinem Gesicht dasselbe Grinsen, das ich vorher hatte, entdecken. "Ich habe nicht gesagt, dass ich darüber nachgedacht habe. Natürlich auch, aber ich kann darüber nicht einfach eine Entscheidung ohne dich treffen", erklärte er und griff mit seiner anderen Hand nach der meinigen. "Ich dachte wir hätten heute Morgen geklärt, dass nur du sagen kannst, ob das überhaupt möglich ist", antwortete ich und trat ein kleines Stück näher. "Trotzdem wäre es nicht fair das ohne dich zu machen", er setzte einen ernsteren Gesichtsausdruck auf, "Außerdem bist du diejenige, die das Gerede abbekommt, wenn es nicht funktioniert." "Und deinen Vater", vervollständigte ich seinen Satz und merkte, wie ich ein wenig zusammensackte. Er zog seine Hand unter der meinen hervor und legte sie an mein Kinn. "Ich werde dir nichts befehlen oder dich zu etwas überreden, wenn du es nicht willst." Ich lächelte fahl und kam so weit näher, dass ich meinen Kopf auf seiner Schulter ablegen konnte und er seine Arme um mich schloss. Mir war klar, was damit unterschwellig ausdrücken wollte: Wenn ich meinen Adelstitel wieder vollkommen annahm, wäre das Ganze um einiges einfacher. Doch er war immer noch ein Prinz und konnte nicht mit jedem etwas anfangen.
"Über was hast du sonst nachgedacht, wenn nicht über das?", murmelte ich in den Stoff hinein. Er schüttelte leicht den Kopf. "Nichts Wichtiges. Du musst dich nicht darum kümmern", erwiderte er sanft und ich krallte meine Finger ein wenig mehr in seinen Rücken. Warum mussten es seine Arme sein, in denen ich mich so geborgen fühlte? Warum konnte ich mich nicht einfach in irgendeinen anderen Elben verlieben, der in meiner Reichweite war?
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