Neuntes Kapitel
Als ich aufwachte hatte ich keine Chance irgendwie festzustellen, wie spät es war. Die anderen schliefen selig noch neben mir, doch sie waren wohl auch etwas erschöpfter als ich und mein Körper sagte mir, dass es Zeit war aufzustehen. Außerdem interessierte mich die Geschichte des Menschen und der Elbin zu sehr, als dass ich jetzt weiterschlafen könnte. Also stand ich vorsichtig, um meine Bettnachbarin nicht zu wecken, auf und torkelte durch das tiefschwarze Zimmer dorthin, wo ich die Tür vermutete. Nach ein paar Versuchen schloss sich meine Hand um die Türklinke und leise drückte ich sie herunter. Licht strömte mir entgegen, als ich in den warmen Raum trat. Legolas stand gedankenversunken vor dem Kaminfeuer. Sonst war niemand zu sehen. Hatte er die ganze Nacht nicht geschlafen?
Ich schloss geräuschlos die Tür hinter mir wieder, trat neben ihn und legte eine Hand auf seinen Rücken. Er zuckte leicht zusammen und wandte sich mir ein wenig zu. Ich lächelte bloß und lehnte mich gegen ihn. Ich wollte ihn nicht bei seinen schweren Entscheidungen stören, nur zeigen, dass ich für ihn da war. Ein paar Minuten standen wir also schweigend nebeneinander und lauschten dem beruhigenden Knistern. Doch es war keine unangenehme Stille. Sie passte, wie sie war und tat uns beiden gut. "Inglor muss in die Hallen zurück", unterbrach Legolas schließlich das Schweigen und seufzte leise. Ich nickte leicht. Er zog seinen Arm zwischen unseren Körpern hervor und legte ihn um mich. "Aber ich muss herausfinden woher diese Hybriden kommen", vervollständigte er seinen Satz, worauf ich überrascht meinen Kopf von seiner Seite nahm. "Du kannst ihn nicht alleine zurückschicken." "Deswegen werden Elanor und du mitgehen. Es ist viel zu gefährlich." Ich drehte ihn fassungslos zu mir. "Viel zu gefährlich wäre es alleine eine Horde Warge jagen zu gehen", antwortete ich schließlich ernst. "Sie brauchen jemanden, der sie verteidigen kann." "Vor wem denn? Wenn das Rudel wieder angreift, dann kann ich genauso wenig ausrichten! Und vor anderen Gefahren können sie sich gut selbst beschützen! Sie haben genauso eine Ausbildung erhalten wie wir und haben genug Erfahrung!" Natürlich wurde ich nicht so laut, dass man es in den nächsten Raum hätte hören können, doch eben laut genug, um meiner Wut Ausdruck zu verleihen. Elanor und Inglor waren keine schlechten Kämpfer, nur, weil sie nicht so gut wie wir waren!
Er seufzte bloß und schüttelte den Kopf. "Meine Entscheidung ist gefallen, Melian." "Nein, das kannst du nicht einfach so tun!" Er kam nicht um ein leises Lachen. Natürlich konnte er das. Er musste es. "Du solltest es nicht tun", besserte ich mich schnell aus, worauf er seinen Kopf ein wenig schief legte. Ich griff nach seiner Hand. "Man sollte niemals alleine auf so eine Reise gehen, das weißt du so gut wie ich. Stell dir mal vor was dein Vater dazu sagen würde." Etwas genervt verdrehte er seine Augen. Das schien zumindest ein wenig gewirkt zu haben. "Melian..." "Es ist einfach zu gefährlich, bitte", hauchte ich leise und schaute ihn fehlend an, während ich seine Hand ein wenig drückte. Er zögerte ein paar Sekunden und gab dann einen Teil seiner Haltung auf. "Nun gut", knickte er ein und erlöst umarmte ich ihn. Es wäre wirklich keine gute Idee gewesen das alleine zu machen. Ich könnte es mir niemals verzeihen, wenn ihm etwas passieren würde und ich ihn hier alleine gelassen hätte. Nicht, weil er nicht auf sich aufpassen konnte, sondern weil es einfach Dinge gab, die man nicht alleine machen sollte. Das war etwas, was man sehr früh in der Ausbildung lernte, egal was für ein perfekter Kämpfer man auch war.
"Willst du mir jetzt erzählen was es mit der Elben und diesem Mann auf sich hat?" Er sah mich prüfend an und kniff leicht die Augen zusammen. Noch verwirrter schaute ich zurück. "Wir sollten die anderen wecken, die Sonne wird bald aufgehen", wehrte er nach ein paar Sekunden zögern ab und ging auf die Tür hinter mir zu. Ich seufzte leise, doch ließ es sein. Wenn er nicht darüber reden wollte, dann würde er das auch nicht und vielleicht würde er in den nächsten Tagen das Vertrauen, das er in mir suchte, finden. Und so lange würde ich auch warten. Ich hatte ihm schließlich auch gezeigt, wie wenig ich ihm eigentlich vertraute, auch wenn sich das inzwischen geändert hatte. Hinter mir konnte ich Legolas mit sanfter, doch bestimmter Stimme den Plan erklären hören. Zunächst kam keine Antwort, nur ein Knarren des Bettes, als jemand aufstand. "Was lässt euch glauben, dass ihr das überleben werdet, wenn ihr hier alleine seid?", fragte Elanor ernst und blieb in der Tür vor ihm stehen. Auch ich drehte mich nun zu ihnen um. "Zu zweit kann man schneller reagieren und sie sind nicht unbedingt unberechenbar." Ich lächelte leicht. Für andere Elben waren sie das vielleicht, doch ich vertraute ihm, ohne groß darüber nachzudenken, dass er inzwischen so viel mit diesen Tieren zu tun hatte, dass er das sehr wohl konnte. "Es ist deine Entscheidung, ich denke auch, dass Inglor zurück in die Hallen sollte, ich finde nur, dass ihr mitkommen solltet", antwortete Elanor immer noch nicht überzeugt, doch schien ihre Niederlage einzusehen. Ich hätte an ihrer Stelle mehr darauf bestanden meinen Kopf durchzusetzen, doch sie konnte sich einem Prinzen gegenüber nicht so viel leisten wie ich. "Ich muss mehr über sie herausfinden, bevor sie festen Fuß in unseren Landen fassen." "Und wie lange wird das dauern?" "Das weiß ich noch nicht. Vielleicht ein paar Wochen." Die Elbin war nicht unbedingt zufrieden mit dieser Antwort, doch seufzte und drehte sich um, um in das Zimmer zurückzukehren. Legolas' Blick fand kurz den meinen. Er schien auch nicht sonderlich erfreut zu sein, doch er hatte die richtige Entscheidung getroffen.
"Ihr drei geht schon einmal in die Höhle", befahl er, als auch Inglor mit roten, verweinten Augen, tiefen Augenringen und eingefallenem Gesicht, nach draußen trat. Ich wandte schnell meinen Blick ab. Er fühlte sich schon ohne mein Starren miserabel genug. Ich hatte mein Limit an Widersprechen erreicht, wodurch ich einfach nickte und vor ging. Elanor hatte weiterhin einen Arm um ihren Freund gelegt, um ihn ein wenig zu stützen. Der Weg durch das schmale Dunkel kam mir kürzer als gestern vor und war wieder von einem undurchdringlichen Schweigen geprägt. Sobald wir ins Dämmern des Morgens kamen, konnte ich einen Blick zu Inglor nicht verhindern. Seine Augen und Brauen zuckten unkontrolliert, als er das Durcheinander an Stoff, Wargen und... Teilen seines Bruders erkannte. Círdan war nicht wiederzuerkennen und alleine schon festzustellen, dass es ein Elb war, war für jemanden, der nicht wusste was hier vorgefallen war letzte Nacht, fast unmöglich.
"Inglor", hauchte ich leise. Ich wusste immer noch nicht, was ich tun sollte. "Schon gut", flüsterte er zurück, schaute zu Boden und schleppte sich nach draußen. Elanor nickte schwach, als Zeichen, dass es wirklich in Ordnung war, wenn ich mich einfach raushielt, und ging ihm hinterher. Ratlos blieb ich einfach stehen, wo ich war und wartete auf Legolas. Es kam mir wie eine Ewigkeit vor, bis er sich endlich aus dem Spalt drückte. Sein Gesichtsausdruck war ernst und nur kurz warf er mir einen Blick zu, bis er den anderen folgte. Die toten Körper würdigte er keines Blickes. Vor dem Eingang konnte ich die anderen sich verabschieden sehen. Elanor hob noch die Hand und lächelte mir zu. Inglor vergaß es wohl einfach. Seine Augen waren leer und schauten ins Nichts. Ich glaubte Legolas nicht, dass es ihn so kalt ließ. Als die beiden verschwunden waren, nickte mein Freund mir zu, worauf ich zu ihm kam. Die ersten Meter redeten wir nicht. Das hieß, dass er doch über die Erlebnisse nachdachte. Ich war mir nicht ganz sicher, was er zu finden versuchte, immerhin würde das Rudel uns mit Leichtigkeit in der Luft zerreißen, wenn wir ihm zu nahekamen, doch etwas anderes machte auch nicht wirklich Sinn? Erst, als wir uns zu einer Pause hinsetzten, sprachen wir lange miteinander. Ich vermied irgendwelche tiefer gehenden Themen. Er würde von sich aus anfangen, wenn es der richtige Zeitpunkt war. Jetzt war es einfach richtig, dass wir zusammen waren. Es war kalt und ganz offensichtlich war es nicht unbedingt Legolas Absicht wieder etwas tiefer zu gehen. Erst am Nachmittag fiel mir der Schnee um uns herum auf. Mein Atem formte kleine Wolken, welche sich schnell auflösten und meine Nase und Lippen wurden eiskalt. So kalt, dass ich meinen Schal irgendwann bis zu meinen Augen hinaufschob. Auch meinem Reisegefährten machte die Kälte offensichtlich zu schaffen - er beschwerte sich nur nicht so viel darüber wie ich. Es war schön so viel Zeit mit ihm alleine zu verbringen und wir ließen es uns nicht nehmen die ein oder andere Schneeballschlacht hinzulegen, um unseren Körper wieder in Fahrt zu bringen. Wenn das jemand aus den Hallen sehen würde, wäre das vermutlich nicht unbedingt das Passendste.
"Legolas", zitterte ich schließlich und blieb stehen. Er drehte sich fragend um. "Nach was suchen wir?" "Nach Hinweisen wo die Warge hergekommen sein könnten. Ist dir nicht aufgefallen, dass alle von ihnen Hybriden waren? Das heißt da muss irgendetwas dahinterstecken. Das passiert nicht natürlich", erklärte er mit einem Funkeln in den Augen, das ich zuerst nicht zuordnen konnte. "Geht es hier um Círdan? Um deine anderen Freunde, die bei ihm waren?" Eigentlich wollte ich warten, doch wenn ich hier wirklich weiter bei Minusgraden mit dem dünnen Mantel herumlaufen sollte, dann wollte ich auch wissen wofür. Sofort verdüsterte sich sein Gesichtsausdruck. "Ob du's glaubst oder nicht, aber ich habe noch andere Pflichten für dieses Königreich, als meine Freunde zu rechen. Und du musst langsam akzeptieren, dass ich das bin: Ein Prinz. Nur, weil ich in dich verliebt bin, heißt das nicht, dass ich gleichgestellt mit dir bin. Und du bist deswegen auch keine Prinzessin." Überrascht und auch etwas geschockt starrte ich ihn kurz an. Wo kam das denn jetzt her? Ich wollte mich über das Liebesgeständnis zwar freuen, aber war viel zu wütend über den Rest des Satzes. "Was soll das denn heißen? Ich habe niemals deine Autorität in Frage gestellt, geschweige denn mich als Prinzessin bezeichnet!" "Dann solltest du mir nicht bei meinen Befehlen widersprechen!" "Wir haben nur geredet und du hättest meinen Vorschlag nicht akzeptieren müssen!" Ich konnte einfach nicht verstehen, warum wir jetzt deswegen stritten? Warum hatte er mir nie etwas gesagt? Den ganzen Tag hatten wir uns wunderbar verstanden und nun das? Ich kam nicht um den Gedanken herum, dass das etwas mit seiner unterdrückten Trauer zu tun hatte. "Natürlich musste ich das, du würdest niemals ein Nein akzeptieren! Warum kannst du dich nicht als normalen Teil dieser Reisegemeinschaft sehen?" Ich zögerte eine Sekunde. "Legolas." "Nein! Warum musstest du dich einem direkten Befehl widersetzen?" "Legolas", wiederholte ich eindringlich und kam einen Schritt näher. Er sprach nicht mit mir. Er sprach mit Círdan, das war es, was die ganze Zeit raus musste und ich hoffte, dass er es schnell erkannte. "Nein, du solltest zurück in die Hallen. Ich mache das lieber alleine", wehrte er ab, doch schien zum Teil die Situation erkannt zu haben. "Ich werde dich doch jetzt nicht alleine lassen." "Doch wirst du! Verstanden?" Ich schaute ihn perplex an, doch er wandte sich einfach ab und rannte davon. Was war gerade passiert? Was?
Erst, als meine Glieder steif wurden von der Kälte, bewegte ich mich wieder und drehte mich um. Er war verschwunden und würde sowieso nicht so schnell seine Meinung ändern, auch, wenn das der Wutausbruch zu verschulden hatte. Ich konnte nur hoffen, dass er nun trotzdem auf sich auspasste. Immer noch etwas überfordert ging ich schließlich los bergab. Ich wollte eigentlich noch nicht nach Hause, wollte in gewissem Maße ihm nicht seinen Willen geben. Doch was sollte ich tun? Wie ein trotziges -lebensmüdes- Kind einfach hierbleiben? Ein Quicken unterbrach meine wirren Gedanken. In der Bewegung blieb ich stehen und erstarrte. Das war nicht wirklich ein bösartiger Ton gewesen. Langsam drehte ich mich auf die Seite einem Busch zu. Darunter kroch ein kleines Wesen hervor. Oder zumindest für das, was es war, war es klein. Misstrauisch beobachtete ich den kleinen Warg-Wolfs-Welpen, wie er noch etwas tollpatschig auf mich zu kam. Er sah nicht aus, als ob er mich gleich auffressen wollte, sondern eher, als ob er meine Hilfe suchte. Seine Eltern mussten ihn hier vergessen haben. Er hatte weißes Fell und blaue Augen, welche noch eine andere Farbe annehmen konnten. "Soll ich dich jetzt mitnehmen, oder wie?", murmelte ich leise und hockte mich hin. War nicht genau so eine Möglichkeit, das, was Legolas suchte? Mehr über die Wesen zu erfahren? Hier konnte ich mich sogar mit einem anfreunden und auch, wenn das nicht möglich war, so war ich immer noch weitaus stärker als er.
Also seufzte ich schwer und hob ihn hoch. Er wandte sich kurz, doch verstand dann und kuschelte sich unter meinem Mantel an meine Brust. Er blieb überraschend ruhig den Weg über und sobald er sich aufgewärmt hatte, war er genauso eine Wärmequelle für mich. Ich brachte uns so weit hinunter, dass die Temperatur auszuhalten war und machte dann vor einem Rastplatz ein Feuer, um das restliche Fleisch von Mittag zu braten. Ich teilte es mit ihm, wobei er es lieber roh haben wollte. Wir hatten natürlich auch Tierkunde gehabt, womit ich wusste, dass Warge extrem schnell wuchsen. Er war zwar nur zur Hälfte ein Warg, doch das würde reichen, damit er in wenigen Wochen ausgewachsen war. Deswegen war es umso wichtiger, dass ich jede freie Sekunde mit ihm verbrachte, um sein Vertrauen zu gewinnen. Ich musste zugeben, dass ich es in gewissem Maße von Anfang an hatte, da ich ihm das Leben gerettet hatte, doch trotzdem wollte mein Misstrauen einfach nicht komplett von mir fallen. Ich zögerte lange, bis ich ihn das erste Mal alleine Jagen gehen ließ. Ich konnte mir immerhin nicht sicher sein was er da jagte. Unser Tagesablauf hatte sich schnell routiniert. Wir wechselten oft Lagerplätze, um nicht angegriffen zu werden, doch trotzdem war ich, die eigentlich Reisen nicht mochte, zufrieden. Ich wusste selbst nicht ganz warum. Vielleicht gab er mir mal eine Abwechslung zu den letzten tausend Jahren? Ich war mir nicht sicher, ob Narmo überhaupt von seinen Artgenossen wusste, doch wenn er von ihnen wusste, dann wollte er lieber bei mir bleiben. Wir hatten schnell eine sehr enge Beziehung entwickelt und wie erwartet wuchs er unglaublich schnell. Sein Verstand wuchs nicht unbedingt gleich schnell, was bei Wargen auch zum Teil beabsichtigt war, doch, um zusammen Zeit zu verbringen reichte es alle Male.
"Wie war die Jagt?", fragte ich, während ich das Fleisch von den Knochen trennte. Narmo war mit seinem Teil bereits fertig, da der Hase gebraucht hatte, um durch zu werden. Als Antwort bekam ich ein Schnauben. "Was ist passiert?", hakte ich etwas besorgt nach und schaute auf. Ein genervtes Knurren ertönte. "Du hast sie gesehen, oder?" Er erhob sich, kam näher und legte seinen riesigen Kopf auf meinem Schoß ab. Ich lächelte, streichelte mit meinem Unterarm kurz darüber und legte ihn dann darauf ab, um weiter essen zu können. Mir entging nicht, dass sein Blick stetig zum Eingang gerichtet war. "Ich denke sie haben besseres zu tun, als einem Streuner zu folgen", lächelte ich wissend. Der Hybrid antwortete nicht, sondern starrte mit aufgestellten Ohren weiter. Wir hatten schon früh festgestellt, dass er ein besseres Gehör als ich hatte. Also achtete ich weiter genau auf seine Bewegungen. Nach ein paar Sekunden hob er schließlich ruckartig den Kopf und begann zu knurren. Das war genug. Da draußen war definitiv etwas und er mochte es nicht.
Ich legte mein Essen weg und stand auf. Auch er stellte sich auf seine Pfoten. Beruhigend legte ich meine Hand auf sein Schulterblatt. Doch es musste ihn wirklich aufgebracht haben, denn ohne Reaktion darauf, lief er mit ein paar Sprüngen zu einem der Steine, die um uns standen. Es war so etwas wie ein Steinkreis, der einen ganz gut vor fremden Blicken schützte. Beunruhigt trat auch ich näher, als er plötzlich darum herumbog und ein Bellen ertönte. Ich beeilte mich nun mit gezückten Waffen ihm nachzukommen. Mein Mund stand eine Spur offen, als ich erkannte was ihn da so aggressiv gemacht hatte: Das Rudel war wieder da. In voller Zahl stand es nun vor uns mit dem Alpha, der vortrat und Narmo böse anknurrte. Dieser zögerte nicht lange und griff an. Ich war etwas überrascht, als ich erkannte, dass das restliche Rudel nichts machte. Entweder ihre Wolfswurzeln gingen wirklich nicht so tief, oder sie hatten den Kampf als Alphakampf identifiziert. Aber sollten sie nicht zumindest versuchen ihn zu verteidigen? Ich musste zugeben, dass es auch mir schwer fiel nicht einfach einen Pfeil zu zücken, doch damit würde ich keinem helfen. Also beobachtete ich nervös den brutalen Kampf. Es versetzte meinem Herz einen Stich, als der Alpha Narmo über sein Auge fuhr und ich das Fleisch sehen konnte. Doch davon ließ er sich nicht abhalten. Meine Augen suchten die der anderen Hybriden. Diese hatten sich teilweise hingesetzt und beobachteten gespannt weiter. Ich fand es barbarisch ihren Anführer einfach so zu opfern, doch es war ihre Entscheidung. Wenn sie sich da so einig waren, sollte es mir recht sein. Es dauerte nicht lange, bis Narmo ihm seine Kehle aufreißen konnte und den ganzen schweren Körper zur Seite schleuderte. Mit pochendem Herz wartete ich, was nun passieren würde. Ich wusste, dass das Blut auf seinem weißen Fell nicht nur das seines Gegners war, doch darum konnten wir uns später kümmern.
Erleichterung durchflutete meinen Körper, als nach und nach alle anfingen sich zu verneigen. Narmo schaute kurz etwas ratlos zu mir, doch hob dann selbstsicher den Kopf. Doch gleichzeitig wurde mir bewusst was das bedeutete: Er war jetzt Alpha und musste das Rudel beschützen und für es sorgen. Es war in Ordnung einen Warg zu beschützen, mit einem Warg befreundet zu sein, doch ich würde sicher nicht das ganze Rudel aufnehmen. Zumal dieses nicht zu kontrollieren war. Sie töteten, jagten Elben, was Narmo niemals getan hatte. Meine Augen wanderten zu dem toten Anführer. Er war nicht unbedingt ein schöner Anblick, doch ich hatte Schlimmeres gesehen. Das heute hatte sich nicht vermeiden lassen, das wusste ich, doch ich hatte gehofft, dass wir noch Zeit hatten, immerhin waren es erst knapp zwei Wochen. Ich hatte in meinen Gedanken anscheinend gerade eine Ansprache von Narmo verpasst, welcher sich gerade mir zuwandte. Gerade, als ich etwas sagen wollte, hörte ich Geheule. Ein Warg kam auf uns zugestürmt. Er hatte zerzaustes, blutiges Fell und auch, als er bereits bei uns angehalten hatte, jaulte er weiter. Ihn schien der Führerwechsel wenig zu interessieren. Obwohl Narmo niemals in einem Rudel oder Ähnlichem war, schien er sofort zu verstehen, rannte zu mir und ließ mich aufsteigen, um ihm dann zu folgen. Das restliche Rudel jagte hinter uns her. Ich lehnte mich tief hinunter, um in dem langen, flauschigen Fell ein wenig zu versinken. Wir liefen wieder bergauf und neben dem eiskalten Wind hatte es nun auch noch angefangen zu schneien. Es dauerte nicht besonders lange, bis wir an dem Ort angekommen waren, an den er uns führen wollte. Es war eine Lichtung in einem kleinen Waldstück, auf welchem einige tote Warge lagen. Ich sprang ab und ging etwas näher. Es waren zweifellos elbische Pfeile und Schwerthiebe gewesen, die sie ausgelöscht hatten. Eine Vorahnung schlich sich in meinen Kopf.
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