Fünftes Kapitel
Diesmal war mir klar, neben wem ich aufwachte, als sich ein Körper neben mir bewegte. Ich bemerkte, dass mir kalt war und nur zu einem Teil zugedeckt war. Legolas hatte sich neben mir aufgesetzt und stand auf. Etwas verwirrt beobachtete ich ihn, während er durch das Zimmer ging. Es war kurz vorm Morgen, doch noch lange nicht Zeit zum Aufstehen, auch nicht für mich. Was machte er also?
Doch die Antwort wurde mir schnell geliefert, als ein tiefes Donnergrollen durch den Raum bebte. Erst jetzt bemerkte ich das Prasseln der Regentropfen, das das ganze Zimmer zu erfüllen schienen. Draußen war wohl ein ganzer Sturm entstanden. Legolas überprüfte noch einmal die Fenster und zog dann die Vorhänge vor, bevor er sich wieder auf den Weg zurück zu mir machte. "Morgen", hauchte er so leise, dass ich durch den Regen fast gar nichts verstehen konnte. "Wann hat das denn begonnen?", murmelte ich leise, während er sich wieder neben mich legte und mir meine Haare aus meinem Gesicht strich. "Erst vor ein paar Minuten. Du bist ganz kalt", antwortete er sanft und zog wieder die Decke über uns beide. Meine Lippen bebten leicht, als ich mich näher an seinen warmen Körper kuschelte. Unsere Gesichter lagen uns gegenüber und für eine Weile schauten wir uns einfach nur in die Augen, bis er wieder anfing über meine Haut zu streichen. "Vielleicht können wir dann ja nicht aufbrechen heute?", flüsterte ich leise und zuckte kurz zusammen, von einem lauten Donnerschlag. Legolas lächelte leicht, doch ich konnte erkennen, dass er es nicht in Betracht zog.
"Du weißt, dass ich gerne noch weiter hierbleiben würde, aber ich muss meinem Vater Bericht erstatten." "Wegen dem von gestern?", fragte ich und seufzte leicht. Er nickte kaum merklich. "Du willst mir nicht davon erzählen, oder?" Er ließ seine Hand auf meiner Wange verweilen und zögerte. "Ich denke nicht, dass es dich interessieren würde", antwortete er schließlich in einem Tonfall, der mich ihm glauben ließ. Trotzdem gefiel es mir nicht, dass er dachte mir nicht alles anvertrauen zu können. "Ich will, dass du mit mir über alles reden kannst", flüsterte ich also und rutschte noch ein wenig näher. "Das kann ich. Es ist auch nicht für mich persönlich von so großer Wichtigkeit." "Das hat gestern aber anders ausgesehen", antwortete ich etwas ungläubig und der liebevolle Ausdruck auf seinem Gesicht verschwand ein wenig. "Egal, ob ich es will oder nicht, ich muss mich darum kümmern und ich will nicht, dass du auch diese Bürde tragen musst", erklärte er ernst und sah mich eindringlich an. Ich lächelte leicht und rückte so weit vor, dass ich ihn sanft küssen konnte. Ganz zufrieden war ich zwar immer noch nicht, doch es reichte, um einfach die Zeit mit ihm zu genießen.
"Ich habe beschlossen wieder meinen Titel anzunehmen", murmelte ich leise, als wir uns wieder ein wenig trennten. Er sah mich überrascht, doch auch erfreut an. "Ich will nicht, dass du das nur wegen mir machst", antwortete er etwas besorgt und musterte mich. Ich wollte widersprechen, doch zögerte kurz. Eigentlich machte ich es auch nur wegen ihm, doch er war, was ich wollte. "Es ist ein geringer Preis", flüsterte ich zurück und lächelte. Legolas schüttelte leicht seinen Kopf und setzte zum nächsten Kuss an. Thranduil würde sicher nicht froh darüber sein, wenn es rauskam, doch zumindest würde er mich mit etwas mehr Respekt behandeln.
"Ich sollte wieder rüber. Wenn wir wirklich heute aufbrechen, muss ich alles zusammenpacken", lachte ich, als er sich wieder ein wenig über mich beugte. Er lächelte, ignorierte noch kurz meinen Kommentar, bis er mich schließlich freiließ. Mein Körper war wieder so weit aufgewärmt, dass es mir gar nicht auffiel, dass ich den Mantel vergaß, während ich mich anzog. Vielleicht wollte ich auch zu einem Teil, dass er ihn mir nachbrachte?
Es war so dunkel, dass ich dem Prinzen nur kurz einen Abschiedskuss gab und dann ging. Auch, wenn Bruchtal in einer Schlucht lag, konnte ich das Rauschen des Windes vernehmen, welcher an den Häusern rüttelte. Zwischendurch wurden die Gänge immer mal wieder von den Blitzen beleuchtet, welche über den Himmel zuckten. Ich fühlte mich schnell wieder alleine und wünschte mir, noch länger bei Legolas geblieben zu sein, doch ich musste mich beeilen zu meinem Zimmer zu kommen. Ohne meinen Mantel würde man mich schnell erkennen. Meine Finger zitterten ein wenig, als ich mein Zimmer aufsperrte und eintrat. Sofort schlug mir Kälte entgegen. Hatte ich das Fenster offengelassen? Tatsächlich hörte ich das Schlagen einer meiner Vorhänge, welcher durch den Wind aufgewirbelt wurde. Auch konnte ich beim Näherkommen die einen großen Spalt offenstehende Terassentür erkennen. Also die hatte ich definitiv nicht offengelassen.
Etwas verwirrt trat ich näher und wollte sie schließen, als ich einen harten Schlag gegen meinen Kopf zu spüren bekam und zu Boden ging. Mir wurde Schwarz vor Augen, als ich dann auch noch einen Tritt in die Seite bekam, der mir meine restliche Kraft raubte. Ich hatte keine Luft mehr zum Aufschreien, als ich bereits zu Boden gedrückt wurde und sich eine große Hand um meinen Hals schloss. Die andere umfasste mein rechtes Handgelenk und eines der Beine presste auf meinen Brustkorb, sodass ich keine Chance hatte mich zu wehren. Ich versuchte nach Luft zu schnappen und riss meine Augen auf. Es war zwar dunkel, doch so knapp über mir konnte ich das Gesicht Gildors erkennen. Ich hatte keine Zeit verwirrt zu sein oder mich darüber zu wundern, denn schon merkte ich, wie mir vom Sauerstoffmangel schwindlig wurde. Ich unternahm noch ein paar nichtssagende Versuche zu entkommen, doch selbst ohne das Bein auf meiner Brust, hätte ich es nicht weit geschafft. Die Hand schloss sich wie eine eiserne Klaue um meinen Hals. Mein Sichtfeld wurde nach und nach kleiner, bis es fast nur noch schwarz war. Blut rauschte in meinen Ohren, sodass es das Prasseln des Sturms übertönte. Mein Gesicht wurde brennheiß und der Rest meines Körpers fast schon eiskalt.
Ich verdrehte meine Augen nach oben, als ich merkte, dass ich gleich ohnmächtig werden würde, doch genau in dem Moment wurde das Gewicht von mir gerissen. Überrascht schnappte ich nach Luft, was nicht ganz klappte, da sich mein Hals anfühlte, als wäre er zerquetscht geworden. Hustend drehte ich mich auf die Seite und krallte meine Finger vor Schmerz tief in den Teppich. Nur langsam merkte ich, wie mein Sichtfeld wieder größer wurde und das Blut durch meinen Körper schoss.
Nebenbei bekam ich einen eher einseitigen Kampf hinter mir mit. Ich brauchte kurz, um wieder einigermaßen klar denken zu können und setzte mich immer noch hustend auf. "Legolas", hauchte ich abgehackt und griff an meinen Hals, der sich weiterhin nicht normal anfühlte. Ich sah seine Silhouette kurz einhalten und sich ein wenig zu mir umdrehen. "Gehts?", fragte er etwas aufregt und kam näher. Weiter hinten konnte ich den zusammengekauerten Gildor erkennen. Ich bekam kein weiteres Wort heraus und winkte einfach nur ab. "Warte mal, bist du nicht ihr Cousin?", fragte er plötzlich und drehte sich wieder zu meinem Angreifer zurück. Dieser antwortete nicht. "Du wolltest doch mit in den Düsterwald kommen? Warum das jetzt?", fragte er wütend und ging wieder auf ihn zu. Ich versuchte mich etwas zu sammeln und zog mich an dem Kasten hinter mir hoch. Ich wusste, dass er ihn umbringen würde, wenn er nicht antwortete, weshalb ich etwas hilflos näher schwankte. "Legolas, lass ihn", krächzte ich und legte eine Hand auf seine Schulter, um mich abzustützen und ihn aufzuhalten zugleich.
"Gildor?", fragte ich und hustete noch einmal. Ich war mir nicht ganz sicher, doch meinte ein leises Lachen zu hören. "Was ist so lustig?", fragte Legolas und bemühte sich sichtlich etwas ruhiger zu werden. "Nichts. Ich habe nur gerade gesehen wie mein Leben an mir vorbeigezogen ist", lachte er weiter, doch man konnte genauso den Schmerz und die Trauer erkennen. "Das glaube ich dir", knurrte der Prinz und wollte wieder auf ihn losgehen. Ich bohrte meine Finger tiefer in seine Schulter, worauf er widerwillig stehen blieb. Wer hätte gedacht, dass ich durch einen einfachen vergessenen Mantel gerade noch so dem Tod entrinnen konnte?
"Warum hast du es getan, Gildor?" "Die Rollen haben sich verändert in den letzten 1000 Jahren, Melian", erklärte er bloß und setzte sich etwas aufrechter hin. "Das mit dem Düsterwald war nur eine Illusion. Ich wäre nirgends mehr sicher", murmelte er weiter. Ich war dankbar, dass Legolas schwieg. "Vor deinem Vater?", fragte ich nach und beobachtete seine Reaktion genau. "Ich hatte keine andere Wahl, Melian. Das ist nichts Persönliches", mit diesen Worten stand er schließlich auf, doch näherte sich kein Stück. Ich konnte das sich abhebende dunkle Blut auf seinem hellen Gesicht erkennen.
"Komm mit in den Düsterwald", bot ich schnell an und hoffte, dass der Prinz mir nicht reinreden würde. Er warf mir einen Blick zu, doch schwieg. "Seine Männer würden mich holen kommen, außerdem...", antwortete er und schüttelte seinen Kopf. "Außerdem?", fragte ich etwas verwirrt nach. Er starrte mich einige Sekunden still an, als er plötzlich lossprintete zu der noch immer offenstehenden Tür. Legolas versuchte ihn noch zu fassen zu bekommen, doch griff ins Leere. Mein Mund öffnete sich ein Stück weit, als ich ihm auf den Balkon folgte und unter mir noch seinen immer kleiner werdenden Körper erkennen konnte, welcher gerade in einen der Wasserfälle gezogen wurde.
Ungläubig starrte ich noch einige Sekunden länger nach unten, bis Legolas seinen Arm um mich legte und mich ein wenig nach drinnen zog. Durch den Sturm war mir wieder kalt geworden, doch so richtig erreichte es mich nicht. Schweigend löste ich mich von ihm und setzte mich auf mein Bett. Er schloss die Tür und blieb dann vor mir stehen. Ich war selbst nicht so sicher, was er machen sollte und war einfach froh, als er sich neben mich setzte und ich mich an ihn lehnen konnte. Ich wusste nicht, warum mich sein Tod so sehr traf. Ich kannte ihn doch gar nicht wirklich?
So saßen wir eine Weile da, bis ich plötzlich aufsprang. "Du solltest zurückgehen. Man wird deine Abwesenheit bemerken", sagte ich etwas hektisch und fuhr mir durch meine Haare. Er schaute etwas verwirrt zurück, doch stand ebenfalls auf. "Was ist los?" "Nichts, ich sollte nicht traurig sein, ich kannte ihn ja noch nicht mal wirklich." "Er war dein Cousin." "Den ich seit meinen Kindheitstagen nicht mehr gesehen habe! Du hast doch gesehen, wie gut ich ihn kenne!" "Er war trotzdem ein Teil deiner Familie." "Ja, von dem Teil meiner Familie, der meine Mutter damals geschlagen hat, genauso wie seine Frau und es jetzt weiter an seine Söhne gegeben hat und ich kann nichts dagegen tun!", rief ich und merkte wie mir langsam die Tränen kamen. Sein sich erhellender Gesichtsausdruck wandte sich zu einem Ernsteren. "Was meinst du damit?", fragte er und trat näher. Ich fuhr mir wütend über mein Gesicht, wobei ich nicht mal wusste auf wen ich wütend war. Vermutlich auf mich selbst. "Ich weiß nicht, es tut nichts zur Sache", hauchte ich und drückte mich einfach gegen seine Brust. Er legte zwar die Arme um mich, doch ich merkte, dass er über meine Worte weiter nachdachte.
"Okay, du solltest jetzt echt gehen", murmelte ich, als ich wieder etwas runtergekommen war und löste mich von ihm. Er musterte mich prüfend, doch nickte dann. "Wir werden nicht losgehen, bis der Sturm weitergezogen ist oder schwächer ist", erklärte er sanft und gab mir einen Kuss auf meine Stirn, als er endlich ging. Ich sah ihm noch kurz hinterher und versuchte mich dann mit Einpacken mich ein wenig abzulenken.
Ich war fast fertig, als es an meiner Tür klopfte. "Herein", rief ich und drehte bloß meinen Kopf zur Seite. Naira trat lächelnd hinein, doch stoppte, als sie mich sah. "Was ist denn mit dir passiert?", fragte sie schockiert, schloss die Tür und trat näher. Ich musste schlucken und zog meinen Kragen weiter nach oben. Ich hatte absichtlich ein langes Oberteil angezogen, das auch die blauen Flecken an meinem Handgelenk verWarg, wie den Großteil meines Halses. Die Wunde an meinem Kopf hatte ich ausgewaschen. Mein Schädel dröhnte noch ein wenig und das Reden und Schlucken fiel mir schwer, doch ansonsten hatte ich mich ganz gut erholt.
Ich öffnete meinen Mund, um zu antworten, doch zögerte. Ich war eine Lüge nach der anderen durchgegangen, um sie abzuwägen, doch mir war keine passend vorgekommen. Noch im Zögern traten mir wieder die Tränen in die Augen. Naira reagierte sofort und umarmte mich einfach. Ich krallte mich in ihrem Mantel fest und drückte mein Gesicht in ihre Schulter. Ich konzentrierte mich, um nicht wirklich loszuheulen. Ich wollte vor den anderen nicht so fertig aussehen, wenn wir loszogen. "Gildor ist letzte Nacht hier eingebrochen. Ich konnte mich gerade noch wehren", erzählte ich mit brüchiger Stimme und trennte mich von ihr. Sie sah mich überrascht an. "Was wollte er?" "Sein Vater hat ihm anscheinend befohlen mich umzubringen", erklärte ich und atmete tief durch. Meine Freundin schaute mich einfach nur fassungslos an. Hinter ihr klopfte es abermals an der Tür und noch bevor ich den Besucher hereinbeten konnte, öffnete sie sich bereits. Eine hoch gewachsene Gestalt eingehüllt in einen schwarzen Umhang mit Kapuze, die weitgehend das Gesicht bedeckte, huschte hinein und schloss sie wieder hinter sich. Ich wurde sofort etwas nervös.
"Ich glaube er will, dass du gehst", flüsterte ich leise, als die Person sich nicht mehr bewegte. "Bist du verrückt? Ich werde dich doch jetzt nicht alleine lassen", antwortete sie etwas außer sich, doch ich quittierte das bloß mit einem eindringlichen Blick. Sie seufzte widerwillig, berührte mich kurz an meinem Arm und ging dann mit einem bösen Blick zu ihm auf die Tür zu. An der Statur konnte ich mit Sicherheit sagen, dass es nicht Legolas war, der noch mal mit mir reden wollte. Nachdem Naira gegangen war, trat die Gestalt etwas näher, worauf ich einen Schritt zurückwich. Sie blieb stehen und hob die Hände zu der Kapuze, um sie abzuziehen. Als das Gesicht zum Vorschein trat, hätte ich fast schon um Hilfe geschrien, doch ich konnte mich gerade noch beherrschen.
"Ganz ruhig. Ich werde dir nichts tun", brummte Haldir und trat wieder einen Schritt näher. "Was tust du hier? Den Versuch deines Bruders beenden? Er schon mit seinem Leben dafür bezahlt", knurrte ich wütend und blitzte ihn böse an. Ich ließ mich von dem fast schon betroffenen Gesichtsausdruck nicht beeindrucken. "Das hatte ich mir schon gedacht und es ist mir auch egal wie du dich wehren konntest", antwortete er bedrückt, worauf sein Blick an meinem Hals hängen blieb, "aber ich bin hier, um über etwas anderes zu reden." "Warum sollte ich dir noch vertrauen?" "Weil mein Vater mich genauso unter seiner Kontrolle hat", erwiderte er, was mich in meinem Vertrauen nicht unbedingt bestärkte. "Ich nehme nicht an, dass er dir verraten hat, was Vater gegen ihn in der Hand hat?" Ich kniff misstrauisch meine Augen zusammen. "Ich bin auf meinen Teil in dieser Geschichte nicht besonders stolz, aber ich habe seine Tochter und seine Frau entführt", erzählte er sanft und hielt den Blickkontakt. Ich schwieg und wartete auf den Rest der Geschichte. "Ursprünglich war der Plan, dass ich sie in meiner Obhut behalte, aber mein Vater hat auch mich betrogen. Er hat Gildors Frau umgebracht und die Tochter an einen Ort gebracht, den ich nicht erahnen konnte." Ich merkte, wie wieder etwas Mitleid gegenüber meinem Cousin aufkam, doch antwortete immer noch nicht. "Ich habe sie wieder aufspüren können, doch habe nicht die Möglichkeit oder Mittel sie zu befreien", beendete er und sah mich abwartend an. Ich zögerte. Sollte ich ihm das wirklich glauben? Warum sollte er so etwas erzählen? Doch andererseits hatte sein Bruder mich auch ganz gut hinters Licht geführt.
"Wo ist sie?", fragte ich also einfach und verschränkte meine Arme. Woher wollte er eigentlich wissen, dass ich die Mittel hatte jemanden zu befreien? Er wusste doch nicht von Legolas und mir? Doch er atmete nur tief durch und kam näher. Mein Herz fing sofort an schneller zu pumpen, als er weiter nach hinten in mein Zimmer nickte und ich ihm folgte. Was war denn so wichtig, dass er es mir nicht normal sagen konnte? "Ich weiß, dass wir uns nicht sonderlich gut kennen, aber ich hoffe, dass du dir gut überlegst was du mit dieser Information anfängst. Ich bin mir nicht sicher, inwiefern der Prinz und der König in die Sache verwickelt sind, aber Calen befindet sich im Düsterwald." Ich schaute ihn fassungslos an. "Deswegen bin ich auch zu dir gekommen. Ich kann hier nicht weg, ohne meinen Vater darauf aufmerksam zu machen und ich will so etwas nicht aus der Ferne befehligen. Du bist ihre einzige Chance." "Und sie wurde einfach hineingeschmuggelt, oder wie?" "Wie gesagt ich weiß nicht wieviel die Königsfamilie davon weiß, deswegen würde ich dir raten darüber auch nicht mit Legolas zu sprechen. Ich habe euch und Naira reden sehen gestern." Ich wandte mich ab und blinzelte ein paar Mal. Wie war das möglich? Legolas würde mir so etwas doch nie verheimlichen, doch ich konnte mir genauso wenig vorstellen, dass er davon nichts wusste. War es das, worüber er gestern so angestrengt nachgedacht hatte?
"Hör zu, ich muss jetzt gehen. Erzähl niemandem, wirklich niemandem, dass ich hier war. Das dürfte für uns beide schlimme Folgen haben. Verbrenn es, wenn du es für richtig hältst, doch hebe es nicht auf", murmelte er und drückte mir ein zusammengefaltetes Blatt in die Finger. Ich schaute ihn überrascht an, doch er wandte sich bereits zum Gehen. Ein wenig überfordert faltete ich es auseinander als die Tür ins Schloss fiel. Es war eine Zeichnung von einer Elbin und darunter ein paar Daten, die ich mir versuchte, schnell einzuprägen. Damit konnte ich sie sicherlich finden, wenn sie wirklich im Düsterwald war, doch sollte ich Haldir wirklich mehr Vertrauen schenken als Legolas?
Ich ließ den Zettel in meine innere Manteltasche gleiten und packte dann schnell meine letzten Sachen ein. Der Regen und auch der Großteil des Windes hatten aufgehört und nur noch ein paar entfernte Donner waren zu hören. Das würde dann den Aufbruch bedeuten, doch nun war ich nicht mehr so enttäuscht darüber so früh zu gehen. Ich wollte schnellstmöglich erfahren was es mit dieser Calen auf sich hatte. Nur wenig später gesellte sich auch Naira wieder zu mir, wie zu erwarten war. "Wer war das?" "Jemand, der nicht erkannt werden wollte. Ich habe ihn gestern Abend kurz getroffen und er wollte nochmal kurz reden", log ich schnell und hob meine Taschen hoch. "Wie viele Leute kennst du denn noch hier?", lachte sie und schien meine Lüge nicht zu entlarven. Ich warf ihr einen verächtlichen Blick zu und machte mich auf den Weg zur Tür. Ihre Sachen lagen bereits draußen, sodass sie sie nur noch aufheben musste. Ich hätte Elrond schon gerne noch kennengelernt, doch mir war klar, dass ich nicht unbedingt das Recht darauf hatte als normale Besucherin.
"Diesmal haben wir hoffentlich besseres Wetter", lächelte Naira gut gelaunt, als wir wieder auf den großen Vorplatz traten. Wie das letzte Mal standen Aldon und Helevorn bereits mit den Pferden da. "Also das war mal ein kurzer Besuch hier", lächelte Aldon, als wir in Hörweite kamen und nahm uns schnell die Taschen ab. Ich nickte ihm dankend zu und begrüßte meine Stute. "Es muss irgendwas Wichtiges bei der Versammlung herausgekommen sein", mutmaßte meine Freundin und drehte sich suchend nach den beiden letzten der Truppe um, welche wir von der Weiten bereits erkennen konnten. Ich nickte bloß, wobei ich mir nicht sicher war, ob das überhaupt jemand sah. In Gedanken war ich immer noch bei dem Gespräch von vorhin. Wie sollte ich denn nun Legolas gegenübertreten? Ich konnte es ihm doch nicht einfach verschweigen?
"Wir sollten uns ein wenig beeilen, damit uns nicht der nächste Gewitterschauer trifft", murmelte Helevorn bitter und sah kurz in die Runde. "Zumindest nicht, bis wir den ersten Unterschlupf erreichen", stimmte Aldon ihm zu. "Dann lasst uns aufbrechen", sprach Legolas schon von der Weiten und schwang sich mit den letzten schnellen Schritten auf sein Pferd. Gwaihir hatte wie immer seinen ernsten Gesichtsausdruck aufgesetzt und sagte kein Wort, als sie zusammen vorausritten. Ich vermied Blickkontakt mit den anderen und folgte einfach über die Brücke hinaus aus Bruchtal. Ich war mir nun auch nicht so sicher, ob ich das mit dem Adelstitel so übereilen wollte. Zuerst sollte ich herausfinden, was mit Calen geschehen war.
Aldon merkte wohl, dass mir nicht zum Reden zumute war und schwieg den ersten Teil des Weges. Neben mir konnte ich wieder Naira und Helevorn vernehmen, doch ich hörte nicht groß zu. Ich war zu beschäftigt damit mir zu überlegen, was ich nun tun sollte. Ich log nicht oft und war mir nicht sicher, ob ich mich nun so verstellen konnte. Wir legten keine Rast ein, wofür ich dankbar war. Mein Körper tat zwar nach dem schnellen Reiten recht bald weh, doch ich blickte nicht gerade erfreut dem Abend entgegen. Ich konnte nicht einfach liegen bleiben bei den anderen. Dann würde Legolas auf jeden Fall wissen, dass etwas nicht stimmte. Immerhin war unser erster Kuss in der Nacht zwischen den beiden Reisetagen.
Irgendwann verstummten auch die anderen, da die kleinen Regenschauer, die uns hin und wieder erwischten nicht gerade angenehm waren und außer Legolas und Gwaihir niemand von uns es wirklich gewohnt war so viel zu reiten. Zum Abend hin sah ich den ursprünglichen Rastplatz vom letzten Mal an uns vorbeiziehen. Ich verfolgte ihn kurz mit meinen Augen und dachte an die relativ sorglosen Zeiten zurück, doch rüttelte mich schnell wach. Ich hatte immer noch das Glück eine Person kennengelernt zu haben, die mich erfüllte und glücklich machte, auch wenn es nicht einfach war mit ihr zusammen zu sein. Ich kannte diese Calen noch nicht einmal und wusste nicht, ob sie überhaupt existierte, ich sollte mir deswegen nicht die Reise zerstören genauso wenig wie die letzten ungestörten Momente mit dem Prinzen.
Ich fühlte eine Welle der Erlösung in mir auskommen, als ich endlich vom Sattel rutschte. Die Sonne war schon längst unter gegangen. Die Nachricht musste wohl wirklich ziemlich wichtig sein. Ich fühlte Respekt in mir aufkommen, als ich im Augenwinkel erkannte, dass unsere beiden Oberhäupter nicht im Geringsten erschöpft waren. Ich hatte schließlich auch in anderen Gebieten meine Ausdauer trainiert. Die meisten gingen relativ schnell schlafen, sobald wir unser Lager hergerichtet hatten. Helevorn übernahm die erste Wache vor dem verlassenen Bauernhaus. Es war schon etwas verwittert, doch bot genug Schutz im späten Sommer.
Ich konnte nicht schlafen und hörte nach einiger Zeit ein leises Tappen neben mir. Meine Augen standen offen, doch ich konnte nichts erkennen. Mir war trotzdem klar, wer das gewesen war. Ich sollte mich schnell entscheiden, ob ich ihm folgte oder nicht. Desto länger ich wartete, desto komischer würde es werden. Hatte ich also wirklich die Entschlossenheit mein Wissen zu überspielen oder zu verdrängen? Ich musste es versuchen. Also deckte ich mich leise aus und folgte, sodass Helevorn mich nicht entdeckte, dem Prinzen nach draußen. Er stand hinter einem der zerfallenen Nebengebäude und wartete bereits auf mich.
"Wir sollten aufpassen. Es regnet nicht mehr und Helevorn steht Wache", flüsterte ich ihm zu, doch er zog mich einfach weiter nach hinten und lächelte. "Sie werden schon nichts mitbekommen", antwortete er sorgenlos und küsste mich. Sofort fing ich an mich schlecht zu fühlen und trennte mich ein wenig von ihm. Ich konnte die Verwirrung in seinen Augen entdecken, doch entschied ihm nichts zu sagen. Ich würde mir eine andere Ausrede einfallen lassen müssen. "Geht es immer noch um das von gestern?", fragte er leise und sah mich etwas besorgt an. Ich hob leicht meine Augenbraun. Ja, das war eine gute Idee. "Du brauchst dir keine Sorgen zu machen, ich habe mich darum gekümmert." Ich riss meine Augen etwas schockiert auf. Er hatte doch nicht etwa...
"Was meinst du?" "Was denkst du? Ich habe mit Elrond darüber gesprochen und er hat mir sein Wort gegeben, dass er seine Strafe bekommt." "Was wird das für eine Bestrafung sein?" "Ich weiß nicht, Verbannung, Gefängnis? Es kann dir doch egal sein?", fragte Legolas etwas verwirrt und versuchte in meinen Augen eine Antwort zu finden. Es tat mir im Herzen weh, nicht mit ihm darüber reden zu können. Ich biss mir nervös auf die Unterlippe und trat einen Schritt zurück, sodass seine Hände von mir fielen. "Das war ein Fehler", hauchte ich leise und fuhr mir durch meine Haare. Wie sollte ich ihn überzeugen ihn frei zu lassen? Elrond von seinem Vorhaben abzubringen? Nach dem wie Haldir mit mir geredet hatte, konnte ich mir nicht mehr vorstellen, dass die Gerüchte über ihn wahr waren.
"Was ist los?", fragte er verwirrt und breitete fragend seine Arme ein wenig aus. Ich setzte ein paar Mal zum Sprechen, doch brach wieder ab. Wie sollte ich es ihm erklären? Wie sollte ich jetzt noch lügen? "Ich kann es dir nicht sagen", brachte ich schließlich heraus und drehte mich weg. Ich konnte doch jetzt sowieso nichts mehr dagegen unternehmen und wenn Legolas über Calen und meinen Onkel Bescheid wusste, dann konnte er sich vorstellen, worüber ich so aufgelöst war. "Nein, Melian", hielt er mich strikt auf und griff nach meinem Arm. Kurz war ich etwas perplex, er setzte sich nicht oft mir gegenüber so durch. "Du kannst mir nicht sagen, dass er seine Frau schlägt und danach auf mich böse sein, dass ich etwas dagegen unternehme", sprach er ernst und zog mich näher. Ich spürte Verzweiflung in mir aufkommen. "Ich weiß. Du hast nichts falsch gemacht." "Was ist es dann?" "Was verschweigst du mir?", fragte ich schließlich leise mit brüchiger Stimme. Ich hielt es nicht mehr aus. "Ich weiß es doch schon längst, ich will nur wissen wie viel du damit zu tun hast", flüsterte ich und merkte wie mir langsam Tränen in die Augen stiegen. Ich wollte nicht wahrhaben, dass er mir so etwas verschweigen würde, dass er überhaupt Teil von so etwas war.
"Wovon redest du?" Ein paar Sekunden starrte ich in seine verwirrten Augen, bis ich mich losriss und zurück zu den anderen lief. Ich musste noch mal darüber nachdenken. Entweder er wusste es wirklich nicht, oder es war ihm so wichtig, dass er mir so dreist ins Gesicht lügen würde. Gerade noch so konnte ich mich beherrschen, um nicht von Helevorn entdeckt zu werden, als ich zurück in mein improvisiertes Bett kroch. Ich spürte, wie ein paar Tränen über meine Nase und Wange rollten, als ich auf der Seite lag und versuchte einzuschlafen. Ich wusste nicht, wie ich das noch mit ihm regeln sollte, doch hatte auf jeden Fall noch den nächsten Tag, um darüber nachzudenken und danach waren wir im Düsterwald, wo es sowieso schwieriger war, sich zu treffen.
Der nächste Morgen ging so still wie der letzte Abend vor sich. Aldon, Helevorn, Naira und ich hatten Muskelkater und Legolas und Gwaihir hielten sich wie immer von uns fern. Ich konnte dem Prinzen nichts anmerken von letzter Nacht, doch er wusste wohl, wie man so etwas gut überspielte. Wir brachen nach einem kurzen Frühstück schnell auf, um noch am selben Tag unser Zuhause zu erreichen. Man merkte den Pferden an, dass sie zwar ebenfalls erschöpft waren, doch den Weg nach Hause kannten und wussten, dass dort die Ruhe auf sie wartete. Sobald wir zwischen den ersten Bäumen angekommen waren, stiegen wir ab, um es den Tieren zu erleichtern. Sofort erfüllte mich ein wohliges Gefühl und die Sorgen der letzten Tage schienen einfach von mir abzufallen. Mir war gar nicht so bewusst gewesen, wie sehr ich das hier vermisst hatte, obwohl es nur fünf Tage gewesen waren.
Wir trafen auf eine Patrouille, die uns kurz grüßte, wobei dies mehr den beiden an der Spitze galt, als uns, und dann auch wieder ihrer Arbeit nachgingen. Als ich Naira einen Blick zuwarf, sah sie nicht so erfreut wie ich aus, wieder hier zu sein, doch unglücklich auch nicht. Ich freute mich umso mehr wieder mein altes Zimmer zu haben, in das ich mich schnellstmöglich zurückzog. Doch sobald ich in meinem wohligen Bett lag, konnte ich keine Ruhe finden. Mein Blick glitt ständig zu meinem Kleiderschrank, in welchem meine normalen Sachen hingen. Ich wusste, dass einen Raum weiter meine alte Kleidung in Kisten verpackt auf mich wartete. Auch, wenn ich mir nicht sicher war, ob Legolas mir wegen letzter Nacht böse war, oder Zweifel hegte, stand ich irgendwann auf und fing an eine der verstaubten Kisten hervorzuziehen. Es war längst Nacht und meine Zimmernachbarn vermutlich am Schlafen, weshalb ich versuchte leise den Deckel abzunehmen. Zum Vorschein trat zunächst ein Kleid, welches über den anderen lag. Es war rot und mit einer Menge an Rüschen und mit kleinen Feinheiten verziert, die es zwar für jemanden wie Naira nicht gerade üblich machte, es zu tragen, doch für jemanden in meinem eigentlichen Stand durchaus akzeptabel war. Es war wunderschön und ich war mir sicher, dass es mir auch noch passte, doch sollte ich das ganze wirklich so überstürzen?
Ich hob es heraus und hängte es an einem Kleiderbügel an meine Schranktür. Das nächste war zwar dunkel, doch ganz und gar nicht für Trauerzwecke geeignet. Es war schlichter, doch nicht weniger edel. Meine Finger blieben lange an dem sanften Stoff hängen, als sie es berührten. Ich konnte mich daran erinnern, wie ich es das letzte Mal getragen hatte. Es war von Sternen und einem Mond verziert, welcher wunderschön dezent unter dem Hals, fast schon auf der Brust thronte, wenn man es anhatte. Ich hatte es geliebt und oft getragen. Die passenden Schuhe würden sicherlich in einer der anderen Kiste ruhen. Es hatte zwar lange Ärmel, doch war gerade so dünn, dass man es bei einem Wetter wie dem derzeitigen gut tragen konnte.
Ich war so fasziniert von den Erinnerungen, die mich überfluteten, dass ich nicht groß darüber nachdachte, als ich "Herein", rief auf ein Klopfen. Zuerst drehte ich mich nicht um, doch recht schnell wurde mir die Stille bewusst und warf doch einen Blick zu dem Besucher, welcher gerade die Tür hinter sich schloss. Überrascht musterte ich den Prinzen, welcher ohne irgendeine Verkleidung oder Umhang zu meinem Zimmer gekommen war. Natürlich wohnte ich immer noch im adeligen Teil der Hallen, doch trotzdem war es nicht unbedingt schlau sich zu so einer Stunde hier blicken zu lassen. Umso mehr war ich darüber überrascht, ihn nun hier zu sehen.
"Ich... hatte nicht gedacht, dass du das so ernst gemeint hast. Zumindest nicht nach unserem letzten Gespräch", sprach er leise und blickte lange auf das Kleid und die Kiste davor. Ich betrachtete es ebenfalls noch mal kurz. Es brachte nichts jetzt noch zu lügen. Ich wollte eine Zukunft mit ihm und die würde es nicht geben mit diesem riesigen Geheimnis zwischen uns. "Das hat nichts damit zu tun, was ich für dich empfinde", antwortete ich schließlich leise und seufzte. Der Ausdruck auf Legolas' Gesicht veränderte sich, als er meine Worte begriff. Ich musste ein wenig lächeln, als er endlich wieder so liebevoll auf mich herabblickte, als er näherkam und mich einfach umarmte. Damit war das Problem zwar noch nicht gelöst, doch es gab dem Ganzen eine gewisse Ruhe.
"Wenn du es mir nicht erzählen willst, ist das okay für mich. Ich will nur, dass du weißt, dass du mit mir über alles sprechen kannst", flüsterte er in mein Ohr und ließ mich dann los. Ich nickte leicht und versuchte mir die richtigen Worte zurechtzulegen. "Doch, du solltest es wissen. Es ist nicht fair dir gegenüber. Aber ich will, dass du ehrlich bist." Er hob etwas überrascht seine Augenbraun, doch nickte dann ernst. "Kennst du eine Calen?" Er schien kurz nachzudenken. "Ja, ich habe mal welche kennengelernt, aber keine, die du kennen würdest", erklärte er dann. "Denk nochmal nach", bat ich ihn und sah ihn fest an. "Heißt nicht eine Verwandte von dir Calen?", mein Magen schien sich zu verkrampfen, "Ja, ich habe mal mit ihr gesprochen. Sie ist... Lehrerin oder Trainerin soweit ich weiß. Ist schon ein paar Jahre her." Ich sah ihn fassungslos an. Was sollte das denn bedeuten?
Er sah verwirrt zurück. "Du wusstest nichts von ihr?" "Was habt ihr gesprochen?" "Sie hatte nur irgendeine Idee für den Unterricht. Ich bin mir nicht sicher." Warum sollte er sich auch jede Anfrage so gut merken? Ein Wunder, dass er sich überhaupt an ihren Namen erinnerte. "Und sie ist Lehrerin?", fragte ich nochmal nach. Ich spürte, wie sich ein Klumpen in meinem Hals bildete. "Ja, soweit ich weiß schon." Ich drehte mich etwas überfordert weg, doch konnte im Augenwinkel erkennen, wie Legolas ein Licht aufzugehen schien. "Was hat dein Cousin dir erzählt?", fragte er ernst. Ich meinte bereits einen Funken von Boshaftigkeit erkennen zu können. Er hatte eins und eins zusammengezählt.
"Nur, dass sie hier ist", erwiderte ich mit heiserer Stimme, doch er schien mir das offensichtlich nicht ganz abzukaufen. "Da ist noch mehr. Sag's mir", verlangte er und verschränkte seine Arme. Ich begann mich etwas unwohl zu fühlen. "Er hat gesagt, dass... mein Onkel damals ihre Mutter umgebracht hat und die dann hier gefangen gehalten hat bis jetzt. Damit wurde Gildor erpresst." "Und mein Vater und ich hätten mit deinem Onkel eine Abmachung", stellte er grimmig fest und durchbohrte mich mit seinem stechenden Blick. "Es tut mir leid, was hätte ich denken sollen?" Der Prinz setzte an zu antworten, doch lachte dann einfach kurz und schüttelte seinen Kopf. "Du glaubst also jemandem wie ihm mehr als mir?" "Das habe ich nicht gesagt! Ich habe deine Seite nie gehört!" "Und genau das ist das Problem, Melian! Was hätte schon groß passieren können in Bruchtal? Glaubst du wirklich, dass ich dich einsperren würde oder Ähnliches?" "Nein." "Also warum hast du nicht mit mir gesprochen?"
Weil ich dich nicht kenne
Ich verbannte diesen Gedanken sofort, doch warnicht fähig zu antworten. Er hatte recht, das wussten wir beide. Nachdem ichnicht antwortete, seufzte er wütend und verließ den Raum. Ich schloss erlöstmeine Augen und blies die angehaltene Luft aus. Ich konnte nicht einschätzen,wie böse er wirklich war, doch ich würde ihn nicht so leicht gehen lassen. MeinBlick blieb wieder an den Kleidern hängen. Ich musste es zumindest versuchen.
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