Frodo Beutlin
Interview wurde aufgezeichnet am 28. September 3021 D.Z.
Auf Wunsch Frodo Beutlins wurde das Interview erst am 30. September veröffentlicht.
Redaktion: Guten Tag. Freut mich, dass wir uns treffen konnten.
Frodo: Hallo. Danke, dass das so spontan geklappt hat.
Gar kein Problem. Man bekommt schließlich nicht jeden Tag die Gelegenheit, den berühmtesten aller Hobbits zu interviewen.
Wollen wir anfangen?
Klar. Meine allererste Frage bezieht sich allerdings nicht auf deine Abenteuer, sondern auf deine Familie. Deine Eltern starben ja, als du noch sehr klein warst. Würdest du sagen, dass diese erste Erfahrung von Verlust dich geprägt hat?
Ich denke, dass es jedes Kind prägt, wenn es seine Eltern verliert. Aber ja, ich glaube, dass dadurch der Gedanke, dass die Sicherheit des Auenlands gestört werden kann, bereits sehr früh in meiner Wahrnehmung vorkam. Das hat es später vielleicht leichter gemacht, greifen zu können, was für eine riesige Bedrohung Sauron für das Auenland und den Rest von Mittelerde dargestellt hat.
Wie war es für dich, bei Bilbo Beutlin aufzuwachsen? Um ihn ranken sich schließlich zahllose Geschichten.
Mein Onkel hat für mich immer eine große Rolle gespielt. Ich bin mit seinen Erzählungen von Drachen, Trollen und Orks großgeworden, und eine Zeit lang habe ich davon geträumt, mit ihm auf Abenteuerreise zu gehen. Aber er hat auch großen Wert auf Bildung gelegt, mir Sindarin beigebracht, mir gezeigt, wie man Karten liest, die über die Grenzen des Auenlands hinaus gehen und so weiter.
Als dir klar wurde, dass es sich bei dem Ring, den Bilbo dir vererbt hatte, um den Einen Ring von Sauron handelte, was war deine erste Reaktion?
Gandalf hat es mir gesagt. Er hat den Ring in meinen Kamin geworfen und festgestellt, dass Tengwar-Runen aufleuchteten. Wir hatten ein ganz langes Gespräch, in dem er mir alles über die Geschichte des Rings erklärt hat, und währenddessen lag der Ring die ganze Zeit zwischen uns auf dem Küchentisch. Es war merkwürdig. Es wirkte alles so weit weg - Mordor, Gondor, die Königreiche der Menschen, die Schlachten, die Jahrhunderte zuvor stattgefunden hatten.
Es wirkte alles so weit weg, aber da lag dieser Ring. Und der war gar nicht weit weg.
Natürlich bekam ich es mit der Angst zu tun. Ich begann, den Ring mit anderen Augen zu sehen, und immer wieder bildete ich mir ein, ihn flüstern zu hören. An diesem Tag dachte ich zumindest, dass ich es mir einbildete. Nach allem, was ich auf der Wanderung nach Mordor über den Ring gelernt habe, bin ich mir ziemlich sicher, dass es keine Einbildung gewesen war.
Wie hast du dich gefühlt, als du von Beutelsend aus aufgebrochen bist?
Zuerst wollte ich auf keinen Fall gehen. Ich dachte, es würde ausreichen, den Ring zu verstecken und nie wieder ein Wort von ihm zu sprechen. Ich dachte, man könnte vor Saurons Macht weglaufen.
Aber das ging noch nie, und deshalb musste ich mich damit abfinden, dass der Ring nach Bruchtal gebracht werden musste. Ich war froh, dass Sam bei mir war, vor allem, weil Gandalf sich schnell von uns verabschiedet hatte.
Samweis Gamdschie hat dich auf deinem ganzen Weg von Beutelsend bis zum Schicksalsberg und wieder zurück begleitet. Was bedeutet das für dich?
Sam ist der eigentliche Held der Geschichte. Er lacht immer, wenn ich es sage, aber es stimmt. Wenn man eine Bürde trägt, wie der Ring eine war, gibt es viele Dinge, die man nicht mehr alleine tun kann, oder nur noch schlecht tun kann. Man braucht Hilfe, jemanden, der einen aufbaut, wenn die Dunkelheit zu nahe kommt, man braucht jemanden, der darauf aufpasst, dass man genug isst und trinkt und schläft.
Sam hat mich vom ersten Tag an beschützt. Er hat den Nazgûl auf der Wetterspitze die Stirn geboten, als ich es nicht konnte, er ist mit mir gekommen, als ich die Gemeinschaft verlassen habe. Er hat Sméagol misstraut, als ich mir zu sehr gewünscht habe, ihm vertrauen zu können. Er hat Kankra getötet, mich aus dem Wachturm der Orks befreit und den Schicksalsberg hinaufgetragen, als ich nicht mehr gehen konnte.
Sam war bei mir am Ende von allem, als der Schicksalsberg ausbrach.
Es gibt Dinge, die kann man nicht alleine tun. Es spielt keine Rolle, wie lang man es als Ringträger schafft, Saurons Macht standzuhalten, wenn man dabei keinen Schritt näher an die Vernichtung des Rings kommt. Und ohne Sam wäre ich schon sehr schnell keinen Schritt mehr näher gekommen.
Sam war zuvor dein Gärtner gewesen. Ist das richtig?
Ja, das ist richtig. Er ist immernoch mein Gärtner.
Wie würdest du die Art eurer Beziehung beschreiben?
Ich glaube, Sam ist die wichtigste Person, die bisher in meinem Leben aufgetaucht ist.
Das ist ein bedeutungsvoller Satz, wenn man bedenkt, dass du ein Freund von Königen, Zauberern und Elbenherrscherinnen bist.
Es schmerzt ein wenig, darüber nachzudenken.
Warum?
Das ist der eigentliche Grund, warum ich dieses Interview führen wollte. Ich werde Mittelerde verlassen. Morgen reise ich zu den Grauen Anfurten, wo ein Schiff vor Anker liegt, dass die Ringträger nach Westen bringen wird. Ich werde mit Zauberern und großen, mächtigen Elben fahren, und Sam hier zurücklassen.
Ich wollte dieses Interview führen, damit es jemanden gibt, der Sam eine Botschaft überbringen kann. Kannst du das für mich tun?
Natürlich.
Mein lieber Sam. Du kannst nicht immer entzweigerissen sein. Du wirst auf viele Jahre ganz und heil sein müssen. Es gibt noch so viel, woran du dich freuen und was du tun kannst. Deine Rolle in dieser Geschichte geht weiter.
Die letzten Seiten in dem roten Buch sind für dich, damit du von den fröhlicheren Tagen und dem neuen Zeitalter erzählen kannst.
Aber eigentlich sind auch alle Seiten, die ich geschrieben habe, für dich. Ich gebe sie dir, damit du dich erinnern und dich freuen kannst.
Einmal hast du dir gewünscht, dass ich nicht dorthin gehe, wohin du mir nicht folgen kannst. Daran halte ich mich.
Ich muss fortgehen, denn die Ringträger verlassen Mittelerde, und ein neues Zeitalter bricht an.
Ich weiß, du hast bemerkt, wie wenig ich schlafe. Du hast bemerkt, wie jedes Jahr um dieselbe Zeit meine Schulter zu schmerzen beginnt. Du hast die Rastlosigkeit bemerkt und die Alpträume.
Ich kann nicht im Auenland bleiben, obwohl ich es liebe wie keinen anderen Ort.
Im Westen wird es mir besser gehen. Die Wunden, die der Ring auf meiner Seele hinterlassen hat, werden heilen können.
Und eines Tages wirst du mir folgen können. Ein Schiff wird bei den Grauen Anfurten warten, das dich nach Westen bringt, denn auch wenn du den Ring nur kurz getragen hast, bist auch du ein Ringträger gewesen.
Ich werde in Valinor am Anleger sitzen und auf dich warten.
Ich gehe nicht dorthin, wohin du mir nicht folgen kannst. Aber während es für mich nichts mehr in Mittelerde gibt, was die Wunden heilen könnte, gibt es für dich noch so viel, was du erleben und worüber du dich freuen kannst.
Ich bin froh, dass du bei mir warst, Samweis Gamdschie.
Du hast einen Platz in meinem Herzen, der niemand anderem je zustehen wird. Du bist und bleibst die wichtigste Person, die in meinem Leben vorkommt.
Ich bin froh, dass wir uns eines Tages wiedersehen werden.
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top