Kapitel 17 - Fürsorge

Als Kaito am nächsten Morgen aus seinem Schlaf erwachte, war die Bettseite neben ihm leer. So kalt wie sie war, musste Yukine bereits länger abwesend sein. Seufzend zog er seine Hand wieder zurück, mit der er nach dem Fae getastet hatte und öffnete die Augen.

Durch das Fenster fiel fahles Licht, was bedeutete, dass Kaito vermutlich verschlafen hatte. Doch in diesem Moment war es ihm herzlich egal. Zur Not konnte er einfach im Homeoffice arbeiten, niemanden würde es stören. Es verwunderte ihn lediglich, dass Yukine ihn gar nicht versucht hatte zu wecken. Das tat der Fae sonst immer - mit ziemlich viel Erfolg.

Kaito setzte sich träge auf. Noch immer sah er zum Fenster hinüber. Die Rollläden waren nicht unten, weshalb er überhaupt erst sehen konnte, was draußen geschah. Und wenn er ehrlich war, dann wäre es ihm lieber, wenn er nicht gesehen hätte, dass es zu schneien begonnen hatte. Das hatte wirklich noch gefehlt.

Er wandte den Blick ab und rutschte an die Bettkante. Aus dem Augenwinkel konnte er sehen, dass Yukine den Thermobecher mitgenommen hatte. Der Tee wäre nun ohnehin kalt und ungenießbar, aber es fiel ihm dennoch auf. Stattdessen stand nun eine kleine Wasserflasche an genau dieser Stelle.

Lächelnd griff er nach ihr und nahm ein paar gierige Schlucke der klaren und kühlen Flüssigkeit. Wahrscheinlich hatte Yukine sie vor einiger Zeit hereingebracht, denn die Flaschen standen bis gestern Abend noch auf dem Balkon. Doch bei dem Wetter war es vermutlich besser, sie drinnen aufzubewahren. Sonst wäre das Wasser am Ende zu kalt oder es würde im schlimmsten Fall einfrieren.

Zufrieden und mit gestilltem Durst stellte er die Flasche wieder auf den Nachttisch und zog seine plüschigen Puschen unter dem Bett hervor. Sie waren rot und flauschig. Außerdem ein Geschenk seiner Schwester - weil er sonst immer barfuß durch die Wohnung lief, obwohl er sich immer so schnell erkältete.

Er mochte die Puschen, da sie schön warm hielten, gemütlich waren und ihm das Rot wirklich gefiel. Dabei hatte Kaito sich ganz zu Beginn dagegen gesträubt, solch flauschige Dinger zu tragen; hatte sie als zu albern empfunden und betitelt. Doch nun sah er es nicht mehr so eng.

Mit den Puschen an den Füßen stand er schließlich auf. Ein missbilligender Blick zum Fenster folgte, dann schlurfte er aus seinem Schlafzimmer hinaus. Auf dem Weg in die Küche, wo er Yukine vermutete, rieb er sich den Schlaf aus den Augen und gähnte zum wiederholten Mal.

Vor der angelehnten Küchentür blieb er stehen. Durch den kleinen Spalt drang der Duft nach frischen Brötchen an seine Nase und ließ seinen Magen leise knurren. Er gab der Tür einen kleinen Schubs, sodass sie sich öffnete. Im Raum selbst brannte Licht, das Kaito für einen kurzen Moment blinzeln ließ.

Sein Blick glitt durch die Küche und fiel zuerst auf Yukine, der an der Arbeitsplatte Obst kleinschnitt. Der Fae trug noch immer die Sachen von letzter Nacht, jedoch hatte er sich eine der Schürzen umgebunden, die er beim Aufräumen aus irgendeiner Ecke gekramt hatte. Bis dahin hatte Kaito nicht einmal gewusst, dass er so etwas besaß.

Er beobachtete den weißhaarigen Mann einen weiteren Moment, bevor er eintrat und dabei hörbar schlurfte. Seine Augen hafteten derweil auf dem kleinen Küchentisch, an dem lediglich Platz für vier Personen war - mehr als genug für ihn und Yukine. Gedeckt war er mit einem Tischläufer in dunkelblau, auf dem sich hellere Ornamente befanden.

Mitten darauf stand eine Kanne mit Tee und dazu eine Karaffe mit Orangensaft. Außerdem entdeckte er die dampfenden Brötchen, die er zuvor schon gerochen hatte. Es waren lediglich aufgebackene, aber Kaito mochte sie und hatte selten Lust zum Bäcker zu laufen. Dazu standen noch Teller, Müslischalen - die bereits gefüllt waren -, Tassen und Gläser auf dem Tisch. Das Besteck hatte ihren Weg ebenfalls dorthin gefunden.

»Guten Morgen, du bist ja schon wach«, ertönte Yukines Stimme, woraufhin Kaito wieder zu ihm blickte. Ein Lächeln lag auf seinen hellen, rosigen Lippen. Lippen, die Kaito erst so kürzlich geküsst hatte und die er nun vermisste.
»Sieht ganz so aus«, entgegnete er und stellte sich mit minimalem Abstand neben Yukine. »Dir auch einen guten Morgen.«

Bei seinen Worten wurde das Lächeln auf Yukines Gesicht noch ein Stückchen breiter und Kaito kam nicht umhin, es zu erwidern.
»Ich wollte dich wecken, sobald alles fertig ist.« Er wandte sich wieder seiner Tätigkeit zu und legte ein paar Gurkenscheiben auf den Teller. Der war bereits mit allerlei Käse und Wurst belegt, die Kaito eingekauft hatte.

»Brauchst du noch bei etwas Hilfe?«, fragte er, doch Yukine schüttelte den Kopf. Er legte alles ordentlich zusammen und nahm die beiden Teller an sich, nur um sie anschließend auf den Tisch zu stellen. Allein beim Anblick des Essens knurrte Kaitos Magen erneut. Dabei war er es gewohnt, morgens nichts als einen Kaffee zu sich zu nehmen. Der Fae brachte einiges durcheinander.

»Nein, ich bin tatsächlich fertig.« Er rückte alles zurecht und nahm anschließend die Schürze ab, nur um sie über einen der Stühle zu hängen. Kaitos Augen klebten regelrecht an ihm und für einen Moment stellte er sich den Fae vor, wie er nichts als diese Schürze trug. »Alles in Ordnung bei dir?«

Blinzelnd verdrängte er das Bild aus seinem Kopf und schenkte Yukine ein schiefes Lächeln.
»Nur noch nicht richtig wach«, räusperte er sich und trat näher heran. »Danke, du machst dir immer so viel Arbeit ...«
»Das stört mich nicht«, begann Yukine und strich ein paar seiner Haarsträhnen hinter sein Ohr. »Ich habe jahrelang mit meinem Partner zusammen gefrühstückt, sodass es irgendwo eine alte Gewohnheit ist.«

Wieder sprach Yukine über diesen Partner und Kaito hätte gerne gewusst, wie nahe sie sich gestanden hatten. Waren sie so etwas wie Arbeitskollegen gewesen? Oder doch ein Liebespaar? Und warum waren sie nun keine Partner mehr? Wenn er könnte, würde er es am liebsten fragen. Erfahren, wieso sich die beiden getrennt hatten und was mit diesem Mann passiert war. Aber er war sich nicht sicher, ob er die Antwort darauf hören wollte.

»Da wird man schon ein wenig neidisch.«
»Warum?«, fragte Yukine und trat sogleich vor ihn. Seine Hände legten sich um Kaitos Gesicht und brachten ihn dazu, dem Fae in die Augen zu sehen.
»Die letzte Person, die mir jeden Tag ein Frühstück gemacht hat, ist meine Mutter und das war damals in der Schule.« Bei der Erinnerung musste Kaito breit lächeln. »Wir haben oft zu dritt gefrühstückt, manchmal auch zu viert, wenn mein Vater nicht schon unterwegs war.«

Kaito hatte sich immer seine eigene Familie gewünscht. Stattdessen lebte er seit Jahren allein, da seine Beziehungen nicht von Dauer gewesen waren. Auch heute noch vermisste er das, was er lange gehabt hatte.
»Jetzt hast du mich«, kommentierte Yukine. »Ab jetzt können wir immer gemeinsam essen, wenn die Zeit es zulässt.«
»Das klingt fantastisch.«

»Kaito?«
»Was denn?«
»Ich weiß, dass du gestern gesagt hast, dass es eine Ausnahme sei ...«, sagte Yukine, bevor er sich etwas näher zu ihm beugte. »Aber ... Darf ich dich küssen?« Die Frage des Faes musste Kaito erst einmal verarbeiten. Er blinzelte und starrte Yukine an, dann jedoch formten seine Lippen ein »Ja«.

Der Kuss war noch besser als er ihn in Erinnerung hatte. Nüchtern nahm er ihn ganz anders wahr, viel intensiver, viel intimer. Kaito ließ sich fallen, schlang seine Arme um Yukine und zog ihn näher an sich heran. In seinen Ohren rauschte das Blut, während seine Lippen immer wieder nach denen von Yukine schnappten und den Kuss am liebsten nicht enden lassen würden.

Das schien der Fae auch zu merken, denn er grinste in den Kuss hinein, bevor er Kaito leicht in die Lippe biss und sich schließlich von ihm löste.
»Du bist wunderschön, weißt du das?« Yukine strich mit seinen Daumen über Kaitos Wangen. »So unglaublich schön.«

Kaitos Augenlider öffneten sich flatternd. Ungläubig sah er sein Gegenüber an.
»Was? Ich und schön?«, fragte er und lachte auf. Doch Yukine sah nicht aus, als hätte er einen Scherz gemacht. Seine Augen funkelten wie Sterne, während er Kaitos Blick erwiderte. So voller Zuneigung und Liebe.
»Wer denn sonst? Natürlich du.«

Es folgte noch ein Kuss, dann ließ Yukine ihn los. »Schau nicht so ungläubig, ich meine es ernst.« Kaito spürte, wie seine Wangen ganz heiß wurden und er dümmlich zu grinsen begann. Ein Lachen entwich seiner Kehle, das er nicht unterdrücken konnte.
»Danke, es ist schön so etwas zu hören.«

»Ab jetzt wirst du es öfter zu hören bekommen«, sagte Yukine und schob Kaito an den Tisch. »Aber jetzt sollten wir frühstücken, wird Zeit.«
»Na-natürlich.«

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