Kapitel 58

Der nächste Tag fühlte sich dunkel und schwer an. Es war gerade mal acht Uhr als ich schon aufwachte. Ich blickte zu Joey, der auf der Matratze auf dem Boden gemütlich schlief.

Er hatte gestern vor dem schlafen mehrmals gefragt was es denn war, aber hatte letztendlich aufgegeben. Es war ein mulmiges Gefühl, ich wollte es ihm sagen, aber ich hatte angst, dass er sauer sein könnte.

Ich konnte nicht sagen ob ich sauer sein würde wenn er mir sowas verheimlichen hätte. Und obwohl ich Joey schon solange kannte, konnte ich auch nicht sagen wie er reagieren würde.

Ich seufzte und stand schließlich auf. Nachdem ich meine Morgenroutine erledigt hatte setzte ich mich an den Küchentisch mit einer Tasse Milchkaffee. Umziehen würde ich mich heute nicht. Das schwarze T-shirt und die rosafarbene Jogginghose waren schon okay. Drüber trug ich eine dazu passende Strickjacke.

„Angie?", fragte plötzlich jemand und ich blickte zu einem verschlafenen Aaron.

„Hey kleiner", sagte ich während ich eine Stuhl zurück schob.

Er setzte sich neben mich hin und blickte auf seine Hände. Erst jetzt merkte ich wie groß er und Luke schon geworden waren. In den letzten Monaten hatten sie einen großen Wachstumsschub und gingen mir mittlerweile bis zur Nase.

„Bist du traurig wegen Mama?", fragte er plötzlich.

Ich blickte ihn an.
„Wie kommst du drauf?", fragte ich zurück.

Die beiden waren damals so jung dass sie sich kaum an unsere Mutter erinnern konnten, trotzdem gingen wir jedes Jahr an ihr Grab und ich erzählte ihnen oft Geschichten von ihr und wie sie war.

„Heute ist ihr Todestag", sagte er.

Ich lächelte.
„Natürlich bin ich traurig, ich vermisse sie manchmal."

„Aber Erica ist doch auch unsere Mutter", sagte Aaron.

„Natürlich ist sie das, und ich liebe sie auch", antwortete ich.

„Ich vermisse unsere echte Mama auch, ich wünschte ich könnte mich an sie erinnern", sagte er.

„Du warst zu klein, es ist okay dass du dich nicht erinnern kannst. Soll ich dir Frühstück machen?", fragte ich.

„Machst du uns deine coolen Crêpes?", fragte er aufgeregt.

„Klar doch. Geh wasch dein Gesicht und komm dann runter", sagte ich.

Nach kurzer Zeit kam auch schon Luke runter und wir drei frühstückten.

„Wir gehen zum Grab heute oder?", fragte Luke.

„Ja, und Joey begleitet uns heute", sagte ich.

Beide nickten.
„Joey ist cool, ich mag ihn", sagte Aaron.
„Ich auch. Er hat den selben Geschmack wie wir", stimmte Luke ihm zu.

„Ich wusste gar nicht, dass ich so beliebt bin", sagte der gewisse jemand und betrat ebenfalls die Küche.

Ich grinste ihn an.
„Du hast beide echt um den Finger gewickelt", sagte ich während ich Nutella auf den Crêpe schmierte und es faltete bevor ich den Teller Aaron zu schob.

„Tja, jeder mag mich", sagte er bevor er sich hinsetzte.

Wir aßen alle zu Frühstück und schließlich schickte ich die Zwillinge hoch um sich umzuziehen. Joey war schon bereit genauso wie ich.

„Also willst du mir jetzt sagen wohin wir gehen?", fragte er.

Ich räumte die Teller ein bevor ich sagte: „Nein, aber versprich mir nicht wütend zu werden."

„Wieso sollte ich? Angie sag mir doch einfach was los ist", sagte er.

Ich seufzte.
„Ich will es dir zeigen Joey. Du bist mittlerweile ein Teil dieser Familie und deshalb denke ich dass du es wissen solltest. Aber bitte hab einfach noch etwas Geduld."

Er nickte während er mich beobachtete.
Nach paar Minuten kamen auch die Zwillinge runter und wir verließen das Haus. Der Friedhof war nicht weit entfernt weshalb wir zu Fuß hingingen.

Nach ca. 15 Minuten standen wir schließlich vor dem Friedhof. Joey betrachtete mich verwirrt. Die Zwillinge waren schon vorgegangen.

„Angie? Wieso sind wir hier?", fragte er zögernd.

„Wirst du gleich sehen", sagte ich.

Aaron und Luke fragten nach Geld, was ich ihnen gab. Paar Minuten später kamen sie mit einem Blumenstrauß und Rosenblättern raus.

„Gehen wir deine Großeltern besuchen?", fragte Joey wieder und hielt diesmal mein Handgelenk fest.

Ich schluckte bevor ich den Kopf schüttelte.
„Wir gehen....", ich zögerte wieder, „Meine Mutter besuchen."

Joeys Hand löste sich von meinem Handgelenk.
„Angelina, ist das ein Witz oder so? Erica ist doch mit deinem Vater unterwegs und-"

„Erica ist nicht meine leibliche Mutter", sagte ich.

Ich griff nach seiner Hand und zog ihn mit. Paar Minuten später standen wir vor dem Grab. Aaron und Luke taten den Strauß in eine Vase während sie die Rosenblätter auf dem Grab verteilten.

Währenddessen las Joey endlich den Namen und ich spürte wie er ohne es zu bemerken meine Hand fester drückte.

„Also... ist Erica eure Stiefmutter?", fragte er schließlich.

Ich nickte.

„Dachtest du ernsthaft ich würde auf sowas sauer sein Angie? Im Gegensatz, ich fühle mich sogar schlecht dass du all die Jahre jedes Jahr allein an diesem Tag warst", redete er weiter.

„Brauchst du nicht, eigentlich sich Erica und mein Vater immer bei uns, nur dieses Jahr konnten sie nicht kommen", erwiderte ich.

Joey sah mich an bevor er mich in eine Umarmung zog. Etwas überrascht klopfte ich auf seinen Rücken. Er löste sich von mir und ich sah Tränen in seinen Augen.

„Hey, hör auf zu weinen", sagte ich erschrocken.

„Ich fühle mich ernsthaft schlecht Angie, du musstest so viel durchmachen", sagte er heulend.

„Es ist traurig, aber es ist nun mal so. Ich komme mittlerweile damit klar. Jetzt hör auf zu heulen oder ich weine gleich mit", sagte ich während ich seine Tränen wegwischte.

Er fasste sich wieder bevor er fortfuhr: „Aber das wars jetzt mit Geheimnissen oder? Oder gibt es noch mehr was ich nicht weiß?"

„Nein, das wars. Keine Sorge, jetzt weißt du alles über mich", sagte ich.

Aaron und Luke hatten mittlerweile das Grab dekoriert und saßen nun davor während sie miteinander redeten.

„Sollen wir dann gehen Jungs?", fragte ich die beiden.

Beide nickten und wir standen schließlich auf und verließen den Friedhof. Der restliche Tag verging ruhig und ohne weitere Vorfälle. Joey brauchte etwas Zeit um alles zu verdauen, was ich daran merkte dass er oft einfach in seinen Gedanken verschwunden war. Aber es war verständlich und ich war froh, dass er nicht sauer geworden war.

Und wieder einmal war ich froh einen so tollen besten Freund gefunden zu haben.
An Logan dachte ich an diesem Tag nicht...

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Ich verspreche euch nächste Woche gibt es ein neues Kapitel 😃Habs sogar schon vorgeschrieben

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