Kapitel 34
Jungkooks Cover von "Falling"
https://youtu.be/22VOzqS_9ms
_______
Kleine Ewigkeiten verstrichen, in denen ich Jimin im Arm behielt.
Über seine Vergangenheit zu sprechen, schien etwas in ihm zerbrochen zu haben...
Er konnte sich gar nicht mehr beruhigen.
Unentwegt rannen die Tränen über seine Wangen.
Unfähig etwas zu sagen, was diese schreckliche Geschichte weniger schrecklich machen würde, drückte ich ihn einfach an mich.
Beruhigend streichelte ich ihn, während ich ihm immer wieder versicherte, dass ich bei ihm war...
Dass er, nach all der Zeit, nicht mehr allein war.
Verzweifelt klammerte der Blonde sich an mich.
Seine Finger so verkrampft, als würde er mich nie wieder loslassen wollen.
Er schien so eingenommen von seinem Schmerz, dass er gar nicht mitbekam, wie bildhaft er ihn mit mir teilte.
Stumm schloss ich meine Augen, während ich Jimins Erinnerungen in meinen Kopf ließ.
Es fühlte sich an, als würde ich es miterleben...
Den grauenvollen Schock, als er das Schlachtfeld vorgefunden hatte.
Den bodenlosen Schmerz, als er all die Toten identifiziert hatte.
Die taube Leere, als er einen nach dem anderen begraben hatte.
Seine ganze Familie...
Jimin hatte diesen Friedhof ganz alleine angelegt.
Über die Jahre hatte er sich um ihn gekümmert...
Die ehemals improvisierten Grabsteine gegen richtige ausgetauscht.
All diese Dinge sehen zu können, zerriss mir mehrfach das Herz.
Obwohl es sich real anfühlte, konnte ich mir nicht mal ansatzweise vorstellen, was Jimin durchgemacht hatte.
Wie einsam er in den letzten zwei Jahrhunderten gewesen sein musste.
Ich empfand es als Wunder, dass er lächeln konnte...
Dass er Wege gefunden hatte, sich an kleinen Dingen wie Filmen und dazugehörigen Snacks zu erfreuen.
Überhaupt Freude zu empfinden, nachdem er einen derartig großen Verlust erlitten hatte.
"Jiminie...", wisperte ich während ich sanft über seinen Hinterkopf streichelte.
Was er mir gezeigt und erzählt hatte, war unfassbar schrecklich.
Trotzdem kam ich nicht umhin, mich wahnsinnig zu freuen, weil er sich mir geöffnet hatte.
Plötzlich machte alles Sinn...
Warum Jimin sich so schwer damit getan hatte, mein Blut zu trinken.
Warum er nicht verstanden hatte, dass ich wirklich bei ihm sein wollte.
Bei allem, was ich in ihm sah, tat es weh zu wissen, was für ein negatives Bild er von sich selbst hatte.
Zu spüren, dass er sich nachträglich dafür verurteile, weggelaufen zu sein.
Dass er seine Familie vermisste.
Sie gleichzeitig für das hasste, was sie den Menschen aus dem Dorf angetan hatten.
Ich konnte es fühlen...
Jimins Grund, wegen dem er der Meinung war, in dem Anwesen bleiben zu müssen.
Warum er es als seine Lebensaufgabe akzeptiert hatte, den Menschen hier zu helfen.
Warum er sich selbst dabei so wenig Spaß erlaubte...
Von innerem Schmerz erfüllt, kniff ich die Augen zusammen, als mir bewusst wurde, dass Jimin seit zweihundert Jahren damit beschäftigt war, sich selbst zu bestrafen.
Er fühlte sich verantwortlich für die Taten seiner Familie.
Deshalb isolierte er sich.
Ließ niemanden an sich heran, außer die Person brauchte seine Hilfe.
Ich blinzelte überrascht, kaum dass ich die Tränen bemerkte, die sich in meinen Augenwinkeln bildeten.
Meine Brust drückte.
Der Kloß in meinem Hals ließ mir kaum Luft zum Atmen.
Nicht, weil ich das, was Jimin mir zeigte, nicht verkraftete...
So fest ich konnte drückte ich ihn an mich.
...sondern weil mir bis heute nicht klar gewesen war, was für ein riesiges Geschenk es gewesen war, dass Jimin mich hatte bei sich bleiben lassen.
Obwohl ich diese Tatsache über alle Maßen geschätzt hatte, hatte ich nicht gewusst, wie viel dagegen gesprochen hatte.
Was für eine extreme Überwindung es für ihn gewesen sein musste, seinem Bedürfnis nach Nähe endlich nachzugeben.
Ich war so unbeschreiblich dankbar...
Dankbar, dass ausgerechnet ich es hatte sein dürfen, den er an sich herangelassen hatte.
"Jiminie...", flüsterte ich.
Zärtlich streichelte ich über seinen Hinterkopf, während ich mein Glück überhaupt nicht fassen konnte.
"Jiminie...", wiederholte ich seinen Namen.
Nachdem seine Erinnerungen aufgehört hatten, sich in meinem Kopf abzuspielen, war alles voll.
"Jiminie..."
Voll mit ihm.
"Jiminie, ich..."
Voll mit Dankbarkeit.
"Ich liebe dich...", flüsterte ich.
Ganz von selbst verließen sie meine Lippen...
Die drei magischen Worte, die die letzten Wochen über nicht hatten herauskommen wollen.
Kaum hatte ich sie ausgesprochen, spürte ich die Nässe auf meinen Wangen.
Tränen purer Erleichterung rannen darüber.
Ich spürte, dass ich ihn gefunden hatte...
Fest drückte ich Jimins vor Schock erstarrten Körper an mich, bevor ich von ihm abließ, damit wir uns ansehen konnten.
Den perfekten Moment.
Riesengroß waren die Seelenspiegel meines Gegenübers.
"W-was....h-hast du gerade gesagt?...", verließ es in heiserer Verunsicherung seine Lippen.
Völlig überfordert zuckten seine Rubine zwischen meinen Augen hin und her.
Ich spürte die Hitze in meinen Wangen, während ich zu lächeln begann.
"Entschuldige, dass ich dich so überfalle...", murmelte ich mit weicher Stimme.
Zärtlich fuhren meine Daumen über seine Gesicht.
"Aber ich wollte es dir schon lange sagen...", gestand ich.
Jetzt, wo er aufgehört hatte zu weinen, gelang es mir, die Tränen wegzuwischen.
Unter meiner Berührung erzitternd, schaute Jimin mich an.
Seine Augen trieften vor Ungläubigkeit.
"D-du...", setzte er fassungslos an, meine Worte zu wiederholen.
Lächelnd nickte ich.
"Ich liebe dich...", kam ich ihm zuvor.
Sanft ruhte meine Hand auf seiner Wange.
"Ich liebe dich, Jiminie...", wiederholte ich es direkt nochmal, damit er nicht erneut nachfragen musste.
Dabei konnte ich förmlich spüren, wie die Gewichte von meinen Schultern fielen.
Es endlich ausgesprochen zu haben, fühlte sich großartig an.
Jimin hatte sichtbare Probleme, meine Worte mit der Realität in Einklang zu bringen.
"A-aber ich d-dachte...", entwich es ihm ausgelöst.
Fast schon hilflos zeigte er auf den Friedhof.
"T-trotzdem...?...", fragte er unsicher nach.
Er schien es nicht glauben zu können...
Ich spürte mein Herz deshalb ein wenig zu drücken begann.
Gerade konnte ich sie in seinen Augen sehen...
Die Erklärung für Jimins ausweichendes Verhalten, welches er den ganzen Tag über gezeigt hatte.
Für den Kuss, bevor er von seiner Familie erzählt hatte.
Die Erklärung, warum dieser sich nach Ende angefühlt hatte.
Ein Teil vom Jimin schien felsenfest davon überzeugt gewesen zu sein, dass seine Vergangenheit mich vertreiben würde.
Er hatte gedacht, ich würde gehen...
Ihn genauso verlassen wie alle anderen es auch getan hatten.
Trotzdem hatte er sich überwunden, mir davon zu erzählen...
"Dadurch ehrlich gesagt...", sanft fuhr meine Hand seinen Arm herab, um sich mit seiner zu verschränken.
"...nur noch mehr.", flüsterte ich.
Mir war bewusst, dass Jimin das wahrscheinlich anders sah...
Allerdings hatte er mir in meinen Augen nichts mitgeteilt, was dafür sorgen könnte, dass ich von ihm weg wollen würde.
Eher im Gegenteil...
Ich wusste jetzt, dass Jimin jemand war, der zu seinen Prinzipien stand.
Dass er es so sehr verabscheute, anderen wehzutun, dass er deshalb sogar seine Familie verlassen hatte.
Dass sein Herz groß genug gewesen war, die Menschen trotz dieser schrecklichen Tragödie nicht zu hassen.
Dass er immer nur hatte helfen wollen...
Mir war unklar, wie es möglich sein sollte, sich nicht noch mehr in so jemanden zu verlieben...
Ich konnte förmlich sehen, wie meine Aussage Jimins Hirnwindungen dazu brachte, einen Moment lang ihre Arbeit einzustellen.
In stiller Fassungslosigkeit schaute er mich an, während er zu verarbeiten versuchte, was ich ihm mitgeteilt hatte.
Was es bedeutete.
Ich spürte mein Herz leichter werden, als es bei ihm anzukommen schien.
Riesengroß klebten seine Seelenspiegel an mir, während sie sich verfärbten.
Von dem aufgewühlten Rot, welches den ganzen Tag über um sich geschlagen hatte...
...hin zu einem ruhigen, tiefen Mokka-Braun.
Bis eben war mir nicht bewusst gewesen, wie sehr ich dieses vermisst hatte...
Wie sehr ich ihn vermisst hatte.
"Ich liebe dich, Jiminie...", sagte ich es nochmal.
"Du bist die warmherzigste... liebevollste Person, die ich jemals hab kennenlernen dürfen.", ohne darüber nachzudenken, trat ich einen Schritt auf ihn zu.
"Und ich glaube nicht...", meine Hand fand den Weg auf seine Wange, während ich ihm in die Augen schaute.
"Ich glaube nicht, dass du etwas sagen kannst, was das ändern wird...", flüsterte ich.
Sanft streichelte ich über seine kühle Haut, während ich hoffte, dass mein Blick es irgendwie in sein Gehirn brennen würde.
Ich wollte, dass Jimin es endlich begriff.
Dass er verstand, dass ich niemals gehen würde.
Nicht in diesem Leben.
Nicht in einem anderen.
Seit unserer ersten gemeinsamen Nacht wusste ich, dass ich nirgendwo sonst hingehörte.
Tief in mir drin spürte ich es...
Ich spürte, dass es so sein sollte.
Dass all das Leid....all die Monotonie, die ich früher als "Leben" bezeichnet hatte, nur dafür da gewesen war, mich zu ihm zu führen.
Nach allem, was Jimin mir heute gezeigt hatte, wagte ich zu glauben, dass es bei ihm auch so war.
Dass er - genauso wie ich - nur darauf gewartet hatte, die eine Person zu treffen, die alles ändern würde.
Nie zuvor war ich mir so sicher gewesen, wie heute.
Jimin war diese Person...
Die eine Person, zu der ich "Ich liebe dich" sagen wollte.
Voller Zuneigung schaute ich dabei zu, wie Jimins neue Augenfarbe verschwamm.
"Du bist nicht mehr alleine, Jiminie...", versprach ich, während ich versuchte, seine sich anbahnenden Tränen aufzuhalten.
Dabei sah es bei mir selbst nicht besser aus...
Ich war überwältigt von Emotionen.
Wie benebelt von der Wärme in meinem Herzen...
Als hätte die kalte Winterluft um uns herum sich einfach verflüchtigt.
Meine Worte schienen es allerdings nicht unbedingt besser gemacht zu haben...
Immer roter wurden Jimins Augenränder, während die Tränen sich einen Weg darüber bahnten.
Nach wie vor hatte er nicht wirklich etwas zu meinem Geständnis gesagt.
Stattdessen schaute er mich mit großen, ungläubigen Augen an.
Das einzige, was mich wissen ließ, dass seine jetzigen Tränen nicht mit denen von vorhin zu vergleichen waren, waren seine Lippen.
Diese wunderschönen, rosafarbenen Lippen, welche ich schon so oft hatte auf meinen spüren dürfen...
Sie hatten sich zu einem breiten, unfassbar glücklichen Lächeln verzogen.
Sekunden verstrichen, in denen ich dieses bewunderte.
Ich genoss, was es mit meiner Herzfrequenz anstellte.
Mit dem Kribbeln in meinem Inneren.
Dieses stieg ins unermessliche, als Jimin seine Fähigkeit zu sprechen wiederfand.
"Kookie...", wisperte er.
Leise schniefte er, bevor er mich anguckte.
"Kookiiee...", komplett verweint brach seine Stimme, während sie dahin schwand...
All die Zurückhaltung der letzten Stunden.
All die Angst.
All der Abstand...
"Kookie..."
Zitternd bewegten sich Jimins Schultern auf und ab, während er mich umarmte.
"Kookie..."
Immer wieder schluchzte er meinen Namen.
"Kookie..."
Er drückte sich an mich.
Erneut unwillig, mich loszulassen.
Ich spürte sämtliches Gewicht von meinen Schultern fallen, als ich es hörte.
"Danke, Kookie..."
Die tiefe Trauer in Jimins Stimme...
"Danke..."
...war purer Freude gewichen.
Hach jaaaa~
Finally haben wir es zu dem "Ich liebe dich" geschafft ^^
Tbh hatte ich einen slightly anderen Plan dafür gehabt.
Aber während ich das Kapitel geschrieben hab, kam er dann irgendwie...
Der perfekte Moment, den Kookie so dringend gesucht hatte. ^^
Und dann war ich so:
"Well, scheiß auf den Plan, er muss es jetzt sagen." xD
Ich liebe meine selbstständigen Charaktere~
Auch so war eigentlich etwas mehr Inhalt für dieses Kapitel geplant.
Aber najaa...
Wenn Jikook sich ein Kapitel lang umarmen will, soll man sie bekanntlich nicht aufhalten xD
Wie fandet ihr das Kapitel? ^^
Please let me know <3
Habt noch einen schönen Abend <3
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top