Kapitel 14
"Ghost" - Jacob Lee
https://youtu.be/gxh1EYJVhfQ
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"Sag mal...", brach ich die angenehme Stille, die bis eben geherrscht hatte.
"...wie kann es sein, dass es in einem deiner Lieblingsfilme ums Kochen geht und du es trotzdem noch nie versucht hast?", fragte ich, während ich zu Jimin nach unten guckte.
Der Film lief seit knappen zwanzig Minuten.
Bereits in den ersten zwei Minuten hatte der Blonde mir mitgeteilt, dass "Ratatouille" zu seinen absoluten Lieblingsfilmen gehörte.
Seit dieser erschienen war schaute er ihn ständig.
Nicht, dass ich das nicht sympathisch fand.
Da Kochen sowas wie mein einziges Hobby war, ließ es mein Herz höher schlagen, dass Jimin ausgerechnet diesen Film mochte.
Trotzdem war ich ein bisschen verwirrt...
Mit großen Augen schaute der Blonde mich an.
...beziehungsweise er versuchte es.
Weil ich inzwischen doch meinen Arm um ihn gelegt hatte, hatte er es sich so gemütlich gemacht, dass er gar nicht ohne weiteres nach oben gucken konnte.
Natürlich hatte er auch eine seiner geliebten Decken geholt.
Ganz nah war er an mich herangerückt, bevor er sie über unsere Beine gelegt hatte.
Jimin lächelte, nachdem er sich aus seiner Kuschelkuhle befreit hatte.
"Kann man kochen nicht schön finden, ohne es selbst zu tun?", fragte er.
Ich war so verzaubert, von dem selbstverständlichen Hauch Zuneigung im seinen Augen, dass ich erstmal nur ein Nicken zustande brachte.
"Ja, aber-", setzte ich dann trotzdem an.
Jimin hatte so viel Zeit...
Ihm musste unfassbar langweilig gewesen sein.
Ich verstand nicht, warum er es nicht wenigstens ausprobiert hatte.
"Und außerdem...", unterbrach der Blonde meine Gedanken.
"...spielt der Film in Paris.", schwärmte er.
Glücklich schaute er auf den Fernseher.
"Das alleine ist Grund genug, um ihn immer wieder zu gucken.~", breit grinste er mich an.
Kaum war Frankreichs Hauptstadt ihm über die Lippen gekommen, wirkte er noch viel glücklicher...
Etwas überrascht blinzelte ich.
"Du magst Paris?", fragte ich nach.
Ich wusste selbst nicht, warum diese Info mich so verwirrte.
Hastig nickte mein Gegenüber.
"Ich liebe es.", korrigierte er mich.
"Warst du schonmal dort?", wollte er wissen.
Plötzlich lag so viel Aufregung in seiner Stimme.
Fast schon entschuldigend schüttelte ich meinen Kopf.
"Ich war nie wirklich außerhalb...", erzählte ich.
Nach allem was ich durch gehabt hatte, war ich immer froh gewesen, wenn ich einen Job gehabt hatte, mit dem ich meine Miete hatte bezahlen können.
Mal ganz davon abgesehen, dass ich mich eh viel zu taub gefühlt hatte, um den Wunsch zu entwickeln, woanders hinzugehen, waren Auslandsreisen rein finanziell nie eine Option gewesen...
Jimins Augen weiteten sich ein bisschen.
"Oh schade...", kurz hörte ich die Enttäuschung in seiner Stimme, bevor er mich wieder anlächelte.
"Ich auch nicht.", sagte er anschließend.
Ich konnte förmlich spüren, wie mir einen Moment lang die Mimik abhandenkam.
"Du...warst noch nie dort?", wiederholte ich.
Die Fragezeichen in meinem Kopf waren hörbar.
Sie wurden nur groß, als Jimin erneut nickte.
"Wieso magst du die Stadt dann so?", wollte ich wissen.
Für gewöhnlich hatte man Städte gesehen, bevor man anfing, sich emotional an sie zu binden...
Als wäre dieser Gedanke für ihn überhaupt nicht verständlich, zuckte Jimin mit den Schultern.
"Die Gebäude sind hübsch...", zählte er auf.
"Die machen wunderschönes Gebäck...", süß lächelte er, bevor er etwas von sich gab, was meine Gesichtszüge direkt wieder zum Einschlafen brachte.
"Und ich fand es wahnsinnig spannend, als sie angefangen haben, den Eiffelturm zu bauen.", aufgeregt schimmerten Jimins Augen.
"Über 300 Meter sind wahnsinnig hoch und dann sind sie so schnell fertig geworden und-", er unterbrach seine Lobeshymne, weil ihm aufzufallen schien, wie ich ihn ansah.
"...Alles okay?", wollte er etwas zögerlich wissen.
Ich konnte fühlen, wie ich einen Moment brauchte, um zu verstehen, was er mir mitgeteilt hatte.
Jimin...
"Sag mal...", setzte ich an.
...hatte den Bau des Eiffelturms miterlebt.
"...wie alt bist du eigentlich genau?", fragte ich.
Zwar war mir bewusst gewesen, dass Jimins Leben wahrscheinlich deutlich länger gewesen war, als meines...
Allerdings hatte ich noch nicht wirklich darüber nachgedacht wie viel länger.
Meine Frage sorgte dafür, dass sich ein kleiner Rotschimmer auf Jimins Wangen legte.
"Ähm...", er kratzte sich am Hinterkopf.
"...223 Jahre?", antwortete er etwas unsicher.
Seine Stimme klang, als würde er sich entschuldigen.
Dafür bestand keinerlei Grund.
Trotzdem konnte ich nicht verhindern, dass mir die Kinnlade nach unten klappte.
"Zweihundert...", wiederholte ich, während ich im Kopf zurückrechnete.
"...Du wurdest 1798 geboren?...", fragte ich zögerlich nach.
Die bloße Vorstellung sprengte mein Gehirn mehrfach.
Der Farbton in Jimins Wangen nahm weiter zu, während er nickte.
"Ist das schlimm für dich?...", wollte er vorsichtig wissen.
Noch bevor ich darüber nachgedacht hatte, hatte ich meinen Kopf geschüttelt.
"Nein...", ich griff nach Jimins Hand, um ihn zu beruhigen.
Natürlich war nicht schlimm.
Ich hatte von Anfang an gewusst, was Jimin war.
Trotzdem war es schwer vorstellbar.
Ich wusste nicht, was ich beunruhigender fand...
Die Tatsache, dass Jimin in eine völlig andere Welt geboren worden war, als ich.
....oder die Erkenntnis, was er vorhin gemeint hatte, als er gesagt hatte, dass er schon "sehr sehr lange" alleine gewesen war.
Sein "lange" war Universen und meinem entfernt...
Überrascht zuckte ich zusammen, als Jimin meine Hand drückte, um meine Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen.
Lieb lächelte er mich an.
"Und du?...", fragte er, um meine Sprachlosigkeit ein wenig abzufedern.
"Wie alt bist du?"
Ich stockte kurz, bevor meine Mundwinkel ein wenig nach oben zuckten.
"Genau 200 Jahre jünger als du.", antwortete ich.
Ein lustiger, wenn auch sehr absurder Gedanke...
Jimins Augen weiteten sich ein bisschen.
Anschließend wurde sein Lächeln noch breiter.
"Wie schön...", verließ es mild seine Lippen.
"Du hast noch dein ganzes Leben vor dir.", stellte er fest.
So viel Selbstverständlichkeit lag in seiner Stimme...
Ich erschrak ein bisschen, als ich bemerkte, dass ich es noch nie so betrachtet hatte.
All die Jahre hatte ich immer nur daran gedacht, wie viel Zeit schon vergangen war.
Wie lange ich mich schon leer gefühlt hatte.
Dass es einfach kein Ende hatte nehmen wollen.
Heute war das erste Mal, dass ich es anders sah.
Mir war egal, wie ungewiss es war...
"Stimmt...", entwich es mir leise, während ich Jimins Hand in meiner spürte.
Noch nie hatte ich mich so sehr auf die Zukunft gefreut, wie jetzt...
Sekundenlang schauten wir einander in die Augen, bevor ich erneut das Wort ergriff.
"Aber wenn du so viel Zeit hast...", mein Gehirn war immer noch damit beschäftigt, die Informationen zu verarbeiten.
"...wieso bist du nicht einfach mal nach Paris gegangen?", wollte ich wissen.
Wenn ich bedachte, wie schnell Jimin zu Fuß unterwegs war, war es keineswegs abwegig.
Ihm stand praktisch die ganze Welt offen...
Mein Gegenüber stutzte kurz.
Anschließend zuckte er mit den Schultern.
"Na ich...", er schien sich selbst nicht ganz sicher zu sein.
"Ich muss doch auf die Menschen hier aufpassen.", antwortete er.
Plötzlich lag eine fast fremdartige Überzeugung in seiner Stimme.
Verwundert hob ich eine Augenbraue.
"Du...musst?", wiederholte ich Jimins Wortwahl.
Ich hatte noch nicht wirklich darüber nachgedacht, wie es wohl dazu gekommen war, dass Jimin sich hier niedergelassen hatte.
Allerdings hatte ich keinen Zwang dahinter vermutet...
Unsicher blieben Jimins Augen in meinen hängen.
"Ja, ich...", langsam nickte er.
"Ich muss.", antwortete er schließlich.
Seine Aussage klang unumstößlich.
Fest.
Nicht, als würde er sie erklären wollen...
Sekundenlang musterte ich mein Gegenüber.
"Verstehe...", murmelte ich schließlich.
Natürlich entsprach das nicht wirklich der Wahrheit...
Ich verstand es nicht.
Jetzt noch weniger, als vorher.
Allerdings verrieten Jimins Seelenspiegel mir, dass es wahrscheinlich keine gute Idee war, weiter nachzubohren...
Der Blonde schaute, als würden wir in die Nähe eines Themas kommen, über das er nicht sprechen wollte.
Ich sah den Schmerz in seinen Augen...
Winzig klein.
Trotzdem vorhanden.
Ich kam nicht umhin, mich zu fragen, wie es sein konnte, dass Jimin, je mehr ich über ihn erfuhr, immer einsamer wirkte...
Er liebte Essen.
Aber er kochte nicht.
Er wollte nach Paris.
Aber er ging nicht.
Er hatte unendlich viele Möglichkeiten...
Trotzdem nutzte er keine davon.
Obwohl er regelmäßig nach draußen ging, schien Jimin eingesperrt zu sein...
Ich war nicht sicher ob durch Fremd- oder Eigeneinwirkung.
Still betrachtete ich mein Gegenüber, während ich mich fragte, was ich von alledem halten sollte.
Ob es überhaupt wichtig war, was ich davon hielt.
Ich war immer noch seit gerade mal einem Tag hier...
Auch wenn es sich anders anfühlte, gab es viel, was Jimin und ich noch nicht über einander wussten.
Ich spürte mein Herz leichter werden, als mir klar wurde, dass das okay war.
Dass es überhaupt nicht schlimm war, wenn ich noch nicht alles verstand.
Das wichtigste war, dass ich hier war.
Dass ich bleiben durfte.
Für den Rest würden wir noch mehr als genug Zeit haben...
Gerade ließ ich diesen Gedanken sacken, als Jimin mich zurück in die Realität holte.
"Kookie?...", fragte er vorsichtig.
Ich spürte, wie sein Griff um meine Hand fester wurde.
"...Ist alles okay?..."
Mein Herz zog sich zusammen, als ich bemerkte, dass die Ängstlichkeit zurück in Jimins Stimme gekehrt war.
Als würde er immer noch denken, dass er mich verschrecken könnte...
Hastig nickte ich, um ihn davon zu erlösen.
"Natürlich.", weich lächelte ich, bevor ich ein bisschen an seiner Hand zog, um ihm anzudeuten, dass er wieder an mich heran kommen sollte.
"Schauen wir weiter?", fragte ich.
Zurück in diese unfassbar angenehme Kuschel-Position...
Jimins Augenlider klappten ein paar Mal auf und zu.
Kaum verstand er, was ich von ihm wollte, verschwand die Unsicherheit aus seiner Mimik.
Mein Herz klopfte, als ich stattdessen pure Freude in den Mokka-Augen meines Gegenübers entdeckte.
"Gerne!", breit grinste Jimin, bevor er sich wieder an mich kuschelte.
Diesmal noch stärker, als vorhin...
Lautlos atmete ich durch, während ich genoss, was es mit mir anstellte.
Jimin so nah bei mir zu spüren fühlte sich unfassbar gut an...
Immer noch so abgrundtief richtig, dass ich es nicht verarbeiten konnte.
Ich nickte, als Jimin fragte, ob er zurückspulen sollte.
Anschließend legte ich wieder meinen Arm um ihn.
Ich zog ihn zu mir...
Richtete die Decke über unseren Beinen.
Zuletzt griff ich nach der Chips-Tüte und legte sie auf meinen Schoß, damit wir beide besser heran kamen.
Während der Film schon wieder lief, versuchte ich zu verstehen, was ich gerade erfahren hatte.
Mein Kopf rollte die Informationen hin und her...
Drehte sie um ihre eigene Achse und betrachtete sie von allen Seiten.
Zeitgleich spürte ich Jimins Haare, wie sie mein Gesicht kitzelten.
Ich fühlte seine kühle Haut...
Hatte seinen Geruch in meiner Nase...
Um Längen übertraf diese Realität meinen Kopf.
Sie war viel stärker...
Leise seufzte ich, bevor ich sie schließlich beiseiteschob.
All die Fragen...
All die Ungewissheiten...
Ich fühlte mich nicht, als bräuchte ich sie.
Als würden sie etwas bringen.
Das einzige, was von Bedeutung war...
Ich lächelte, als ich zu ihm schaute.
...lag gerade in meinem Arm.
Uff Freunde, ihr habt keine Ahnung, wie tot mein Gehirn gestern Nacht war, nachdem ich dieses Kapitel fertig geschrieben hatte.
Aber ich war so happy omg xD
Vielen Dank für die "Gute Besserungs"-Wünsche ^^
Heute ist es schon viel besser <3
Und ihr bekommt jetzt Backgroundinfos zu dem Kapitel.
Mir egal, ob die euch interessieren. xD
Also wer mir auf Insta folgt und oder sich mein Profil hier auf Wattpad mal genau angeguckt hat, könnte wissen, dass ich des Todes auf Paris spinne.
Ich verbinde nur gutes mit dieser Stadt und alleine Bilder davon zu sehen, lässt mich irgendwie cozy fühlen.
Weil Interminable meine Cozy-Story ist, musste Paris dann irgendwie auch mit rein. x3
Das mit dem Eiffelturm ist mir tatsächlich nur eingefallen, weil ich vorletzte Woche mit meiner Mom, ihrem Freund und meinem Freund in dem Film "Eiffel in Love" im Kino war.
Mein Brain war schon deeply im Interminable-Mode und ich war so: "Yes pls, give me all the inspiration x3"
Und yeah naja, das war halt ein Film über den Erbauer des Eiffelturms.
Da ich natürlich schon geplant hatte, wann Jimin ungefähr geboren sein soll, war ich dann so.... "Wait a Second, der Eiffelturm wurde 1887 erbaut? - Mensch da hat Jimin ja schon gelebt!"
(Ich schwöre, ich hab ein Leben außerhalb meiner FFs - wirklich. xD )
Das war dann eine gute Möglichkeit, das Alters-Gespräch anzufangen.
Ich liebe es, wenn sich sowas Stück für Stück ergibt. ^^
Und "Ratatouille" hab ich tbh nur genommen, weil das der erste Film ist, der mir einfällt, wenn ich an Paris-Filme denke, einfach weil Remi in dem Film ja auch die ganze Zeit so ist von wegen "Hach~ Paris~" x3
Nachträglich fiel mir auf, dass der Film auch wirklich sehr sehr deep zu Jimin passt, aber da geh ich (hopefully, wenn ich es nicht vergesse) später nochmal drauf ein ^^
...ich glaub, ich sollte mir ne Notiz machen.
Oder irgendwas.
(Hab ich erwähnt, dass ich diese Story komplett aus meinem Kopf und ohne Schreibplan schreibe? - It's a mess. xD)
Naja jedenfalls...
Das sind die Backgroundinfos ^^
Durch die Story hab ich wieder voll Lust auf "Ratatouille" bekommen.
Meine Mom und ihr Freund wollten mitgucken, deshalb machen wir heute einen französischen Film-Abend.
Ich hab Eclair und Macarons besorgt und stell mich jetzt gleich in die Küche.
Weil was wäre ein "Ratatouille"-Abend ohne das Namengebende Gericht, oder? x3
Das wars und sorry, ich musste meine Freude kund tun~
Vielen Dank an jeden, der es sich gegeben hat <3
Habt noch einen schönen Abend <3
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