Kapitel 22- It's time to go Beastmode
Verwirrt sah Paul Anna nach, wie sie in der Nacht verschwand. Was war das denn? Erst beklagte sie sich noch, dass ihr kalt war und dann sprang sie einfach auf?
Versteh einer Frauen. Er würde das wohl nie können.
Tief atmete er die kühle Nachtluft ein und schloss die Augen. Ein bisschen müde war er inzwischen auch. Er sollte wohl ebenfalls ins Bett gehen und sich schon mal überlegen, wie er an Niklas vorbeikam, ohne dass etwas auffiel und wie er William nicht weckte.
Der Morgen dämmerte gerade einmal, als Paul die Augen aufschlug. Sofort tastete er nach seiner Wasserflasche und richtete sich im Bett auf. Nach zwei Schlücken fühlte er sich schon wieder etwas menschlicher.
William drehte sich murrend im Bett um. „Lass mich schlafen. Spiel alleine."
Paul musste unweigerlich losprusten. „Alles klar. Ich überlege mal, womit man in meinem Alter so spielt."
Mit einem Seufzen richtete William sich nun ebenfalls auf. „Wie viel Uhr haben wir?"
„Gerade sechs."
„Ach man! Was habt ihr heute vor?"
„Vor dem Frühstück eine große Runde Kadio auf dem Spinningbike."
„Mein Beileid."
„Lüg nicht!" Paul schlug die Bettdecke zurück und schwang die Beine über die Bettkante. „Niki ist bestimmt schon wach, der Vollidiot. Ich gebe ihm zehn Minuten und dann klopft er. Wollen wir wetten?"
William gähnte. „Dafür ist es mir noch zu früh. Wann bist du gestern ins Bett?"
Paul zuckte mit den Schultern. Was wusste er. „Vielleicht so gegen elf."
„Dann bist du so wach? Ich will auch noch mal vierundzwanzig sein." William seufzte und rutschte wieder unter seine Bettdecke.
Paul stand auf und ging zum Schrank, um frische Unterwäsche, eine Sportshort und ein T-Shirt herauszunehmen. Sein Kulturbeutel und die Handtücher hingen neben der Tür an der Wand. Duschen würde er allerdings erst nach der Trainingseinheit.
Mit einem letzten Blick auf William, der wieder eingeschlafen war, drückte Paul die Klinke herunter und huschte aus der Tür.
Niklas kam auch gerade aus seinem Zimmer. Kurz kreuzten sich ihre überraschten Blicke, dann gingen sie wortlos nebeneinander zum Bad.
Der Flur war noch komplett leer und ruhig. Sie waren wohl echt die Ersten, die wach waren.
Wortlos hatten sie sich nebeneinander fertig gemacht. Erst als sie in der Küche ihre Wasserflaschen, die sie schon am Vorabend dort deponiert hatten, auffüllten, fingen sie an miteinander zureden.
„Wie war die Nachtwache?"
„Spannend." Niklas gähnte. „Zwei der Mädels wollten sich an mir vorbeischleichen und als sie nicht vorbeikamen, haben es die vier Jungs versucht. Ich habe ihnen dann gesagt, sie könnten sich gerne im Flur auf der Treppe unterhalten und wir könnten auch noch Leah dazu holen. Das wollten sie dann aber komischerweise nicht."
Paul musste schmunzeln. „Jetzt hast du ihnen ihre Romanzen versaut."
„Klar."
„Ich hätte es gefeiert, hätten du und Leah euch dazu gesetzt."
„Du, ich auch. Diese Unbeholfenheit. Waren wir auch so?"
Paul warf Niklas einen genervten Blick so. „Du und Leah seid immer noch so!"
„Ein Gutes hatte die Nachtwache." Niklas grinste breit. „Ich musste heute Nacht nicht alleine einschlafen. Gut, Leah hat schon tief und fest geschlafen, als ich endlich so gegen eins ins Bett bin."
„Pass auf, dass William das nicht mitbekommt, sonst haben wir wieder so ein tolles Gespräch beim Frühstück." Obwohl Paul eigentlich das witzig fände.
„Keine Sorge. Kurz bevor du kamst, ist sie wieder hoch und schläft jetzt bis sieben weiter."
„Beneidenswert. Wie lange müssen wir heute?"
„Zwei Stunden."
„Nein! Fuck ehy. Kann ein Morgen schlimmer starten?"
„Wenn du mir genug Zeit gibst, über ein mögliches Horrorszenario nachzudenken, fällt mir bestimmt noch etwas ein. Aber lass uns aufhören zu meckern." Niklas feuchtete noch seinen Pulsmesser an, dann lief er vor zum Ergraum.
Geübt stellten sie sich die Bikes passen ein.
Mit einem lauten Gähnen schwang Paul sich in den Sattel. „Können wir wohl Musik anmachen?"
Niklas zuckte mit den Schultern. „Müsste klar gehen. Dürfte hier eigentlich keinen stören. Ich habe die Jungs gestern zumindest selbst im Speisesaal nicht auf der Erg gehört."
„Na dann, mach das mal erträglicher, bitte." Paul war nach upbeat, sehr viel Bass und irgendwas, was wach macht.
Nikals drehte sich zur Anlage und verband sein Handy mit dem Aux-Kabel. Mit einem Knacken ging die Anlage an und nur wenige Wimpernschläge später dröhnten schon die ersten tiefen Bässe durch den kleinen Raum.
Niklas warf ihm noch eine Getränkedose zu und grinste verschwörerisch. „Kein Wort zu Bene und auch nicht zu Leah."
„Ich liebe dich gerade, Alter! Wie hast du die hier reinbekommen?"
„Nachtwache ist zu vielem nützlich." Niklas zwinkerter ihm zu und schwang sich auf das Rad neben seinem.
Kopfschüttelnd öffnete Paul die Dose und nahm einen großen Schluck von dem Energiedrink. Genau das hatte er gebraucht und es war auch noch das vernünftige Zeug, das einem wenigstens noch ein halbwegs gutes Gewissen machte, da es ohne Geschmacksverstärker und Zucker auskam und mit Vitaminen versetzt war. Kiwi- Guana schmeckte sogar überraschend gut.
Paul seufzte tief und stellte auf seiner Smartwatch den Timer auf zwei Stunden. Gemächlich fing er an, in die Pedale zu treten.
„Wake your Ass up!" verkündete eine Stimme aus den Lautsprechern und erklärte dann mit tiefer Stimme „Its time to go Beast Mode!" Dann setzte ein Drop ein.
Paul ließ sich vom Beat treiben und grinste in sich hinein. Es war fast wie früher. Da schien plötzlich auch die Uhrzeit nebensächlich.
„Pass ja, dass ausgerechnet das Lied als Erstes in der Playlist war." Niklas klang zynisch und ließ den Kopf müde gegen den Lenker sinken.
Paul musste lachen. „Na los. Aufwachen! Sonst dichtet William dir noch an, du hättest, wer weiß, was mit Leah angestellt."
Niklas war ihm einen vernichteten Blick zu. „Gib es noch andere Themen als Sex?"
Paul verzog belustigt die Mundwinkel und nahm noch einen großen Schluck von seinem Energiedrink. „Nö. Das ist bei euch beiden einfach zu spannend."
„Was meinst du?"
Paul hob eine Augenbraue.
„Woher weißt du das?" Niklas sah ihn verwirrt an und Paul konnte seinen Kopf förmlich rauchen sehen.
Paul zuckte mit den Schultern und trank noch mehr von der süßen Plörre, die ihn etwas aufwecken sollte.
„Checke ich eh nicht ganz."
„Mhm?" Niklas zog die Augenbrauen zusammen und drehte den Widerstand weiter auf. Die sehnigen Muskeln an seinen Unterschenkeln traten hervor.
Paul zuckte wieder mit den Schultern. „Die lässt dich nicht ran und dich stört das nicht?"
Niklas seufzte und schüttelte ungläubig den Kopf. „Paul, daran merkt man, dass du noch nie jemanden wirklich geliebt hast."
Paul verdrehte die Augen. Jetzt bekam er also eine Belehrung über Liebe. Sollte er Niklas vielleicht langsam mal nahe legen, dass, sollte es mit dem Bachelor in Marketing nichts werden, er immer noch Lehrer werden könnte?
„Sex fühlt sich einfach unwichtig an. Mit Leah habe ich einfach das Gefühl, als hätten wir unendlich viel Zeit."
Paul musste sich zusammenreißen, nicht loszulachen. „Ja, sicher! Alter, ich würde durchdrehen. Wie kannst du ständig so ruhig neben ihr pennen?"
Niklas sah ihn nachdenklich an und schüttelte dann den Kopf. „Keine Ahnung. Willensstärke? Respekt? Vielleicht, weil ich mich nicht durch die halbe Fakultät mit den Lehrerinnen gevögelt habe?"
Paul stöhnte auf. „Arsch! Aber die sind oft so simpel."
„Mhm. Sicher. Die sind nur oft gerade in der Phase, in der sie sich ausprobieren wollen. Willst du nicht langsam wieder jemanden, zu dem du immer wieder zurückkommen kannst?"
Ein kleiner Stich machte sich in Pauls Herz bemerkbar. Fühlt er sich nicht doch manchmal etwas einsam? „Nö. Irgendwie ist gerade alles cool."
„Mhm." Niklas verzog verständnislos das Gesicht.
Da öffnete sich die Tür und Leah lugte in den Raum. „Morgen", wünschte sie Paul und schloss die Tür hinter sich. Sie trug einen Unisuit mit Flamingos, den Paul zugegeben etwas lustig fand. Ihre Wasserflasche stellte sie neben eine der Rudermaschinen und kam dann zu ihnen. „Na, wie lange müsst ihr noch?"
Paul sah auf sein Handy. „Stunde fünfundvierzig."
Niklas stöhnte auf und bekam sofort mitfühlend von Leah die Wange getätschelt, dann schnappte sie sich wortlos Niklas Energiedrink aus der Getränkehalterung und trank einen Schluck. „Oh!" Sie verzog das Gesicht und stellte die Dose dann zurück. „Hilft es wenigstens?"
Niklas zuckte mit den Schultern. „Wach bin ich, die Motivation lässt noch zu Wünschen übrig."
„Naw!" Leah schob mitleidig die Unterlippe vor und legte dann eine Hand an Niklas Wange. Die andere Hand legte sie an den Lenker des Spinningbikes und beugte sich vor.
Paul verzog das Gesicht. „Muss das seien, Leute?"
Leah löste sich lachend von Niklas und klopfte Paul kumpelhaft auf die Schulter, ehe sie sich umdrehte und sich auf die Rudermaschine schwang.
„Widerstand auf sechs", mahnte Niklas prompt.
Leah lachte auf. „Vergiss es! Fünf ist Maximum!" Sie drehte sich zu ihnen um. „Komm doch und ändere es, wenn es dich stört." Mit einem Augenzwinkern streckte sie Niklas die Zunge raus und wandte sich dann wieder dem Computer der Maschine zu.
Paul beobachtete belustigt, wie Nikals unzufrieden den Kiefer kreisen ließ und tief durchatme.
Leah fing an sich aufzuwärmen und Niklas ließ sie dabei die ganz Zeit nicht aus den Augen. So viel zum Thema, dass das Training nicht langweilig werden würde. Drittes Rad am Wagen, hatte heute nicht auf Pauls Liste gestanden. Toll.
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