Kapitel 15- Gespräche in der Nacht

Anna starrte an die Zimmerdecke. Die Bettdecke hatte sie längst von sich geschoben, aber irgendetwas störte sie trotzdem noch. Ihr Kopf kam nicht zur Ruhe. Sie musste wieder an den Ausdruck auf Pauls Gesicht denken, als er mit Dana geredet und zu ihnen herübergesehen hatte. Im Training danach war er sehr verbissen gewesen, hatte um jeden Millimeter gekämpft. Trotzdem hatte er unzufrieden ausgesehen.

Und dann war da noch die Sache mit ihrem Ex... Er hatte natürlich geantwortet. Ihr viel Erfolg mit ihrem Rotschopf gewünscht und ihr geraten sich zu melden, falls es doch nicht funktionieren sollte. Nie in ihrem Leben würde sie das tun.

Seufzend drehte Anna sich auf die Seite und griff nach dem Buch auf ihrem Nachttisch, nur um es direkt wieder zurückzulegen.

Sie konnte nicht in diese Welt eintauchen, dafür war sie zu ruhelos.

Nach einem kurzen Zögern schwang sie sich aus dem Bett und wankte doch etwas müde zum Schreibtisch herüber. Kurz verharrte ihre Hand über dem Laptop, aber dann schnappte sie sich doch eine Sweatshirtjacke und schlüpfte in ihre ausgelatschten Sneaker.

Leise öffnet sie die Tür. Vielleicht hatte sie ja Glück und Leah war ebenfalls wach.

Die Bodendielen knarrten leise, als sie über den Flur zu Leahs Zimmertür direkt neben ihrer schlich.

Kurz zögerte sie, dann klopfte sie gegen die schlichte Holztür, aber nichts regte sich. Anna zählte innerlich bis 20 und dann drückte sie vorsichtig die Klinke herunter und lugte in das Zimmer. Leah lag tief und fest schlafenden in dem Bett. Anna war etwas überrascht, dass Leah da war oder dass Niklas nicht bei ihr war.

Leah wecken wollte sie nicht. Sie schlief zu friedlich. Also wenn sie mit jemandem reden wollte, dann sollte sie nach unten und es mal bei den Jungs versuchen.

So leise wie nur gerade möglich schloss Anna die Tür wieder und verharrte einen Moment unbeweglich an Ort und Stelle. Angestrengt horchte sie in die Dunkelheit.

Als sie sicher war, niemanden geweckt zu haben, schlich sie zur Treppe und runter auf den Flur der Jungs, dabei wäre sie beinahe über Williams Beine gestolpert, der auf einem Stuhl sitzend neben dem Treppenaufgang eingeschlafen war. Kurz verharrte sie wieder und überlegte, ihn tatsächlich zu wecken und anzubieten, seinen Platz einzunehmen, damit er im Bett schlafen konnte. Diese Sicherheitsvorkehrung konnte nur dazu dienen, Jungs und Mädels auch ja voneinander fernzuhalten.

Kurzerhand überlegte sie es sich anders und lief an ihm vorbei in den Flur der Jungs. Überall war es dunkel, nur unter einer Tür quoll ein fahler Lichtschein hervor.

Anna musste überlegen, wo nochmal die Zimmer von den Jungs waren, war dann aber sicher, dass es Niklas war, der noch wach war.

Mit leisen Schritten huschte sie zur Tür und klopfte.

Keine drei Sekunden später öffnete Niklas ihr auch schon die Tür. Die Haare zerwühlt, Augen müde und nur in einem T-Shirt und Boxershorts. Eigentlich ein Anblick über den sie sich nicht beschweren würde, aber er war nun mal auch der Freund ihrer besten Freundin und ein ziemlich guter Kumpel von ihr.

„Ist was?", fragte Niklas überraschend wach.

„Warum bist du noch wach?"

Er zuckte mit den Schultern. „Auch wenn wir hier sind, schläft meine Bachelorarbeit nicht. Die möchte geschrieben werden."

„Mitten in der Nacht?"

„Gut, ich kann nicht schlafen."

„Das macht dann zwei."

„Gib mir eine Minute. Hier reden ist blöd, lass uns raus."

„Also schieß los. Warum kannst du nicht schlafen?" Niklas ließ sich neben sie auf die Hollywoodschaukel hinter der Herberge fallen.

Anna zuckte mit den Schultern. „Mein Kopf schwirrt."

Niklas musste grinsen. „Kenne ich!"

„Was ist es bei dir?"

„Das übliche." Er zuckte ebenfalls mit den Schultern.

„Paul?"

„Joa. So ein bisschen. Ich weiß auch nicht, was mit ihm ist. Dana hat irgendwas mit ihm gemacht. Er war beim Abendessen schon wieder so komisch. Ich mag es nicht ihn so zu sehen. Trotz allem ist er immer noch mein bester Freund, wenn man es so nennen möchte."

„Ist mir auch aufgefallen." Anna seufzte. „Mit Leah alles okay?"

Niklas nickt. „Das muss sich total dumm anhören." Er legte den Kopf leicht in den Nacken, um in die Sterne zu sehen. „Ich hab mich so an sie gewöhnt und alleine der Gedanke dran sie irgendwann vielleicht gehen lassen zu müssen macht mir Kopfschmerzen."

„Warum machst du dir darüber Gedanken? Niki, wenn alles gut ist, dann genieße es doch einfach."

Niklas verzog das Gesicht. „Ich weiß nicht. Manchmal glaube ich, dass es ihr zu viel wird und sie dann nicht ehrlich ist. Ich ziehe mich dann auch immer zurück, aber da ist irgendwas im Raum über das wir bisher noch nicht gesprochen haben und das macht mir eben diese Kopfschmerzen."

Anna seufzte. „Niki, hör auf damit! Leah liebt dich. Hast du mal gesehen wie sie dich, anguckt? Gib ihr Zeit, aber gehen wird sie nicht! Mein Gott, ich würde töten für eine Beziehung wie eure! Wie ihr miteinander umgeht, da ist so viel Respekt dabei. Ihr habt so toll definierte Grenzen, die keiner von euch überschreitet."

Niklas atmete laut aus. Kurz herrschte Stille. „Was ist mit deinem Ex, hat sich das geklärt?"

Anna wiegelte den Kopf hin und her. „Einigermaßen. Ich tue einfach weiterhin so, als wäre Paul mein fester Freund und der Typ wird sich wieder verpissen."

„Ich bin ich ehrlich, ich finde das ne schwierige Idee. Anna, ich hoffe, dass das nicht nach hinten losgeht."

„Mach dir da mal keinen Kopf. Das wird schon."

Die Tür öffnete sich und beide drehten sich um.

Leah schlich verschlafen und in eine Decke eingewickelte über den Rasen auf sie zu.

„Warum sitzt ihr draußen?"

„Wir wollten niemanden wecken." Anna lächelte sie an.

Niklas breitete die Arme aus. „Komm her. Alles okay?" Annas Herz schmerzte etwas bei dem Tonfall seiner Stimme.

Leah ließ sich von ihm in die Arme ziehen und ihr fielen beinahe sofort wieder die Augen zu. Niklas strich ihr über das Haar. „Albtraum?"

Leah nickte einfach nur und ließ den Kopf an seine Brust sinken. „Bachelorarbeit?"

Niklas atmete laut aus.

War Anna jetzt abgeschrieben? Toll, wenn die besten Freunde etwas miteinander hatten und man das dritte Rad am Wagen war. Vielleicht sollte sie einfach gehen.

Die Tür öffnete sich schon wieder. Dieses Mal kam Paul auf sie zu. Die Haare verwuschelt und ziemlich verschlafen. „Sind wir jetzt alle hier? Und warum pennt William auf dem Flur?"

„Komm her, Paulchen. Hier ist auch noch Platz für dich." Anna klopfte neben sich.

Mit einem Gähnen ließ Paul sich neben sie auf die Schaukel fallen, die Arme verschränkte er vor der Brust und zog die Schultern etwas hoch.„Warum sitzen wir alle draußen?"

„Weil wir nicht alleine sind und es Leute gibt, die schlafen wollen. Ist doch nett hier." Niklas zuckte mit den Schultern und strich Leah gedankenverloren ein paar Haarsträhnen aus dem Gesicht. Sie war augenscheinlich wieder eingeschlafen.

„Alles okay mit ihr?" Paul musterte die schlafende Leah, die sich fest an Niklas kuschelte, als könne sie nur so Ruhe finden.

Niklas atmete tief durch und schien unschlüssig. „Es ist schon okay, aber momentan hat sie wieder eine etwas schwierige Phase. Vielleicht weil sie angefangen hat alles, in der Therapie aufzuarbeiten, aber... na ja."

Paul zog nur überrascht die Augenbrauen hoch, sagte aber zur Abwechslung mal nichts.

„Wusste ich bis gestern gar nicht. Aber wow... Wenn sie das durchzieht klasse!" Sie könnte das wohl nicht, allerdings hatte sie auch keinen Typen wie Niklas an ihrer Seite, der sie durch das alles begleiten würden, ohne mit der Wimper zu zucken.

„Ich bringe sie jetzt auch ins Bett. Paul, morgen früh Krafttraining. William schreibt Protokoll."

„Ach fuck. Ich penne noch beim Aufwärmen ein."

Niklas musste grinsen, während er sich irgendwie unter Leah hervor wand, ohne sie zu wecken. „Deswegen gehe ich jetzt auch ins Bett. Hilft ja nichts. Ich werde wohl kaum noch heute Nacht das letzte Interview rein bekommen."

Paul streckte sich. „Also ich bin jetzt wach."

Anna seufzte und lehnte sich mit vor der Brust verschränkten Armen auf der Schaukel zurück, die sachte hin und her schwang. „Ich auch."

„Macht was ihr wollt. Bis morgen früh." Geschickt hob er Leah hoch, ohne sie zu wecken.

„Gute Nacht", rief Anna ihm noch zu und sah ihm hinter her, wie er in das Haus verschwand, dann wandte sie sich Paul zu. „Und was hält dich wach?"

Paul stöhnte entnervt auf. 

Teil 3, gibt es Dienstags und Donnerstags bei Patreon im Upload, schaut doch mal vorbei 😊

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top