ɥʇɹnoɟ
nineteen years ago:
Ein Windstoß fährt mir durchs Haar und den Bruchteil einer Sekunde später flattert der Schmetterling von meiner Hand weiter.
"Tae, hilf mir mal bitte.", erklingt genau in diesem Augenblick Opas Stimme und ich stehe vom Boden auf, hüpfe auf ihn zu.
"Hast du wieder mit den Hummeln geredet?", erkundigt er sich lächelnd und bückt sich dabei zu den Salatköpfen runter.
Ich könnte ihm erzählen, dass die Hummeln noch nie guten Gesprächspartner waren, weil sie immer nur am arbeiten sind. Dass ich mich stattdessen mit den Schmetterlingen unterhalten habe.
Aber ich bin kein kleiner Junge mehr und obwohl ich weiß, dass Opa mich nie auslachen würde, bin ich etwas verunsichert.
In der Schule haben die Kinder gelacht, als ich von meinen Freunden erzählt habe. Sie haben gesagt, dass ich aufhören solle, mich wie ein Baby zu verhalten, immerhin bin ich schon fast sieben. Und anscheinend bedeutet sieben Jahre alt zu sein, dass man nicht mehr mit Tieren spricht.
Ich habe das nicht nachvollziehen können, genauso wenig wie die Tatsache, dass sie gelacht haben. Erst dachte ich, dass sie sich über meine Geschichten freuen, aber dann hat die Lehrerin gesagt, dass sie aufhören sollen, mich auszulachen.
Ich wusste nicht, was sie damit sagen will, deshalb habe ich das Mädchen neben mir gefragt, was auslachen bedeutet. Sie hat mir gesagt, dass ich dumm bin und die anderen Kinder sich deshalb über mich lustig machen würden.
Lustig machen kenne ich, aber trotzdem hat es irgendwie noch keinen Sinn ergeben. Warum sollten die anderen Kinder sich über mich lustig machen, wenn ich von Schmetterlingen erzähle. Schmetterlinge sind toll und Menschen freuen sich, wenn sie Schmetterlinge sehen.
Vielleicht mögen die anderen Kinder ja keine Schmetterlinge, habe ich gedacht. Aber irgendwie hat mich diese ganze Situation in der Schule noch länger beschäftigt, deshalb habe ich nach der Schule auch noch Jin gefragt. Er hat gesagt, dass die anderen Kinder diejenigen sind, die zu dumm sind, um mich zu verstehen, und dass ich mich davon nicht verunsichern lassen soll.
Er hat vermutet, dass die anderen Kinder wahrscheinlich eifersüchtig sind, weil sie auch gerne mit Schmetterlingen reden können wollen. Dabei ist das doch ganz einfach. Man muss ihnen nur Zeit lassen, bis sie Vertrauen fassen und zu einem kommen. Und dann muss man zuhören, ihnen die volle Aufmerksamkeit schenken. Wenn die Kinder aus meiner Klasse das wollen, kann ich es ihnen doch auch zeigen. Ich verstehe nicht, wieso sie dann so gemein sind und sich über mich lustig machen, wenn sie einfach nur fragen könnten.
Ich habe überlegt, sie darauf anzusprechen, aber Jin sagt, dass es wahrscheinlich besser ist, sie mit dem Thema in Ruhe zu lassen.
"Manche Menschen sind nicht offen genug für die kleinen Wunder dieser Welt."
Schade eigentlich. Sie müssten doch einfach nur genau hinschauen. Alles auf dieser Welt ist ein Wunder.
"Sei so lieb und bring den zu Oma, mein kleiner Träumer.", reißt Opa mich aus den Gedanken und drückt mir einen großen Salatkopf in die Hand.
Ich nicke, schenke ihm mein schönstes Lächeln und laufe dann schnell auf das große Haus zu.
In der Küche angekommen empfängt Oma mich mit einem Lächeln und nimmt mir den Salat ab. Sie summt leise vor sich hin, während sie die Blätter abspült. Es ist das selbe Lied, das Opa vor kurzem noch im Garten gesungen hat.
Unwillkürlich muss ich lächeln, während ich Oma beobachte. Sie sieht glücklich aus, zufrieden.
Oma und Opa haben eine ganz besondere Verbindung. Ich kenne zwar nicht viele Ehepaare - eigentlich nur Oma und Opa richtig - aber ich bin mir sicher, dass Oma und Opa einzigartig sind. Etwas ganz besonderes.
Die große Liebe. So nennt Opa Oma manchmal. Seine große Liebe.
Jins Ex-Freundinnen haben ihn auch teilweise so genannt, aber bei denen war es immer anders. Es war von Anfang an klar, dass sie nicht wirklich diese besondere große Liebe gefühlt haben und Jin schien es jedes Mal zu wissen, lange bevor ihre Beziehung geendet hat.
Ich hoffe er findet seine große Liebe. Ich möchte, dass er so glücklich mit jemandem werden kann, wie Oma und Opa es miteinander sind.
Oma ist mittlerweile fertig und dreht sich wieder zu mir um, zwinkert mir zu. Und obwohl ich eigentlich mittlerweile schon groß genug bin, um alleine auf die Arbeitsfläche neben dem Herd zu klettern, hebt sie mich hoch und setzt mich auf der Holzplatte ab.
"Was hast du schönes gemacht Taetae?", erkundigt sie sich anschließend, während sie in einer großen Glasschale ein Dressing anmischt.
"Meine Schmetterlinge haben mich besucht.", erzähle ich fröhlich, woraufhin Oma mir liebevoll über den Kopf streichelt. Die Worte kommen wie von selbst aus mir heraus, ich denke nicht mehr darüber nach, dass es Menschen gibt, die mich deswegen auslachen würden.
"Und was haben sie dir erzählt?"
Da ist nichts in ihrer Stimme, das irgendwie klingt, als würde sie sich über mich lustig machen. Keine versteckte negative Wertung. Nur aufrichtiges Interesse.
Oma ist ein toller Mensch, nicht so wie die Kinder in der Schule. Und Opa auch. Und Jin auch.
Ich habe wirklich Glück, so eine tolle Familie zu haben.
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