Kapitel 7
"Scenery" - V
https://youtu.be/f3YhK-oZmY8
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"Wieder dasselbe Buch?", fragte ich, als Tae mir erneut den dicken Welzer von vor zwei Wochen in die Hand drückte.
Nachdem wir beide in der Küche einen Tee getrunken hatten, waren wir nach oben in sein Schlafzimmer gegangen.
Ich hatte mich schonmal auf die Bettkante gesetzt, während Tae sein Bücherregal nach seinem heutigen Hörbuch durchsucht hatte.
Die Tatsache, dass es innerhalb von zwei Wochen in seinem chaoslastigen System verschwunden war, zeigte, wie viel er las.
Sein Regal erweckte nicht den Eindruck von einem typischen Büchersammler.
Die Bücher waren nicht sortiert.
Weder nach Titel, noch nach Autoren.
Teilweise lagen sie geöffnet übereinander.
Es gab keine Ordnung.
Als wären sie einfach da, um gelesen zu werden...
"Wenn dir das nicht zu langweilig ist...", murmelte Tae, als Antwort auf meine Frage.
Das kleine Glitzern in seinen Augen, weil ich mich erinnert hatte, was ich ihm letztes Mal vorgelesen hatte, war mir nicht entgangen.
"Solange es nicht 'Die Dame mit den Grünen Augen' ist...", grinste ich, während ich das Buch annahm.
"Damit bin ich nämlich fast durch.", fügte ich erklärend hinzu.
Es dauerte ein paar Sekunden, bis mein Gegenüber verstanden zu haben schien, was ich ihm damit hatte mitteilen wollen.
Kaum erschloss sich ihm, dass mein letzter Besuch mich dazu gebracht hatte, ein Buch zu kaufen, wurde das Funkeln in seinen Augen noch größer.
Immer hübscher wurde er, während seine Mundwinkel sich nach oben zogen.
"Das macht nichts.", Tae entfuhr ein kleines Kichern.
"Ich kenne eigentlich alle Fälle auswendig.", gestand er.
Ich schmunzelte ein wenig.
"Trotzdem willst du sie nochmal hören?", fragte ich.
Hastig nickte der Dunkelhaarige.
"Die kann man nicht oft genug konsumieren.", grinste er.
"Und außerdem...", ein kleiner Rotschleier legte sich auf seine Wangen, während sein Blick zur Seite wanderte.
"Außerdem war es letztes Mal sehr entspannend...", flüsterte er.
Ich konnte förmlich spüren, wie meine Mundwinkel sich nach oben zogen.
Zufrieden und amüsiert zugleich biss ich mir auf die Lippe.
"Ich hab also wirklich eine angenehme Stimme, ja?", wollte ich extra verführerisch wissen.
Absichtlich kam ich Tae dabei ein bisschen näher.
Das Rot in seinem Gesicht stand ihm einfach viel zu gut.
Ebenso das süße kleine Lächeln, welches er die ganze Zeit über auf den Lippen hatte...
Ich konnte nicht anders, als es ein wenig zu provozieren.
Sichtbar überfordert mit meinem Annäherungsversuch, wich Tae ein wenig zurück.
Das Grinsen, welches er mir anschließend schenkte, zeigte mir, dass meine spaßhaften Absichten ihm nicht entgangen war.
Sekundenlang schauten wir uns an, bevor Taes Wangen die Überhitzung nicht mehr auszuhalten schienen.
"Ich geh Zähne putzen.", bestimmte er schnell.
Letztendlich ohne mir eine Antwort auf meine Frage zu geben, verließ er das Schlafzimmer.
Amüsiert schaute ich ihm hinterher, während ich auf der Bettkante sitzen blieb und mich von angenehmem Lavendel-Geruch einnebeln ließ.
Das hier fühlte sich an wie letztes Mal.
Gleichzeitig vollkommen anders...
Ich merkte Tae an, dass er weniger gehemmt war.
Er wirkte glücklicher...
Als würde er sich wahnsinnig freuen, dass ich hier war.
Alleine wie enthusiastisch er mir von seinen Teevorlieben erzählt hatte...
Die Art, wie er mich angeschaut hatte, als wir uns danach noch ein wenig über unverbindliche Dinge unterhalten hatten...
Ich war gut darin, zu bemerken, wenn mein Gegenüber anfing, mich zu mögen.
Normalerweise war es für mich bei Kunden eine ziemliche Red Flag, wenn sie bereits bei unserem zweiten Termin so hibbelig über meine Anwesenheit wurden.
Ich wollte nicht, dass sie mehr in meine Dienstleistung hineininterpretierten.
In die Dinge, die ich tat...
Die Dinge, die ich sagte...
Meine beiden Jobs erforderten es, gut mit Menschen umgehen zu können.
Dafür zu sorgen, dass sie sich wohl fühlten.
Nur kam es natürlich deutlich leichter zu Missverständnissen, wenn man mit jemandem schlief, als wenn man ihm eine Tasse Kaffee hinstellte.
Normalerweise war ich vorsichtig.
Ich nahm nichts von Kunden an.
Stellte sicher, dass der Abstand trotz allem bewahrt blieb.
Gedankenverloren klebte mein Blick an der Lichterkette, während ich überlegte, warum Taes Verhalten überhaupt keine Alarmglocken in meinem Kopf läuten ließ.
Warum ich sogar zugelassen hatte, dass er mir etwas zu trinken machte.
Vorsichtig strichen meine Hände über den Einband des Buches auf meinem Schoß.
Ich fragte mich, ob es daran lag...
An der Art Dienstleistung, die Tae in Anspruch nahm.
Das mit ihm war so anders, als mit meinen anderen Kunden.
Es wirkte unschuldiger.
Ungefährlicher.
Meiner Arbeit im Café viel ähnlicher als der, mit der ich Nachts normalerweise mein Geld verdiente.
Wenn ich im Café war, flirtete ich mit den Kunden.
Ich machte übertriebene Witze.
Natürlich war auch dort eine gewisse Distanz zu wahren.
Allerdings war es etwas völlig anderes als bei der Agentur.
Es waren zwei Welten, die sich völlig unterschiedlich anfühlten.
Tae war der erste, durch den sie mir vermischt vorkamen...
Ich war nicht sicher, ob das schlimm war.
Ob es bedenklich war, wie sehr Taes Lächeln mein Herz zum Klopfen brachte.
Wie glücklich es mich gemacht hatte, dass er mir indirekt mitgeteilt hatte, dass mein Besuch letztes Mal ihm geholfen hatte...
Gerade war ich dabei mich in diese Gedanken vertiefen zu wollen, als die Tür des Schlafzimmers sich öffnete.
"Tut mir leid, dass du warten musstest.", entschuldigte Tae sich, während er zu mir kam.
Kaum bemerkte ich, dass er, genau wie letzte Woche, deutlich bettfertiger wirkte, nachdem er Zähne putzen gewesen war, zuckten meine Mundwinkel nach oben.
"Sag bloß man sieht meine Falten.", scherzte ich, als er sich zu mir setzte.
Ganz von selbst verschwanden die Gedanken von gerade eben.
Tae kicherte über meinen Kommentar.
"Ganz so lange war ich dann vielleicht doch nicht weg.", griff er meinen Witz auf.
Anschließend schaute er mich an.
Haselnussbraun strahlten seine Seelenspiegel mich an.
Ich schmunzelte ein wenig, als ich die Neugier darin erkannte.
"Doch so gespannt auf die Gute-Nacht-Geschichte?", fragte ich rhetorisch.
Tae wirkte nicht, als würde er sich gleich hinlegen wollen.
Stattdessen war da wieder diese Energie, die von ihm ausging...
Kleine Wellen der Aufregung.
Mein Gegenüber schien einen Moment zu brauchen, um zu verstehen, worauf ich hinauswollte.
Kaum wurde ihm bewusst, dass ich ihn durchschaut hatte, verfärbten seine Wangen sich erneut.
"Oh nein, ich...", setzte er an.
Unsicher kaute er auf seiner Unterlippe herum.
"Ich hab nur...", kurz wich sein Blick meinem aus, bevor er sich wieder traute, mich anzusehen.
"Ich hab mich gefragt, ob ich wissen darf, wie alt du bist...", verließ es kleinlaut seine Lippen.
Überrumpelt stutzte ich.
Deshalb...
"Wie bitte?", fragte ich nach.
...druckste er so rum?
Meinen ratlosen Gesichtsausdruck sichtbar missdeutend wurden die Augen meines Gegenübers riesengroß.
"E-entschuldige bitte..!", stammelte er schnell.
"Das hätte ich nicht fragen sollen.", entschuldigte er sich.
Ich meinte einen Hauch Panik in seinem Blick erkennen zu können.
Von diesem nur noch verwirrter, guckte ich ihn an.
"...hm?", entwich es mir, während mein Gehirn zu erörtern versuchte, was an dieser Frage Tae so ängstlich werden ließ.
Die Rottöne im Gesicht meines Gegenübers nahmen zu, während er nach unten schaute.
"I-in deinem Vertrag...", setzte er an.
Wieder wich er meinem Blick aus.
"Da steht, dass es nicht erlaubt ist, private Fragen zu stellen...", erklärte er.
"Entschuldige bitte...", fast schon hilflos verfingen seine Augen sich schließlich doch wieder in meinen.
"Ich war zu neugierig...", murmelte er.
Ich brauchte einen Moment.
In Zeitlupe klappten meine Augen auf und zu, während ich zu verstehen versuchte, wie fast schon lächerlich penibel Tae darauf bedacht war, Grenzen zu achten, an die ich selbst gar nicht gedacht hatte.
Noch während mein Gehirn dabei war, diese Information zu verarbeiten, entfuhr mir ein kleines Lachen.
"Man Tae...", ich kicherte.
"Damit ist doch nicht sowas gemeint.", amüsiert zuckten meine Schultern.
Als mein Gegenüber mich daraufhin nur mit riesigen Augen ansah, redete ich weiter.
"Die Kunden sollten nicht wissen, wie wir mit vollem Namen heißen oder wie unser Leben sonst so aussieht.", zählte ich Beispiele auf.
"Aber das...", ungläubig schüttelte ich meinen Kopf, während mir noch ein Lachen entfuhr.
Tae hätte sich die mit Abstand unschuldigste Information herausgesucht und sich dann benommen, als hätte er mich nach meiner Bankverbindung gefragt.
"Ich bin 24.", beantwortete ich ohne zu zögern seine Frage.
"Alt genug, um auf mich aufzupassen.", fügte ich mit einem kleinen Zwinkern hinzu.
Weich lächelte ich mein Gegenüber an, während ich dabei zusah, wie die Panik aus seiner Mimik verschwand.
"Und du?", wollte ich anschließend wissen.
Jetzt, wo er es schonmal angesprochen hatte, interessierte es mich...
Tae benötigte ein paar Sekunden, bevor ihm klar geworden war, dass er keine internationale Katastrophe ausgelöst hatte.
"26...", antwortete er schließlich.
Überrascht weiteten sich meine Augen.
"...du bist älter als ich.", stellte ich fest.
Ich hatte mir vorher nicht wirklich Gedanken darüber gemacht...
Allerdings fand ich diese Information, nun wo ich sie hatte, schon etwas witzig.
Taes Verhalten ließ mich nicht unbedingt fühlen, als wäre er der "Ältere".
Wobei dieses natürlich mit der Geschäftsbeziehung zu tun haben könnte, in der wir uns befanden.
Ich wusste nicht, wie Tae drauf war, wenn es nicht spät Uhr Nachts war und er jemanden brauchte, der ihm vorlas...
Als würde er meine Gedanken lesen können, verzog der Dunkelhaarige etwas ratlos den Mund.
"Sieht so aus...", stimmte er zu.
Sekundenlang schauten wir uns an, bevor wir zeitgleich loskicherten.
"Schön.", immer noch lachend deutete ich auf den Platz neben mich.
"Möchtest du dann jetzt, nachdem diese bahnbrechende Erkenntnis aus der Welt geschafft ist, versuchen zu schlafen?", wollte ich wissen.
Meine Stimme triefte vor Belustigung.
Sich von dieser anstecken lassen, zuckten Taes Schultern.
Ihm entwich noch ein Kichern, bevor er nickte.
"Guter Plan.", murmelte er, während er auf seine Bettseite kletterte.
Während ich ihm dabei zusah, wie er sich unter seine Decke kuschelte, waren meine Mundwinkel wie festgewachsen.
Auch mein Herz schien sich mit einer Feder zu verwechseln...
Als wäre es schwerelos.
Es war mir gar nicht bewusst gewesen...
Allerdings hatte Tae letzteres Mal einen noch bleibenderen Eindruck hinterlassen, als ich gedacht hatte.
Bleibend im Sinne von...falsch.
"Geruht der Herr dann bald eine Position gefunden zu haben?", wollte ich extra übertrieben wissen, weil Tae sich immer weiter herumwälzte.
Nach letztem Mal hatte ich nicht gedacht...
Der Dunkelhaarige kicherte.
...dass die Zeit mit Tae...
"Man gebe mir noch eine Minute.", erwiderte er.
...so lustig sein konnte.
*sigh*
Ich mag diese Geschichte...
For real.
Gestern hatte ich nen ziemlich emotionalen Abend und als ich heute früh aufgewacht bin, hab ich einfach dieses Kapitel hier gelesen, weil ich schon wieder vergessen hatte, wie es geschrieben war und weil ich diese Geschichte einfach schön finde.
Und das soll was heißen, weil ich eigentlich selten meine eigenen Kapitel lese (außer zum korrgieren ofc).
Geschichten übers Schlafen sind unterrated ^^
Wie hat euch das Kapitel gefallen?
Was hat es in euch ausgelöst?
Please let me know <3
Ich hab versucht, noch ein bisschen genauer zu erklären, warum Kookie so likely ist, bei Tae seine Regeln zu vergessen.
Hopefully war es verständlich.
I mean weil..
Spoiler Alert.
There are more rules to break. xD
Ich wünsche euch noch einen schönen Abend <3
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