#4

Zwei saphirgrüne Augen leuchteten mir entgegen. Umrahmt von bleicher Haut und tiefen Augenringen. Strähniges, schulterlanges Haar liess die helle Gesichtsfarbe doppelt hervorheben und die dunkle Brille betonte die heraustretenden Wangenknochen.

'Oh gott bin ich hässlich...', hallten meine Gedanken, als ob sie wer neben mir laut aussprechen würde. Es war ein komisches Gefühl. Aber trotzdem irgend wie so vertraut.

Meine Augen musterten das Antlitz meiner Selbst, die Gedanken immer schön neben meinem Ohr kommentierend. Und das schlimmste daran: ich konnte nicht mehr wegschauen. Ich hatte es gewissermassen vermisst und jetzt meine Droge wiedergefunden. Es war wie eine Sucht gewesen. Eine Sucht, fremde Gedanken aufzufangen und in meinem Kopf zu sammeln. Eine Sucht, Informationen, die nie jemand Erfahren sollte, zu kennen. Eine Sucht der Allwissenheit, obwohl mich meine Gabe dümmer machte als ich eigentlich gewesen wäre.

Langsam begann ich meinen schweren Arm zu heben und betrachtet wie mein Spiegelbild dasselbe tat. Wie auch sein Arm langsam angehoben wurde und sich selbst über die Haut fuhr. Die dunklen Schatten unter den Augen abfuhr, die Augenbrauen abtastete, durch die Haare fuhr, während meine Gedanken mich immer noch voll schwafelten als stünde jemand neben mir.

Begeistert und verängstigt zugleich von dem Gebilde namens Spiegel, streckte ich einen Arm nach der, mir so vertraut fremden Person aus. Unsere Hände näherten sich immer mehr und immer langsamer. Schon komisch dass du dich so von einem Spiegel begeistern lässt. Jahrelang meiden und jetzt sowas?! Bist du dumm oder so? Wo ist da bitte die Logik? "Neuanfang" nachdem du dich jahrelang selbst verleugnet hast? Wer's glaubt!
Ich hielt in meiner Bewegung inne. Nur wenige Zentimeter vor dem Spiegel.
Und jetzt zieht er den Schwanz ein, so ein Weichei. Na los. Du wolltest es, dann trau dich wenigstens und mach nicht einen auf Held, der sich dann zitternd in eine Ecke verbarrikadiert und sich vor Angst in die Hosen scheisst.
Ich wusste schon, warum ich Spiegel grundsätzlich gemieden hatte: Meine Gedanken im Kopf waren ja schon schlimm, aber diese dann auch noch gesagt zu bekommen gab mir den Rest.

Ohne jegliche Kraft liess ich meinen Arm Kurz vor dem kühlen Glas sacken und sah bedrückt zu Boden. Sofort verstummten die nervige Stimme aus meinem Ohr. Ruhe. Endlich war Ruhe.

Ohne auch nur noch einen Blick in das Grauen von Spiegel zu werfen drehte ich diesen von mir weg und warf mich auf mein Bett.

Erst jetzt bemerkte ich, wie schnell mein Herz gegen meine Brust pochte und wie zittrig meine Hände waren. Ich musste mich irgendwie abregen. Ich hatte durch meinen niedrigen Blutdruck zwar grundsätzlich einen höheren Puls, aber das war nicht mehr normal. Kleine Schwarze Punkte tanzen vor meinen Augen und ich versuchte durch schnelles Blinzeln mein Umfeld wieder einigermassen scharf wahrnehmen zu können. Auf meinem Bett sitzend, Tief ein und ausatmend und mich auf meinen Puls konzentrierend versuchte ich mich wieder zu beruhigen.

Ich hatte mich gerade soweit beruhigt, als mich ein hohes "Pling", aus dem meditativen Zustand riss; mein Handy. Ich riskierte einen kurzen Blick drauf und bereute es im selben Moment. Erneute hämmerte mein Herz wie wild gegen meine Brust und das schnelle Rauschen meines Blutes pochte mir in den Ohren.

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