Am Arsch von South Dakota

Trevor Cunningham war selbst im Schlaf noch ein Fels von einem Mann. Er ging wie ein Fels, er schlief wie ein Fels und erdrückte seine Gegner wie ein herabfallender Fels. Nur leider sprach er auch wie ein Fels – nämlich gar nicht. Schon seit einer Woche wurde er von Ramires José Espinoza Torrado auf einer Farm festgehalten, die er seinem vorherigem Besitzer – einem alten Farmer ohne Freunde und Familie – gegen dessen Willen abgenommen hatte. Während seine Männer die Überreste des alten Herren begruben, welcher sich zu seinem Unglück versucht hatte zu wehren, hing man Cunningham in an einem Haken in der Scheune auf. Auf Anweisung von Torrado, wie er sich nennen ließ, sollte man den Ex-Soldaten aber weitestgehend verschonen. Er bekam gutes Essen, Alkohol und wurde sogar massiert als wäre er ein Kobe-Rind, welches bald geschlachtet werden sollte. Doch dem war nicht so. Torrado hatte seine ganz eigenen Pläne mit dem Serienkiller.

Am achten Tag betrat der Anführer der mexikanischen Gangster das erste Mal die Scheune. Davor hatte er ihn mit seinen Untergebenen reden lassen, doch die hatte dieser einfach ignoriert. Er ließ Cunningham an einen Stuhl fesseln und je einen Wachmann an seine Seiten stellen. Dann setzte er sich ihm selbst mit einem maßgeschneiderten Anzug gegenüber und schenkte ihm sein übliches wahnsinniges Grinsen. Zwar war er schon etwas in die Jahre gekommen und seine Haare glichen mit den weißen Streifen darauf einer Flugzeuglandebahn, doch manche Dinge änderten sich wohl nie. Er schlug eines der in unbezahlbaren Anzughosen steckenden Beine über das andere und ließ seinem Gegenüber den Sack vom Kopf ziehen. Zum Vorschein kam ein vernarbtes, einst modellfähiges Gesicht, mit mittlerweile tiefen Augenringen und schwarzen halblangen Haaren, die an der verschwitzten Stirn klebten.

Ein kurzer intensiver Blickkontakt herrschte zwischen den beiden, bis Trevor das Wort ergriff.

„Ramires fucking Espinoza, welch freudige Überraschung. Heute ist wohl mein Geburtstag."

Er sah zu den beiden Gorillas zu seiner linken und rechten.

„Und ihr seid wohl die Unglücklichen, die mich davon abhalten sollen diesem Schweinepriester das Fell über die Ohren zu ziehen?"

Die Gorillas erwiderten nichts.

„Es freut mich ebenfalls Sie zu sehen, Schlächter von Stillwater. Wären Sie so freundlich und würden mich mit Torrado ansprechen?"

Cunningham lachte laut und sagt dann ganz ruhig, „So lange ich für dich der Schlächter von Stillwater bin, kannst du dir das Torrado in den Arsch schieben. E S P I N O Z A."

Ramires nickte einem seiner Männer zu und dieser verpasste dem Gefesselten einen so harten Schlag in die Wange, dass dieser mitsamt dem Stuhl beinahe zur Seite kippte.

„Wuhuu, das hat Spaß gemacht. Kann ich den ganzen Tag machen, wenn du vor hast dich für einen deiner Mais fressenden Freunde zu rächen", kam es vom Blut die Nase herunterlaufenden Trevor.

Torrado legte seinen Kopf schräg und wechselte die Stellung seiner Beine.

„Mr. Cunningham, ich bin nicht interessiert an Rache. Außerdem haben Sie mir mit Ihrem Gemetzel sogar geschäftlich gesehen geholfen. Wie Sie bereits wissen, habe ich Sie wegen einer Sache rekrutiert, die nur ein Mann wie Sie erledigen kann. Ich brauche keinen Auftragsmörder, Spitzel oder sonst irgendwas. Ich brauche einen Killer. Ich brauche Sie und dafür biete ich ihnen ihre Freiheit und ein gutes Leben für ihre Tochter. Ich bedrohe nicht ihr Leben. Wenn Sie den Auftrag nicht annehmen sind Sie es, der ihr diese Chance nimmt."

Das Gesicht des Ex-Soldaten färbe sich rot wie eine Chili.

„Nimm meine Tochter aus dem Spiel du ekelhafter ..."

Erneut traf den Gefesselten ein unbarmherziger Schlag, diesmal aber von rechts. Ramires hob seine Hand um den Gorilla zum Aufhören zu bringen.

„Es ist allein deine Entscheidung wie das hier ausgeht. Du verlässt diesen Schuppen hier entweder mit Aussicht auf ein schönes Leben oder in Einzelteilen und wirst neben dem Farmer im Garten vergraben."

Diesmal hatte Trevor keinen lockeren Spruch auf den Lippen, sondern blickte einfach nur ohne jede Mine in Richtung des Mexikaners.

„Mein Bruder Hernandez Olivero wurde vor 38 Jahren nach dem größten versuchten Bankraub in der damaligen Geschichte zusammen mit mir geschnappt. Wir konnten das Geld vorher verstecken und ich habe es waschen lassen, doch die Hände meines Bruders konnte ich nicht reinwaschen. Wir hatten die besten Anwälte des Landes hinter uns, doch die Beweise waren zu eindeutig. Nur ich habe es Straffrei aus dem Prozess geschafft. Damals hatte ich noch nicht ansatzweise so großen Einfluss wie heutzutage und konnte nichts tun."

Cunningham mimte, wie er sich eine Träne aus dem Gesicht wischte, was Torrado ignorierte.

„Letztes Jahr wurde der Prozess nach der Ermittlung von neu aufgekommenen Beweisen wieder aufgerollt und ein härteres Strafmaß festgelegt. Die Todesstrafe."

Er machte eine kurze Redepause und atmete angestrengt aus. Während Ramires mit einer Hand die andere Griff, sprach er weiter.

„Da Hernandez unter einer psychischen Krankheit leidet, hat man ihn aber bevor er in die Todeszelle kommt noch in eine andere Einrichtung geschleppt. Diese Einrichtung ist unglaublich gut gesichert, fast sogar noch sicherer als das Gefängnis indem er hingerichtet werden soll ... aber es gibt einen Weg um hinein zu kommen. Und dafür brauche ich Sie."

„Sprich weiter", kam es genervt vom Gefesselten.

„Ich habe einen Deal mit einem der Speziallisten dieser Einrichtung. Dafür, dass er Sie untersucht, lässt er mich mit meinem Bruder sprechen. Dort oben im Norden haben sie aber gerade keine Spezialeinheit in der Nähe und die Männer, welche Sie im Geheimen in das Supermax schaffen wollten, suchen Sie am völlig falschen Ort. Das USMS hat alle Hände voll damit zu tun, sein Gesicht zu wahren, schließlich ist ihnen vor einer Woche einer der gefährlichsten Verbrecher unserer Zeit entkommen. Wenn ich Sie also in das Zentrum schaffe, müssen sie Sie dort festhalten, bis das Justizministerium seine Bluthunde geschickt hat. Dann werde ich mit ihrer Hilfe meinen Bruder da rausschaffen, der abgedrehte Wissenschaftler bekommt seine Daten und alle sind glücklich."

Der anfangs etwas überrumpelte Trevor fing sich wieder und blickte mit düsterem Blick seinem gegenüber ins Gesicht.

„Ich werde ganz sicher nicht das Versuchskaninchen irgendeines durchgeknallten Wissenschaftlers."

„Sie haben keine Wahl, Mr. Cunningham", sprach der Mexikaner mit einem bestimmten Ton, der keinen Wiederspruch zuließ. „Nur so können sie ihrer Tochter helfen. Außerdem, vielleicht hilft es ihrem kranken Geist ja, mal mit einem richtigen Doktor zu sprechen."

„Das musst ich mir nicht von einem skrupellosen Gangster anhören", schrie Cunningham voller Hass.

Torrado richtete sich auf und rückte sein tiefschwarzes Jackett zurecht. Aus einer Seitentasche griff er nach einer silbernen Sonnenbrille, die er sich aufsetzte, während zwei Männer die Tore der Scheune von innen öffneten und einige brennend helle Strahlen Sonnenlicht hineinließen.

„Sie haben noch einen Tag um sich das Ganze zu überlegen. Ich brauche Sie äußerst motiviert für diese Aufgabe und es würde nichts bringen Sie zu zwingen. Wenn Sie mir Morgen immer noch gleich antworten, werde ich mir wohl einen anderen Serienmörder suchen müssen."

Mit diesen Worten drehte sich Torrado wieder um und schritt hinaus. Die Männer am Ausgang und jene neben dem Stuhl folgten ihm und verriegelten die Tore. Sie ließen ihn alleine zurück in der Dunkelheit. Alleine und stets gefesselt, körperlich, aber auch psychisch. Und Trevor begann wieder an seine Tochter zu denken.


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