Kapitel 6

P.O.V. Kate

Ich lasse die Tür ins Schloss fallen, dann lehne ich mich dagegen. Was für ein Tag und dann noch dieses komische Mädchen.

Nachdem sie mir mein Heft gegeben hatte, ist sie mir noch bis nach Hause gefolgt und beinahe wäre sie sogar hier mit hereingekommen.

Sie ist eigentlich ganz nett, von der Tatsachen, dass sie leicht dumm ist, mal abgesehen.

Als ich gemeint habe, das eine erfolgreiche Autorin Jana Austin hieße und ich ihre Bücher liebe, wusste sie nicht einmal, wer das ist.

Ich habe immer gedacht, dass jeder sie kennt, vor allem, wenn man in Großbritannien geboren und aufgewachsen ist, so wie Jane.

Ich komme aus Japan und kannte sie schon dort.

Belustigt schüttel ich meinen Kopf, als ich an ihren Geschichtsausdruck zurückdenke.

"Wer ist Jane Austin?", hat sie mich gefragt, und ich bin fast aus allen Wolken gefallen.

Mal abgesehen davon, dass sie sich falsche Freunde gesucht hat, haben ihre Eltern auch in Sachen Allgemeinbildung total versagt, und nun muss ich es ihr beibringen.

Und jetzt wird sie mir wahrscheinlich, bis zum Schulabschluss am Rockzipfel hängen.

Ich lasse die Tasche neben mir auf dem Boden fallen und hänge meine Jacke an und ziehe meine Schuhe aus.

"Hallo, Liebes. Ich habe heute nicht gekocht denn...", meine Tante kommt zu mir gestürmt und lässt ihre Hände auf meinen Schultern ab: "wir machen heute eine Sightseeing Tour durch London!"

Sie rüttelt mich hin und her und ist von ihrer eigenen Idee mehr als überzeugt.

Ihr Lächeln, zieht sich fast über ihr ganzes Gesicht.

Wie kann man sich nur so auf eine Sache freuen?

"Aha.", bringe ich nur raus und schüttele ihre Hände von mir ab. Ich habe keine Lust, ich will eigentlich heute nichts mehr machen, bis auf Hausaufgaben.

Und als ich gerade anfange, die Treppe zu meinem Zimmer hochzugehen, ruft sie mir noch hinterher: "In 10 Minuten gehts los!"

Scheiße, dass kann nur langweilig werden.

Als ich oben ankomme, ziehe ich mir etwas Bequemes an, denn wenn ich schon zu so etwas gezwungen werde, möchte ich mich wenigstens nicht in meiner Jeans eingequetscht fühlen.

Ich vertreibe mir den Rest der Zeit am Handy und gehe dann langsam runter, wo ich meine Tante schon fertig angezogen sehen kann.

Und meine Cousine gleich daneben.

Scheiße, ich habe gedacht, dass sie noch immer in ihrem Zimmer hockt und weint.

"Ih, was hast du denn an?", kommentiert Paula mit angeekelten Gesichtsausdruck.

"Bequeme Sachen, solltest du auch mal ausprobieren, Cousinchen."

Sie lässt es bei meiner Aussage bleiben, und beide beobachten mich, wie ich mir Schuhe und Mantel anziehe.

*****

"Ich will zum London Eye!", schreit meine Cousine, nachdem meine Tante gefragt hat, wo wir überall hin wollen.

"Da möchte ich auch noch hin. Aber ich will auch gerne den Big Ben sehen.", teilt Grace, meine Tante, uns mit. Dann schauen beide mich erwartungsvoll an.

"Und ich will wieder nach Hause.", spreche ich endlich die Worte, die ich schon die ganze Zeit in meinem Kopf habe, aus.

Grace scheint diese Aussage nicht zu gefallen, kein Wunder, sie will schließlich diese Tour machen, und Paula findet die Situation lustig.

Meine Tante schüttelt nur den Kopf, ehe sie beginnt zu sprechen: "Du bist und bleibst ein hoffnungsloser Fall."

"Immerhin bin ich mitgekommen.", entgegne ich ihr.

Nicht wütend werden Kate, ruhig bleiben.

"Leider.", kommentiert Paula belustigt. Sie bringt mich echt auf die Palme, und ich bin kurz davor, ihr eine zu scheuern.

Grace scheint zu bemerken, dass ich kurz vorm Ausbruch stehe und meint nur, dass wir uns erst einmal etwas zu Essen suchen sollen, bevor es richtig losgehe.

Paula und Grace lasse ich vor mir gehen, während ich auf den Boden starrend immer wieder Steine vor mich her schieße. Ab und an gucke ich auf, um die Beiden nicht zu verlieren.

Ich kann es immer noch nicht fassen, dass diese Mädchen mich heute ernsthaft wegen Harry verfolgt haben.

Jane meint, dass Diana besessen ist, von dem Gedanken mit Harry eine Beziehung zu führen, und dass sie alles dafür tun würde, um diesen Gedanken wahr werden zu lassen.

Außerdem sieht sie in mir eine Art Bedrohung, da er mit mir in der Mittagspause kurz, ich wiederhole kurz, gesprochen hat und mit mir dann zum nächsten Kurs gegangen ist.

Auf die Frage, warum Jane überhaupt mit ihnen befreundet war, hat sie mir nicht einmal eine richtige Antwort geben können, obwohl ich zuerst noch dachte, dass sie ein schlaues Mädchen wäre.

Naja, immerhin ist sie so schlau gewesen, das Weite zu suchen, aber dass sie dann bei mir endet, ist auch kein Stück besser.

Ich schaue wieder auf, und sehe wie meine Tante abbiegt, Paula gleich hinterher. Ich lege einen schnelleren Schritt ein, damit ich wieder näher an den Beiden dran bin, biege an der Ecke ab und senke meinen Kopf wieder nach unten.

"Du bist lustig, und ich mag lustige Menschen.", hat Jane immer und immer wieder betont.

Doch bin ich wirklich so lustig gewesen?

Ich lasse mir nur nicht gerne auf der Nase herumtanzen, und sage deshalb immer meine Meinung und Dinge, die mir sonst noch durch den Kopf gehen.

Als ich an einem Restaurant vorbeigehe, kann ich meine Tante noch rechtzeitig sehen, und gehe rein. Ich geselle mich zu ihnen und stütze meinen Kopf auf meiner linken Hand ab.

Der Kellner kommt und bringt uns die Karten, dabei setzt er ein breites Lächeln auf und begrüßt uns charmant.

Das Lächeln ist zwar nicht echt, aber immerhin kann er bei seiner Arbeit lächeln.

Ich könnte es nicht.

Als ich den jungen Mann mustere, fällt mir auf, dass er in einem meiner Kurse heute gewesen ist, und ihm scheint dies auch aufgefallen zu sein, denn er schaut mich länger an, als nötig ist. Dann geht er wieder.

"Ach du scheiße ist der heiß.", teilt Paula uns mit und fächert sich die Luft zu.

Ja, das ist er.

Seine schwarzen Haare sind perfekt gestylt, von seinen braunen Augen will ich nicht anfangen, denn die sind genauso perfekt, wie der Rest an ihm.

Das ich das mal denken würde.

Schließlich fällt mir dann auch ein, in welchem Kurs er auch gewesen ist.

"Er hat mit mir Deutsch.", teile ich meiner Cousine mit, und warte ihre Reaktion ab.

Ich ziehe einen Mundwinkel nach oben und eine Augenbraue hoch.

Und dann fällt ihre Kinnlade runter.

Er sitzt neben dem blonden Kerl, der mich heute dazu gebracht hat, meinen Platz doch noch zu wechseln.

Ich klappe die Karte auf und betrachte die Gerichte, Grace und Paula tun es mir gleich.

Der Kellner kommt wieder zu uns und wir bestellen uns alle etwas. Aber anstatt zu gehen, bleibt er noch weiter stehen und starrt mich an.

Auch Grace und Paula bemerken dies und werden langsam unruhig. Schließlich räuspert meine Tante sich und auch der Kellner kommt wieder zu Besinnung und merkt, wie lange er mich eigentlich angestarrt hat.

"Entschuldige, aber du kommst mir nur so bekannt vor.", meint er und senkt seinen Blick.

Eigentlich ist das einer dieser billigen Anmachsprüche, doch dieses Mal ist es nicht gelogen und ich hoffe auch nicht, dass es auf ein Date hinauslaufen wird.

"Ja, vom Deutschkurs.", gebe ich kurz zurück und lächel ihn kurz an, um dann einen Tritt gegen mein Schienbein zu bekommen. Meine Cousine guckt mich böse an, ihre Lippen aufeinander gepresst.

"Stimmt. Ehm, ich werde dann die Bestellung weiterleiten.", sagt er noch, ehe er in der Küche verschwindet.

Ich werde meiner Cousine einen ebenso bösen Blick zurück und trete ebenfalls gegen ihr Bein.

Meine Tante bekommt davon nichts mehr wirklich mit, ihr Blick gilt der Straße Londons und ihre Gedanken wandern wahrscheinlich gerade zu der Frage, was sie heute Abend zu Essen machen will.

Paula guckt zur Seite, als der Kellner wieder kommt und versucht ein charmantes Lächeln aufzusetzen. Er lächelt kurz zurück und stellt dann unsere Getränke ab.

Paula schmilzt nur so dahin und ich trinke den ersten Schluck meines Wassers.

Paula nimmt etwas ihres Getränkes zu sich und meint dann nur: "Das habe ich nicht bestellt."

Meine Tante schnellt zu ihr herum. Sie kann es gar nicht leiden, wenn man einem etwas Falsches bringt.

"Ich werde das Regeln.", und mit diesen Worten steht Grace auf und geht zum Kellner rüber. Dann nehme ich das Getränk von Paula und trinke einen Schluck daraus.

"Aber du hast doch eine Cola bestellt.", gebe ich monoton von mir.

Paula zuckt nur belustigt die Schultern. "Ich weiß."

Ich schlage mir die Hand vors Gesicht und höre schon, wie meine Tante anfängt, den Kellner anzuschreien.

"Wie können sie es wagen, meiner Tochter etwas Falsches zu bringen! Man sollte sie feuern!", legt sie gerade los, als meine Cousine auch aufsteht und sich zu ihr begibt.

Der Kellner starrt sie unglaubwürdig an und holt einen Zettel aus seiner hinteren Hosentasche. "Ehm, nein. Ich habe ihre eine Cola gebracht, wie sie es bestellt hat."

Jetzt mischt sich Paula mit ein. "Ehm ja, Mum, ich habe mich wohl geirrt. Er hat recht."

Sie setzt einen entschuldigen Blick auf und meine Tante seufzt ergeben.

Grace macht einfach zu schnell aus einer Mücke einen Elefanten, doch dieses Mal hat Paula daran Schuld.

"Entschuldige für meine Mom, sie ist manchmal ein bisschen aufbrausend." behauptet Paula.

Sie hat zwar recht, aber durch ihre Lüge, ist es erst dazu gekommen. Grace setzt sich wieder zu mir und fragt dann: "Bin ich wirklich so aufbrausend?"

Sie tut mir schon fast leid, aber wenn sie nicht so eine Dramaqueen gewesen wäre, wäre es gar nicht so weit gekommen.

"Dieses Mal hat Paula Schuld an diesem Drama.", meine ich gespielt freundlich, damit meine Tante sich nicht mehr ganz so schlecht fühlt.

Meine Aufmerksamkeit wird auf Paula gelenkt, als sie sich wieder hinsetzt, und mich mit ihrem Blick erdolcht. Man, die hat aber schlechte Laune.

"Hier, dass soll ich dir von ihm geben.", gibt sie grob von sich und wirft mir eine Serviette rüber. Ihre Lippen sind aufeinander gepresst, und ihr Kopf läuft langsam rot an.

Dann begutachte ich das Stück Papier vor mir, und der Groschen fällt.

Der Kellner hat mir seine Handynummer gegeben und mein Cousinchen hat als Vermittlung gedient.



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