Wer, wenn nicht wir Teil I

03. April 1822 - Bahamas, Kurs Richtung Florida

"Jeder muss den Mut der Überzeugung haben." - Alexander von Humbolt

Der dunkle Rauch des brennenden Wracks war noch immer in der Atmosphäre zu sehen, verhüllte das Blau der sich herabsenkenden Dämmerung und bedeckte das Funkeln der ersten Abendsterne in einem Schwarz, das finsterer als die Nacht selbst zu sein schien. Ihr Bug wandte sich dem letzten Rot des Abends zu, um den Kurs nach Westen in Richtung Florida aufzunehmen.

Jack nahm einen tiefen Atemzug der salzigen Meeresluft und folgte Anne in seine Kajüte. Routiniert begann sie bereits damit die Lampen und Kerzen zu entzünden, als er hinter sich die Tür ins Schloss fallen ließ. Für einen Augenblick starrte er die geschlossene Tür an, legte seine Hand erneut auf die Klinke, drückte sie hinunter und öffnete sie. Vor ihm breitete sich das Deck der Searose aus, mit den Männern der Nachtschicht bereits auf ihren Posten. Es sah beinahe aus wie immer. Die Searose war dieselbe wie vor seiner Abwesenheit.
Er ließ die Tür ins Schloss fallen und öffnete sie wieder. Der Anblick änderte sich nicht. Er wiederholte den Vorgang ein weiteres Mal und versuchte seinen donnernden Herzschlag zu beruhigen. Die Tür war nicht verschlossen.
Und es lag in seiner Macht sie zu jeder Zeit zu öffnen, wann immer es ihm beliebte. Ein letztes Mal legte er seine zitternde Hand auf das Metall der Klinke, öffnete und schloss sie wieder. Es half nicht.

"Stimmt etwas nicht mit der Tür?", drangen Annes Worte an sein Ohr und als er sich umwandte, erkannte er, dass sie dabei war die achterlichen Vorhänge zuzuziehen. Er zuckte mit den Schultern, was eine Welle an Schmerz über seinen bloßen Rücken jagte.
"Lass sie offen, bitte!", antwortete er stattdessen.

Die Sorge im Sturmgrau ihrer Augen berührte ihn in seinem tiefsten Inneren. Ein knappes Nicken folgte, ehe sie sich auf der schmalen französischen Chaiselongue niederließ, die die eine Wand seiner Kajüte zierte.
„Willst ... willst du darüber sprechen?" Anne klang so sanft wie noch nie. Das zumindest bildete er sich ein.

Wollte er? Darüber, dass er jeden Tag versucht hatte, um sein Leben zu verhandeln und es ihm doch nicht gelungen wäre? Dass er des Nachts den Teufel angefleht hatte, seine Seele herauszureißen, nur damit er ein letztes Mal in ihrer Liebe versinken konnte? Er schluckte. Seine Spucke schmeckte noch immer nach dem Salz des Meeres. Unmittelbar schüttelte er den Kopf und begab sich zum Regal mit dem Hochprozentigen, um sich selbst einzuschenken. Er leerte ein Glas in einem Zug, ehe er sich und auch Anne ein zweites bereitete und sich an ihre Seite begab. Sorgfältig darauf bedacht sich nicht anzulehnen, ließ er sich neben ihr nieder. "Was ist mit Asbury passiert?", begann er die erste seiner Fragen zu stellen, die in seinem Kopf herumspukten, seit er in ihren Armen aufgewacht war. "Ich habe die Geschütze der Searose gehört und dachte, sie würden meiner Einbildung entspringen. Ich ..." Sobald der Name des Kanoniermeisters über seine Lippen gekommen war, schimmerte es feucht in Annes Augen und er hielt inne. "Erzähl mir alles, Anne!"

Er konnte sehen, wie sie mich sich selbst rang, um nicht in Tränen auszubrechen. „Er kam ..." Sie musste schlucken, versuchte es erneut. „Er kam im rechten Augenblick. Ohne ihn hätten wir dich niemals aus deiner Zelle befreien können. Und ... Und als wir dich nach oben tragen wollten, da schlingerte das Schiff so heftig, dass sich eine Kiste aus ihrer Vertäuung löste und Winston ... er wurde zwischen ihr und der Wand eingeklemmt und wir ... ich ... es blieb keine Zeit, um ..." Sie brach ab, senkte den Blick und holte tief Luft, um das Zittern zu bezwingen, das ihren gesamten Körper erfasste.

Er wollte sie in seine Arme schließen und ihr den Trost zuteilwerden lassen, den sie so bitter nötig hatte und doch griff er lediglich nach ihrer Hand und verflocht seine Finger mit den ihren. "Wir werden ihm eine angemessene Zeremonie bereiten, um sein Andenken zu ehren, wenn du das wünschst." Seine Stimme klang hohl. Ein weiterer Mann auf der Liste der Menschen, die sein Leben für ihn aufs Spiel gesetzt und gegen den Tod verloren hatten. Er war verflucht. Für einen kurzen Moment überwältigte ihn die Schuld und er rieb sich mit der freien Hand über die Stirn. Im nächsten verband sich ihr Schweigen in einem stillen Gedenken, ehe er sich räusperte und die nächste Frage stellte. "Wie habt ihr mich gefunden?" Die irre Hexe würde ihr wohl kaum Koordinaten an den Kopf geworfen haben.

Offenbar dankbar für den Themenwechsel hob Anne den Blick wieder und suchte damit den seinen. „Kann es sein, dass jemand Engel und Dämon zugleich ist? Denn so erscheint es mir, wenn ich Felicité ansehe. In einem Moment hilft sie mir dich zu finden und im nächsten Moment ist sie der Grund, dass einer meiner Freunde ertrinkt und die Ratte Gefahr läuft ihm ins Jenseits zu folgen."

Er schüttelte den Kopf. „Ohne Licht gibt es keinen Schatten, aber die Frau ist nichts dergleichen", beschloss er. "Für einen Augenblick hattet ihr offenbar das gleiche Ziel, was euch zu Verbündeten gemacht hat." Für einen Moment überlegte er. "Sie muss mich gesehen haben. Vielleicht in einer Vision, wie sie Jonah überfallen."

Anne schüttelte den Kopf. „Sie ist nicht wie Jonah. Es ist eine Gruppe von Frauen, die ihre Ohren und Augen sind. So haben wir dich gefunden."

Jack gab einen verstehenden Laut von sich, auch wenn er dennoch der Überzeugung war, dass die Hexe sich womöglich irgendwelcher dunkler Magie bediente, die er nicht verstand. „Ich erinnere mich nicht an viel, bevor ich auf dem Schiff aufgewacht bin, aber ich erinnere mich an einen Mann mit nur einem Auge. Sein Name ist Jones. Im letzten Küstenort, in dem wir angelegt haben, ist er von Bord gegangen. Ich weiß nicht, wieso. Vielleicht ist er es, den sie sucht."

Verstehen huschte über Annes Gesicht. „Das klingt wahrhaft plausibel. Sie erwähnte, dass sie demjenigen, den sie sucht, bereits etwas genommen hat, aber dass dies nicht ausreichen würde. Möglicherweise spielt sie auf das fehlende Auge an."

Einem Impuls folgend hob er den Blick.
"Ben darf nicht zu ihrem Opfer werden! Ich zerbreche mir den Kopf über einen Weg, wie wir ihm unabhängig von ihr helfen können. Ich vertraue ihr nicht. Was, wenn wir all ihre Forderungen erfüllen und sie ihm, anstelle zu helfen, eine weitere tödliche Dosis verabreicht?" Er konnte nicht verhindern, dass sich eine erstickende Panik mit in seine Worte mischte.

„Ich hatte etwas Gelegenheit sie kennenzulernen", versuchte Anne seine unbändige Furcht zu bezähmen. „Und ich habe den Eindruck von ihr, dass sie sich an das hält, was sie von sich gibt."

Ein Teil von ihm wollte ihr Glauben schenken und sich mit dieser Antwort zufriedengeben. Aber nur weil ihm schlichtweg die Kraft fehlte, um den Gedanken an etwas anderes zuzulassen. Ihm entfuhr ein abfälliger Laut. "Das, was sie sagt, mag vielleicht von Aufrichtigkeit geprägt sein. Aber viel schwerwiegender sind die Worte, die sie nicht ausspricht."

Ihr Finger streichelte beruhigend über seinen Handdrücken. Allein diese einfache Berührung jagte ein Schaudern über seine Haut. „Weißt du was in Florida auf uns wartet? Weshalb sie ausgerechnet dorthin will? Ist dieser Jones auch auf dem Weg an diesen Ort?"

Er räusperte sich. "Florida wird zu einem unabhängigen Hoheitsgebiet der Vereinigten Staaten von Amerika erklärt", begann er. "Die Feierlichkeiten ziehen sich wochenlang hin. Davies, der Käpt'n der Guardian, sprach von einer Veranstaltung am dreizehnten April, zu der jegliche Würdenträger der Marine geladen sein werden. Sie wollten, dass ich vor einem hohen Gericht aussage und helfe, die Piraterie vom Angesicht der Welt zu tilgen." Er machte eine Pause. "Die Royal Navy will Krieg. Die Staaten und England schließen sich zusammen, um einen gemeinsamen Feind zu vernichten. Nassau werden sie zuerst angreifen."

Annes Augen weiteten sich. Entsetzen schwang in ihrer Stimme mit. „Das ist furchtbar, Jack! Wir müssen etwas dagegen unternehmen!"

Er atmete tief ein und aus. "Und was denkst du, abgesehen davon, Blackbeard zu warnen und uns auf seine Seite des Wahnsinns zu stellen, liegt in unserer Macht?", sprach er das Offensichtliche aus. Durch den abweichenden Kurs der Kräuterhexe verloren sie wertvolle Zeit, in der der selbsternannte Herrscher der Piraten Vorbereitungen hätte treffen können. "Die Piraterie ist dem Untergang geweiht. Selbst wenn wir uns entscheiden zu kämpfen."

„Die Feierlichkeiten ...", meinte Anne nachdenklich. Jack entging das seltsame Funkeln in ihren Augen nicht. „Wir könnten uns hineinschleichen, uns darunter mischen und in Erfahrung bringen, wie genau ihr Plan aussieht. Und vielleicht finden wir einen Weg, ihn zu vereiteln, bevor sie ihn in die Tat umsetzen können."

Entschieden schüttelte er den Kopf. "Das ist viel zu gefährlich. Wenn man uns entdeckt und herausfindet, wer wir sind, kann man uns binnen eines Wimpernschlags hinrichten lassen."

Anne schmunzelte. Ein beinahe schon verträumter Ausdruck legte sich auf ihr Gesicht. Jack musste nicht lange darüber nachdenken, um zu begreifen, wo dieser herrührte. Anne beteuerte zwar stets, sie hätte mit ihrem alten Ich abgeschlossen, aber die Aussicht auf eine ballähnliche Veranstaltung schien ihr dennoch zu imponieren.
„Und wem sollen wir auffallen, wenn wir uns gewanden und uns geben wie sie?" Sie fasste ihm an den Arm. Ihre eindringliche Berührung schickte brennende Funken bis hoch zu seiner Schulter und seinem Nacken. „Jack, das ist eine einmalige Chance. Nur so können wir den genauen Plan herausfinden. Wir sollten es wagen. Für uns und für all die Piraten, die nach uns noch folgen werden."

Er hob die Augenbrauen, konnte kaum fassen, was sie ihm vorschlug. „Du willst einen Haufen ungebildeter und geächteter Piraten verkleiden und auf einen Ball schleusen. Ein unfassbar hohes Risiko eingehen, während die Erfolgsaussichten, überhaupt irgendetwas über die Manöver der Bastarde oder allein über die Stärke ihrer Flotte herauszufinden, zweifelhaft sind." Keine Fragen, lediglich eine Aneinanderreihung von Fakten, die Soul vorgetragen hatte. Die Vorstellung war so absurd, dass sie beinahe amüsant war, stand am Ende eines Fehlers nicht der Strick. "Das ist ..." Ihm fehlten die Worte. "Wahnsinn."

Doch das freudige Funkeln in ihren Augen erlosch nicht. Im Gegenteil. Es wuchs an.
„Nur ausgewählte von uns. Solche, denen ich es zutraue. Denen wir es zutrauen." Verschwörerisch ließ ihr Blick den seinen nicht los. „Und wer, wenn nicht wir, sind des Wahnsinns, Jack? Die Marineschweine denken, sie könnten uns vernichten. Aber nicht mit uns. Nicht mit Calico Jack und nicht mit Anne Bonny. Am Ende werden wir es sein, die ihnen die Ärsche aufreißen. Und diese Feier ist der erste Schritt in dies Richtung der Erfüllung dieses Ziels."

Er senkte den Blick auf ihre ineinander verflochtenen Hände. Als er erneut zu sprechen begann, war seine Stimme so leise, dass sie mehr einem Flüstern glich. "Ich kann nicht tanzen." Er machte eine Pause, doch ehe er Anne genug Zeit geben konnte, um etwas zu erwidern, sprach er bereits weiter. "Keiner von uns kann sowas. Wir würden auffallen wie bunte Hunde."

Ihr Lachen klang wie Musik in seinen Ohren. „Wir werden eine fähige Truppe zusammenstellen und dann werde ich es euch beibringen. Euch allen. Wie man tanzt, wie man spricht. Und wir werden einen kleinen Zwischenstopp einlegen und einen Teil unserer Einnahmen für passende Gewandung ausgeben."

Erneut fuhr er sich mit der Hand über die Stirn und seufzte. Ein anderer Aspekt wob sich mit in seine Planungen. "Wenn wir Blackbeard warnen, wird er darauf bestehen, dass wir in diesem Krieg für ihn kämpfen, um die Schuld zu begleichen. Es gibt noch immer die Möglichkeit, dass wir die Marine die Arbeit machen lassen, sich Blackbeards anzunehmen, damit er uns aus seinem Handel entlässt. Ein toter Herrscher kann keine Schulden einfordern", hob er an. "Andererseits können wir nicht sicher sein, wann es dazu kommt. Davies und Pearl wollten mich für die Dauer eines Jahres zum Liefern von Informationen verpflichten. Wenn der vernichtende Schlag erst in einem Jahr passiert, ist die Zeitspanne zu lang uns dem Risiko auszusetzen von beiden Parteien gesucht zu werden." Er nickte, um sich selbst etwas zu bestätigen. "Meinst du, es besteht die Chance, dass Blackbeard uns ziehen lässt, uns aus dem Handel entlässt, wenn wir ihm diese Informationen liefern?"

Anne wurde ernst. „Wenn ihm diese Informationen nicht genug sind, dann wird ihm niemals etwas genug sein. Vielleicht stellt Florida auch einen Ausweg für unsere prekäre Lage dar, da hast du recht."

Abermals nickte er. "Wir werden es wagen. So oder so werden wir diese Festivität infiltrieren. Aber wir werden wenige sein. Ich will, dass wir drei Fluchtpläne und alternative Ausweichmöglichkeiten mit den anderen beschließen. Und wenn nur der geringste Zweifel besteht, werden ich und du die einzigen beiden sein, die sich in die Höhle der Seeschlange begeben", entschied er. "Read vielleicht. Aber Ben und Jonah, Jaspal und Desna ... So eine Veranstaltung ist nichts für sie. Sie sind viel zu auffällig. Flips könnten wir mitnehmen", überlegte er laut. Annes Selbstbewusstsein und ihre Entschlossenheit trieb ihn zu einer weiteren Frage. "Wer hatte das Kommando, während ich weg war?"

„Ben hat es missfallen, aber Jonah überließ es mir. Es überraschte mich selbst, dass sich beinahe keiner der Männer querstellte." Sie biss sich für einen Herzschlag auf die Unterlippe, ehe sie fortfuhr. „Was mich zu der letzten Sache bringt, die du wissen solltest. Samuel hat versucht eine Meuterei anzuzetteln, die wir den Göttern sei Dank schnell niederringen konnten. Wir haben ihn eingesperrt und wollten ihn an einem gezielten Ort von Bord werfen, aber er ist geflüchtet. Mit vier anderen. Desna, Piet und die Golden Brüder sind ihm gefolgt."

Er öffnete die Lippen und wollte antworten, doch aus seinem Mund kam lediglich ein verständnisloses: "Was?"

„Es ... es war meine Schuld", stotterte Anne. Ihre Unterlippe bebte. „Jonah wäre sicherlich dafür gewesen, ihn vor der Mannschaft zu exekutieren, aber ... verdammt ... wie hätte ich das tun sollen? Wir waren einmal Freunde, Jack! Bevor alles aus dem Ruder gelaufen ist und er sein dämliches Herz an mich verloren hat." Sie vergrub ihr Gesicht aus purer Verzweiflung in ihren beiden Händen.

Es gelang ihm nicht länger ruhig sitzen zu bleiben. „Eine Meuterei ..." Er unterbrach sich, machte ein paar unbestimmte Schritte auf und ab und umklammerte das Glas mit Whisky fester, das er noch immer in der Hand hielt. "Zur Hölle, verflucht, Anne. Cherleton ... ist fort?", fragte er, mehr um ihre Worte zu wiederholen. Nicht, weil er deren Inhalt nicht verstanden hatte.

Er sah sie schuldbewusst nicken, ohne dass sie zu ihm aufblickte. Die Hitze des Zorns bemächtigte sich seiner, engte sein Sichtfeld ein, sodass er dunkelrote Schatten an dessen Rändern wahrnahm. Mit voller Wucht warf er das Glas mit dem Whisky durch den Raum, sodass es mit einem ohrenbetäubenden Klirren an der gegenüberliegenden Wand zerschellte.
"Verflucht, Anne! Weißt du was das bedeutet?" Seine Stimme war laut und roh. Ein basaler Teil von ihm erkannte, wie sie zusammenzuckte. "Der Mann weiß Dinge über uns und Blackbeard, die er an die Huren der Navy verkaufen kann!" Kopfschüttelnd lief er vor ihr auf und ab. "Es war klar! Es war absolut vorhersehbar, dass er meine Abwesenheit ausnutzt, aber das ..." Verflucht. "Und er kommt damit davon ..." Er raufte sich das Haar. "Ich habe darauf gewartet, weißt du? Tief in meinem Inneren habe ich darauf gewartet, dass er einen so drastischen Schritt unternimmt, dass selbst du dich mir nicht mehr in den Weg stellen kannst, aber jetzt ..." Auch diesen Satz beendete er nicht. Mit zu Fäusten geballten Händen blieb er vor ihr stehen. "Desna und Piet, die golden Brüder ... Haben ihm geholfen zu fliehen?"

Erneut nickte Anne. „Aye ... ich habe etwas über deren Beweggründe recherchiert. Von Blackwood habe ich erfahren, dass Piet dir die Umstände, unter denen er auf die Searose gelangt ist, nie so recht verziehen hat. Jaspal erzählte mir von der Schwärmerei seiner Schwester für Cherleton. Und von Brown weiß ich, dass Tobias und Thomas einfach nur demjenigen folgen, der sich als guter Anführer aufzuspielen weiß. Und dass sie den Gedanken verabscheut haben, eine Frau könnte an deine Stelle treten, solltest du nicht zurückkehren."

Bei jedem einzelnen ihrer Worte wollte er dem hellblonden Quartiermeister seine Faust ins Gesicht rammen. Seine Rechte bebte so sehr, dass er sich nur mit all seiner letzten verbliebenen Willenskraft davon abhalten konnte, sie gegen die Wand schnellen zu lassen. Er zwang sich zu einem tiefen Atemzug, zu noch einem und noch einem, die seinen ungezügelten Zorn in lenkbare Wut verwandelten. Anne hätte es nicht geschafft, ihrem ehemaligen Freund jemals etwas anzutun. Sie traf keine Schuld. Und dass sie das Kommando innegehabt hatte, hatte wahrscheinlich auch Ben und Jonah davon abgehalten. Im Grunde seines Herzens war er froh, dass Cherleton nicht mehr an Bord verweilte. Aber verflucht, er hätte den durchgedrehten Mann lieber am Grunde des Ozeans gewusst, denn außerhalb seines Einflussbereichs.

"Ich bin so verdammt stolz auf dich, Anne!", folgte er dem plötzlichen, warmen Gefühl in seiner Brust. "Ich habe jede Stunde in diesem verfluchten Loch an einem Plan gefeilt, um ihnen zu entkommen, aber am Ende wäre es mir nie gelungen. Du hast Unglaubliches vollbracht."

Perplex musterte sie sein Gesicht, als hätte sie nicht verstanden, welche Worte soeben über seine Lippen gekommen waren. „Du bist stolz, obwohl ich so viele Fehler begangen habe? Obwohl ... obwohl ich die Schuld daran trage, dass du überhaupt erst entführt worden bist? Dass bin ich nämlich ... Und .. und an Winstons Tod ..." Er sah, wie sich erneut Tränen in ihren Augenwinkeln formten, die sie nicht mehr zurückzuhalten vermochte. Eine glitt über ihre gerötete Wange. „Jack ... die Briefe, die ich an Jonahs Stelle für Diamond verfasst habe ... sie haben die Marine zu dir geführt ... sie ..." Was auch immer sie noch hatte sagen wollen, es ging in ihrem Schluchzen unter, ertrank in den Bächen aus salzigen Tränen, die ihr Kinn hinab rannen.

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top