Two
Two:
Bedürfnisse
„Bist du ein Idiot." Sie sah gegen die Decke. „Das hast du nicht getan."
Er verschränkte die Arme vor der Brust. „Ehm... doch?", zog er eine Augenbraue hoch, lehnte sich in seinem Stuhl zurück. „Du hast nur gesagt, ich soll sie nicht kontaktieren."
„Ihr einen Brief zu schreiben, ist auch Kontakt aufnehmen!", schrie sie los, deutete nach draußen. „Du hirnloser Hornochse."
„Kein Grund, gleich so beleidigend zu werden, Larissa", sagte er trocken, ehe sie die Hand ausstreckte und sein Stuhl mit ihm nach hinten umkippte, woraufhin er hintenüberkippte. Mit einer eher schlecht als rechten Rolle knallte er mit dem Rücken gegen ein Bücherregal und ihm fielen ein paar Bücher in den Schoß und auf den Kopf.
„Nenn mich nicht Larissa", sagte sie wütend, ehe sie sich umdrehte und sich auf den Weg in ihr Zimmer machte.
Er derweil sah zu seinem besten Freund hoch. „Aber das ist ihr Name?", zog er eine Augenbraue nur wieder hoch.
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„Hey, ist alles in Ordnung?", hakte Seth nach und ich seufzte, streckte blitzschnell die Hand vor und traf den Boxsack vor mir.
„Nein, nichts ist in Ordnung, Seth", widersprach ich grob. „Das siehst du doch." Ich zuckte zurück als er meine Hand ergreifen wollte.
„Du misshandelst diesen Boxsack", stellte er klar. „Seit wann kannst du so hart zuschlagen?" Ich zog resigniert eine Augenbraue hoch. Wollte er mich trollen?
„Es ist nicht deine schuld", sagte Natasha ein paar Meter weiter auf einem Laufband, auf welchem sie sprintete. „Gleich", sie hechelte kurz und streckte die Hand aus, ehe sie das Laufband stoppte und langsamer wurde, zum Stehen kam, „Kampftraining?"
„Ihr kämpft? Ich dachte, ihr trainiert?", runzelte Seth seine Stirn, sah sich in der Halle um.
„Wir müssen bereit sein, uns verteidigen zu können." Ich sah zur Tür als sie aufging und Steve in Sportklamotten hereinkam. „Okay, ich habe meine Partnerin verloren."
„Huh?", machte ich, drehte meinen Kopf in ihre Richtung, blickte aber kurz noch einen Moment länger Steve an. „Was?", fragte ich dann an Natasha gerichtet.
„Dir hängt da ein bisschen Sabber", deutete Natasha spottend auf ihre eigenen Mundwinkel.
„Gar nicht", widersprach ich, fuhr mir ein paar Sekunden später aber über meine Lippen, während Seth schmunzelte und sich umdrehte.
„Oh, jetzt verstehe ich die Sabber", grinste er mich dann schadenfroh an. „Was ist das jetzt, huh?"
Ich seufzte als Steve mir kurz zuwinkte und dann zu den Boxsäcken auf der anderen Seite der Halle ging.
„Was ist, was?"
„Das mit euch?", verdrehte er die Augen.
„Seth, ich rede auf der Arbeit grundsätzlich selten über mein Privatleben", stellte ich klar. „Also können wir das gerne ein anderes Mal ansprechen, klar?"
„Du trainierst, das ist keine Arbeit."
„Offiziell schon", widersprach ihm Natasha, ehe sie ein paar Schlucke Wasser trank. „Darf ich Sie als Boxsack missbrauchen?", haute sie dann trocken raus. „Sie sehen aus, als ob Sie auch ein bisschen was einstecken können."
Ich fragte mich, ob er sie nicht eher sogar besiegen konnte.
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„Hi." Ich lächelte als ich mich Steve näherte.
„Hey."
„Alles okay?", runzelte ich angesichts seiner offensichtlich schlechten Laune meine Stirn.
„Ich hatte gerade nur ein anstrengendes Gespräch mit Fury", seufzte er.
„Deswegen musst du den Boxsack jetzt aber nicht-", erschrocken hielt ich die Luft an – während alle in der Halle innehielten und zu Steve sahen. Und den armen Boxsack, der an der Wand aufgeplatzt zum Liegen kam.
„Was wolltest du sagen?", wandte er sich mir schweratmend zu und ich sah zu ihm paralysiert hoch. „Erde an Ginny?", hakte er nach, nahm mir meine Wasserflasche aus der Hand und trank einen Schluck.
„Mann, du solltest deine Wut produktiver herauslassen, als einen Boxsack umzulegen", kommentierte ich. „Du weißt, dass du das zahlen müssen wirst."
„Das ist gerade meine geringste Sorge", schüttelte er den Kopf.
„Welche ist deine größte?"
„Ist das nicht offensichtlich?", zog er eine Augenbraue hoch. „Du."
„Ich?", deutete ich überrascht auf mich. „Wieso?"
„Ginny, wann haben wir zuletzt etwas unternommen?"
Ich sah – oder eher versuchte es – gegen meine Stirn und fing zu rechnen an. Kein gutes Zeichen. „Vor 'ner Woche? Oder, eh, zwei?"
„Drei", stellte er klar. „Du rufst kaum noch an, du schreibst nicht zurück. Wenn du mal hier bist, hast du entweder jemanden von deinen Geschwistern dabei oder Seth oder aber du hockst mit Mayer, wie du ihn nennst, in einer Ecke und heckst was aus."
„Und was ist nun dein Problem?", zog ich meine Augenbrauen zusammen.
„Das du offensichtlich kein Bock mehr auf mich hast, dir aber zu fein bist, mir das einfach ins Gesicht zu sagen."
Ich öffnete den Mund. „Was?!", entfuhr es mir laut und schon wieder fuhren Köpfe in der Halle zu uns herum. „Wie kommst du auf diesen Scheiß?", lachte ich, zog meinen Zopf einmal enger. „Steve, weißt du, wie viel ich die letzten Wochen um die Ohren hatte? Ich bin einfach nur zu sehr beschäftigt, um momentan noch an mein Privatleben zu denken. Und wir haben beide nie darüber gesprochen-"
„Diese Beziehung offiziell zu machen?", schnitt er mir das Wort ab. Er schüttelte den Kopf. „Ich komm mir momentan einfach verarscht vor." Oh, er war wirklich wütend – oder enttäuscht. Ich wusste es nicht recht.
„Du möchtest es offiziell machen?", fragte ich nach. „Bitte. Wo liegt dein Problem?", versuchte ich ihm entgegenzukommen. Hier konnte ich nicht auch noch Stress gebrauchen. Hatte er überhaupt eine Ahnung, wie sehr er mir momentan fehlte? Nur wenn Mum und Dad die ganze Zeit in meiner Wohnung im Wohnzimmer herumsaßen, wollte ich nicht mit Steve nachts in meinem Zimmer hocken und knutschen wie ein Teenager. Einmal mit vierzehn hatte mir gereicht, als Emmett brühwarm in mein Zimmer gestürzt war, nur weil mir mein erster Freund damals seine Hand leicht unter mein Oberteil geschoben hatte.
„Ich will wieder Zeit mit dir verbringen, da liegt mein Problem", sagte er, fuhr sich durchs Haar und ich sah auf seine Hand. „Und ich möchte von dir die Wahrheit wissen, wieso du offensichtlich momentan versuchst, jeden aus deinem Leben auszuschließen." Ich zog eine Augenbraue hoch. Dann streckte ich meine Hand aus. „Was?", sah er darauf.
„Gib mir deine Hand und komm mit", stellte ich klar.
„Wohin?"
„Wo wir ungestört sind."
„Wozu?"
Ich zog eine Braue hoch. „Damit ich dir beweisen kann, dass ich noch immer mehr als interessiert an dir bin, Rogers."
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Ich seufzte, zog ihn noch enger zu mir, während ich meinen Kopf auf die andere Seite legte, meine Zunge leicht mit seiner spielen ließ. „Jetzt der Meinung, ich würde dich abservieren?", löste ich mich schweratmend.
Er zog seine Augenbrauen zusammen, strich mir mit dem Daumen über die Wange. „Es tut mir leid", murmelte er. „Ich habe überreagiert."
Meine Mundwinkel zuckten. „Nein, du hast ein Bedürfnis geäußert, Steve", sagte ich. „Du hast mir mitgeteilt, du würdest gerne mehr Zeit mit mir verbringen." Ich seufzte. „Und das ist okay", nickte ich, faltete meine Hände in seinem Nacken zusammen. „Ich versuche irgendwie, mir Zeit freizuschaufeln, okay? Ein oder zwei Abende, die wir zusammen verbringen können." Ich schüttelte meinen Kopf. „Ich bin dich nicht leid. Dafür mag ich dich viel zu sehr."
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Kichernd schloss ich meine Haustür hinter mir, während ich Steve mit in meine Wohnung zog. Ich hatte Mum extra eine Nachricht geschrieben, dass sie und Dad doch bitte bis morgen zu Bella und Edward oder so gehen sollten, weil ich einen Abend für mich haben wollte.
Doch als ich jetzt mit Steve gerade küssend auf den Weg in die Küche war, konnte ich nur aufschreien, sobald ich kauende Chipsgeräusche vernahm.
Hektisch drehte ich mich um, sah den Flur entlang zu meinem Wohnzimmer, ehe ich in dieses lief und Jasper als auch Seth auf meiner Couch entdeckte.
„Oh, nein", sprach ich aus.
„Hey, Ginny", winkten beide.
„Was tut ihr hier?!", fragte ich angepisst.
„Wir dachten, wir könnten mit dir einen Filmeabend machen wie in alten Zeiten?"
Dann fehlten aber ein paar Leute.
„Edward und Jacob kommen später auch noch rum."
Ich stemmte die Hände in die Hüften. „Nein." Ich zuckte zusammen als Steve mir seine Hand in den Rücken schob.
„Hey, Rogers", lächelte Jasper matt, während sein Blick zwischen uns hin- und herwanderte. „Stören wir bei etwas?"
Ich zog eine Augenbraue hoch. „Jasper, Seth, ihr müsst gehen", stellte ich unverbindlich klar. „Heute Abend habe ich keine Zeit für euch. Ich kann doch am Wochenende, sollte ich frei kriegen, mit euch Jungs einen Filmeabend machen."
„Aber heute Abend passt perfekt", steckte Seth seine Hand in die Chipstüte. „Heute läuft im Fernsehen John Wick."
Ich mahlte mit meinem Unterkiefer, während ich das Gefühl hatte, mein linkes Augenlied würde zucken. „Nein, Seth."
„Ginny, das ist doch schon in Ordnung", seufzte Steve ruhig.
Ich leckte mir über meine Unterlippe. „Fein." Ich drehte mich um und nahm mir Steves Hand.
„Wohin geht ihr?", rief Jasper uns nach.
„Ich packe meine Sachen und schlafe heute bei Steve!", rief ich wütend.
„Acht, echt?", hoben sich Steves Augenbrauen. „Du hast noch nie-"
„Hast du Mum und Dad das gesagt?", rief er mir nach.
Ich ahmte ihn nach, nur erbärmlicher und zickiger, ehe ich meine Schlafzimmertür schloss. „Ich möchte heute keine Zeit mit ihnen verbringen, sondern mit dir", sagte ich. „Ich hatte dir das versprochen, das werde ich auch einhalten."
Er seufzte. „Aber, Ginny, es ist deine Familie. Du hast nur eine." Ich riss meinen Rucksack aus einer Ecke, öffnete meinen Kleiderschrank und packte einmal frische Unterwäsche, eine Jogginghose und einen frischen Pulli ein. „Vielleicht-"
„Nein." Ich drehte mich zu ihm um. „Es sei denn, du möchtest nicht, dass ich mit dir nach Hause komme."
Er zog eine Augenbraue hoch. „Machst du Witze?" Er musterte mich. „Ich frage mich nur, wessen Beerdigung ich danach planen darf. Die deiner Brüder oder meine, falls die mich dort aufspüren."
>Leider deine.
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Ich seufzte. „Das ist also deine Wohnung?"
„Eh, ja", nickte Steve. „Wieso?", fragte er nach, legte seine Jacke auf einem Sessel in der Ecke ab. „Gefällt sie dir etwa nicht?"
„Machst du Witze?", fragte ich fassungslos. „Die ist doppelt so groß wie meine."
„Eh, nein", schüttelte er den Kopf. „Sie hat nur zwei weitere Zimmer", ergänzte er. „Und ist anders geschnitten."
Wieso war ich eigentlich noch nie in seiner Wohnung gewesen?
„Was machen wir jetzt?", fragte ich ihn.
„Einen Film schauen?", schlug er vor. „Wie wäre es mit John Wick?"
Ich guckte ihn resigniert an. Eigentlich wusste ich, was ich endlich mit ihm machen wollte. Und das war nicht, John Wick im Fernsehen anzuschauen. Sondern ihn endlich flachzulegen. Oder flachgelegt zu werden.
„Hast du Kondome?"
„Huh?", drehte er sich zu mir um.
„Kondome", zuckte ich trocken gesagt mit meinen Schultern, während mein Puls in die Höhe schoss. „Wir könnten es immerhin auch endlich mal tun, oder?"
Ich glaubte, er war noch nie so rot gewesen, während er mit den Schultern zuckte. „Entschuldige, Ginny, aber nein. Ich habe keine Kondome."
Ich seufzte. „Vielleicht sollte ich einfach zum Arzt gehen und mir die Pille verschreiben lassen", murmelte ich, während ich zusah, wie er an mir vorbeilief. „Wo magst du hin?"
„Toilette", bekam ich nur schnell eine knappe Antwort.
„Wozu?", zogen sich meine Augenbrauen zusammen.
„Toilettengang?", erwiderte er nur und ich seufzte. Eigentlich hatte ich gehofft, jetzt was Versautes zu hören. Oder dass er sich doch noch in Erinnerung gerufen hätte, irgendwo Kondome gehabt zu haben.
Hatte er gerade überhaupt realisiert, dass ich ein Bedürfnis geäußert hatte?
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Datum der Veröffentlichung: 31.10.2019 12:45 Uhr
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